Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Vertragsänderung wg. BGH-Urteil, was nun?

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RR-E-ft:
Die Kündigung eines Sondervertrages muss ausdrücklich erklärt werden. Etwaig vereinbarte Form und Frist sind dabei zu beachten. Einem einseitig ebgänderten Preis sollte man widersprechen, diesen zudem hilfsweise und vorsorglich insgesamt, bestehend aus Grund- und Arbeitspreis, als unbillig rügen.

Sind in einen Sondervertrag die Bestimmungen der Grundversorgungsverordnung als AGB wirksam in den Vertrag einbezogen, kann sich aus der § 20 Abs. 1 Satz 3 GVV entsprechenden vertraglichen Regelung ergeben, dass das Recht des Versorgers zur ordentlichen Kündigung ausgeschlossen sein soll (Auslegungsfrage).

Man sollte an der Rüge des Gesamtpreises festhalten, auch wenn manche deren Wert als theoretisch ansehen. Letztere Auffassung wird von Versorgeranwälten vertreten, die sich gerade nicht den Interessen der Verbraucher verschrieben haben.  

Nach der Rechtsprechung des Kartellsenats unterliegt der Allgemeine Preis der Grundversorgung dem Maßstab der Billigkeit und ist der aktuelle Allgemeine Preis das Ergebnis von Ermessensentscheidungen, diese Preise zu erhöhen, abzusenken oder aber konstant zu halten. Der Versorger sei gesetzlich verpflichtet, diese Preise der Billigkeit entsprechend neu festzusetzen (BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07 Tz. 26).

Bei einer marktbeherrschenden Stellung des Versorgers auf dem sachlich relevanten Markt im Sinne des Kartellrechts soll auch der Anfangspreis einer Billigkeitskontrolle unterliegen (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 36/04 Tz. 9 ff.; BGH, Urt. v. 04.03.2008 - KZR 29/06).

Nicht ausgeschlossen, dass das Gesamtpreisniveau von den Kartellbehörden nochmals aufgegriffen wird mit der möglichen Folge, dass sich das Gesamtpreisniveau als kartellrechtswidrig überhöht und somit auch als unbillig erweist.

Bei einigen zeigt sich, dass nach Kündigung des Vertragsverhältnisses durch den Versorger andere, günstigere Alternativen auf dem regionalen Markt zur Verfügung stehen.

Solche Alternativen kann man über Internetportale wie http://www.verivox.de  suchen.

Wo ein entsprechender Wechsel nicht zeitlich nahtlos möglich ist, ist für längstens drei Monate eine Phase der Ersatzversorgung gem. § 38 EnWG zwischengeschaltet.

Die Entgelte für diese Ersatzversorgung werden gerade nicht vertraglich vereinbart, sondern sind das Ergebnis eines gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts des insoweit versorgungspflichtigen Unternehmens.

Wasserwaage:
\"Wo ein entsprechender Wechsel nicht zeitlich nahtlos möglich ist, ist für längstens drei Monate eine Phase der Ersatzversorgung gem. § 38 EnWG zwischengeschaltet.\"

wobei ich in diesem fall nicht von einer ersatzversorgung nach §38 sprechen würde. m.e. wird in diesem zusammenhang ein ganz normaler grundversorgungsvertrag abgeschlossen der auch den normalen fristen bzgl. des versorgerwechsels laut gpke unterliegt. eine ersatzversorgung liegt m.e. nur bei aussergewöhnlichen umständen vor. wenn nämlich der kunde nix vom dem umstand weiss, dass er keinen versorger mehr hat. wie z.b. bei der kündigung eines lieferantenrahmenvertrages. eine ersatzversorgung liegt nur vor, wenn eine lieferung keinem vertrag zugeordnet werden kann. kündigt ein kunde ist ihm dieser umstand bekannt, weshalb er durch sein konkludentes verhalten der weiteren energienutzung einen neuen vertrag, eben den der grundversorgung, abschliesst und die lieferung somit eindeutig einem vertrag zugeordnet werden kann. aber diebezüglich gibt es auch bei den versorgern selbst unterschiedliche auffassungen.

RR-E-ft:
@Wasserwaage

Ich habe die Fälle im Blick, wo einem Kunden zum 31.04. gekündigt wurde, dieser Kunde ab dem 01.05. von einem neuen Lieferanten versorgt werden will, jedoch wegen der Wechselfristen noch nicht versorgt werden kann.

Dieser Kunde, der zum gewünschten Vertragsbeginn 01.05. einen neuen Vertrag mit einem anderen Lieferanten (möglicherweise online) abgeschlossen hat,  will ganz offensichtlich keinen Grundversorgungsvertrag abschließen, unabhängig davon, dass der Abschluss eines Grundversorgungsvertrages die Haushaltskundeneigenschaft gem. § 3 Nr. 22 EnWG voraussetzt, an welcher es oftmals auch fehlt. Sonst müsste ein zum 01.05. neubegründendeter Grundversorgungsvertrag vor einem gewünschten Versorgerwechsel auch erst wieder form- und fristgerecht gekündigt werden undzwar bereits zu einem Zeitpunkt, bevor der Grundversorgungsvertrag überhaupt erst zustande kommen konnte. Der Kunde konnte bei Vertragsabschluss mit dem neuen Lieferanten noch nicht einmal angeben, dass er sich derezeit in der Grundversorgung befinde, nachdem er zuvor aufgrund eines Sondervertrages beliefert wurde, welches versorgerseits gekündigt wurde.

Black:
Es steht natürlich jedem frei alles - einschließlich des Wetters - als unbillig zu rügen, wenn es das Gewissen beruhigt. Im Falle eines Verfahrens hat das bislang - obwohl ständig praktiziert - noch zu keinem Erfolg geführt.

RR-E-ft:

--- Zitat ---Original von Black
 Im Falle eines Verfahrens hat das bislang - obwohl ständig praktiziert - noch zu keinem Erfolg geführt.
--- Ende Zitat ---


\"Bislang\" Dies Wort drückt alles aus.

Bislang wurde die Mehrzahl der Gerichte mit der entsprechenden Rechtsprechung des Kartellsenats des BGH überhaupt nicht konfrontiert.

Im Mittelalter ging man bislang davon aus, dass die Erde eine Scheibe sei. Logisch, sonst wäre man ja schon runtergefallen. Noch im 19. Jahrhundert meinten die Mediziner bislang, man müsste bei einer Zugfahrt mit der schier rasenden Geschwindigkeit von 20 km/h unweigerlich körperlichen und seelischen Schaden nehmen. Trotzdem nutzten Menschen, die verrückt genug waren, das neue mit der Kraft einer Dampfmaschine angetriebene Verkehrsmittel und waren hinterher nicht unbedingt verrückter als eh zuvor...  

Es handelt sich bei jedwedem Erkenntnisstand immer nur um den aktuellen Stand der jeweiligen Irrtümer.

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