Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Gewinne nicht gestiegen? - Der erste Blick trügt oft.  (Gelesen 20639 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline DocTom

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 44
  • Karma: +0/-0
  • Geschlecht: Männlich
Gewinne nicht gestiegen? - Der erste Blick trügt oft.
« Antwort #15 am: 15. März 2009, 11:48:17 »
Angeregt durch die obige Diskussion, habe ich mich abermals mit den veröffentlichten Geschäftsberichten bzw. Jahresabschlüssen auseinandergesetzt
( Vielen Dank für den Hinweis auf den online-bundesanzeiger!)

Dabei zeigt sich dieser Gewinnverlauf (gerundet):
2003: 507 TEURO
2004: 630 TEURO
2005: 628 TEURO
2006: 610 TEURO
2007: 775 TEURO ( trotz Verbrauchsrückgang 5% und Kundenzuwachs von etwas mehr als 2%!).

Sind nicht allein diese Tatsachen, von allem anderen abgesehen, ein eindeutiges Indiz dafür, dass es sich hier bei einem Monoenergieanbieter, nicht nur um die blosse Weiterleitung von Bezugskostensteigerung, die ihrerseits auch einer kritischen Würdigung zu unterziehen wären, handeln kann???
Hier zeigt sich wohl auch deutlich der Werte eines WP-Testates, das nur die Jahre 2005 und 2006 betrachtet.
Wie oben bereits erwähnt, findet sich auch der Hinweis, dass empfangene Ertragszuschüsse ( teilw. über 2 Mio Euro) seit einigen Jahren nicht mehr passiviert, sondern aktivisch von den Anschaffungs- und Herstellungskosten abgezogen werden.

mfg

DocTom

Offline reblaus

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.055
  • Karma: +0/-0
Gewinne nicht gestiegen? - Der erste Blick trügt oft.
« Antwort #16 am: 15. März 2009, 11:59:58 »
Zitat
@reblaus, es braucht hier keinen Exkurs über die Intention des HGB. Das Handelsregister und die Aufgaben und Befugnisse eines Rechtspflegers sind auch keine Unbekannten.
Genau so habe ich dieses Thema aber verstanden, dass es nämlich darum geht, wie aus dem Jahresabschluss eines Gasversorgers Erkenntnisse gesammelt werden können, um sie im Prozess zu verwenden.

Zitat
Dass man mehrere Perioden einbeziehen sollte, inbesondere bei periodenübergreifenden Vorgängen ist eine Binsenweisheit.
Für die meisten Richter und Anwälte sind bilanzrechtliche Erkenntnisse keine Binsenweisheit. In deren Tagesgeschäft geht es nämlich um Mietrecht, Nachbarschaftsstreitigkeiten oder Werklohnforderungen. Bilanzen tauchen dort allenfalls dann auf, wenn die eine Buchhalterin der anderen Buchhalterin mit der Vorjahresbilanz auf den Kopf geschlagen hat, und man darüber streitet, wer den Friseur bezahlen muss. :D

Ihr Thema ist ein politisches. Dafür müssen Sie um Mehrheiten werben, oder öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlagen heranziehen, mit denen Sie Ihre Rechte durchsetzen können.

Im übrigen bestreite ich nicht, dass Ihr Versorger Sie schamlos abkocht.

@Doc-Tom
Versuchen Sie herauszufinden, welche Gasmengen der Versorger in den einzelnen Jahren verkauft hat. Ziehen Sie vom Umsatz die jeweiligen Kosten für den Materialaufwand (Unterpunkt: Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und für bezogene Waren) ab, das sind die Kosten die Ihr Versorger für das Gas bezahlen musste. Das Ergebnis ist die Rohmarge oder Handelsspanne. Wenn die steigt, obwohl die gleiche Menge an Gas verkauft wurde ist der Beweis bereits erbracht, dass der Versorger seinen Gewinnanteil erhöht hat.

Offline nomos

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 2.448
  • Karma: +0/-0
Gewinne nicht gestiegen? - Der erste Blick trügt oft.
« Antwort #17 am: 15. März 2009, 12:52:51 »
Zitat
Original von reblaus
Genau so habe ich dieses Thema aber verstanden, dass es nämlich darum geht, wie aus dem Jahresabschluss eines Gasversorgers Erkenntnisse gesammelt werden können, um sie im Prozess zu verwenden.
    @reblaus, da bin ich ja bei Ihnen. Ich kann Ihnen auch bei der Beurteilung der Richter folgen wenn es um die Amtsgerichte geht. Die Aufgaben der Richter sind dort halt vielfältig, man kann nicht erwarten, dass sie auf allen Gebieten Sachkunde haben. Sie sind ja eigentlich auch nicht zuständig  (
§ 102 EnWG)

Die Betrachtung der ausgewiesenen Jahresgewinne reichen sicher nicht. Die Veröffentlichungen sind aber nicht gänzlich für die Sache unbrauchbar. Was nicht klar drinsteht muss man hinterfragen. Gerade bei Konzernverflechtungen (Holding ..) gibt es eine Vielzahl von Verschiebebahnhöfen. Mit der Konzernumlage wollte ich auf einen \"Bahnhof\" hinweisen. Die von Ihnen genannten Leistungen sind da nicht immer gegeben,  da wird konkret verschoben, das dürfte gerade bei Stadtwerken zutreffen.

Wenn der Versorger klagt kommt es auf das Bestreiten an. Selbst wenn das Verfahren beim Amtsgericht landet, auch Amtsrichter kann man mit den richtigen Fragen helfen. Der Richter muss sich ein Bild machen, dabei kann man ihm helfen. Nicht alles was die Versorger vortragen muss man so hinnehmen.  Die Auseinandersetzung mit der Rechnungslegung und die Forderung nach einer hinreichenden Offenlegung halte ich dazu für grundsätzlich wichtig.

Was das kommunale Wirtschaftsrecht betrifft. Auch da sind Gesetze, die einzuhalten sind. Es ist nicht nur eine politische Auseinandersetzung. Die Hürden sind hier nur noch höher als bei den §§307, 315 BGB &Co.. Wenn Sie mir die Kosten für die vermutlich erforderlichen Gutachten decken, kann das auch juristisch vor Verwaltungsgerichten geklärt werden.  

Es ist leider so, dass sich für den einzelnen Bürger und Verbraucher immer mehr das Risiko  \"Gutachtenkosten\" als Hürde für rechtliche Klärungen aufbaut.  Wie Erfahrungen zeigen, hat das die Gemeinschaft der Verbraucher noch nicht erfasst.[/list]

Offline DocTom

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 44
  • Karma: +0/-0
  • Geschlecht: Männlich
Gewinne nicht gestiegen? - Der erste Blick trügt oft.
« Antwort #18 am: 15. März 2009, 14:54:07 »
Zitat
Original von reblaus

@Doc-Tom
Versuchen Sie herauszufinden, welche Gasmengen der Versorger in den einzelnen Jahren verkauft hat. Ziehen Sie vom Umsatz die jeweiligen Kosten für den Materialaufwand (Unterpunkt: Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und für bezogene Waren) ab, das sind die Kosten die Ihr Versorger für das Gas bezahlen musste. Das Ergebnis ist die Rohmarge oder Handelsspanne. Wenn die steigt, obwohl die gleiche Menge an Gas verkauft wurde ist der Beweis bereits erbracht, dass der Versorger seinen Gewinnanteil erhöht hat.

@reblaus

Vielen Dank für Ihren Tip.

Der Mengenabsatz wird wie folgt angegeben:
2003: 191 Mio kWh
2004: 197 Mio kWh
2005: 203 mio kWh
2006: 204 Mio kWh
2007: 194 Mio kWh

Differenz Umsatzerlös - Materialaufwand :
2003: 2207 TEURO
2004: 2457 TEURO
2005: 2578 TEURO
2006: 2280 TEURO ( Dazu wird aber im Kommentar ausgeführt, dass erstmals der Posten Betriebführungsentgelt in Höhe von 403 TEURO in die Position
Materialaufwand umgegliedert wurde !), womit nach m.E. die o.g. Differenz 2683 TEURO wäre!
Zu dem niedrigeren Gewinn 2006 ist noch anzumerken, dass in diesem Jahr eine Erhöhung der Rückstellung um 113 TEURO erfolgte!!!
2007: noch keine Daten zu Unsatzerlös und Materialaufwand.
Aber bei sinkendem Absatz gleichzeitig erhebliche Gewinnsteigerung- woher? Die Rückstellung wurden auf 535 TEURO erhöht??!!)

mfg

DocTom

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Gewinne nicht gestiegen? - Der erste Blick trügt oft.
« Antwort #19 am: 15. März 2009, 23:28:34 »
@Doc Tom

Es geht hier nach wie vor nicht um einzelne Versorger, sondern darum, was man aus Jahresabschlüssen herauslesen kann.

@reblaus

Vollkommen richtig, was Sie zur Intention der Verpflichtung zur Aufstellung eines Jahresabschlussses schreiben. Genauso zutreffend ist, dass die wenigsten Richter und Anwälte in der Lage sind, Bilanzen zu lesen.

Der Marktpreis für Erdgas scherrt sich nicht darum, an wen das Gas schlussendlich geliefert wird. Der Markt lässt eine Preisspaltung nicht zu (Arbitrage). Unterschiedliche Netzkosten für unterschiedliche Abnahmefälle spiegelt sich in den Differenzierungen der Netzentgelte wieder, jedoch nicht bei den Bezugskosten, jedenfalls dann nicht, wenn die Marktpreisbildung über Angebot und Nachfrage funktioniert. Wenn der Gaspreis auf dem vorgelagerten Beschaffungsmartkt ein Marktpreis ist, dann  hängen die Beschaffungskosten vom BAFA- Erdgasimportpreis und von den Börsenpreisen an der EEX oder zukünftig an Handelspunkten (Hubs) wie Baumgarten ab. Das Gas wird über ein Portfilio bezogen, teilweise zwischengespeichert. Die entsprechenden Gasbezugskosten sind über alle Gaskunden zu verteilen.

Die durchschnittlichen Gasbezugskosten und die durchschnittlichen Gasumsatzerlöse können demnach in Bezug auf die eigene Preisstellung gesetzt werden, sie zeigen, ob die Möglichkeit bestand, Gas günstiger zu beschaffen und abzugeben.

Offline nomos

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 2.448
  • Karma: +0/-0
Gewinne nicht gestiegen? - Der erste Blick trügt oft.
« Antwort #20 am: 16. März 2009, 09:40:50 »
Zitat
Original von RR-E-ft
@reblaus
Vollkommen richtig, was Sie zur Intention der Verpflichtung zur Aufstellung eines Jahresabschlussses schreiben. ......
    Richtig, aber es handelt sich hier  nicht um freie Kapitalgesellschaften. Stadtwerke sind Zweckgesellschaften, denen sich Städte bedienen um ihre kommunalen Verpflichtungen zu erfüllen.

    Da reicht das bisschen \"Offenlegung\" nicht.  Das ist auch keine rein privat- oder handelsrechtliche Frage. Es ist die Frage, was die Bürger und Verbraucher sich da auf Dauer so zumuten lassen und die ist auch politisch.

    Außerdem empfiehlt sich mal in den diversen  Gesetzen und Verordnungen des kommunalen Wirtschaftsrechts nachzulesen:

    z.B. Gemeindeordung BW  
§ 103  ff.   oder § 105

Die Regelungen sind halt in den Bundesländern nicht einheitlich, aber das sollte nicht davon abhalten.[/list]

Offline reblaus

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.055
  • Karma: +0/-0
Gewinne nicht gestiegen? - Der erste Blick trügt oft.
« Antwort #21 am: 16. März 2009, 13:08:14 »
@nomos
§ 103 Abs. 1 Nr. 5 b GemO BW bestimmt, dass privatwirtschaftlich betriebene Unternehmen der Gemeinde Ihre Geschäftszahlen gemäß HGB aufzustellen haben. Die Größenerleichterungen fallen hierbei weg. Aus dieser Vorschrift können Sie dann aber auch entnehmen, dass es keine umfangreicheren Veröffentlichungspflichten gibt. Es verbliebe als einzige Möglichkeit nach Art. 100 Abs. 1 GG, Art. 68 Abs. 1 Nr. 3 Verf BW eine konkrete Normenkontrolle durch den Staatsgerichtshof, was aussichtslos sein dürfte.

Ärgern Sie sich nicht über die Möglichkeiten, die man Ihnen verwehrt, sondern nutzen Sie diejenigen, welche man Ihnen gewährt.

@DocTom
Soweit sich an Ihrem Beispiel allgemeingültige Anregungen erläutern lassen, will ich Ihre Zahlen gerne aufnehmen. Eine konkrete Bilanzanalyse müssen Sie aber selber vornehmen oder vornehmen lassen.

Bei einem Monoversorger müssen Sie einfach alle Bilanzzahlen durch die abgesetzte Gasmenge dividieren, dann kommen Sie auf die Kosten pro kWh. Den Umsatz pro kWh vergleichen Sie mit Ihrem Gaspreis und stellen dadurch fest, ob es Gasverbraucher gibt, die erheblich weniger bezahlen müssen. Verändern sich diese Preisunterschiede über die Jahre erheblich zu Ihren Ungunsten, ist das ein Zeichen dafür, dass anderen Marktteilnehmer unzulässigerweise Vorzugskonditionen eingeräumt werden.

Bei den Kosten müssen Sie zwischen absatz- oder umsatzabhängigen Kosten z. B.  für den Gasbezug und relativ statischen Kosten z. B. für Verwaltung, Gasleitungen unterscheiden. Die Bezugskosten entwickeln sich entsprechend dem Gasabsatz. Die statischen Kosten bleiben von Absatzschwankungen durch milde oder strenge Winter unbeeinflusst. Auch Absatzsteigerungen durch Kundengewinne führen zuerst zu einer besseren Auslastung der Gasnetze und der Verwaltung, ohne deren Kosten zu erhöhen. Erst wenn die Gasleitungen vor Überbeanspruchung platzen und die Köpfe der Verwaltung wegen des Arbeitspensums rauchen, wird man die Kapazitäten erweitern.

Bei der Preiskalkulation wird der Versorger daher den Absatz bei durchschnittlichen Wetterverhältnissen zugrunde legen. Was bezogen auf die kWh zu Schwankungen dieser Preisbestandteile über die Jahre führen kann. Die Effizienzgewinne durch zusätzliche Kunden kann der Versorger erst in den Folgejahren bei der Kalkulation berücksichtigen.

Bei dem Betriebsführungsentgelt handelt es sich vermutlich um die Netzkosten, die zwischenzeitlich getrennt erfasst werden müssen. Dann ist es aber zulässig, diese Kosten nicht mehr bei Personal- und sonstigem Aufwand, sowie den Abschreibungen zu verbuchen, sondern in den Materialaufwand einzustellen (Aufwendungen für bezogene Leistungen). Bei der Ausgliederung einer Netzgesellschaft ist dies sogar zwingend. Die anderen Positionen reduzieren sich entsprechend.

Ob die so ermittelten Werte nun gut oder schlecht sind, erschließt sich Ihnen erst dann, wenn Sie diese Werte mit den Werten eines besonders preisgünstigen Versorgers und denen eines landesweit bekannten Abzockers vergleichen.

Sie dürfen Ihr Augenmerk auch nie auf eine Position alleine richten. Nur als Ganzes ergibt eine Bilanz ein Bild. Ein günstiger Preis führt zu geringerem Umsatz bei gleichem Absatz, das erhöht automatisch das Umsatz/Gewinnverhältnis. Das Rohmarge/Gewinnverhältnis kann hoch sein, wenn der preisgünstige Versorger kosteneffizient wirtschaftet oder aber wenn er hohe Preise verlangt und die Einnahmen verschwendet.

Eine Eigenkapitalrendite von 25% kann angemessen sein, wenn der Eigenkapitalanteil nur 6% beträgt und unverschämt, wenn das Unternehmen mit 60% Eigenkapital wirtschaftet.

Hat man es mit einem Multiversorger (nennt man die so?) zu tun, halte ich es für unbedenklich die Kosten anteilig zum Gasumsatz (der veröffentlicht werden muss) anzusetzen. Je geringer der Gasanteil am Gesamtumsatz ist, desto ungenauer wird diese Methode.

Offline nomos

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 2.448
  • Karma: +0/-0
Gewinne nicht gestiegen? - Der erste Blick trügt oft.
« Antwort #22 am: 16. März 2009, 15:18:23 »
Zitat
Original von reblaus
Eine Eigenkapitalrendite von 25% kann angemessen sein, wenn der Eigenkapitalanteil nur 6% beträgt und unverschämt, wenn das Unternehmen mit 60% Eigenkapital wirtschaftet.
    @reblaus, Ihr Ansatz ist in Ordnung, ich bin bei Ihnen, aber es ist nicht der einzige. Wenn Sie schon selbst auf die minimalen Veröffentlichungspflichen abstellen, ist das eine einseitige Angelegenheit. Selbst der Zugang zu Zahlen die Sie für Ihren Ansatz benötigen (Mengenmäßiger Umsatz etc.), werden heute erschwert.  Sorry, wenn ich hier daher nochmal auf andere Meinungen verweise, die ich teile. Für kommunale Stadtwerke sehe ich gerade bei der Eigenkapitalverzinsung andere Maßstäbe. Das Thema ist nicht wirklich neu:

Petition gegen überhöhte Gewinne

Hier finden Sie die juristisch begründete Meinung zur begrenzten Eigenkapitalrendite von Stadtwerken.

Wenn ich dann nochmal  auf \"meine\" Stadtwerke als Beispiel verweisen darf. Wenn man berücksichtigt, dass von rund 38 Mio. € Eigenkapital lediglich 4 Mio. € aus der ursprünglichen Zeichnung stammen, der Rest in Monopolzeiten über die Preise \"erwirtschaftet\"  wurde und dann dazu noch die in der Holding verblieben und zweckfremd verwendeten Teile gerechnet werden, dann kommt einem das EnWG wieder richtig märchenhaft vor. Angemessene Preise unter Wettbewerbsgesichtspunkten bzw. der Billigkeit nach § 315 BGB?

Betriebswirtschaftliche notwendig sind solche Renditen für die Zweckerfüllung \"Energieversorgung\" nicht. Die zweckfremde Verwendung der   \"erwirtschafteten\" Mittel sind Beweis genug.  Man hat bei der Ablehnung der Petititon auch mit kalkulatorischen und fiktiven Zahlen gearbeitet. Verstanden haben die Entscheider vermutlich wenig. Dass der Jahresabschluss ebenfalls von Wirtschaftsprüfern testiert wird, und die Rechnung der Eigenkapitalrendite keine seitenlangen Abhandlungen bedarf, hat die Politiker nicht berührt.  Da sind die Bedingungen wohl noch schlechter (Sachkundige Richter).  Hoffnung zeigt dieser Beitrag des BdEV. Vielleicht kommt es in Zukunft doch auf faktische und nicht auf fiktive Zahlen an. [/list]

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich

Offline reblaus

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.055
  • Karma: +0/-0
Gewinne nicht gestiegen? - Der erste Blick trügt oft.
« Antwort #24 am: 16. März 2009, 17:27:47 »
@nomos
Ich wusste schon warum ich die Problematik der Eigenkapitalrendite angesprochen habe. Nirgendwo wird mehr an der Realität vorbeidiskutiert als bei diesem Thema. Folgendes Beispiel:

Gasversorger A:

150 Mio Umsatz

60 Mio Eigenkapital (entspricht 60%)
40 Mio Fremdkapital
100 Mio Gesamtkapital

2,8 Mio Zinsen auf Fremdkapital (Zinssatz 7%)
15 Mio Gewinn vor Steuern (entspricht 25% Eigenkapitalrendite)

17,8 Mio Gewinn vor Zins und Steuer
10% Umsatzrendite
17,8% Gesamtkapitalrendite

Gasversorger B:

150 Mio Umsatz

6 Mio Eigenkapital (entspricht 6%)
94 Mio Fremdkapital
100 Mio Gesamtkapital

6,58 Mio Zinsen auf Fremdkapital (Zinssatz 7%)
1,5 Mio Gewinn vor Steuern (entspricht 25% Eigenkapitalrendite)
8,08 Mio Gewinn vor Zins und Steuer
1% Umsatzrendite
8,1% Gesamtkapitalrendite

Sie erkennen hoffentlich, dass die Eigenkapitalrendite für sich allein gesehen überhaupt nichts aussagt. Das ist mit zahlreichen Bilanzkennziffern ähnlich. Ich verstehe, wenn ein Fachanwalt für Verwaltungsrecht einen solchen Fehler begeht. Schleierhaft ist mir, wenn dieser Schwachsinn im Handelsblatt oder der FTD unreflektiert nun schon seit Jahren diskutiert wird.

Nur am Rande, man kann die notwendigen Renditen eines Unternehmens nicht mit den Zinssätzen von Kommunalkrediten vergleichen. Der Zinssatz einer Investition muss das Risiko der Investition wiederspiegeln. Kommunalkredite sind das sicherste Investment das es gibt. Der Betrieb eines Gasversorgers ist mit einem deutlich höheren wirtschaftlichen Risiko verbunden, das muss sich in einem Renditeaufschlag niederschlagen, sonst ist der Versorger bei der kleinsten wirtschaftlichen Eintrübung sofort pleite.

Offline nomos

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 2.448
  • Karma: +0/-0
Gewinne nicht gestiegen? - Der erste Blick trügt oft.
« Antwort #25 am: 16. März 2009, 18:47:24 »
Zitat
Original von reblaus
Sie erkennen hoffentlich, dass die Eigenkapitalrendite für sich allein gesehen überhaupt nichts aussagt. Das ist mit zahlreichen Bilanzkennziffern ähnlich. Ich verstehe, wenn ein Fachanwalt für Verwaltungsrecht einen solchen Fehler begeht. Schleierhaft ist mir, wenn dieser Schwachsinn im Handelsblatt oder der FTD unreflektiert nun schon seit Jahren diskutiert wird.
    @reblaus, es hat auch keiner behauptet, dass die Eigenkapitalrendite alleine alles aussagt. Der Fachanwalt hat auch keinen Fehler gemacht.

    Überhöhte Gewinne stammen aus überhöhten Preisen. Können Sie mir wenigsten zustimmen, dass Gewinne, die zweckfremd verwendet werden, nicht dem Unternehmen dienen und Mittel, die für Quersubventionen verwendet werden nicht dem Zweck dienen? Betriebswirtschaftlich sind diese Mittel nicht notwendig.  

    Ein Fehler ist, wenn man kommunale Stadtwerke mit Kapitalgesellschaften gleichsetzt. Wir sprechen hier von kommunalen Gasversorgern, die bis vor Kurzem noch die volle Monopolstellung hatten die bis heute nicht beseitigt ist.

    Ihr besonderes wirtschaftliches Risiko sehe ich da bis jetzt nicht, das einen Renditeaufschlag rechtfertigen würde. Das Investment ist hier so sicher wie der Kredit an eine Kommune.  Stadtwerke waren zumindestens bis jetzt die Goldesel für den Stadtsäckel. Ich verzichte auf eine Aufzählung was man damit alles finanziert. Die Goldesel haben die Verbraucher gefüttert. Der Zweck ist die Versorgung und nicht die Risikowirtschaft mit Renditeaussichten zur Haushaltsfinanzierung! Die Aufgaben haben die Gemeinden zunächst kostendeckend zu erfüllen. Monopolsicherung zur Gewinnmaximierung bzw. Gewinne, die nicht dem Zweck der Aufgabe dienen gehören nicht dazu. Ein negatives Beispiel hat die Kommunalpolitik aktuell bei der Wasserversorgung geliefert. Gehören Steuersparmodelle für Dritte (mit und ohne kommunaler Partizipation - z.B. Cross-Border-Leasing) zu den öffentlichen Aufgaben bzw. sind sie mit dem Kommunalrecht bzw. dem kommunalen Wirtschaftsrecht zu vereinbaren? Hier hat sich insgesamt eine Entwicklung aufgetan, die nicht mehr in Ordnung ist. Städte sind keine Wirtschaftskonzerne.

    Ihrem Argument kann ich auch wegen der Historie nicht folgen. Wenn Sie die zweckfremden Verwendungen, Quersubventionen und marktunübliche Konzernfinanzbeziehungen herausrechnen, dann werden Sie gegebenenfalls feststellen, dass betriebswirtschaftlich im Unternehmen Stadtwerk per Saldo aus Abführungen, Zuführungen und Rücklagen kaum mehr als die genannte marktübliche Verzinsung verblieben ist. Wo es mehr ist und zweckbestimmt verwendet wird, akzeptiert!

    Es geht doch immer noch um das EnWG (§§1-2), um überhöhte Preise etc.? Da gibt es mehrere Ansätze, Wettbewerb, Billigkeit, notwendige Preise - Existenzsicherung .. . und hier immer unter dem Aspekt der kommunalen Verpflichtung, die durch die privatrechtliche Unternehmensform nicht entfällt.

    Es geht um kommunales Wirtschaftsrecht, nicht um Wettbewerbs- oder Handelsrecht.

    In einer anderen Sache hat das BW-Wirtschaftsministerium selbst festgestellt:

    Nach dem Eigenbetriebsgesetz soll höchstens eine marktübliche Verzinsung des Eigenkapitals erzielt werden. Diese liegt nach einer Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg vom 22.11.2006 (Drucksache 14/594) bei 4,8 %.

    Die Marktüblichkeit wird am Preis für den Kommunalkredit festgemacht. Aber man sucht sich die Argumente immer ergebnisorientiert aus. Das Geschriebene gilt natürlich nur wo es den Politikern gerade passt. Bürgermeister sind manchmal Kreisrat, Regionalrat und Landtagsabgeordnete in einer Person und manchmal  noch Aufsichtsrat oder Geschäftsführer bei den Stadtwerken.

Auch hier ist man quasi dieser Meinung.

[/list]

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Gewinne nicht gestiegen? - Der erste Blick trügt oft.
« Antwort #26 am: 16. März 2009, 19:20:21 »
@nomos

Auch die Frage, ob die Preise weit über den Kosten liegen, ist Gegenstand der (besonderen) kartellrechtlichen Preismissbrauchsaufsicht im Energiebereich, vgl. § 29 GWB.
Eine gesetzliche Vorschrift dazu, wie und wofür der (ohne kartellrechtswidrigen Preishöhenmissbrauch) erzielte Gewinn zu verwenden sei, ist nicht ersichtlich.

Offline reblaus

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.055
  • Karma: +0/-0
Gewinne nicht gestiegen? - Der erste Blick trügt oft.
« Antwort #27 am: 16. März 2009, 19:24:09 »
@nomos
Sie wollen halt viel lieber über Politik diskutieren als über dieses fade Handelsrecht. X(

Aber beachten Sie, die beisitzenden Handelsrichter bei den Kammern für Handelssachen sind Kaufleute und keine Juristen, wenn Sie bei denen so argumentieren, glauben die, Sie wollten sie enteignen, dann bekommen Sie nie Recht.

Zitat
Eine gesetzliche Vorschrift dazu, wie und wofür der (ohne kartelrechtswidrigen Preishöhenmissbrauch) erzielte Gewinn zu verwenden sei, ist nicht ersichtlich.
In Deutschland gibt es nichts, was nicht geregelt ist, un im Muschterländle gild dess gläi zweimol.

§ 102 GemO BW
Zitat
(3) Wirtschaftliche Unternehmen der Gemeinde sind so zu führen, daß der öffentliche Zweck erfüllt wird; sie sollen einen Ertrag für den Haushalt der Gemeinde abwerfen.

Offline nomos

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 2.448
  • Karma: +0/-0
Gewinne nicht gestiegen? - Der erste Blick trügt oft.
« Antwort #28 am: 16. März 2009, 20:32:30 »
Zitat
Original von reblaus
Sie wollen halt viel lieber über Politik diskutieren als über dieses fade Handelsrecht. X(
Zitat
Eine gesetzliche Vorschrift dazu, wie und wofür der (ohne kartelrechtswidrigen Preishöhenmissbrauch) erzielte Gewinn zu verwenden sei, ist nicht ersichtlich.
In Deutschland gibt es nichts, was nicht geregelt ist, un im Muschterländle gild dess gläi zweimol.

§ 102 GemO BW
Zitat
(3) Wirtschaftliche Unternehmen der Gemeinde sind so zu führen, daß der öffentliche Zweck erfüllt wird; sie sollen einen Ertrag für den Haushalt der Gemeinde abwerfen.
    @reblaus, es geht vorwärts, immerhin haben Sie sich jetzt mit der GemO BW beschäftigt. Das ist nicht Zivilrecht und nicht Handelsrecht, das ist Verwaltungsrecht!

    Es gibt halt auch noch andere Rechtsgebiete und auch noch andere Gerichte. Das Handelsrecht ist nicht fade, man sollte nur nicht meinen es gäbe sonst nichts.

    Wenn Sie schon in der GemO gelesen haben, da steht z.B. auch
    \"Die Gemeinde hat zur Information des Gemeinderats
und ihrer Einwohner jährlich einen Bericht über die Unternehmen in einer Rechtsform des privaten Rechts, an denen sie unmittelbar oder mit mehr als 50 vom Hundert mittelbar beteiligt ist, zu erstellen. In dem Beteiligungsbericht sind für jedes Unternehmen mindestens darzustellen:
....

 2. der Stand der Erfüllung des öffentlichen Zwecks des Unternehmens,
.....

Das ist keine handelsrechtliche Regelung, sondern eine Regelung für die Bürger nach dem Verwaltungsrecht.

... und das \"Musterländle\" regelt noch mehr. Ja, da soll was abgeworfen werden (muß nicht!). Das \"Soll\" ist aber begrenzt:

EigBG § 12
(3) Auf die Erhaltung des Sondervermögens ist Bedacht zu nehmen. Außerdem soll eine marktübliche Verzinsung des Eigenkapitals erwirtschaftet werden.

Renditen von 20 Prozent und mehr sind nicht mehr marktüblich. Der \"Markt\" ist hier, vielfach festgestellt und dokumentiert, die Verzinsung von Kommunalkrediten. Aber auch das hatten wir schon.

Da geht es nicht um eine Regelung der Gewinnverwendung, sondern um eine Gewinnbegrenzung (marktüblich). Von Quersubventionen ist gar nicht die Rede!

... und jetzt noch das EnWG. Da steht was von möglichst preisgünstig und einer Verpflichtung.  Auch das ist sicher kein Hinweis für unbegrenzte Gewinne?  

Soviele Regelungen, nicht nur im Musterländle ;).[/list]

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Gewinne nicht gestiegen? - Der erste Blick trügt oft.
« Antwort #29 am: 16. März 2009, 20:40:11 »
@nomos

Könnte § 12 Abs. 3 EigBG nicht auch eine Mindestverzinsung meinen? Immerhin geht es in der Vorschrift um den Werterhalt, der erst recht bei einer höheren Eigenkapitalverzinsung gewährleistet ist, ebenso wie ein Ertrag für den Haushalt gem. § 102 Abs. 3 GemO BW. Die Normen sind ggf. nach Sinn und Zweck auszulegen.  

Leider diskutieren wir nun schon wieder Besonderheiten im Ländle, statt Grundsatzfragen.

Für ein gehöriges Palaver kann einem natürlich immer noch mehr einfallen. Mir fällt ein, dass es im Verwaltungsrecht besonderer Voraussetzungen für eine Klagebefugnis bedarf (zB. § 42 Abs. 2 VwGO). Popularklagen sind grundsätzlich ausgeschlossen. Soll aber alles nicht unser Thema an dieser Stelle sein.

 

Bund der Energieverbraucher e.V. | Impressum & Datenschutz