Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Gewinne nicht gestiegen? - Der erste Blick trügt oft.
nomos:
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
@nomos
Könnte § 12 Abs. 3 EigBG nicht auch eine Mindestverzinsung meinen? Immerhin geht es in der Vorschrift um den Werterhalt, der erst recht bei einer höheren Eigenkapitalverzinsung gewährleistet ist, ebenso wie ein Ertrag für den Haushalt gem. § 102 Abs. 3 GemO BW.
Die Normen sind ggf. nach Sinn und Zweck auszulegen.
Leider diskutieren wir nun schon wieder Besonderheiten im Ländle, statt Grundsatzfragen. Für ein gehöriges Palaver kann einem natürlich immer noch mehr einfallen.
Mir fällt ein, dass es im Verwaltungsrecht besonderer Voraussetzungen für eine Klagebefugnis bedarf (zB. § 42 Abs. 2 VwGO). Popularklagen sind grundsätzlich ausgeschlossen.
--- Ende Zitat ---
@RR-E-ft, die Bedingungen für eine Klage stehen im Gesetz: \"Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.\"
Verwaltungsakte im Zusammenhang mit kommunalen Stadtwerken soll es ja geben.
Unter Werterhalt versteht man zunächst die Sicherung der Investition. Ein Ertrag ist da noch nicht mit verbunden. Fragen Sie mal Ihre Bank, die Ihr Kapital garantiert hat, ob das auch grundsätzlich für Zinsen gilt. 20 Prozent wären auf jedenfall weit mehr als Werterhalt und eben nicht mehr marktüblich.
Aber ist sehe schon wieder den leisen Vorwurf, das ist nicht Ihr bzw. das Thema hier. Also weiter die Bilanzauswertung diskutieren.
Vielleicht noch ein grundsätzlicher Hinweis vom Bundesgerichtshof:
Urteil vom 21.09.05 VIII ZR 8/05
II2c
--- Zitat ---Das Kostendeckungsprinzip gehört zu den grundlegenden Prinzipien öffentlichen Finanzgebarens, die die öffentliche Hand auch dann zu beachten hat, wenn sie öffentliche Aufgaben in den Formen des Privatrechts wahrnimmt (BGHZ 115, 311, 318 ).
--- Ende Zitat ---
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DocTom:
@RR-E-ft
aber es geht mir eben um die grundsätzliche Aussagekraft von Jahresabschlüssen bzw. Beteiligungsberichten, ich habe die Zahlen nur als Beispiel angegeben.
--- Zitat ---Original von reblaus
@DocTom
Soweit sich an Ihrem Beispiel allgemeingültige Anregungen erläutern lassen, will ich Ihre Zahlen gerne aufnehmen. Eine konkrete Bilanzanalyse müssen Sie aber selber vornehmen oder vornehmen lassen.
Bei einem Monoversorger müssen Sie einfach alle Bilanzzahlen durch die abgesetzte Gasmenge dividieren, dann kommen Sie auf die Kosten pro kWh. Den Umsatz pro kWh vergleichen Sie mit Ihrem Gaspreis und stellen dadurch fest, ob es Gasverbraucher gibt, die erheblich weniger bezahlen müssen. Verändern sich diese Preisunterschiede über die Jahre erheblich zu Ihren Ungunsten, ist das ein Zeichen dafür, dass anderen Marktteilnehmer unzulässigerweise Vorzugskonditionen eingeräumt werden.
Bei den Kosten müssen Sie zwischen absatz- oder umsatzabhängigen Kosten z. B. für den Gasbezug und relativ statischen Kosten z. B. für Verwaltung, Gasleitungen unterscheiden. Die Bezugskosten entwickeln sich entsprechend dem Gasabsatz. Die statischen Kosten bleiben von Absatzschwankungen durch milde oder strenge Winter unbeeinflusst. Auch Absatzsteigerungen durch Kundengewinne führen zuerst zu einer besseren Auslastung der Gasnetze und der Verwaltung, ohne deren Kosten zu erhöhen. Erst wenn die Gasleitungen vor Überbeanspruchung platzen und die Köpfe der Verwaltung wegen des Arbeitspensums rauchen, wird man die Kapazitäten erweitern.
Bei der Preiskalkulation wird der Versorger daher den Absatz bei durchschnittlichen Wetterverhältnissen zugrunde legen. Was bezogen auf die kWh zu Schwankungen dieser Preisbestandteile über die Jahre führen kann. Die Effizienzgewinne durch zusätzliche Kunden kann der Versorger erst in den Folgejahren bei der Kalkulation berücksichtigen.
Bei dem Betriebsführungsentgelt handelt es sich vermutlich um die Netzkosten, die zwischenzeitlich getrennt erfasst werden müssen. Dann ist es aber zulässig, diese Kosten nicht mehr bei Personal- und sonstigem Aufwand, sowie den Abschreibungen zu verbuchen, sondern in den Materialaufwand einzustellen (Aufwendungen für bezogene Leistungen). Bei der Ausgliederung einer Netzgesellschaft ist dies sogar zwingend. Die anderen Positionen reduzieren sich entsprechend.
Ob die so ermittelten Werte nun gut oder schlecht sind, erschließt sich Ihnen erst dann, wenn Sie diese Werte mit den Werten eines besonders preisgünstigen Versorgers und denen eines landesweit bekannten Abzockers vergleichen.
Sie dürfen Ihr Augenmerk auch nie auf eine Position alleine richten. Nur als Ganzes ergibt eine Bilanz ein Bild. Ein günstiger Preis führt zu geringerem Umsatz bei gleichem Absatz, das erhöht automatisch das Umsatz/Gewinnverhältnis. Das Rohmarge/Gewinnverhältnis kann hoch sein, wenn der preisgünstige Versorger kosteneffizient wirtschaftet oder aber wenn er hohe Preise verlangt und die Einnahmen verschwendet.
Eine Eigenkapitalrendite von 25% kann angemessen sein, wenn der Eigenkapitalanteil nur 6% beträgt und unverschämt, wenn das Unternehmen mit 60% Eigenkapital wirtschaftet.
Hat man es mit einem Multiversorger (nennt man die so?) zu tun, halte ich es für unbedenklich die Kosten anteilig zum Gasumsatz (der veröffentlicht werden muss) anzusetzen. Je geringer der Gasanteil am Gesamtumsatz ist, desto ungenauer wird diese Methode.
--- Ende Zitat ---
@reblaus
Danke für Ihren sachkundigen Rat.
Obwohl ich diese (über mehrere Jahre vorliegende) Berichte bereits mit Wirtschaftsfachleuten, darunter auch ein Wirtschaftsprüfer, durchgegangen bin, habe ich bisher keine klare Aussage erhalten, ob Behauptungen des EVU, man habe trotz deutlicher Gewinnsteigerungen nur Bezugskostensteigerungen weitergegeben oder die Rohmarge sei sogar gesunken, durch die o.g. Berichte überhaupt zu wiederlegen sind. Alles hat sich auf Vermutungen und Spekulationen beschränkt.
mfg
DocTom
RR-E-ft:
@DocTom
Nicht der Kunde muss die Unbilligkeit beweisen, sondern der Versorger die Billigkeit. Und wenn sich anhand der Jahresabschlüsse allein nicht die Unbilligkeit nachweisen lässt, dann gilt das wohl ebenso für die Billigkeit. Die Entwicklung der konkreten preisbildenden Faktoren des konkreten Preissockels und des konkreten Deckungsbeitrages innerhalb des konkreten Vertragspreises ergibt sich daraus nicht. Das wäre allenfalls bei einem Monoversorger der Fall, der nur ein einziges Produkt zu einem einzigen Einheitspreis anbietet. Zudem kommt es auf die Entwicklung der konkreten Kosten dann nicht an, wenn diese stärker gestiegen sind, als es für die Anpassung an die Marktverhältnisse im Vorlieferantenverhältnis überhaupt notwendig war. Demnach kann sich eine Preiserhöhung sogar bei rückläufigen Deckungsbeiträgen als unbillig erweisen (vgl. BGH, Urt. v. 19.11.2008 - VIII ZR 138/07 Rdn. 39, 43).
reblaus:
@DocTom
Da Sie die Unbilligkeit nicht nachweisen müssen, benötigen Sie die Bilanzanalyse nur insoweit, dass Sie Ihre Erfolgsaussichten bei einer Klage einigermaßen abschätzen können. Soweit ich Ihre Zahlen analysiert habe, komme ich zu dem Ergebnis, dass sich die Rohmarge über die Jahre erhöht hat, aber nicht in einem Maße, dass man Ihren Versorger noch mit einem \"rauchenden Colt\" angetroffen hätte. Das Rohmargen/Gewinnverhältnis ist im Vergleich z. B. zu den Stadtwerken Rastatt, einem sehr günstigsten Anbieter, deutlich geringer. Dies kann aber auch damit zusammenhängen, dass Ihr Anbieter seine eigenen Kosten nicht im Griff hat. Wer kosteneffizient wirtschaftet, hat auch das Anrecht einen höheren Profit für sich beanspruchen zu dürfen. Effizienzgewinne dürfen nicht nur dem Kunden zugute kommen, sonst besteht kein Anreiz sparsam zu haushalten.
Ich vermute, dass Ihr Versorger die Preise stärker erhöht hat, als angemessen gewesen wäre. Dafür dass Ihr Versorger zu den ganz großen Raubrittern der Branche zu zählen ist, habe ich in den vorliegenden Daten keine Anhaltspunkte gefunden. Zum größten Teil werden Ihre ungerechtfertigten Preissteigerungen dem Gaskartell der Vorlieferanten zuzurechnen sein, an dem Ihr Versorger wegen der geringen Bezugsmengen nicht beteiligt war, und für die er dann auch nichts kann.
@nomos
Ich wollte Ihnen mit meinem Beispiel verdeutlichen, dass die Prozentrechnung ihre Tücken hat, und es entscheidend auf die Basis ankommt. Wenige Prozent von viel ist viel, viele Prozent von wenig bleibt wenig. Die Mathematik ist der Meinungsbildung nicht zugänglich, insoweit handelt es sich um eine kommunikationsfeindliche Kunst.
Wenn Sie denn einen angemessenen Zinssatz diskutieren wollen, müssen wir uns aus mathematischen Erwägungen zuvor über die Basis einig werden, auf die dieser Zinssatz angewendet werden soll. Hier muss es aber auf das Gesamtkapital ankommen. Ob die Bank oder der Eigentümer dieses Kapital zur Verfügung stellt, kann keine Rolle spielen. Alles andere ist abwegig. Dies allein schon deswegen, weil Ihr vorgeschlagener Zinssatz verbieten würde, dass das Unternehmen überhaupt Bankkredit in Anspruch nimmt. Der Versorger erhält nämlich niemals so gute Kreditkonditionen wie die Gemeinde selbst. Er würde bei einer Verzinsung des Gesamtkapitals zu öffentlichen Konditionen daher stets höhere Bankzinsen bezahlen, als er mit dem Fremdkapital Erträge erwirtschaften kann. Der Einsatz von Bankkredit wäre somit unwirtschaftlich.
nomos:
--- Zitat ---Original von reblaus
..
Wenn Sie denn einen angemessenen Zinssatz diskutieren wollen, müssen wir uns aus mathematischen Erwägungen zuvor über die Basis einig werden, auf die dieser Zinssatz angewendet werden soll. Hier muss es aber auf das Gesamtkapital ankommen. Ob die Bank oder der Eigentümer dieses Kapital zur Verfügung stellt, kann keine Rolle spielen. Alles andere ist abwegig. Dies allein schon deswegen, weil Ihr vorgeschlagener Zinssatz verbieten würde, dass das Unternehmen überhaupt Bankkredit in Anspruch nimmt. Der Versorger erhält nämlich niemals so gute Kreditkonditionen wie die Gemeinde selbst. Er würde bei einer Verzinsung des Gesamtkapitals zu öffentlichen Konditionen daher stets höhere Bankzinsen bezahlen, als er mit dem Fremdkapital Erträge erwirtschaften kann. Der Einsatz von Bankkredit wäre somit unwirtschaftlich.
--- Ende Zitat ---
Sorry, aber das ist unzutreffend.
Sie berücksichtigen immer noch nicht, dass kommunale Stadtwerken keine \"normalen\" Kapitalgesellschaften sind. Kommunen stehen dahinter (Gewährleistungen der Kommunen!) Haftungen für Kredite an kommunale Unternehmen auch für solche mit privater Rechtsform). Der Kreditgeber geht da kein besonderes Risiko ein!
Es geht hier nicht um Prozentrechnen oder Fremdkapitalzinsen, die sind beim Gewinn vor Steuern schon bezahlt - es geht hier nur um die Eigenkapitalverzinsung. Vorgaben zu den Fremdkapitalzinsen sind im kommunalen Wirtschaftsrecht nach meiner Kenntnis nicht zu finden. Die gegenseitige Wirkung können Sie hier nachlesen:
Leverage-Effekt
Da kam der Hinweis auf den Werterhalt. Wenn man nicht das gesamte Eigenkapital, sondern nur die ursprüngliche Investitionen der Kommunen als Basis zu Grund legen würde, hätten wir oft Verzinsungen von weit mehr als Hundert Prozent.
Die kommunalen Aspekte zum Thema sind nicht erwünscht.
--- Zitat ---Für ein gehöriges Palaver kann einem natürlich immer noch mehr einfallen.
--- Ende Zitat ---
... und mir fällt da noch mehr ein. Aber das muss und möchte ich hier nicht weiter diskutieren. [/list]
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