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Autor Thema: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?  (Gelesen 112529 mal)

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Offline RR-E-ft

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Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
« Antwort #120 am: 25. Februar 2009, 21:32:31 »
@jofri46

Zitat
Original von jofri46
@Eislud
Bei einer (zulässigen) Kostenelementeklausel müsste der Verwender im Falle einer Preisanpassung alle Preisbestandteile offenlegen und darlegen, ggf. unter Beweis stellen, dass sein Gewinnanteil unverändert geblieben ist und sich nur die von der laufenden Kostenentwicklung abhängigen Bestandteile erhöht haben.

Soweit ich es verstanden habe, sind nicht erst im Falle einer Preisanspassung alle Kostenbestandteile offenzulegen. Die Offenlegung muss bereits bei Vertragsabschluss innerhalb der Klausel selbst erfolgen.

Vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2007 - III ZR 247/06 Rn. 10:

Zitat
Dementsprechend sind Preisanpassungsklauseln nur zulässig, wenn die Befugnis des Verwenders zu Preisanhebungen von Kostenerhöhungen abhängig gemacht wird und die einzelnen Kostenelemente sowie deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises offen gelegt werden, so dass der andere Vertragsteil bei Vertragsschluss die auf ihn zukommenden Preissteigerungen einschätzen kann (Senatsurteil vom 11. Oktober 2007 aaO; vgl. BGH, Urteile vom 11. Juni 1980 - VIII ZR 174/79 - NJW 1980, 2518, 2519 unter II 2. c); vom 19. November 2002 - X ZR 253/01 - NJW 2003, 746, 747 unter III. 2. a) m.w.N.; vom 21. September 2005 aaO S. 1717 f unter II. 3.b) und vom 13. Dezember 2006 aaO Rn. 23 ff).

Das folgt daraus, dass der Vertragspartner des Verwenders die Berechtigung der Preisänderung anhand der Klausel selbst (und nicht etwa erst vermittels einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle) kontrollieren können muss. Der Gewinnanteil müsste dabei logischerweise eine (auszuweisende) Konstante (G) sein, so wie der verbrauchsunabhängige G rundpreis, von dem ich immer noch meine, dass dieser zumeist weit überwiegend übermäßiger reiner Gewinn ist.  

Wie man das bei Vertragsabschluss ggf. unter Beweis stellen wollte, vermag ich nicht nachzuvollziehen (Wirtschaftsprüferbescheinigung anbei?)


Zitat
Original von jofri46
@RR-E-ft
Ergibt sich die innere Rechtfertigung für eine solche Klausel nicht schon aus der Natur des Vertrages, der ja nicht (wie ich es bei § 433 BGB sehe) auf einmaligen, sondern dauernden Leistungsaustausch gerichtet ist? Ich kann mir vorstellen, dass auch der Verwender nicht alle preisbildenden Faktoren vorhersehen, einschätzen und abwägen kann. Und wenn sich die Frage nach der Zulässigkeit einer solchen Klausel stellt, wenn sich der Verwender sowieso kurzfristig durch ordentliche Kündigung vom Vertrag lösen kann, gilt das dann nicht auch für den Verbraucher, wenn er durch die Klausel ansonsten unangemessen benachteiligt wäre? Ich weiss, dass Sie das unter Hinweis auf die diverse Urteile anders sehen. Wenn ich mich recht erinnere, war der Sachverhalt dieser Urteile aber so, dass das Kündigungsrecht nicht unmittelbar und bedingungslos mit der Preisanpassungsklausel verknüpft war.


Ein Sonderkündigungsrecht des Kunden ist aus der Natur der Sache heraus nie bedingungslos. Es ist auch nicht nur eine Frage der Gleichzeitigkeit von Eintritt der Preisänderung und Lösungsmöglichkeit, wie vielleicht nach den Flüsiggas- Entscheidungen angenommen werden könnte.

Dagegen, dass ein Lösungsrecht eine Intransparenz kompensieren kann, spricht, dass das Transparenzgebot ausgehebelt wäre. Jede beliebige Klausel könnte zulässig sein. Der Kunde hätte mit Vertragsabschluss keinerlei kalkulierbare Zukunft, wie er sie zweifelsohne hätte, wenn eine für beide Teile bindenende Preisvereinbarung auf eine gewisse Zeit oder aber eine dem Transparenzgebot entsprechende Preisänderungsklausel im Vertrag enthalten wäre. Allein darin sehe ich eine unangemessene Benachteiligung. Der Verwender hält die Zukunft für sich selbst kalkulierbar, für seinen Kunden aber nicht. Die Zukunft wäre für den Kunden unkalkulierbar. Es wird nicht nur gegen den elementaren Grundsatz des § 433 BGB verstoßen, sondern es wäre zu fragen, ob überhaupt ein grundsätzlicher Bindungswille vorhanden ist, der jedem Vertragsabschluss inne wohnen muss. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Klauselverwender jederzeit die Möglichkeit hat, die Klausel zu ziehen. Ich würde einen solchen Vertrag als Vertragspartner des Klauselverwenders ohne Not nie abschließen wollen.

Soweit ersichtlich kommt die Kompensation einer vollkommen intransparenten Klausel durch ein Kündigungsrecht des Vertragspartners nach der BGH- Rechtsprechung demzufolge auch nicht in Betracht. Bei kurzfristigen Verträgen mit einer Laufzeit von sechs oder zwölf Monaten wird die Zulässigkeit einer Preisänderungsklausel zutreffend generell angezweifelt (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2007 - VIII ZR 247/06 Rn. 13).

In der gleichen Entscheidung heißt es in Rn. 33 zutreffend:

Zitat
Das den Abonnenten in Klausel Nummer 6.5 Satz 2 eingeräumte Kündigungsrecht schafft keinen angemessenen Ausgleich. Wie bereits dargelegt, gibt es keinen ausnahmslos gültigen Grundsatz, dass ein unangemessen benachteiligendes Preisanpassungsrecht stets durch eine Vertragslösungsmöglichkeit kompensiert werden kann.

Insbesondere darf sich der Verwender kein Recht zu willkürlichen Preisanhebungen einräumen, um auf diese Weise Kunden zu zwingen, entweder einen überhöhten Preis zu akzeptieren oder von der Lösungsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Wenn durch die Klausel willkürliche Preisanhebungen nicht ausgeschlossen werden, kann ihre Unangemessenheit auch nicht durch Hinzufügung eines Vertragslösungsrechts ausgeschlossen werden (vgl. Erman/Roloff, BGB 11. Aufl. § 309 Rn. 14). So liegt der Fall hier.

So geht es also gerade nicht. Mit einem Vertragslösungsrecht darf das Transparenzgebot nicht ausgehebelt werden.

Dort ging es um \"Bezahlfernsehen\" und auch der Markt für Film- und Übertragsungsrechte scheint hoch volatil.

Offline Black

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Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
« Antwort #121 am: 02. April 2009, 16:27:48 »
Wenn man ein Preisanpassungsrecht nach dem Leitbild der GasGVV in Sonderkundenverträgen als unzulässig ansieht, sollte man sich fragen, was bei einem Grundversorgerwechsel passiert.

§ 36 Abs. 3 EnWG ordnet für diesen Fall nämlich an, dass die bisherigen (Grund)versorgungsverträge als Sonderkundenverträge zu den Bedingungen der Grundversorgung fortgelten. Die Folge sind dann Sonderkundenverträge mit einem GVV Preisanpassungsrecht.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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« Antwort #122 am: 02. April 2009, 16:40:21 »
@Black

Bei einem Grundversorgerwechsel entfällt für den bisherigen Grundversorger der gesetzliche Kontrahierungszwang. Er ist somit berechtigt, die bestehenden Verträge ordnungsgemäß zu kündigen, vgl. § 20 Abs. 1 Satz 3 GVV.

Damit entfällt die innere Rechtfertigung für das lediglich  an billiges Ermessen gebundene gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07 Tz. 26), so dass auf die Sonderverträge fortan § 307 BGB Anwendung findet.

Offline Black

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« Antwort #123 am: 02. April 2009, 17:01:31 »
Der ehemalige Grundversorger könnte nun die Verträge kündigen, aber er muss dies nicht tun. Ziel des Gesetzgebers war es ja offensichtlich dem Versorger gerade die Kunden zu belassen, sonst hätte er das frühere System des Kundenwechsels (bei Konzessionswechsel) hin zum neuen Grundversorger beibehalten.

Da per Gesetz die Fortgeltung sämtlicher Vertragsbedingungen (einschliesslich des Preisanpassungsrechts) im Sondervertrag angeordnet wird, können diese nicht gleichzeitig per Gesetz für nichtig erklärt werden.
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« Antwort #124 am: 02. April 2009, 17:05:06 »
@Black

Er kann kündigen, muss es jedoch nicht.

Folge ist, dass die Sonderverträge fortan § 307 BGB unterliegen, was bis dahin nicht der Fall war.
Unter dem Gesichtspunkt wäre er ggf. besser beraten, für eine beabsichtigte Preisänderung die Sonderverträge zu kündigen.

Offline Black

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Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
« Antwort #125 am: 02. April 2009, 17:30:11 »
Wenn der Sonderkundenvertrag dem § 307 BGB unterliegt und gleichzeitig ein spezielleres Gesetz die Vertragsbedingungen vorgibt, muss im Ergebnis das Preisanpassungsrecht nach GVV Leitbild dem § 307 BGB entsprechen. Andernfalls würde man zu dem ergebnis kommen, dass ein allgemeines Gesetz die angeordnete Rechtsfolge eines spezielleren Gesetzes aufhebt.

Das kann nicht sein, denn sonst würde der Gesetzgeber dem EVU einerseits Vertragsbedingungen eines Sonderkundenvertrages zwingend gesetzlich vorgeben und diese mit einem anderen Gesetz gleichzeitig für nichtig erklären wollen.
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« Antwort #126 am: 02. April 2009, 17:42:48 »
@Black

Wieso denn zwingend gesetzlich vorgegeben?

Der bisherige Grundversorger hat doch die Option, diese Sonderverträge jederzeit  ordnungsgemäß zu kündigen unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zum Monatsende.
 
Niemand zwingt ihn, die Verträge (darüber hinaus) weiter fortzuführen. Das macht doch gerade den Unterschied aus (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07 Tz. 26).

Und wenn ich die weiter oben zitierten Entscheidungen des BGH richtig verstanden habe, dann fehlt bei einem Vertrag, bei dem sich der ABG- Verwender kurzfristig aus dem Vertragsverhältnis lösen kann (Verträge mit einer Dauer von sechs Monaten bis zu 2 Jahren) oft schon das Bedürfnis/ die Notwendigkeit für eine Preisanpassungsklausel.

Das muss doch aber  erst recht gelten, wo sich der Energielieferant jederzeit mit einer Frist von einem Monat auf das Monatsende durch ordnungsgemäße Kündigung aus dem Vertragsverhältnis lösen kann, vgl. § 20 Abs. 1 Satz 1 GVV.

Woraus sich  bei dieser Konstellation überhaupt eine Notwendigkeit für einseitige Entgeltanpassungen ergeben könnte, ist nicht ersichtlich. Es gilt der Grundsatz der für beide Seiten bindenden Preisvereinbarung gem. § 433 Abs. 2 BGB.

Offline Black

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« Antwort #127 am: 02. April 2009, 17:57:24 »
Das Gesetz ordnet nicht an, dass der Versorger die Verträge kündigen soll oder muss, auch wird eine automatische Vertragsbeendigung nicht angeordnet Das Gesetz geht vielmehr als Regelfall gerade von der Fortführung der Verträge aus.

Insoweit kann nicht angenommen werden, dass das Gesetz für den Regelfall der Vertragsfortführung dem EVU nichtige Vertragsbedingungen \"verordnet\" mit der Begründung das EVU könne die Verträge ja auch kündigen.

Warum sollte ehemalige Grundversorger auch genötigt werden seine Verträge zu kündigen, mit dem Risiko des Kundenverlustes? Wenn der Gesetzgeber dies gewollt hätte, hätte er die Verträge für beendet erklärt oder zumindest gesetzlich angeordnet, dass die bisherigen AVB/GVV Bedingungen nun nicht mehr fortgelten.

Der Gesetzgeber hat gerade das Gegenteil gewollt, Sonderkundenverträge mit dem Inhalt der GVV. Und er hat dies auch so in das Gesetz geschrieben.

Über den Umweg des allgemeineren § 307 BGB nun zu unterstellen, der Gesetzgeber habe in Wirklichkeit darauf hin wirken wollen, dass das EVU die Verträge entweder kündigt oder das Anpassungsrecht verliert ist absurd.

Wenn der Gesetzgeber die Übernahme eines Regelungswerkes in Sonderkundenverträge anordnet kann damit kein Verstoss gegen § 307 BGB gegeben sein, weil weder eine unangemessene Benachteiligung gegeben ist noch vom Grundgedanken des Gesetzes abgewichen wird. Hier wird gerade der Grundgedanke des Gesetzes befolgt.
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« Antwort #128 am: 02. April 2009, 18:03:48 »
@Black

Warum sollte das Gesetz auch vorsehen, dass die Sonderverträge fortgeführt oder gekündigt werden müssen.

Dies wäre doch schon mit Art. 2, 12 GG unvereinbar.

Das Gesetz räumt dem Energielieferanten die Möglichkeit ein, die Sonderverträge fortzusetzen oder sich jederzeit mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende aus diesen zu lösen. Und bei dieser Konstallation besteht m.E. gerade keine Notwendigkeit für einseitige Preisänderungen unter Verstoß gegen den gesetzlichen Grundsatz, welcher sich aus § 433 Abs. 2 BGB ergibt.

Das Risiko des Kundenverlustes kann dafür gerade nicht als Argument herangezogen werden (BGH, Urt. v. 11.10.2007 - III ZR 63/06; Urt. v. 15.11.2007 - III ZR 247/06).

Zunächst müsste der bisherige Grundversorger überhaupt in einem großen Umfang Kunden verloren haben, damit es überhaupt zu einem Grundversorgerwechsel kommt. Die bisherigen Kunden werden dem Unternehmn dann die Treue halten, wenn es einen Neuabschluss zu wettbewerbsfähigen Preisen anbietet, sonst eben nicht.

Weder die Fortführung der Sonderverträge auf unbestimmte Zeit  noch deren Kündigung werden als Regelfall vom Gesetz vorgesehen.
Der Energielieferant ist mit minimalen Einschränkungen gem. Art. 2, 12 GG  frei.

Gerade einmal für die Dauer ab Grundversorgerwechsel bis zum erstmaligen Kündigungszeitpunkt ist seine allgemeine Handlungsfreiheit eingeschränkt.

Offline Black

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« Antwort #129 am: 02. April 2009, 18:08:23 »
Ob eine \"Notwendigkeit\" besteht oder nicht ist irrelevant. Der Gesetzgeber ordnet die Übernahme des GVV-Anpassungsrechtes in diese Sonderkundenverträge ja gerade an.

So wie Sie die Sache darstellen würde das Gesetz das EVU in nichtige Verträge zwingen mit dem Argument \"selber schuld, kannst ja kündigen um den unwirksamen Bedingungen zu entgehen, die Du im Vertrag haben musst\"

Aber wie gesagt, ich sehe bereits keinen Verstoss gegen § 307 BGB da dem Gesetz ja gerade entsprochen wird.
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« Antwort #130 am: 02. April 2009, 18:17:34 »
@Black

§ 36 Abs. 3 EnWG kann man auch so lesen, dass die Sonderverträge zu den im Zeitpunkt des Wechsels geltenden Preisen - bis zur Vertragsbeendigung - fortgelten.

Ich frage mich schon, wo Sie mit der Diskussion hinwollen.
Steht denn überhaupt irgendwo ein Grundversorgerwechsel gem. § 36 Abs. 3 EnWG demnächst an? Bis sich die bisher eher theoretische Möglichkeit realisiert, könnte das Gesetz längstens wieder abgeändert sein.

Für bereits bestehende Sonderverträge kann daraus sowieso nichts hergeleitet werden. Denn für diese ordnet das Gesetz, insbesondere mit § 36 Abs. 3 EnWG,  rein gar nichts an, mal abgesehen von § 307 BGB usw.

Offline Black

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« Antwort #131 am: 02. April 2009, 18:25:14 »
Der Fall des Grundversorgerwechsels tritt in der Tat des öfteren auf.

Ich zeige damit nur auf, dass es auf Grundlage des EnWG bereits Sonderkundenverträge gibt, die als Vertragsbedingung die GVV enthalten. Bisher gibt es zwei Fallgruppen:

- Kunden die sich zunächst als Haushaltskunden anmelden und bei denen nachträglich (z.b. wegen Überschreitung des Gewerbeanteils) doch keine Haushaltskundeneigenschaft festgestellt wird

- grundversorgte Kunden bei Grundversorgerwechsel

Da dies möglich und zulässig ist, gibt es keinen sachlich gerechtfertigten Grund bei übrigen Sonderkundenverträgen, die dem Leitbild der GVV entsprechen plötzlich zu unterstellen sie würden den Kunden \"unangemessen benachteiligen\" oder vom \"gesetzlichen Grundgedanken abweichen\".
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« Antwort #132 am: 02. April 2009, 18:27:05 »
Zitat
Original von Black
Der Fall des Grundversorgerwechsels tritt in der Tat des öfteren auf.

In der Tat ein Satz wie von Konfutius.

Wie zum Beispiel wo geschehen oder absehbar bevorstehend?

Dass ein Haushaltskunde aus der Grundversorgung im Übrigen in einen Sondervertragskunden mutiert, bei dem die Bestimmungen der GVV als AGB wirksam einbezogen wären, hat im Gesetz keine Stütze, vgl. nur § 305 BGB. Sie weisen ja selbst an anderer Stelle zutreffend darauf hin, dass GVV = AGB bei Vertragsabschluss nicht gilt.


Zitat
Original von Black
Zitat
Original von Rob
AGBs werden bei Vertragabschluß mit der zeitnahen Übergabe (z.B. Vertragsrückseite) mit einbezogen. Nur unter Kaufleuten kann erwartet werden, dass diese sich um die AGBs ihres Geschäftspartner selber kümmern.
Setzt man nun
AVBGasV=AGB
sehen Sie, worauf ich hinaus will.

Da eine Rechtsnorm - im Gegensatz zu AGB - unabhängig von der positiven Kenntnisnahme seine Wirkung entfaltet, kann gerade nicht gefolgert werden AVBGasV=AGB

Für bestehende Sonderverträge hat der Gesetzgeber ausdrücklich entschieden, dass die Bestimmungen der GVV grundsätzlich nicht gelten, vgl. nur § 1 GVV.

Und es spricht rein gar nichts dafür, dass der Gesetzgeber ein Preisbestimmungsrecht wie § 5 GVV auch dann eingeräumt hätte, wenn die ordnungsgemäße Kündigung gem. § 20 Abs. 1 Satz 3 GVV nicht ausgeschlossen wäre.

Sonderverträge mit fester Laufzeit ohne Preisänderungsklausel sind machbar. E.ON Thüringen bietet Neukunden ausschließlich nur noch solche Sonderverträge an.


Offline jofri46

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« Antwort #134 am: 04. Juni 2009, 18:17:22 »
RR-E-ft

Danke. Meine Skepsis hinsichtlich der Übertragbarkeit dieser Entscheidung im Banken- bzw. Sparkassensektor auf Energielieferungsverträge bleibt dennoch. Die Klausel dort war ja derart unpräzise gefasst, dass einer mißbräuchlichen Anwendung Tür und Tor geöffnet war.

Im Vergleich dazu sind die mir bekannten Preisänderungsklauseln in Eneregielieferungsverträgen doch präziser, z. B. an den Umfang eigener Kostensteigerungen (Steigerung von Bezugskosten etc.) gekoppelt.

Aus der Praxis weiss ich, dass es Unternehmen erhebliche Schwierigkeiten bereitet, wenn nicht gar unmöglich ist, in einem Massengeschäft eine praktikable Preisänderungsklausel so zu formulieren, dass sie den von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen genügt.

Wenn eine solche Klausel nun weitestmöglich so präzisiert ist, dass Preisänderungen ersichtlich nur in einem angemessenen Rahmen stattfinden können, gleichwohl aber nicht alle Wirksamkeitsanforderungen (Transparenzgebot) erfüllt, weil schlicht nicht möglich, dies dann jedoch mit einem Lösungsrecht verbunden ist,  könnte man durchaus zu einem anderen Ergebnis kommen. Auf die weitere Entwicklung in der Rechtsprechung bin ich gespannt.

 

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