Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Verweisungsantrag

<< < (7/9) > >>

bolli:
@ub40
Sie mögen zwar grundsätzlich Recht haben mit Ihrer Vermutung, dass nach einem durchgeführten (Muster-)Verfahren vor dem AG der Richter vermutlich eine gewisse Meinung hat, aber
1. ergeht Ihnen das vor dem LG genauso, wenn das EVU, wie in verschiedenen Fällen geschehen, direkt massenweise Klagen anstrengt. Auch hier haben die Richter, da es ja meist nur eine Kammer für Handelssachen gibt, gewisse Vorerfahrungen. Die können Sie ihnen kaum nehmen und müssen auf die richterliche Neutralität und Unvoreingenommenheit hoffen.

2. Es gibt letztlich kein (Muster-)Verfahren und in jedem Verfahren fängt man wieder bei Null an, dass muss halt einem Richter klar gemacht werden, und zwar durch dedizierte Tatsachenvorträge zu einzelnen, möglicherweise strittigen Sachverhalten und Rechtsstandpunkten aus anderen, möglicherweise auf den ersten Blick ähnlichen Verfahren. Da muss man gezielt drauf hin arbeiten und daher ist ein versierter Anwalt durchaus sehr zu empfehlen, insbesondere, wenn es um die Billigkeit der Preise geht, da geht es nämlich ans eingemachte der Zahlen und gerade hier haben Richter oft gewisse Schwächen, die man ihnen überwinden helfen muss.  :D

Bei dem Streitwert und dem Vergleich zu den Anwaltkosten sei noch erwähnt, dass das EVU ja meist absichtlich nur einen ersten Teil seiner Forderung geltend macht (um den Streitwert gering zu halten und die Zuständigkeit auf AG-Ebene zu halten), dass aber meist ja höhere Forderungen im Hintergrund stehen. Wenn Sie erstmal den Prozess wegen der Forderungen aus 2006 verloren haben, wird morgen die Restforderung aus 2007-2009 auf dem Tisch liegen. Da ja gerade schon mal festgestellt wurde, dass man nicht im Recht ist (aus Sicht des Gerichtes) wird man wahrscheinlich nicht nochmals den Klageweg beschreiten, schon gar nicht, wenn das EVU wieder auf der gleichen Zuständigkeitsebene bleibt, indem es den Forderungsbetrag wieder passend stückelt.

Daher müssen Sie immer das Ganze sehen. Und mit einer Rechtsschutzversicherung im Rücken, die eine Deckungszusage gegeben hat, sind auch die Gutachterkosten bei einer Billigkeitsprüfung kein Schreckgespenst.

Ich gebe allerdings zu, dass ich ohne eine solche auch zweimal überlegen würde, ob ich dass nicht unerhebliche finanzielle Risiko, insbesondere bei  der Billigkeitsprüfung, auf mich nehmen würde.

ub40:
@ bolli:
Es ist mir aus dem Verfolgen der anderer Verfahren auch bewußt, dass entweder das Urteil, so man gegen das EVU verloren hat, auf weitere Forderungen ausgeweitet wird oder diese sogar noch in das Verfahren einbezogen werden. Aufgrund des sparsamen Gasverbrauches liegen wir allerdings inklusive der letzten Abrechnung noch knapp unter 600€ Gesamtforderung für 2006-2009. Da könnte sich so mancher fragen, warum man es überhaupt auf sich nimmt, sich mit den EVU zu streiten.  
Eine Rechtschutzversicherung haben wir nicht im Rücken, haben aber auch nicht vor, die Billigkeitsfrage in den Vordergrund zu stellen (\"äußerst hilfsweise\"). Bei angedrohten 25.000€ für ein Gutachten im hier vor Ort laufenden Musterverfahren (wo man hier im Forum dagegen immer von max. 10.000€ liest!?!) würden wir aber wohl dann auch die Reißleine ziehen (müssen).

Es gibt ja noch einen zweiten Thread, der sich mit Verweisungen befasst. Dort wurde kontrovers diskutiert, ob die Frage der Einstufung des Kunden in Tarif oder Sonderkunde das EnWG berührt oder nicht. Diese Frage müsste in unserem Fall eben erst einmal geklärt werden.
Das sich aber weder die Richter an den AG oder LG, noch die Juristen in diesem Forum einig zu sein scheinen, bleibt dem Laien weiterhin die Verwirrung....

Didakt:
@ ub40

Die Crux in Ihrem Fall scheint mir zu sein, dass die Zusammenarbeit mit Ihrem Prozessbevollmächtigten nicht richtig flutscht. Ein entscheidender Grund dafür könnte die Vergütungsfrage sein. RA sind verständlicherweise keine Vertreter von Wohltätigkeitsvereinen. Die hier in Frage stehenden Verfahren kosten Zeit und Zeitaufwand erfordert Cash. Die notwendigen Schriftsätze lassen sich nicht eben mal in fünf Minuten vorbereiten und formulieren.
Misslich ist vorliegend obendrein das ruhende streitige Verfahren.

Bei der Frage des zuständigen Gerichts hätten Ihnen doch bereits im Zuge des Mahnverfahrens die jetzt fraglichen Besonderheiten auffallen müssen! Der Mahnbescheid enthält doch schon für den Fall des Widerspruchs die Ankündigung, an welches Gericht die Sache abgegeben wird, wenn die Parteien übereinstimmend die Abgabe an ein anderes Gericht verlangen, an dieses. Die Abgabe ist den Parteien mitzuteilen; sie ist unanfechtbar (§§ 692, 696 ZPO).
Man kann sich auch ohne weiteres bei Gericht schlaufragen.

Im Übrigen gibt es in Ihrem Fall gar keinen Grund, in Pessimismus zu verfallen. Alles ist offen! Wer sich in ein solches streitiges Verfahren begibt, muss sich bewusst sein, auch zu verlieren. Ich teile voll und ganz Ihre Vorgehensweise, den Streitwert gering gehalten zu haben. Das schmälert das Kostenrisiko, dem der Beklagte nun mal ausgesetzt ist. Diese Strategie habe ich in meinem Fall bewusst von Anfang an (seit 2005) strikt verfolgt und gegenüber meinem Versorger durchgesetzt. Mir war von Anfang an klar, dass vor Ablauf der Verjährungsfrist der Mahnbescheid ergeht und als Folge davon das streitige Verfahren. Na und? Jetzt ist es soweit und die - für Tausend Fälle geschriebene - Anspruchsbegründung ist löchrig wie ein schweizer Käse. Attacke, entweder gewinnen oder verlieren bei geringstem Kostenaufwand. Es ist doch interessant, einmal im Leben vor dem Kadi zu stehen.

MfG

ub40:
@
Didakt schrieb: „Bei der Frage des zuständigen Gerichts hätten Ihnen doch bereits im Zuge des Mahnverfahrens die jetzt fraglichen Besonderheiten auffallen müssen! Der Mahnbescheid enthält doch schon für den Fall des Widerspruchs die Ankündigung, an welches Gericht die Sache abgegeben wird…“
Antwort: Wie schon gesagt, es wurde uns LG Magdeburg mitgeteilt (womit wir ja an sich auch meinten, an der richtigen Stelle zu sein). Die Sache nahm einen seltsamen Verlauf, als die EVU-Anwälte versucht hatten, eine Sammelklage anzustrengen Das hat das LG abgelehnt. Wir haben das erst mitbekommen, als die Beschwerde der EVU-Anwälte gegen die Ablehnung der Sammelklage vor dem OLG gescheitert war und wir unter anderem ein Schreiben an die EVU-Anwälte zur Kenntnis übermittelt bekamen, in dem stand, dass sie jedes einzelne Verfahren vor den Amtsgerichten betreiben sollen. Damit sind dann die ganzen Verfahren für unsere Region auf verschiedene AG verteilt worden. Wir hatten nach Erhalt dieser zur Kenntnis übermittelten Papiere beim OLG und beim LG angerufen

„Im Übrigen gibt es in Ihrem Fall gar keinen Grund, in Pessimismus zu verfallen. Alles ist offen!“
Hoffen wir, das der Richter unvoreingenommen ist, wenn wir dran sind. Wir haben auch keine Bedenken bzgl. des Verfahrens; das es so weit kommen würde, war uns ja klar; das man verlieren kann auch (was nur in Anbetracht der „Stories“ die sich unser EVU so im Laufe der Zeit geleistet hat, ärgerlich und ungerechtfertigt wäre). Ich war sogar zunächst etwas „sauer“ als unser Verfahren auf Eis gelegt wurde, denn entsprechend Ihrem Motto „Attacke“ hatten wir schon alles vorbereitet und waren voller Erwartung auf die Reaktionen des EVU und ihrer Anwälte.
Ansonsten ist \"interessant\" ein passendes Wort für die ganze Thematik Gas...

RR-E-ft:
@ub40

Es hört sich so an, als habe der Versorger eine \"Sammelklage\" wegen des summierten Streitwerts bei einer Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg angebracht (O-Aktenzeichen) und diese habe sich für unzuständig erklärt, worüber dann das OLG entschieden habe. Dann sei es zur Abtrennung der einzelnen Verfahren und Verweisung der selben wegen der dann geringeren Streitwerte auf die einzelnen Amtsgerichte (C-Aktenzeichen) gekommen....

Dies schließt nicht aus, dass die Beklagten die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts rügen und sich eine ausschließliche Zuständigkeit des LG Magdeburg- Kammer für Handelssachen ergeben kann, etwa gem. §§ 108, 102 EnWG oder § 87 GWB.

Für eine solche wiederum kommt es entscheidend  darauf an, worin der Vortrag der Beklagten in ihren jeweiligen Klageerwiderungen besteht, worauf sie sich innerhalb ihrer Verteidigung berufen (etwa Verletzung energierechtlicher Vorschriften/ kartellrechtswidrige Preisgestaltung). Eine solche ausschließliche Zuständigkeit lässt sich also aus dem Vortrag des Klägers in der Klageschrift allein noch gar nicht absehen. Die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts oder der Zivilkammer eines Landgerichts kann mithin nachträglich aufgrund der Einwendungen des Beklagten verloren gehen und die ausschließliche Zuständigkeit einer Kammer für Handelssachen bei einem Landgericht, ggf. als Kartellgericht begründet werden.

Am Landgericht Magdeburg ist gerade eine Berufung gegen ein Zwischenurteil des Amtsgerichts Wernigerode anhängig, welches sich nach der Rüge der Unzuständigkeit für sachlich zuständig erklärt bzw. die Klage beim Amtsgericht für zulässig erklärt hatte.

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