@all
Es wäre zielführender, wenn man zunächst
generell bei der juristischen Frage des § 315 BGB bleibt und die Fragen
abstrakt diskutiert, losgelöst vom Energiebereich und insbesondere dem Gasbereich.
Recht gilt
generell. Deshalb muss man dieses zunächst ergründen, um dannach festzustellen, ob es auf einen konkreten Fall bezogen richtig angewandt wurde und ggf. weitere Schlüsse daraus zu ziehen.
Es ist deshalb
juristisch völlig ohne Belang, wer sein Haus weshalb günstig erworben hat oder auch nicht, und wie es sich mit der Gasheizung verhält, ob man in Bayern immer schon eine größere Wahl hatte als in der DDR....
Erst wenn die
direkte Anwendung des § 315 BGB ausdikutiert ist, sollte man sich ggf. erst mit der analogen Anwendung der Norm auseinandersetzen (Monopol, Kontrahierungszwang usw.)
Zurück zur abstrakten Disskussion der direkten Anwendung des § 315 BGB .@Ronny
Ich habe nicht behauptet, dass der BGH Rechtsbeugung begangen habe. Rechtsbeugung setzt eine bewusst falsche Rechtsanwendung durch ein Gericht voraus, um zu einem bestimmten Ergebnis der zu treffenden Entscheidung zu gelangen. Gerichte können sich das anzuwendende Recht ebensowenig aussuchen, wie sie den Streitgegenstand gem. § 308 ZPO selbst festlegen können. Eine bewusst selektive Anwendung geltender Rechtsnormen, um zu einem bestimmten Ergebnis zu gelangen, ist unzulässig.
Ein vereinbarter Preis setzt gem. § 145 ff. BGB Angebot und Annahme voraus. Eine unwiderrufliche Erklärung gem. § 315 Abs. 2 BGB ist schon deshalb kein Angebot, weil seine Geltung sich allein nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB richten soll und gerade nicht nach einer fristgerechten Annahme. Es gibt bei einer einseitigen Tarifneufestsetzung im laufenden Vertragsverhältnis schon kein Angebot und erst recht auch keine Annahme, die zu einer Neuvereinbarung gem. §§ 145 ff. BGB führen könnten.
Bitte dabei das
Abstraktionsprinzip beachten (§ 812 Abs. 1 BGB, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Zahlung als Erfüllung hat mit dem Grundgeschäft, dem Kaufvertrag, nichts zu tun.
Die Zahlung erfolgt entweder mit Rechtsgrund oder aber rechtsgrundlos. Im Falle von § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB erfolgt die Zahlung ebenso rechtsgrundlos wie bei einer unberechtigten Preisneufestsetzung infolge eines fehlenden vertraglichen Preisneufestsetzungsrechts).
Zu den WP- Bescheinigungen ist
alles gesagt.
@Black
Ich meine verstanden zu haben, was mit der Überprüfbarkeit des
Delta gemeint ist und meine, hinreichend dargelegt zu haben, dass dies zu unzutreffenden Ergebnissen führen muss:
Ein Tarifkunde schließt zu einem bestimmten Zeitpunkt einen Vertrag ab.
Im Zeitpunkt dieses Vertragsabschlusses kann bereits wegen
rückläufiger Kosten gegenüber der vorhergehenden Tariffestsetzung eine Verpflichtung des Versorgers bestanden haben, die Allgemeinen Tarifpreise abzusenken.
Auf eine solche Absenkung der Allgemeinen Tarifpreise hätte derjenige Tarifkunde, dessen Vertragsverhältnis bereits im Zeitpunkt der vorhergehenden Tariffestsetzung bestand, einen Anspruch.
Das folgt spiegelbildlich aus der gesetzlichen Verpflichtung des Versorgers, der in Bezug auf die Allgemeinen Tarifpreise leistungsbestimmungsberechtigt ist (vgl. Palandt, BGB, § 315 Rn. 12 und BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 26).
Der Bestandstarifkunde könnte folglich in dem gleichen Zeitpunkt einen Anspruch auf Absenkung des Tarifpreises haben, in welchem der Neutarifkunde seinen Vertrag erst abschließt.
Das gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers richtete sich jedoch auf den Allgemeinen Tarifpreis, der gem. § 10 EnWG für alle Tarifkunden gleichermaßen gelten sollte.
Die Veröffentlichung der Allgemeinen Tarifpreise war meines Erachtens die unwiderrufliche Erklärung gem. § 315 Abs. 2 BGB, mit welcher der Versorger sein Leistungsbestimmungsrecht in Bezug auf die Allgemeinen Tarifpreise ausübte, mithin kein Angebot, dessen Geltung im konkreten Vertragsverhältnis überhaupt nur durch fristgerechte Annahmeerklärung Geltung beanspruchen konnte. Das alleinige Kriterium für die Verbindlichkeit ergibt sich vielmehr aus § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Rechtlich unterfällt sie also nicht dem Regime der §§ 145 ff. BGB.
Unabhängig davon, wann der Vertrag abgeschlossen wurde, hat der Tarifkunde den jeweiligen Allgemeinen Tarifpreis zu zahlen, den der Versorger aufgrund seines gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts festgesetzt hat und aufgrund bestehender gesetzlicher Verpflichtung nach Vertragsabschluss weiter festzusetzen hat.
Die vertragliche Zahlungsverpflichtung des Kunden ist also Ergebnis der Ermessensentscheidungen des Versorgers, die Allgemeinen Tarifpreise abzusenken, zu erhöhen oder aber stabil zu halten und gerade nicht das Ergebnis einer feststehenden Preisvereinbarung, die für beide Vertragsteile gleichermaßen gilt.
Das gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht bezog sich also auf den Allgemeinen Tarifpreis. Dann bezog sich auch die aus § 315 BGB folgende Verpflichtung auf diesen. Der Allgemeine Tarifpreis war immer wieder neu der Billigkeit entsprechend neu festzusetzen. Dann geht es darum, ob der zuletzt festgesetzte Allgemeine Tarifpreis insgesamt der Billigkeit entsprach.
Das Ergebnis der Billigkeit der Ermessensentscheidung zur (Neu-) Festsetzung des Allgemeinen Tarifpreises kann folglich nicht davon abhängen,
wann der Kunden den Vertrag abgeschlossen hatte, weil dies zu willkürlichen Zufallsergebnissen führt (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2005 (KZR 36/04) Rd. 10).
Mich würde weiter interessieren, ob sich an der vertraglichen Rechte- und Pflichtenlage des Versorgers aus § 4 AVBEltV sich tatsächlich dadurch etwas ändern konnte und geändert hat, dass die Monopolstellung des Versorgers zwischenzeitlich entfiel. Mich würde weiter interessieren, wie es sich mit dem Intresse eines Monopolanbieters an Rechtssicherheit in Bezug auf die Kontrolle des Gesamtpreises verhalten soll (vgl. BGH, Urt. v. 04.03.2008 (KZR 29/06)).
Schließlich hatten Sie entsprechende Argumente in die Diskussion gebracht.