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Autor Thema: Grundsatzfrage: Wann ist ein Sonderabkommen ein Sondervertrag?  (Gelesen 13387 mal)

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Offline Wusel

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Hallo,
mir ist immer noch völlig unklar, wann bei der Gasversorgung ein Sonderabkommen wirklich ein Sondervertrag ist.
1) schon dann, wenn in der Überschrift das Wort \"Sonderabkommen\" steht?
2) oder auch dann, wenn dieses Sonderabkommen lediglich einen günstigeren Preis als der all. Standardtarif enthält, inklusive das einseitige Recht auf Preisanpassung (ohne nähere Erläuterung), ansonsten aber die AVBGasV  genauso mit einbezieht, wie beim normalen Grundversorgungstarifkunden auch? (solche Verträge sind anscheinend sehr oft der Fall)

Zum letzten Punkt ist doch auch fraglich, wann die AVBGasV rechtlich wirksam einbezogen ist oder nicht...

Gibt es weitere Kriterien?

Grüße
Wusel

Offline RR-E-ft

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Grundsatzfrage: Wann ist ein Sonderabkommen ein Sondervertrag?
« Antwort #1 am: 28. November 2007, 12:20:03 »
@Wusel

I-M-M-A Imma.

Ein Sonderabkommen ist immer ein Sondervertrag.


Aufgrund eines Sonderabkommens wird beliefert, dessen Versorgung nicht gem. § 36 Abs. 1 EnWG in der Grundversorgung zu den Grundversorgungstarifen erfolgt.

Man spricht dabei von Energielieferungsverträgen mit Haushalstkunden außerhalb der Grundversorgung gem. § 41 EnWG.

Die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen - und sollte es sich dabei auch um die Bestimmungen der AVBGasV handeln - richtet sich dabei ausschließlich nach § 305 Abs. 2 BGB.

Ebenso erfolgt eine Inhalts- und Transparenzkontrolle von Preisanpassungsbestimmungen in den AGB gem. § 307 BGB, vgl. dazu BGH, Urt. v. 11.10.2007 - III ZR 63/07 und OLG Bremen, Urt. v. 16.11.2007 - 5 U 42/06.

Das Recht der Allgemeinen Gerschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB)  ist also zwingend zu beachten.

Offline Schwalmtaler

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Grundsatzfrage: Wann ist ein Sonderabkommen ein Sondervertrag?
« Antwort #2 am: 29. November 2007, 09:26:32 »
@ Herr Fricke

ich schließe daraus, das Sonderbedingungen gleich Sonderabkommen sind und daher auch als Sondervertrag gewertet werden kann.

Ist das korrekt?

Offline Wusel

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Grundsatzfrage: Wann ist ein Sonderabkommen ein Sondervertrag?
« Antwort #3 am: 30. November 2007, 12:14:12 »
Zitat
Original von RR-E-ft
@Wusel

I-M-M-A Imma.

Ein Sonderabkommen ist immer ein Sondervertrag.

Ja das war auch meine Meinung.
Es gibt aber leider auch die andere Meinung, dass das Sonderabkommen nur einen Sonderpreis für die Grundversorgung darstellt, sich also der Grundversorgungskunden-Status des Kunden dadurch nicht ändert.  Das hatte mich verunsichert.

Zitat
Original von RR-E-ft
Ebenso erfolgt eine Inhalts- und Transparenzkontrolle von Preisanpassungsbestimmungen in den AGB gem. § 307 BGB, vgl. dazu BGH, Urt. v. 11.10.2007 - III ZR 63/07 und OLG Bremen, Urt. v. 16.11.2007 - 5 U 42/06.

Dazu noch einmal eine grundlegende Frage:

Angenommen, der Vertrag beinhaltet den Hinweis auf das einseitige Preisänderungsrecht des Versorgers (ohne weitere Aufschlüsselung) und eine rechtswirksamen Einschluss der AVBGasV: Entspricht dies zusammen dann dem Transparenzgebot nach §307 BGB?

Gruß
Wusel

Offline RR-E-ft

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Grundsatzfrage: Wann ist ein Sonderabkommen ein Sondervertrag?
« Antwort #4 am: 30. November 2007, 13:51:44 »

Offline Wusel

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Grundsatzfrage: Wann ist ein Sonderabkommen ein Sondervertrag?
« Antwort #5 am: 30. November 2007, 15:20:12 »
hmmm.... also Kostenelemente und Gewichtung sind in der AVBGasV ja nicht genannt. Also wären in diesem Fall (Sonderabkommen) die Preisanpassungsklausel unwirksam. Richtig?

Warum aber reicht im Gegensatz dazu bei normalen Grundversorgungstarifkunden genau dieselbe AVBGasV zur Begründung des einseitigen Preisanpassungsrechts aus?

Gruß
Wusel

Offline RR-E-ft

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Grundsatzfrage: Wann ist ein Sonderabkommen ein Sondervertrag?
« Antwort #6 am: 30. November 2007, 17:53:15 »
@Wusel

Fragt doch mal die Maus.  ;)

Warum, warum, warum, hmmm....

Bei Tarifkunden handelt es sich um ein Gesetz und keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen, so dass keine Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB erfolgt. Außerdem ist eigentlich vorgesehen, dass die Entgelte von Anfang an einseitig festgesetzt werden und die so einseitig festgesetzten  Entgelte deshalb jederzeit  insgesamt der Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB unterliegen, so dass anhand der offen gelegten Preiskalkulation jederzeit nachzuweisen ist, dass die Versorgung so preisgünstig und effizient wie möglich erfolgt, wie es das Energiewirtschaftgesetz vorsieht.

Bei Sonderabkommen gilt das Preisgünstigkeitsprinzip nicht, sondern der Anfangspreis wird grundsätzlich frei vereinbart, ist deshalb nicht einseitig festgesetzt und gilt kraft der Einigung für beide Seiten gleichermaßen, so dass der Gaslieferant zum vereinbarten Preis liefern muss.

Das gilt selbst dann, wenn dieser vereinbarte Preis die Kosten des Lieferanten nicht deckt.

Dieser vereinbarte Preis kann aufgrund  einer Preisanpassungsklausel in AGB nur erhöht werden, wenn schon in der Vertragsklausel selbst die Preiskalkulation transparent offen gelegt ist.

Offline AKW NEE

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Grundsatzfrage: Wann ist ein Sonderabkommen ein Sondervertrag?
« Antwort #7 am: 30. November 2007, 18:35:49 »
@ RR-E-ft
Gute Erklärung, da bleibt vor Freude kein Auge trocken.

Offline Kampfzwerg

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Grundsatzfrage: Wann ist ein Sonderabkommen ein Sondervertrag?
« Antwort #8 am: 30. November 2007, 18:38:20 »
Zitat
Original von Schwalmtaler
@ Herr Fricke

ich schließe daraus, das Sonderbedingungen gleich Sonderabkommen sind und daher auch als Sondervertrag gewertet werden kann.

Ist das korrekt?

@Schwalmtaler

hhhmmmm
ich schliesse daraus, dass Herr Fricke auf Deine Frage nicht geantwortet hast, dass Du Recht hast!


@Wusel
Du kannst über die sehr verständliche Erklärung von Herrn Fricke sehr froh sein, denn die Formulierung Deiner Beiträge war wirklich eher dazu angetan uns alle völlig wuselig zu machen. ;)

Offline Wusel

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Grundsatzfrage: Wann ist ein Sonderabkommen ein Sondervertrag?
« Antwort #9 am: 01. Dezember 2007, 17:53:26 »
Vielen Dank Herr Fricke für Ihre detaillierte Antwort!
Jetzt wird mir so einiges klarer. Ich habe wahrscheinlich tatsächlich einen Sondervertrag, nur weiß mein Versorger das anscheinend nicht!  8o
Denn bei ihm stehen in einem aktuellen Schreiben bezüglich der Erhöhung der Gaspreise sowohl der Grundpreistarif, der Kleinverbrauchstarif und das  Sonderabkommen unter der gemeinsamen Überschrift \"Grundversorgungstarife\".

@Kampfzwerg:
Entschuldigung, dass ich Euch so wuselig mache  ;)
Leider ist der Fall bei mir tatsächlich so kompliziert, wie ich es hier angefragt habe. Ich habe dies extra so allgemein gehalten, da ich glaube, dass viele hier einen ähnlichen Vertrag haben.
Es kommt sicherlich öfter vor, dass Versorger innerhalb der Grundversorgung noch  einen zweiten (oder dritten) Tarif haben, der aber rechtlich dann eigentlich ein Sondervertrag ist (mit allen Konsequenzen bzgl. des Transparenzgebots nach §307), ohne dass der Versorger sich dessen bewusst ist.

Grüße
Wusel

Offline RR-E-ft

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Grundsatzfrage: Wann ist ein Sonderabkommen ein Sondervertrag?
« Antwort #10 am: 01. Dezember 2007, 18:14:01 »
@Wusel

Keine Sorge, die Versorger sind sich dessen sehr bewusst.

Denn ganz bewusst zahlen die Gasversorger etwa  für Gaslieferungen an Sondervertragskunden gem. § 2 A bs. 3 KAV weit geringere Konzessionsabgaben an die Gemeinden.

Bewusster geht es gar nicht. Gerade deshalb wurde es gemacht. ;)

Offline eislud

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Grundsatzfrage: Wann ist ein Sonderabkommen ein Sondervertrag?
« Antwort #11 am: 01. Dezember 2007, 19:26:14 »
Trotzdem bleibt die Frage, ob bei fehlender Preisanpassungsklausel und Bezug auf das Preisblatt der Grundversorgung oder ähnlichem gegebenenfalls der § 315 Anwendung findet, so wie es auch im Urteil des OLG Bremen vom 16.11.2007, Az. 5 U 42/06 zu lesen ist, ohne dass das OLG dahingehend zu entscheiden hatte.    

Findet der § 315 Anwendung, dann ist eben unter Umständen eine Kürzung unterhalb des zuletzt mit der Jahresrechnung akzeptierten Preises nicht mehr ratsam, und das entgegen dem üblichen Vorgehen bei Sonderverträgen, auf den Anfangspreis des Vertrages zu kürzen.

Zitat
OLG Bremen vom 16.11.2007, Az. 5 U 42/06: Auszug Seite 15:
... Lediglich wenn die Faktoren für die zukünftige Preisentwicklung bewusst offen gelassen werden und das Versorgungsunternehmen über die vertraglich eingeräumte Kompetenz verfügt, die zukünftige Preisentwicklung nach freiem Ermessen festzulegen, liegen die Voraussetzungen für eine Anwendung von § 315 BGB vor. ...
Die Maus könnte ich natürlich auch fragen, obwohl die Frage bei mir schon nicht \"warum\" sondern \"ob\" lautet.
Ich meine, bei @Wusel könnte eben genau diese Konstellation vorliegen. Wozu also in einem Forum wie diesem nicht um Meinungen bitten, anstatt die Maus zu fragen.

Gruss eislud

Offline Kampfzwerg

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Grundsatzfrage: Wann ist ein Sonderabkommen ein Sondervertrag?
« Antwort #12 am: 01. Dezember 2007, 20:07:36 »
@Wusel

bitte mal ein wenig die Suchfunktion nutzen!!!

Dein Problem ist nicht unbekannt und auch nicht neu, ich habe mich mit ähnlichen Überlegungen herumgeschlagen, daher hast Du mein volles Verständnis  ;)

Es handelt sich wohl um die so genannten, und immer wieder gerne genommenen, Norm- Sonderverträge.

In diesem Thread hast Du Dich doch schon herumgetrieben:
Sondervertragskunden Argumentationshilfen
Dann hast Du vielleicht folgendes gelesen:
Ich selbst habe sogar 2 J. gebraucht um herauszufinden, dass ich SV-Kunde bin. Na und? Jetzt weiss ich es - und meinem Versorger musste ich es sogar auch noch selbst mitteilen, da dieser diesen Umstand wohl komplett verdrängt hatte.

Der Versorger verdrängt die Umstände, da er nur die Wahl hat zwischen Erschiessen oder Erhängen, was aber im Ergebnis und in letzter Konsequenz so oder so zum Tode führt!  ;)
und er ist sich dessen auch sehr wohl bewusst!
Eben deshalb drückt er sich ja um eine klare Antwort!

Daher sind die eigentlichen Fragen:
1. Welche Möglichkeit ist für Dich sinnvoller bzw. billiger (in diesem Falle = preiswerter)?
und
2. Wie hoch ist Deine Risikobereitschaft?

Zur Auswahl stehen, je nach Antworten/Schriftwechsel mit dem Versorger:
1. Kürzung für \"vom Versorger angebotene\" Tarifkunden
a) Kürzung auf Preisbasis 04.
b) Kürzung auf Null.
2. Kürzung für \"vom Versorger angebotene\" Sonderabkommen- Kunden
Kürzung auf Sonderpreise (je länger die Vertragslaufzeit, desto günstiger die Preise)

Offline RR-E-ft

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Grundsatzfrage: Wann ist ein Sonderabkommen ein Sondervertrag?
« Antwort #13 am: 01. Dezember 2007, 21:14:55 »
Zitat
Original von Kampfzwerg


Daher sind die eigentlichen Fragen:
1. Welche Möglichkeit ist für Dich sinnvoller bzw. billiger (in diesem Falle = preiswerter)?
und
2. Wie hoch ist Deine Risikobereitschaft?

Zur Auswahl stehen, je nach Antworten/Schriftwechsel mit dem Versorger:
1. Kürzung für \"vom Versorger angebotene\" Tarifkunden
a) Kürzung auf Preisbasis 04.
b) Kürzung auf Null.
2. Kürzung für \"vom Versorger angebotene\" Sonderabkommen- Kunden
Kürzung auf Sonderpreise (je länger die Vertragslaufzeit, desto günstiger die Preise)

Das klingt etwas nach Beliebigkeit. Tatsächlich muss man jedes Vertragsverhältnis juristisch sauber prüfen. Und das Ergebnis der juristischen Prüfung kann ganz bestimmt nicht davon abhängen, wie es mit der Risikobereitschaft aussieht. Der Todesmutige kann schon immer bei Rot über die Ampel, gleichwohl juristisch nicht zulässig und deshalb im Grunde abzulehnen.

Offline Wusel

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Grundsatzfrage: Wann ist ein Sonderabkommen ein Sondervertrag?
« Antwort #14 am: 02. Dezember 2007, 14:24:16 »
Zitat
Original von RR-E-ft
@Wusel

Keine Sorge, die Versorger sind sich dessen sehr bewusst.

Denn ganz bewusst zahlen die Gasversorger etwa  für Gaslieferungen an Sondervertragskunden gem. § 2 A bs. 3 KAV weit geringere Konzessionsabgaben an die Gemeinden.

Bewusster geht es gar nicht. Gerade deshalb wurde es gemacht. ;)

Danke, Herr Fricke für diesen SUPERHINWEIS!!!
Habe natürlich gleich angefangen, diesbezüglich nachzuforschen: Mein Versorger hatte mir nämlich Anfang 2006 schriftlich mitgeteilt, wie sich der Preis meines Sonderabkommens im Jahr 2005 zusammensetzte (kann man auch hier einsehen). Da wurde auch der Posten \"Mehrwertsteuer + Ökosteuer + Konzessionsabgabe\" in ct/kWh genannt. Habe dann mal kurz gerechnet (MwSt und Ökosteuer sind ja bekannte Größen), und übrig blieb 0,03ct/kWh für die Konzessionsabgabe...
VOLLTREFFER: Das ist gemäß KAV §2 (3) genau der Wert für GAS-SONDERVERTRAGSKUNDEN!!!

Dies ist sicher ein guter Tipp für diejenigen, die sich immer noch nicht sicher sind, ob sie Sondervertrags- oder Grundversorgungstarifkunden sind!!!

Ich bin mir jetzt ziemlich sicher...

Grüße
Wusel

 

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