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Autor Thema: Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?  (Gelesen 62190 mal)

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Offline Maharik

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Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?
« Antwort #45 am: 14. Februar 2011, 09:56:49 »
Auch ich will hier nicht in die fachliche Diskussion eingreifen, aber:


Ganz viele Versorge (auch meiner) hat die Kunden mit einem Privattestat (sog. Wirtschaftsprüfergutachen) zum Zahlen der Preise zu bewegen gesucht. Dieses Testat hat das Gericht in Dortmund erst gar nicht zur Beweisnahme zugelassen.

Nun ist es so: das Testat belegt über einen Zeitraum von 1,5 Jahren, dass der Versorger \'nur\' die Preissteigerungen weitergegeben hat. Dies wird an der \'Rohmarge\' bewiesen, also der Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis. Während die Preise in diesem Zeitraum um 48% gestiegen sind, ist die Rohmarge bei allen Tarifen in dieser Zeit nur um 3% gefallen.

Was heißt das? Das heisst, das der Versorger seine Preise in dem genannten Zeitraum nur so gestaltet hat, dass er keine Minderung seiner Brutto-Differenz in Kauf genommen und damit ausschließlich nach eigenen Interessen den Preis gestaltet hat.

Im Judo ist es so, dass man den Schwung des Gegners nimmt, um ihn zu Fall zu bringen. In diesem Schreiben teilt der Versorger mit, dass er quasi aufgrund der Rechtsprechung berechtig sei, die Preise so zu gestalten, also quasi mit \'gesetzlicher Profitgarantie\'. Ist das eventuell ein Eigentor, so dass man ihm diese SAche jetzt um die Ohren schlagen kann?

Offline RR-E-ft

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Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?
« Antwort #46 am: 14. Februar 2011, 10:02:44 »
In einem geordneten, gesetzmäßigen Verfahren wird niemandem etwas um die Ohren geschlagen.

Bei vielen Versorgern wird wohl eine tiefgreifende Innenrevision der Tarifgestaltung anhand der energiewirtschaftsrechtlichen Bestimmungen bisher noch nicht erfolgt sein.

Wir reden hier auch nicht von Beweismitteln in einem Zivilprozess, für welches die von den Unternehmen erkauften Wirtschaftsprüferbescheinigungen nicht taugen, sondern über vollkommen andere Beweismittel in ganz anderen Verfahren mit hochspezialisierten Kollegen.

So wie bisher kann es nicht weitergehen.
 
Staatliche Stellen haben mittlerweile bereits Gutachten eingeholt, die belegen, dass oftmals die gesetzliche Verpflichtung zur Tarifabsenkung
zu Lasten der betroffenen Kunden nicht eingehalten wurde (BGH KZR 2/07 Rn. 26, VIII ZR 81/08 Rn. 18].

Der heutige SPIEGEL- Titel lautet \"Wenn Ärzte irren- Risiko Fehldiagnose\".
Gravierend ist es auch, wenn Energieversorger und deren Verantwortliche bei der Tarifbildung irren.
So wie es bei der BSR der Fall war, der zu vom BGH bestätigten strafrechtlichen Verurteilungen führte.

Ärzte können sich bei Fehlbehandlungen wegen Körperverletzung strafbar machen,
Versorger wegen Vermögensverletzung infolge der zur Abrechnungstellung gesetzwidriger Tarife wegen Betruges.

Die Innenrevision der Unternehmen ist gefordert, Straftaten zu verhindern.
Compliance Officers haben einen besonderen Pflichtenkreis übernommen.
Unterslässt sie dies, kann dadurch eine Strafbarkeit beründet sein (BGH, Urt. v. 17.07.09 Az. 5 StR 394/08 Rn. 21 ff. (25, 27)).

Bestimmte Verantwortliche bei den Versorgern sollten deshalb langsam  den Valentins- Blues haben.

Offline Black

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Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?
« Antwort #47 am: 14. Februar 2011, 11:09:53 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Mit §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1 iVm. 1 Abs. 1 EnWG besteht eine besondere gesetzliche Tarifbestimmungspflicht des Grundversorgers, die gerade dem Schutz der Haushaltskunden vor überhöhten Strom- und Gaspreisen dient.  

In § 36 EnWG ist nur davon die Rede, dass Allgemeine Tarife anzubieten sind, nicht aber wie diese kalkuliert sein müssen.

Verschiedene Gericht betonen sogar, dass der Grundversorgungstarif eher teuer zu kalkulieren sei um darin ein Abgrenzungsmerkmal zu Sonderverträgen zu erkennen.

Zitat
OLG Düsseldorf, VI 2 U (Kart) 14/08
Danach trifft den Grundversorger die Pflicht, alle Interessiert bis zur Grenze der Unzumutbarkeit anzuschließen. Der für die Grundversorgung maßgebliche Tarif muss daher auch diesesn Fallkonstellationen Rechnung tragen und daher - im Verhältnis zu anderen Tarifen - besonders hoch kalkuliert sein.

Zitat
Kammergericht Berlin, 21 U 160/06
Der Tarif muss schon wegen der Verpflichtung zur Versorgung in wirtschaftlich ungünstigen aber noch nicht unzumutbaren Fällen teurer als notwendig kalkuliert sein.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?
« Antwort #48 am: 14. Februar 2011, 11:16:57 »
@Black

Sie sind (noch) witzig.

Ein Tarif, der besonders hoch kalkuliert ist, geht nach der Rechtsprechung jedenfalls immer in Ordnung?

§ 36 Abs. 1 EnWG statuiert eine Tarifbestimmungspflicht.
§ 2 Abs. 1 EnWG ist bei der Tarifbestimmung zu beachten (BGH VIII ZR 240/90 unter III, BGH VIII ZR 138/07 Rn. 43).

Freilich ist es mit KG 21 U 160/06 und OLG Düsseldorf VI 2 U (Kart) 14/08 zutreffend,
dass im Gegensatz zu den Preisen, die im Rahmen der Vertragsfreiheit kalkuliert werden, grundversorgungsspezifische Risikoaufschläge eingepreist/ einkalkuliert werden können bzw. müssen.

Diese einzukalkulierenden Risikoaufschläge müssen sich nachvollziehbar und prüffähig in angemessenem Rahmen bewegen.

Nach der nachvollziehbaren und prüffähigen Einpreisung solcher grundversorgungsspezifischen Risikoaufschläge muss der einseitig bestimmte Tarif dann aber für die betroffenen Kunden nachvollziehbar und prüffähig eine möglichst preisgünstige, effiziente leitungsgebundene Versorgung zu verbraucherfreundlichen Bedingungen gewährleisten.

Unzulässig sind auf der nach oben hin offenen Richterskala besonders hoch kalkulierte Tarife, die den Kunden unter Berücksichtigung auch der Belange des Grundversorgers keine möglichst prreisgünstige Versorgung gewährleisten (so schon BGH VIII ZR 240/90 unter III).

Offline Black

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Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?
« Antwort #49 am: 14. Februar 2011, 11:24:25 »
Zitat
Original von RR-E-ft
§ 36 Abs. 1 EnWG statuiert eine Tarifbestimmungspflicht.

Ja. Es muss mindestens ein Grundversorgungstarif angeboten werden.


Zitat
Original von RR-E-ft
§ 2 Abs. 1 EnWG ist bei der Tarifbestimmung zu beachten (BGH VIII ZR 240/90 unter III, BGH VIII ZR 138/07 Rn. 43).

Aus dem Gesetz folgt dass  nicht direkt. Zu beachten sind zudem dann auch die übrigen Ziele des § 1 EnWG die insgesamt in einem Spannungsverhältnis zueinander stehen (sehr schön bei Salje, EnWG zu § 1 und § 2). Aufgrund der Allgemeinheit des Grundversorgungstarifes ist dieser gerade nicht maximal preiswert zu kalkulieren (OG Düsseldorf, KG Berlin).

Zitat
Original von RR-E-ft
Nach der nachvollziehbaren und prüffähigen Einpreisung solcher grundversorgungsspezifischen Risikoaufschläge muss der einseitig bestimmte Tarif dann aber für die betroffenen Kunden nachvollziehbar und prüffähig eine möglichst preisgünstige, effiziente leitungsgebundene Versorgung zu verbraucherfreundlichen Bedingungen gewährleisten.

Nein. Die Risikozuschläge sind nicht prüffähig, da der Anfangspreis und seine Bestandteile keiner Kontrolle unterliegt (BGH VIII ZR 36/06). Es besteht auch keine Pflicht den Tarif \"für den Kunden nachvollziehbar\" zu gestalten.
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Offline RR-E-ft

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Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?
« Antwort #50 am: 14. Februar 2011, 11:28:08 »
Ein Spannungsverhältnis im § 1 EnWG war schon immer da, auch bei der Entscheidung BGH VIII ZR 240/90. Es wurde auch berücksichtigt.

Es muss intern kontrolliert werden, ob die getroffene Tarifbestimmung mit der gesetzlichen Verpflichtung aus §§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG im Einklang steht und dies muss sich auch gerichtlich überprüfen lassen, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB (so schon BGH VIII ZR 240/90, BGH III ZR 277/06 Rn. 20).

Zitat
BGH III ZR 277/06 Rn. 20

Dem Inhaber des Bestimmungsrechts verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum, der Voraussetzung der richterlichen Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 3 BGB ist (Senatsurteil BGHZ 115, 311, 319). Innerhalb des Spielraums stehen dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung.

Die Prüfung, ob die Bestimmung der Höhe des Entgelts der Billigkeit entspricht, erfordert die Abwägung der objektiven wirtschaftlichen Interessen beider Vertragspartner und eine umfassende Würdigung des Vertragszwecks, in die weitere Gesichtspunkte einfließen können (Senatsurteil vom 24. November 1977 aaO S. 143 unter A. II. 2.; BGHZ 41, 271, 279; BGH, Urteil vom 2. Oktober 1991 - VIII ZR 240/90 - NJW-RR 1992, 183, 184 unter III. 1. m.w.N.; Clausen, Zivilgerichtliche Preiskontrolle über die Landeentgelte der Verkehrsflughäfen in Deutschland S. 76; Schwenk/Giemulla, Handbuch des Luftverkehrsrechts 3. Aufl. S. 581; jew. m.w.N.).


Intern kontrolliert werden - und gerichtlich überprüfbar sein - muss insbesondere, ob der Tarif tatsächlich bereits entsprechend gesetzlicher Verpflichtung (auch unter Berücksichtigung angmessener grundversorgungsspezifischer Risikoaufschläge) so weit wie dem Versorger möglich zugunsten der Kunden angepasst wurde (BGH KZR 2/07 Rn. 26, VIII ZR 81/08 Rn. 18].

Wurde er nicht entsprechend bestehender gesetzlicher Verpflichtung zugunsten der Kunden angepasst, ist die getroffene rechtsgestaltende Leistungsbestimmung  des Versorgers unbillig und für die betroffenen Kunden unverbindlich, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB (BGH X ZR 60/04 unter II.1).

Offline Stubafü

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Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?
« Antwort #51 am: 14. Februar 2011, 11:28:38 »
Zitat
RR-E-ft:
Zur Sache war wohl eben wieder nichts zu erwarten.

@RR-E-ft
Sie werden\'s nicht glauben, mein Eindruck ist der gleiche
hinsichtlich Ihres Beitrages \"Worum es in der Sache geht\" .

Bei der BSR konnte es nur deshalb zu den betrügerischen
Abrechnungen kommen, weil es \"von oben\" so gewollt war
alldieweil unsere Kommunen nach kfm. Gesichtspunkten seit
Jahrzehnten insolvent sind und dies verschleppen; glauben
Sie wirklich allen Ernstes daran, dass alle betroffenen Berliner
Bürger diese Machenschaften ungerügt hingenommen haben?

Zitat
RR-E-ft:
Die Sache diskutiert man am besten mit Schwerpunkt- Staatsanwälten.
So habe ich es gemacht, weil wir uns als Juristen nun einmal gegenseitig
verstehen.
Das \"Ergebnis\" dieser \"Diskussionen unter (Voll-) Juristen\" hat der
Beitragsverfasser beispielhaft und sachlich oben niedergeschrieben.

Was hieran \"verschwörerisch\" sein und/oder als \"Klagelied über das
Unrecht in der Welt\" gelten soll, ist diesseits und wohl auch der
Allgemeinheit nicht so recht verständlich angesichts der Tatsache,
dass der obige Beitrag gerichtskundig ist.

Dass (Voll-) Juristen aber auch immer dann, wenn unangenehme
Wahrheiten über ihren Berufsstand zu Tage treten, dahinter eine
Verschwörung normal Sterblicher stets wittern müssen? Woran
das wohl liegen mag?

Ich wills mal auf den Punkt bringen:
Solange in diesem Staat die Rechtsprechung es für rechtlich
unbedenklich hält, dass sogenannte Wirtschaftsführer [i.d.R meist
(Voll-) Juristen] wg. ihrer kriminellen Machenschaften mit satten
Abfindungen in den vorl. Ruhestand, mithin aus der Schusslinie
gebracht werden und demgegenüber eine Supermarkt-Kassiererin
wg. eines vermutlich eingelösten Pfandbons i.H.v. 1 € fristlos
entlassen und mit einem Strafverfahren wg. \"Untreue\" überzogen
wird, so lange werden Sie als (Voll-) Jurist keinen Deut zum
Rechtsfrieden in diesem Staat und zur Glaubwürdigkeit dieses
Berufsstandes beitragen können. Dies einmal grundsätzlich.

So, jetzt können Sie sich mal wieder Ihrem Lieblingsthema, den Ver-
schwörungstheorien ausführlich widmen. Nur noch eines zum Abschluss:

Zitat
RR-E-ft: Beim Bau gibt es auch viel Pfusch, ohne dass die Verantwortlichen
überhaupt voll sind.
In sämtlichen namhaften deutsche Bauunternehmen, in denen sich (Voll-)
Juristen in der Vorstandschaft nach 1945 breit gemacht haben
(ich habe ein Berufsleben lang gerätselt, aufgrund welcher Qualifikation
eigentlich?), bspw. in BUM AG, Philipp Holzmann AG, Weiss & Freytag AG und ... )
hat das Ergebnis deren Wirkens bekanntlich zur Insolvenz und zum Verlust
hunderttausender Arbeitsplätze geführt.

Und soweit Sie meinen Berufstand des Dipl.-Ing Architekt angesprochen
haben:
diejenigen Unternehmen, die von Angehörigen dieses Berufstands geführt
werden resp. geführt worden sind, die leben heute alle noch; bspw.
Ed. Züblin AG, Hoch-Tief AG, Strabag AG und .....).

Und soweit Sie mich persönlich angesprochen haben:

In meiner 40-jährigen Berufstätigkeit wurden meine beiden Berufshaftpflicht-
versicherungen, bis vor 11 Jahren die Axa und jetzt die Gothaer, nicht ein
einziges mal in Anspruch genommen.

Offline RR-E-ft

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Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?
« Antwort #52 am: 14. Februar 2011, 11:30:42 »
@Stubafü

Können Sie uns mit Ihrem Palaver bitte verschonen?!


@Evitel2004


Ruf nach dem Abschnittsbevollmächtigten, die off topic- Beiträge abzuschneiden.

Gibt es nicht schon eine Off-topic-Laberecke für Laberfreunde?

Offline Black

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Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?
« Antwort #53 am: 14. Februar 2011, 11:33:00 »
Es ist zu beachten, dass der Gesetzgeber ja das Ziel der preiswerten Energieversorgung über Wettbewerb erreichen wollte und nicht über Preiskalkulationskontrollen.

Zur Strafbarkeit bleibt es weiterhin dabei, dass diese im Regelfall ausgeschlossen wäre, da bei Unbilligkeit nicht über Tatsachen getäuscht würde.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?
« Antwort #54 am: 14. Februar 2011, 11:41:08 »
@Black

Es geht um Abrechnungsbetrug, wenn entgegen gesetzlicher Verpflichtung gebildete und somit fehlerhafte Tarife zur Abrechnung gestellt werden und den Kunden hierdurch suggeriert wird, die Tarife seien ordnungsgemäß kalkuliert und die Rechnunsbeträge deshalb von ihnen vertraglich geschuldet. Unbillige getroffene Tarifbestimmungen  sind vom Kunden nicht vertraglich geschuldet, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB (BGH X ZR 60/04 unter II.1).

Es ist zu beachten, dass der Gesetzgeber die Verpflichtung zur Tarifanpassung zugunsten der Kunden und die Billigkeitskontrolle darüber  vorgesehen hat (BGH KZR 2/07 Rn. 26, VIII ZR 81/08 Rn. 18, VIII ZR 138/07 Rn. 43, VIII ZR 56/08 Rn. 20, VIII ZR 246/08 Rn. 41).

Getäuscht wird über die Ordnungsgemäßheit der Tarifbestimmung und die Ordnungsgemäßheit der Abrechnung, insbesondere dann, wenn den Versorger wegen der Gewährsübernahme eine Garantenpflicht zum Schutz der Vermögensinteressen der Kunden trifft (BGH Az. 5 StR 394/08; Dreher/ Tröndle, StGB, § 13 Rn. 7 ff.).

Der Grundversorger hat schon von Gesetzes wegen den betroffenen Kunden eine möglichst preisgünstige Versorgung zu verbraucherfreundlichen Bedingungen zu gewährleisten, §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1 , 1 Abs. 1 EnWG.
Die Gewährleistungspflicht übernimmt er schon mit der Versorgungsaufgabe selbst. (Zu erinnern ist an Ihre eigenen Stellungnahmen zum Thema Rekommunalisierung der Energieversorgung.)

Die Vorschriften dienen gerade auch dem Schutz der Vermögensinteressen der betroffenen Kunden.

Deshalb besteht überhaupt nur die gesetzliche Verpflichtung zur Tarifanpassung zugunsten der Kunden (BGH KZR 2/07 Rn. 26, VIII ZR 81/08 Rn. 18].

Wachen Sie mal langsam auf!

Die gesetzliche Tarifbestimmungspflicht dient immer dem Schutz der Vermögensinteressen der betroffenen Kunden, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.

Wozu soll sie denn sonst dienen?!

Sie täuschen nicht nur sich selbst!

Sie tragen wohl persönliche Mitverantwortung dafür, dass die Versorger ihre gesetzlichen Verpflichtungen erfüllen bzw. nicht erfüllen, insbesondere wo Sie von Versorgern in Sachen Billligkeitskontrolle um sachverständigen Rat gebeten wurden und sich dazu vertraglich verpflichtet haben, dies also in den eigenen Pflichtenkreis übernommen haben (BGH 5 StR 394/08].

Wir haben auch Ihre Adresse, Telefon- und Faxnummer ... und werden die auch weiter geben, wenn es soweit ist.
Dass Sie das Recht haben, die Aussage zu verweigern, wissen Sie ja selbst am besten.

Offline bolli

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Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?
« Antwort #55 am: 14. Februar 2011, 13:37:42 »
Zitat
Original von Black
Es ist zu beachten, dass der Gesetzgeber ja das Ziel der preiswerten Energieversorgung über Wettbewerb erreichen wollte und nicht über Preiskalkulationskontrollen.
Es dürfte ja wohl so sein, dass es in der gesetzlichen Grundversorgung eben keinen Wettbewerb gibt, da es für ein Netzgebiet immer nur einen Grundversorger gibt und IN DIESEM BREICH daher kein \"Wettbewerb\" stattfindet. Und da der Versorger dazu noch die einseitige Preisbestimmungspflicht hat gibt\'s als Kontrolle den Unbilligkeitseinwand mit anschließender Billigkeitskontrolle.

Und wo wir gerade dabei sind:
 
Zitat
Zitat
Original von RR-E-ft
Nach der nachvollziehbaren und prüffähigen Einpreisung solcher grundversorgungsspezifischen Risikoaufschläge muss der einseitig bestimmte Tarif dann aber für die betroffenen Kunden nachvollziehbar und prüffähig eine möglichst preisgünstige, effiziente leitungsgebundene Versorgung zu verbraucherfreundlichen Bedingungen gewährleisten.
Nein. Die Risikozuschläge sind nicht prüffähig, da der Anfangspreis und seine Bestandteile keiner Kontrolle unterliegt (BGH VIII ZR 36/06). Es besteht auch keine Pflicht den Tarif \"für den Kunden nachvollziehbar\" zu gestalten.
Mir scheint, Sie wollen gerne noch länger mit der (fehlerhaften) Rechtsprechung des VIII. Senats bezüglich des Preissockels in der Grundversorgung arbeiten. Wenn das nicht man(n) nicht in die Hose geht.  ;)

Es steht zu befürchten (besser begrüßen) dass auch dem VIII. Senat bald ein Licht aufgehen (aufgegangen) wird und es dann möglicherweise mit dem Preissockel vorbei sein könnte. (Pfeif  :D).

Allerdings sehe ich im Gegensatz zu RR-E-ft die Sache mit dem Nachweis des Vorsatzes für die Bildung eines unbilligen Preises, der für eine Strafbarkeit notwendig wäre, auch etwas entspannter.
Ich könnte mir vorstellen, wenn ich drei unabhängige Sachverständige an die Bestimmung eines billigen Preises für ein und denselben Fall setze, auch drei unterschiedliche billige Preise herauskommen. Und von daher wird auch die Innenrevision gewisse Spielräume haben, die ausgenutzt werden.
Ich weiss, RR-E-ft\'s Theorie sieht anders aus, aber meine Praxis hält der Theorie nicht stand (wenn auch nicht im Energierecht gewonnen  ;) ).

Offline RR-E-ft

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« Antwort #56 am: 14. Februar 2011, 13:47:40 »
Auch dem VIII.Zivilsenat wird heim geleuchtet. Und es spricht einiges dafür, dass er nunmehr auf den rechten Weg zurückfindet. Hier geht es jedoch besonders um die gesetzliche Tarifanpassungspflicht des Versorgers zugunsten der betroffenen Kunden, die in der Rechtsprechung vollkommen unbestritten ist (BGH KZR 2/07 Rn. 26, VIII ZR 81/08 Rn. 18]. Black allein tut so, als wenn er noch immer im Dustern tappert. Lichtscheu. Das kann noch böse enden. Natürlich gibt es Spielräume. Die sind ja gerade die Voraussetzung für die Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB. Klar ist aber auch, dass diese Spielräume klar begrenzt sind und man gehörig runterfallen kann, wenn man überdehnt, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.
Dann spielt man plötzlich auf einem ganz anderen Feld, wohl auch Herr Feldmann.

Werden Sachverständige für die Beurteilung der Billigkeit eingeschaltet und übernehmen diese die Beurteilung vertraglich in ihren eigenen Pflichtenkreis, kann diese eine eigene strafrechtliche Verantwortlichkeit für den Schutz der  Vermögensinteressen der betroffenen Kunden treffen.

Offline Black

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« Antwort #57 am: 14. Februar 2011, 13:55:49 »
Zitat
Original von bolli
Es dürfte ja wohl so sein, dass es in der gesetzlichen Grundversorgung eben keinen Wettbewerb gibt, da es für ein Netzgebiet immer nur einen Grundversorger gibt und IN DIESEM BREICH daher kein \"Wettbewerb\" stattfindet. )

Der Grundversorger befindet sich im Wettbewerb mit sämtlichen anderen Lieferanten in seinem Gebiet.

Zitat
Original von bolli
Mir scheint, Sie wollen gerne noch länger mit der (fehlerhaften) Rechtsprechung des VIII. Senats bezüglich des Preissockels in der Grundversorgung arbeiten. Wenn das nicht man(n) nicht in die Hose geht.  ;)

Es steht zu befürchten (besser begrüßen) dass auch dem VIII. Senat bald ein Licht aufgehen (aufgegangen) wird und es dann möglicherweise mit dem Preissockel vorbei sein könnte. (Pfeif  :D)

Man soll das Fell des Bären nicht  verteilen, bevor er erlegt ist. Ich richte meine Aussagen hier nach der gegenwärtigen Rechtsprechung des BGH und nicht nach Ihren Erwartungen, dass der BGH davon künftig möglicherweise abrücken solle.

Wollen Sie lieber eine rechtliche Diskussion auf Basis von Rechtsprechung führen, die es zwar derzeit nicht gibt, die wir uns aber wechselseitig vielleicht \"wünschen\"?

@RR-E-ft

Wie ich bereits mehrmals dargelegt habe, beinhaltet die Abrechnung lediglich die Aussage, dass der Verorger im Rahmen der Preisanpassungen billiges Ermessen ausgeübt hat. Insoweit liegt auch bei fehlerhaftem Ermessen keine Tatsachentäuschung vor.
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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« Antwort #58 am: 14. Februar 2011, 14:03:36 »
@Black

Nicht ersichtlich, dass Sie Ihre Aussagen an der bestehenden Rechtsprechung von der gesetzlichen Verpflichtung zur Tarifanpassung zugunsten der Kunden ausrichten (BGH KZR 2/07 Rn. 26, VIII ZR 81/08 Rn. 18].

Zunächst wird das scheue Geschöpf auf einer Lichtung gestellt...

Sie wollen allenfalls nicht verstanden haben, dass infolge der Gewährsübernahme für die Vermögensinteressen der betroffenen Kunden, diese ein besonderes, schützenswertes Vertrauen in die Ordnungsgemäßheit der getroffenen Tarifkalkulation und die Ordnungsgemäßheit der Abrechnungen und darin haben, dass die zur Abrechnung gestellten Tarife von ihnen tatsächlich vertraglich geschuldet seien, was sie jedoch tatsächlich gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB dann jedenfalls  nicht sind, wenn der Tarif zu ihren Lasten gesetzwidrig kalkuliert wurde (BGH Az. 5 StR 394/08].

Offline Black

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« Antwort #59 am: 14. Februar 2011, 14:10:56 »
Niemand bestreitet die Pflicht zur Tarifsenkung bei sinkenden Kosten. Aber Sie möchten aus jeder falschen Ermessensentscheidung eine Straftat machen.

Damit überspannen Sie den Bogen bei weitem. Insbesondere da der BGH ja sogar die Möglichkeit eröffnet, dass der unbillige Preis zum vereinbarten Preis wird sehe ich dogmatisch keinen Rahmen für einen Betrug, da es ja am Kunden ist disen Preis zu akzeptieren oder nicht.

Der Versorger tätigt auch keine \"Gewährsübernahme für Vermögensinteressen des Kunden\".

Und es gibt vielleicht eine vertragswidrige Preiskalkulation, aber keine gesetzwidrige, denn das EnWG enthält keine konkreten Kalkulationsvorgaben.
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

 

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