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Autor Thema: Kontrolle des Gesamtpreises  (Gelesen 59927 mal)

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Offline Black

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Kontrolle des Gesamtpreises
« Antwort #120 am: 16. September 2008, 18:54:49 »
Was verstehen Sie unter \"Wärmeenergie\"?
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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Kontrolle des Gesamtpreises
« Antwort #121 am: 16. September 2008, 19:01:37 »
@Black

Möglicherweise sind Sie mit Ihrer Frage, bei Wikipedia besser aufgehoben. Energie ist wohl die Fähigkeit, Arbeit zu verrichten. Wärme könnte etwas mit Strahlung innerhalb eines bestimmten Frequenzbereiches zu tun haben. Wie das jetzt aber im einzelnen physikalisch zusammengeht, weiß ich gerade auch nicht mehr.  Wenn überhaupt kaufe ich Energieträger und die dann möglichst passend zum bestehenden Beheizungssystem. Sonst gibt es zu Hause Ärger.

Wir diskutieren besser weiter auf der juristischen Ebene.
Und da stehen von mir gestellte Fragen weiter offen.

Offline Black

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Kontrolle des Gesamtpreises
« Antwort #122 am: 16. September 2008, 19:24:20 »
Die Lieferung von Wärmeenergie erfolgt durch Fernwärmelieferung (warmes Wasser oder Dampf mit entsprechender thermischer Energie) aber nicht durch Lieferung von Gas. Daher ist der Begriff Wärmemarkt für den Bereich Gaslieferung  verfehlt. Bei Gaslieferung wird nur ein chemischer Stoff geliefert der in Wärme umwandelbar ist. Auch Strom ist - mit der entsprechenden Heizung - in Wärme umwandelbar. Ist Stromlieferung daher Wärmelieferung? Wohl nein.

Auch der von Ihnen angeregte Nachschlag bei Wikipedia bestätigt diese Auffassung.
http://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%A4rmeenergie



Zur Diskussion:

 Ich fasse mal den Zwischenstand zusammen:

Die Entscheidung des BGH VIII ZR 36/06 geht davon aus, das im Rahmen des dort betrachteten Vertrages eine Überprüfung des Ausgangspreises unter Billigkeitsgesichtspunkten nicht stattfindet. Lediglich die beanstandete Preisanpassung ist zu prüfen. Diese Anpassung ist – im Gegensatz zum Ausgangspreis – einseitig vom Versorger bestimmt worden.

Hiergegen wurde argumentiert der Versorger nehme keine bloße Anpassung vor sondern lege die Leistung völlig neu fest, daher sei die gesamte Festlegung – also der Gesamtpreis – gerichtlich zu prüfen.

Kann man so sehen, muss man aber nicht. Der VIII. Senat hat es augenscheinlich nicht so gesehen und ich teile diese Auffassung.

Der § 315 BGB erfasst beide Konstellationen. Eine einseitige Bestimmung des Gesamtpreises, wie auch eine vertragliche Festlegung des Gesamtpreises mit einseitigem Anpassungsrecht. Würde der § 315 BGB die Möglichkeit der vertraglichen Festlegung des Gesamtpreises mit einseitigem Anpassungsrecht nicht vorsehen so würde das nicht dafür sprechen, dass es diese Konstellation nicht geben kann, sondern nur dafür dass der § 315 BGB auf diese Konstellation nicht anwendbar wäre.

§ 315 BGB und das Schuldrecht AT können also nicht dafür herhalten zu belegen, dass nur die Vorstellung einer Gesamtpreiskotrolle die einzig Richtige sein kann. Wäre das so eindeutig der Fall wie hier behauptet wird, wäre der Streit hier auch müßig, denn dann gäbe es diese Gesamtpreiskontrolle bereits gerichtlich bestätigt. Es gibt sie aber nicht. Es wird nur aus der letzten Entscheidung des BGH zu einer Sondervertragsklausel von einigen herausgedeutet, dass es sie im Bereich der Grundversorgung geben müsste.

Wir kommen in dieser Diskussion auch irgendwie nicht voran weil entweder zwischendurch wieder längst bekannte Tatsachen neu verkündet werden (z.B. das Überhaupt ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vorliegen muss. Guten Morgen.) oder andere Probleme eingemengt werden die getrennt zu diskutieren sind (Monopolstellung der Versorger).
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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Kontrolle des Gesamtpreises
« Antwort #123 am: 16. September 2008, 19:49:26 »
@Black

(Guten Morgen. Für Heizöl- und Kohlelieferung oder gar die Lieferung von Heizdecken und Wärmflaschen ist der Begriff Wärmemarkt auch verfehlt. Einen solchen Markt hat noch keiner gesehen.  Aber das sollte man ggf. versuchen, den Richtern des achten Zivilsenats des BGH deutlich zu machen.)

Wie steht es nun aber bei Ihnen mit der Gretchenfrage?!!
Was konnten Sie der Entscheidung des BGH vom 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 23, 26 ggf. konkret entnehmen?

Das wäre für uns juristisch interessant.

Offline Black

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Kontrolle des Gesamtpreises
« Antwort #124 am: 16. September 2008, 19:57:55 »
Zitat
Original von RR-E-ft
(Guten Morgen. Für Heizöl- und Kohlelieferung oder gar die Lieferung von Heizdecken und Wärmflaschen ist der Begriff Wärmemarkt auch verfehlt. Einen solchen Markt hat noch keiner gesehen.

Vielleicht sollte man dann den Begriff \"Wärmemarkt\" einfach nicht verwenden? Zumindest nicht wenn man von Gas spricht.

Sie sehen meine Rückfrage, was Sie unter Wärmeenergie verstehen hatte durchaus seinen Sinn.

Zur Gretchenfrage komme ich noch.
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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« Antwort #125 am: 16. September 2008, 20:09:27 »
@Black

Es geht nicht um den Begriff \"Wärmemarkt\". Es geht um die Tatsachenfrage, ob ein entsprechender Markt, den man nennen könnte wie man wollte, überhaupt existent ist, oder ob es sich dabei um ein Trugbild, eine Fata Morgana handelt. Er existiert nicht. Wer eine elektrische Fußbodenheizung im Haus hat, kann bei einer Strompreiserhöhung nicht zu Heizöl wechseln. Wer eine Gasheizung hat, kann im Falle einer Gaspreiserhöhung mit seiner Heizungsanlage nicht zu Kohle oder Heizöl wechseln.  Es gibt einen Strommarkt, der sich sachlich und räumlich weiter unterteilen lässt, und einen Heizölmarkt. Ein Erdgasmarkt existiert auch, bisher wohl mit ziemlich eigenwilligen Marktregeln (Preisbildung losgelöst von Angebot und Nachfrage), die auf Macht beruhen. Räumlich und sachlich lassen sich verschiedene Erdgasmärkte gegeneinander abgrenzen.

Also auf die Beantwortung der Gretchenfrage bleibe ich gespannt.

Offline superhaase

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Kontrolle des Gesamtpreises
« Antwort #126 am: 16. September 2008, 21:52:22 »
@Black:

Selbst wenn man Ihrer Argumentation folgt und davon ausgeht, dass ein vereinbarter Ausgangspreis nicht der Billigkeitskontrolle unterliegt, sondern nur eine Praisanpassung, das berühmte Delta, dann hat das doch in der Praxis genau dieselbe Auswirkung wie eine Kontrolle des Gesamtpreises, wenn man davon ausgeht, dass dieses Delta auch negativ sein kann.

Geht man also davon aus (wie Sie), dass dieses Delta negativ sein kann und einer Billigkeitskontrolle unterliegt, so ist der vereinbarte Anfangspreis kein fester (und somit \"unabtragbarer\") Preissockel mehr, wie es der VIII. Senat des BGH in seinem berühmten Urteil vom 13.6.07 annimmt.

Ich verstehe insofern nicht, was Ihre Argumentation noch für einen Unterschied zu einer Billigkeitskontrolle des Gesamtpreises bringt.
Das ist selbst rein formal nicht nachvollziehbar.
Soll die Billigkeit eines möglicherweise negativen Delta beurteilt werden, dann kann man keine Preisbestandteile (Kalkulationsbestandteile) aus der Betrachtung ausschließen. Wo sollten auch im Gesetz möglicherweise von der Betrachtung auszuschließende Bestandteile einer Leistung (Haupt-Gegenleistung oder sonstige Leistung) festgelegt sein?

ciao,
sh
8) solar power rules

Offline RR-E-ft

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« Antwort #127 am: 16. September 2008, 21:57:17 »
@sh

Nanana!!!

Lassen Sie mir mal bitte den Kollegen Black in Ruhe, damit dieser sich gewissenhaft auf die Beantwortung der Gretchenfrage vorbereiten kann!

@Black

Bitte weiter höchste Konzentration. Nur Mut.

Offline RR-E-ft

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Kontrolle des Gesamtpreises
« Antwort #128 am: 17. September 2008, 18:20:03 »
@Black

Vor der 2.Kammer für Handelssachen des Landgerichts Gera fand heute eine mündliche Verhandlung statt, bei der es um einen Erdgas- Sondervertrag ging, zu dem der Versorger behauptete, dass ihm ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt sei und dass man sich durch vorhergehende unwidersprochene Zahlungen nach Vertragsabschluss auf einen neuen Preis geeinigt habe. Der VRiLG Grüneberg wies zutreffend darauf hin, dass für den Fall eines bestehenden Leistungsbestimmungsrechts die Parteien schon gar kein Erklärungsbewusstsein hinsichtlich einer Neuvereinbarung gehabt hätten, weil eine solche in diesem Fall ja schon nicht notwendig gewesen wäre. Es gelte deshalb nach vorläufiger Rechtsauffassung der bei Vertragsabschluss vereinbarte Preis weiter, wenn die betroffene Klausel unwirksam ist, wofür vieles spräche. Zur direkten Anwendung von § 315 BGB auf § 4 AVBEltV.

Eine Neuvereinbarung gem. §§ 145 ff. BGB  setzt natürlich unter Abwesenden entsprechende Erklärungen und notwendig ein entsprechendes Erklärungsbewusstsein der Vertragspartner voraus.

Aber wie gesagt:

Eine unwiderrufliche Erklärung gem. § 315 Abs. 2 BGB ist schon denknotwendig kein auf Annahme gerichtetes Angebot im Sinne von § 145 BGB.  

An anderer Stelle warfen Sie die Frage auf, ob man etwa Ulmer in der AGB- Kommentierung hohle Phrasendrescherei unterstellen könne und dürfe. Möglicherweise sollten Sie diesen Gedanken noch einmal aufgreifen, jedoch diesmal im Zusammenhang mit dem Verordnungsgeber und § 17 Abs. 1 Satz 3 GasGVV/ StromGVV. Ich meine, der Verordnungsgeber gibt damit klar zu erkennen, dass die Allgemeinen Preise der Grund- und Ersatzversorgung der Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB unterliegen. Immerhin findet die Norm Erwähnung.

Nun aber wieder volle Konzentration.

Die Beantwortung der Gretchenfrage steht aus.
Ich bin sehr gespannt und mit mir womöglich sehr viele andere auch.
Sie haben unsere Aufmerksamkeit.

Offline tangocharly

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Kontrolle des Gesamtpreises
« Antwort #129 am: 18. September 2008, 22:16:00 »
Ach ja, ich stelle mir den \"Wärmemarkt\" auch so vor:

(1) Nachdem ich meinen Brenner an das öffentliche Gasnetz angeschlossen habe, grabe ich schnell ..
(2) im Garten ein Loch, verbuddle den schnell neu gekauften Öltank , schließe schnell
(3) noch einen Wechselbrenner an die Therme an, den ich auch noch schnell kaufe, schließlich
(4) decke ich mich schnell noch mit einem Fuder Bucheholz ein, wenn denn dann gerade der Preis so richtig nach meinem Geschmack ist und installiere
(5) auf dem Dach einen Pelletsbehälter, den ich dann schnell mal  fülle, wenn der Preis so richtig nach meinem Geschmack ist und dann werde ich
(6) jeden Morgen die Brennstoffpreise studieren und wenn dann die Gaspreise steigen, dann sprinte ich schnell mal in den Keller, stelle flugs den Schieber am Brenner um auf Öl, oder Pellets oder Holz. Und wenn dann die Preise für Öl steigen, dann sprinte ich wieder schnell in den Keller und stelle den Schieber auf weis was auch immer.

Ja der Markt hat eben seinen Preis. Wer glaubt, mit Gas frei Haus sich alle diese Kosten ersparen zu dürfen, der ist halt einfach falsch gewickelt (oder Schotte). Schließlich muß sich ja Gas auch gegen Öl und/oder Kohle behaupten - und das soll für Umme gehen ?
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline RR-E-ft

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Kontrolle des Gesamtpreises
« Antwort #130 am: 19. September 2008, 16:48:58 »
@tangocharly

Jetzt sind Sie wohl auf dem Holzweg. Es geht gerade nicht um einen Wärmemarkt.

Wir diskutieren hier die direkte Anwendung des § 315 BGB.
Dabei geht es überhaupt nicht darum, ob man eine bestehende Beheizungsanlage multivalent betreiben kann.

Die Gretchenfrage, die uns Black beantworten wollte, war die , wie er es mit der Verpflichtung zu Preisabschlägen nach Vertragsabschluss hält, wenn im konkreten Vertragsverhältnis ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 Abs. 1 BGB besteht.

Offline Black

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Kontrolle des Gesamtpreises
« Antwort #131 am: 22. September 2008, 16:37:39 »
Zur Gretchenfrage:

Geht man davon aus, dass das gesetzliche Preisanpassungsrecht im Rahmen der Billigkeit sowohl eine Erhöhung als auch eine Absenkung des Preises ermöglicht und erfordert (so BGH KZR 02/07) könnte der Kunde bei gesunkenen Bezugskosten (oder sonstigen geänderten Kosten) eine Preisanpassung auch nach unten verlangen.

Die widerspricht zwar der Theorie des BGH VIII ZR 36/06 \"unabänderlicher Preissockel\" wäre aber nach meiner Ansicht interessengerecht.

Voraussetzung ist jedoch eine Veränderung der Kostenlage im Vergleich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
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« Antwort #132 am: 22. September 2008, 16:54:22 »
@Black

Immerhin sehen Sie nun wohl auch einen Widerspruch zwischen der Entscheidung KZR 2/07 und der Entscheidung VIII ZR 36/06.

Wenn ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB besteht, ist der Versorger nach Vertragsabschluss berechtigt und verpflichtet, den Preis der Billigkeit entsprechend neu festzusetzen, wobei seine konkrete Kostenentwicklung zu Grunde zu legen ist.

Wie soll der betroffene Kunde die entsprechende Verpflichtung des Versorgers zur Preisabsenkung kontrollieren und durchsetzen?

Ist es dafür nicht erforderlich, dass der Versorger seine Preiskalkulation bei Vertragsabschluss und die zwischenzeitliche Entwicklung aller preisbildenden Faktoren, die in die Grund- und Arbeitspreise Eingang gefunden haben, offen legt, vgl. KG Berlin, B. v. 12.02.2008 (21 U 160/06)?

Darf es für die Neufestsetzung des Allgemeinen Preises/ Tarifs wirklich darauf ankommen, wie sich die Kosten seit dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eines konkret betroffenen Kunden zwischenzeitlich entwickelt haben, nachdem es abhängig vom jeweiligen Zeitpunkt des Vertragsabschlusses dabei zu willkürlichen Zufallsergebnissen kommen kann, vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2005 (KZR 36/04) Rdn. 10?

Zitat
Das Recht des Netzbetreibers, künftige Netznutzungsentgelte ohne Mitwirkung des Netznutzers festzusetzen, kann nicht anders behandelt werden. Aber auch das zum Zeitpunkt des Vertragschlusses von dem Netzbetreiber geforderte Entgelt ist regelmäßig ein nach dem Willen der Vertragsparteien einseitig bestimmtes Entgelt, das der Netzbetreiber zu bestimmten Zeitpunkten ermittelt und das - schon zur Vermeidung einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung - für eine bestimmte Zeitdauer sämtlichen Vertragsbeziehungen mit gleichen Nutzungsprofilen unabhängig davon zugrunde liegen soll, wann der Vertrag geschlossen wird. Auch dann, wenn das Entgelt betragsmäßig bereits feststellbar ist, wird - wie im Streitfall der Verweis auf die \"jeweils geltende Anlage 3\" verdeutlicht - nicht dieser Betrag als Preis vereinbart. Der Betrag gibt vielmehr lediglich das für einen bestimmten Zeitpunkt ermittelte Ergebnis des gleichen Preisbestimmungsverfahrens wieder, das dem Netzbetreiber auch für die Zukunft zustehen soll, an dem der Netznutzer nicht teilnimmt, dessen konkrete preisbestimmende Faktoren ihm nicht bekannt sind und dessen Ergebnis er weder nachvollziehen noch beeinflussen kann. Es ist daher nicht weniger einseitig bestimmt als die künftige Höhe des Entgelts. Es wäre eine künstliche Aufspaltung der äußerlich und inhaltlich einheitlichen Preisvereinbarung und führte zu Zufallsergebnissen, wollte man einen vereinbarten Anfangspreis von (vom Zeitpunkt der ersten ausdrücklich oder stillschweigend vorgesehenen Neuberechnung an maßgeblichen) einseitig bestimmten Folgepreisen unterscheiden.

Man stoße sich dabei nicht an dem Wort \"Netznutzungsentgelt\", sondern erstze dieses aus Gründen der Abstraktion durch \"Entgelt\".

Offline Black

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Kontrolle des Gesamtpreises
« Antwort #133 am: 22. September 2008, 17:13:51 »
Zitat
Original von RR-E-ft

Wie soll der betroffene Kunde die entsprechende Verpflichtung des Versorgers zur Preisabsenkung kontrollieren und durchsetzen?

Meine Sorge geht in die andere Richtung. Wenn nämlich der Kunde dem Versorger quasi täglich unsubstantiiert unterstellen kann, der Preis von gesern sei heute plötzlich unbillig geworden. Selbst ein feststellendes Urteil schafft dann kaum abschließende Klarheit, da der Kunde bereits einen Tag nach einem solchen Urteil behaupten könnte, nun  sei der Preis aber ganz bestimmt unbillig geworden und erneut die Zahlung verweigern.
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Offline RR-E-ft

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« Antwort #134 am: 22. September 2008, 17:23:04 »
@Black

Ich verstehe schon, dass die Menschen wegen verschiedener Sorgen nachts schwer in den Schlaf finden mögen.

Meine Frage zielte darauf ab, wie die Einhaltung einer bestehenden gesetzlichen Verpflichtung des Versorgers durch den Kunden bzw. durch ein Gericht kontrolliert werden kann. Darauf muss man eine Antwort geben können.

Man bräuchte m. E. die Preiskalkulation und die Offenlegung der Richtlinien und Regeln, nach denen sich die maßgeblichen Kosten regelmäßig ändern, möglicherweise die Beschaffungskosten quartalsweise nach einer feststehenden Berechnungsvorschrift, was sich bei mehreren Vorlieferanten entsprechend komplexer gestaltet.

Der Kunde vermag nichts zu substantiieren, wenn er die Preiskalkulation und die konkreten Regeln, nach denen sich die Kosten regelmäßig verändern, nicht kennt. Das liegt nicht am Kunden, sondern am Versorger. Dieser allein hat es in der Hand, dem Kunden die erforderlichen Kenntnisse zu verschaffen.

Die Verbraucher vertreten wohl nicht die Auffassung, die Preise wären über Nacht (von gestern auf heute) plötzlich unbillig geworden, sondern sie seien schon länger systematisch überhöht, was die amtliche Begründung der Bundesregierung zu § 29 GWB nahelegt. Letztere wiederum gründet auf umfangreichen Bereichsuntersuchungen. Diese amtliche Gesetzesbegründung der Bundesregierung, wonach das Preisniveau auf ein volkswirtschaftlich nicht mehr vertretbares Maß gestiegen ist und mit der Entwicklung der Primärenergiekosten nicht mehr zu begründen ist und die Letzverbraucher über Gebühr belastet werden, sollte uns allen Anlass zur Sorge geben. Das muss uns doch wohl zuallererst um den Schlaf bringen. Demgegenüber muss Ihre vorgetragene Sorge klein erscheinen.

Was sollte den Versorger denn davon abhalten, den Nachweis zu führen, dass sein Preis nicht (erst) über Nacht unbillig geworden ist?

Die BAFA- Erdgasimportpreise (Wert der Ware an der deutschen Grenze) werden amtlich erfasst und monatlich veröffentlicht. Die Netzkosten werden von der Bundesnetzagentur halbwegs kontrolliert. Die Netzkosten einschließlich vorgelagerter Netze sowie Mess- und Abrechnungskosten sind gem. § 40 EnWG n.F. in den Verbrauchsabrechnungen gesondert auszuweisen. Schließlich bestimmt § 40 Abs. 2 Satz 2 EnWG n.F., dass der Kunde die Wahl haben soll, in welchen Abständen der Verbrauch ihm gegenüber abzurechnen sei.

Siehe hier.

Zitat
(1) Energieversorgungsunternehmen sind verpflichtet, in ihren Rechnungen für Energielieferungen an Letztverbraucher die Belastungen aus den Entgelten für den Netzzugang und gegebenenfalls darin enthaltene Entgelte für den Messstellenbetrieb und die Messung beim jeweiligen Letztverbraucher gesondert auszuweisen.

(2) Lieferanten sind verpflichtet, den Energieverbrauch nach ihrer Wahl monatlich oder in anderen Zeitabschnitten, die jedoch zwölf Monate nicht wesentlich überschreiten dürfen, abzurechnen. Sofern der Letztverbraucher dies wünscht, ist der Lieferant verpflichtet, eine monatliche, vierteljährliche oder halbjährliche Abrechnung zu vereinbaren.

Jeder Letzverbraucher kann folglich eine monatliche Abrechnung verlangen, wenn er dies wünscht. Es bedarf wohl nicht sehr viel Phantasie zu ersehen, was dabei für die Billigkeitskontrolle der zur Abrechnung gestellten Preise  bei einseitigem Leistungsbestimmungsrecht daraus folgt. Der betroffene Kunde  lässt sich monatlich abrechnen und stellt immer nur die Preise der letzten Abrechnung streitig. Wenn es das sein sollte, was Sie sich vorstellen, so wäre es wohl unproblematisch.

 

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