Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?

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RR-E-ft:
@Black

Noch einmal zum Mitdenken wie im Anfangssemester Zivilrecht:

Eine einseitige Leistungsbestimmung gem. § 315 Abs. 2 BGB bleibt immer eine solche und ihre Gültigkeit für den anderen Vertragsteil bemisst sich ausschließlich nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Eine Einigung auf einen Preis setzt hingegen immer Antrag und Annahme gem. §§ 145 ff. BGB voraus.  Wo es aber schon keinen Antrag gem. § 145 BGB gibt, kann ein solcher erst recht nicht vom anderen Vertragsteil angenommen werden. Demnach erscheint es unter Anwendung des BGB völlig ausgeschlossen, dass ein einseitig festgesetztes Entgelt zu einem vereinbarten Entgelt werden kann. Der entsprechenden Metamorphose fehlt es eindeutig an einer Rechtsgrundlage im BGB. Und dabei bestimmt Art. 20 GG, dass die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden ist.....

In der Entscheidung vom 05.02.2003 - VIII ZR 111/02 hatte der BGH sich mit der Frage der Unbilligkeit gem. § 315 BGB zu befassen, weil das einseitig festgesetzte Entgelt immer noch ein solches war und sich seine Geltung für den anderen Vertragsteil gerade deshalb immer noch nach § 315 Abs. 3 BGB messen lassen musste.... Es wurden eben durch die vorbehaltlosen Zahlungen des Kunden gerade nicht vereinbart.

Black:
Einigung mit Angebot und Annahme gab es bei Abschluss des Ausgangsvertrages über den damals geltenden Preis.

Kommt jetzt DANACH eine Preisanpassung, die der Kunde nicht beanstandet, dann wird diese wirksam.(so BGH VIII ZR 36/06). Da ist dann nichts mehr mit Angebot und Annahme.

Leisatz:
Ein von dem Gasversorger einseitig erhöhter Tarif wird zum vereinbarten Preis, wenn der Kunde die auf dem erhöhten Tarif basierende Jahresabrechnung des Versorgers unbeanstandet hinnimmt, indem er weiterhin Gas von diesem bezieht, ohne die Tariferhöhung in angemessener Zeit gemäß § 315 BGB als unbillig zu beanstanden.
BGH, Urteil vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 36/06

RR-E-ft:
@Black

Schon die Annahme, dass bei Vertragsabschluss ein feststehender - für beide Vertragsteile gleichermaßen verbindlicher Preis vereinbart wird - ist unzutreffend (BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 34/06 Tz. 10; BGH, Urt. v. 04.03.2008 - KZR 29/06; erhellend auch BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 24/04). Dies ist dann nicht der Fall, wenn der eine Vertragsteil nach Vertragsabschluss die Entgelte aufgrund eines bestehenden einseitigen Leistungsbestimmungsrechts dem anderen gegenüber einseitig neu festsetzen kann. Für den Leistungsbestsimmungsberechtigten besteht eben gerade keine Bindung durch eine erfolgte Einigung, sondern er hat das allein durch § 315 BGB beschränkte Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich der vertraglich geschuldeten Gegenleistung, die somit jederzeit Ergebnis der Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts ist, nämlich nach Ermessen die Entgelte abzusenken, zu erhöhen oder stabil zu halten.... Dass ein bei Vertragsabschluss bereits bekannter Tarif nicht ausschließt, dass es sich um ein einseitig festgestztes Entgelt handelt, dass von Anfang an der Billigkeitskontrolle unterliegt, ergibt sich aus BGH, Urt. v. 30.04.2003 - VIII ZR 278/02 = NJW 2003, 3131. Dabei hat der Senat ausdrücklich festgestellt, dass die Billigkeitskontrolle Anwendung findet, weil die Parteien bei Vertragsabschluss nicht auf das zu zahlende Entgelt geeinigt haben.

Es sind die Entscheidungen vom 28.03.2007 - VIII ZR 144/06 und vom 13.06.2007 - VIII ZR 36/04, die sich weder mit der aktuellen Rechtsprechung des Kartellsenats, noch mit der früheren Rechtsprechung des achten Zivilsenats, noch mit der aktuellen Rechtsprechung des 3. Zivilsenats (Urt. v. 18.10.2007 - III ZR 277/06) noch mit der Regelungen des Allgemeinen Teils des Schuldrechts im BGB in Übereinklang bringen lassen.

Black:

--- Zitat ---Original von RR-E-ft
@Black

Schon die Annahme, dass bei Vertragsabschluss ein feststehender - für beide Vertragsteiel gleichermaßen verbindlicher Preise vereinbart wird - ist unzutreffend (BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 34/06 Tz. 10; BGH, Urt. v. 04.03.2008 - KZR 29/06; erhellend auch BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 24/04).
--- Ende Zitat ---

Ich weiss, dass Sie Anhänger dieser Auffassung sind, weil diese Ihnen ermöglichen würde auch den Ausgangspreis einer Billigkeitskontrolle zu unterziehen.

Leider steht dem - mal wieder - die besagte Gaspreisentscheidung des BGH wortgenau entgegen. Sie können natürlich anderer Meinung als die 8. Zivilkammerdes BGH sein. Sie können hoffen, dass in künftigen Entscheidungen diese Ansicht wieder revidiert wird. Aber wenn Sie hier so tun, als ob Ihre persönliche Auffassung bereits allgemein gültiges Recht wäre und die Aussagen des 8. Senats stets geflissentlich übergehen, so ist das eben nur die halbe Wahrheit.

RR-E-ft:
@Black

Es geht nicht um meine persönliche Auffassung, sondern um die aktuelle Rechtsprechung, die sich u.a. auch aus den jüngsten Entscheidungen v. 18.10.2007 - III ZR 277/06, v. 04.03.2008 - KZR 29/06 und v. 29.04.2008 - KZR 2/07 ergibt. Dass die Rechtsprechung des achten Zivilsenats in den Entscheidungen vom 28.03.2007 - VIII ZR 144/06 und v. 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 dazu im Widerspruch steht und dass dieser Senat jüngst (in der Verhandlung am 28.05.2008 - VIII ZR 138/07) angedeutet hat, diese abweichende Rechtsprechung nochmals zu überdenken, die noch nicht gesfestigt sei, ist hier zu lesen.

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