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Autor Thema: Tarif mit Einzugsermächtigung als Voraussetzung - was tun?  (Gelesen 7115 mal)

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Offline Stranz

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Wir haben das Musterschreiben an unseren Gasversoger (GASAG - Berlin) am 20.0.2.2005 gesandt. Am 03.03.2003 erhielten wir eine Antwort mit den üblichen allgemeinen \"Ausreden\".
Unser Vertrag mit der GASAG läuft erst seit einem 3/4-Jahr, sodass die geforderten Abschlagzahlungen erst einmal etwas üppig bemessen wurden. Wir gehen also davon aus, dass die Jahresabrechung im Juni 2005  Guthaben ergibt. Nun werden sicherlich ab dem 01.12.2005 die höhrenen Preise berechnet werden, das Guthaben wid also niedriger ausfallen.
Welche Möglichkeiten haben wir nun ganz konkret, die GASAG zu \"zwingen\", das Guthaben nach den alten Preisen zu erstatten?
Wir haben den Tarfif \"GASAG-Aktiv\", der eine Einzugsermächtigung voraussetzt; wir können die Einzugsermächtigung also nicht zurücknehmen, ohne \"Vertragsbrüchig\" zu werden. Was können wir also konkret unternehmen?

Offline RR-E-ft

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Tarif mit Einzugsermächtigung als Voraussetzung - was tun?
« Antwort #1 am: 07. März 2005, 11:58:10 »
@Stranz

Nach der Rechtsprechung des BGH Urteil vom 30.04.2003 - VIII ZR 278/02 sind die neuen Preise nach dem Einwand der Unbilligkeit bis auf weiteres vollkommen unverbindlich.

Ihr Versorger ist deshalb schon nicht wegen der Preiserhöhung zur Erhöhung der Abschläge gem. § 25 AVBV berechtigt.

Die Darlegungs- und Bweislast des Versorgers für die Billigkeit der Tarife im Sinne von § 315 BGB ergibt sich aus dem Urteil des BGH vom 05.02.2003 - VIII ZR 111/02.

Sie brauchen die Einzugsermächtigung auch nicht widerrufen, sondern nur auf die Beträge beschränken, die sich bei Zugrundelegung der alten Preise ergeben, d. h. auf die zurecht geforderten Beträge, vgl. auch unter www.vzth.de

Ggf. besteht die Möglichkeit einer Festellungsklage gegen den Versorger.

Aus dem Urteil des BGH vom 05.02.2003 VIII ZR 111/02 ergibt sich am Ende auch, dass die Grenzen der zivilrechtlichen Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB und der allgemeinen kartellrechtlichen Preismissbrauchskontrolle nicht zusammenfallen, die zivilrechtliche Billigkeitskontrole deshalb vollkommen eigenständige Bedeutung beansprucht.

Gem. § 1 Energiewirtschaftsgesetz sind Energieversorgungsunternehmen zur preiswürdigen Versorgung mit leitungsgebundener Energie (Gas und Elektrizität) verpflichtet. \"Preiswürdig\"   im vorgenannten Sinne nach der herrschenden Meinung meint so billig wie nur möglich. Das bedeutet lediglich Kostendeckung und einen marginalen Gewinn.


Der Versorger muss also die Entwicklung seiner Kosten- und Erlöslage darstellen, ähnlich wie im Strompreisgenehmigungsverfahren gem. § 12 BTOElt. Wobei nach dem Urteil des BGH vom 05.02.2003 VIII ZR 111/02 vollkommen offen gelassen wurde, ob einer behördlichen Tarifgenehmigung eine Indizwirkung für die Billigkeit der geforderten Preise gem. § 315 BGB zukommt.


Alle Entscheidungen des BGH unter www.bundesgerichtshof.de (Entscheidungen).



Freundliche Grüße
aus Jena


Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline Cremer

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Tarif mit Einzugsermächtigung als Voraussetzung - was tun?
« Antwort #2 am: 07. März 2005, 13:31:41 »
Hallo Stranz,

Wir haben bei Strom- und Gas ebenfalls einen Sondertarif \"Energiepaket\". Es qwerden 10% auf den Arbeitspreris gewährt (ohne Steuern). Dies setzt allerdings eine Erteilung einer Einzugsermächtigung voraus. Wir haben die Höhe der Einzugsermächtigung begrenzt auf die Preise septmeber 2004 plus 2%. Daraufhin teilten die Stadtwerke Kreuznach mit, dass wir nicht mehr Mitglied sind, wörtlich. \"da die begrenzung der Einzugsermächtigung mit dem Rechnungswesen so nicht handhabbar ist\".  Sie kündigten rechtswidrig sofort ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und stuften uns rückwirkend zum 30.1.05 in den normalen Sondertarif A ein.

Umsobesser, da ich jetzt nicht aus eigener Willenserklärung einen Tarif gewählt habe, sodern \"zwangeingestuft\" wurde.

Seit dem Wochenende erhalten einige Widersprüchler ein neues Schreiben, wonach die Stadtwerke die Kündigung zurücknehmen würden unter Zugrundelegung der alten Bedingungen bzgl. Abschlagshöhe, bestimmt durch die Stadtwerke.

Und jetzt kommts: Sofern nicht bis zum 18.3. widersprochen wird, findet die Regelung anwendung
Da wird die Beweißlast zu ungunsten des Kunden umgedreht !!! Ist nicht Rechtskonform!!
Normalerweise muss der Kunde aktiv werden, nicht der Versorger, wenn man einen neuen Tarif haben will !!
Bei Nichtäußerung wollen die Stadtwerke damit ihre rechtwidrige Kündigung wieder zwangsläufig rechtswirksam machen
MFG
Gerd Cremer
BIFEP e.V.

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Offline Monaco

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Tarif mit Einzugsermächtigung als Voraussetzung - was tun?
« Antwort #3 am: 07. März 2005, 17:26:30 »
@Stranz


Bei uns ist die Situation ähnlich. Auch wir sind erst seit August 2005 Gas-Kunden. In dieser kurzen Zeit mussten wir bereits 2 Erhöhungsankündigungen hinnehmen (warten wir einmal ab ob sie unser Gasversorger - MITGAS - durchsetzen kann ...) und die 3. scheint ja auch schon bald beschlossene Sache zu sein. Und auch bei uns ist das Lastschriftverfahren Bedingung für den gewählten Sondertarif.

Immerhin hat unser Versorger uns noch am 15.02.2005 die Bedingungen zu Zeiten unseres Vertragsabschlusses (08/04) bestätigt und auch (mehr oder weniger) selbstständig auf die angekündigten Erhöhungen der Abschläge verzichtet. Ich gehe jedoch derzeit davon aus, dass es sich unser Versorger noch einmal anders überlegt und mit der Schlussrechnung die ihm entgangene Zeche nachfordern wird. Immerhin hat er uns im erwähnten Schreiben bereits darauf hingewiesen, dass zwischenzeitliche Preiserhöhungen ... usw.
Ich habe so den Eindruck, dass mancher Versorger (siehe den Beitrag von Herrn Cremer) langsam kalte Füße bekommt und nicht so recht weiß, wie er vorgehen soll. Die harte Linie hieße, für eine verhältnismäßig kleinen Differenzbetrag ein Klagerisiko einzugehen und vielleicht 100.000e € zu riskieren. Die Abwartehaltung hieße, das Problem bis zur Jahresabrechnung zu verschieben. Die ist bei uns übrigens erst in 6 Monaten. Aber vielleicht gibt es dann schon mehr Erkenntnisse (Musterverfahren).

In jedem Fall möchten alle Versorger möglichst wenig Öffentlichkeit erzeugen. Warum wohl weist meines Wissens kein Versorger auf seiner Homepage auf \"säumige und aufmüpfige\" Kunden hin, wo er doch scheinbar im Recht ist. Oder doch nicht ...

Freundliche Grüße aus Halle (Saale)

Monaco

Offline Stranz

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Tarif mit Einzugsermächtigung als Voraussetzung - was tun?
« Antwort #4 am: 08. März 2005, 08:57:00 »
Sehr geehrter Herr Fricke,

auf diesem Wege möchten wir uns über die schnelle Antwort  sehr herzlich bedanken.
Für das weitere praktische Verfahren sehen wir jetzt folgende Schritte:

1. Wir werden auf das Schreiben der GASAG antworten und unseren Einwand und die Einschränkung der Einzugsermächtigung nochmals bekräftigen.

2. Die jetzigen Abschläge werden mit Einzugsermächtigung bis zur nächsten JVA (Juni 2005) weiterbezahlt.
Wir dürfen und können die Abschläge ja nicht eingenmächtig kürzen.

3. Mit der JVA wird es wahrscheinlich ein Guthaben geben, dass jedoch geringer ausfallen wird, da die GASAG mit den neuen Preisen vom 1.12.2004 rechnen wird.

4. Das Guthaben auf Grund des alten Preises werden wir von der GASAG einfordern.

5. Die GASAG wird wahrscheinlich das nicht anerkennen. Praktisch wird dieses Geld für uns \"verloren\" sein oder wir müssten klagen.

6. Die GASAG wird die Abschläge auf Grund der neuen Preise berechnen.

7. Wir werden Einwände gegen die erhöhten Abschläge auf Grund der Preiserhöhung (unser Verbrauchsverhalten wird sich nicht änderen!)  erheben.

8. Die GASAG wird den erhöhten Abschlag mit  der Einzugsermächtigung abbuchen.

9. Wir werden über die Bank eine Rücklastschrift ausführen und nur einen Abschlag auf Grund des alten Preises überweisen.

10. Die Schritte 9. und 9. werden sich jetzt monatlich wiederholen?

Was können wir in diesem Fall tun? Da die GASAG voraussichtlich die Beschränkung der Einzugsermächtigung nicht beachten wird,
wir aber die Einzugsermächtigung  nicht kündigen dürfen (ist Voraussetzung für den Taif \"GASAG-Aktiv\") .... ????
Was dürfen wir überhaupt unternehmen, ohnen selbst angreifbarzu werden bzw. einen Klagegrund für die GASAG gegen uns zu geben?

Offline Cremer

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Tarif mit Einzugsermächtigung als Voraussetzung - was tun?
« Antwort #5 am: 08. März 2005, 14:03:57 »
Hallo Stranz,

an Ihrer Stelle würde ich die Einzugermächtigung begrenzen auf den Verbrauch vom letzten Jahr und mit den Preisen vom letzten Jahr plus 2%.

Vielleicht geben die dann die Einzugsermächtigung zurück, so wie die Stadtwerke kreuznach es auch getan haben. Dann stufen die Sie nämlich in einen Tarif ein und nicht einen solchen den Sie als freie Willenserklärung der GASAG gegenüber abgegeben haben (GASAG aktiv). Damit stärken Sie Ihre rechtliche Ausgangsposition, da Sie zwangseingestuft wurden.

Bei uns war das ebenso. ich wurde aus dem günstigen Tarif Energieclub (10% Rabatt auf den Leistungspreis) gekündigt, rechtwidrig 1.) ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und 2.) rückwirkend zum 30.1.05.
Nach einem Schreiben an die Stadtwerke, worin ich mich klargestellt habe, dass ich weiterhin Mitglied des Energieclubs bin und auf der Jahresendrechnung dies auch so abziehen werde, ich rechne mit einer größeren Nachzahlung, kam gestern ein Schrieben, wo die Stadtwerke mich im Energieclub wieder aufnehmen wollen. anscheinend haben sie ihren rechtlichen Fehler eingesehen. Nur die Konditionen sind wiederum die gkleichen wie ursprünglich. Siehe weiter meine Antwort vom 7.3. um 13.31.
Die Stadtwerke wollen damit ihren Fehler sanktionieren.
MFG
Gerd Cremer
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Offline RR-E-ft

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Tarif mit Einzugsermächtigung als Voraussetzung - was tun?
« Antwort #6 am: 08. März 2005, 14:07:09 »
@Stranz

Sie können die GASAG auffordern, zur Meidung einer entsprechenden Feststellungsklage die Abschläge nach unten anzupassen, damit keine Überzahlungen eintreten.

Verweisen Sie dabei auf den Beschluss des AG Heilbronn vom 04.02.2005 Az. 15 C 4394/04 und den Beschluss des  AG Marienberg vom 03.03.2005 Az. 2 C 0121/05 sowie auf den Beschluss des OLG Hamburg vom 12.04.1988 - 1 U 14/88 in NJW 1988, S. 1600.

Wenn Ihr Versorger erst sieht, dass Sie so aktuell informiert sind, wird er wohl nachgeben, um sich keinen Ärger einzuhandeln.

Sie können sich auch mit der Verbrauchrezentrale in Verbindung setzen, ob man ggf. bereit ist, in dieser wichtigen Frage einen Musterprozess zu führen.

Weisen sie darauf hin, dass die Nichtbeachtung der Beschränkung der Einzugsermächtigung strafrechtliche Konsequenzen zeitigen kann.

Verweisen Sie auf den Aufsatz in der ZfK Zeitschrift für Kommunale Wirtschaft Heft 1/2005, S. 2 \"Die Rechtslage ist unklar\".

Hierzu können Sie unter www.zfk.de am rechten Rand den Hintergrund lesen.


Freundliche Grüße
aus Jena


Thomas Fricke
Rechtsanwalt

 

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