Wenn eine Klage am Anfang nicht schlüssig ist, wird sie auch ohne Gegenwehr abgewiesen. Es kommt deshalb darauf an, einer Klage die bisher vorhandene Schlüssigkeit zu nehmen. Oft nicht schwer.
ESB wird regelmäßig von PATT RECHTSANWÄLTE, Kollege Dr. Feuring aus Karl-Marx-Stadt/ Chemnitz vertreten. Der tingelt auch von einem Amtsgericht zum nächsten. Mit den Zahlungsklagen werden zwar nicht die schriftlich fixierten Versorgungsverträge mit Heizgaskunden vorgelegt, aber mit der
Anlage K 1 die entsprechenden (nachträglichen) Vertragsbestätigungen.
Darin wird ausdrücklich aufgeführt:
\"Wir freuen uns, dass Sie zukünftig Erdgas als Heizenergie einsetzen werden und bestätigen hiermit den Abschluss eines Sondervertrages.\"Damit steht fest, dass die Rechtsprechung aus dem Gaspreisurteil des BGH vom 13.06.2007 (vgl. Textziffer 14 und 16)
nicht gilt, weil bei Vertragsabschluss schon kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB vereinbart wurde und sich ein solches auch nicht aus einem Gesetz ergab. Damit ist die Sache eigentlich schon erledigt.
Die Bestimmungen der AVBGasV galten gem. § 1 Abs. 2 AVBGasV für solche Vertragsverhältnisse nicht unmittelbar. Vgl. auch BGH NJW 1998, 1640, 1642 zur Anwendung der AVBEltV auf Sondervertragskunden: weder direkt noch analog.
Wenn das Unternehmen darüber streiten will, ob sich vorliegend ein einseitiges Preisänderungsrecht aus dem Gesetz ergibt, dann ist für diesen Streit gem. §§ 108, 102 EnWG die Kammer für Handelssachen beim Landgericht ausschließlich zuständig. Ohne entsprechenden Verweisungsantrag der Klägerin ist in einem solchen Fall die Klage
allein wegen der sachlichen Unzuständigkeit des Gerichts abzuweisen. Auch eine Form der einfachen Erledigung.
Fraglich deshalb, ob die Bestimmungen der AVBGasV etwa als
Allgemeine Geschäftsbedingungen in den Vertrag einbezogen wurden, § 305 Abs. 2 BGB. Das ist nur dann der Fall, wenn der Kunde vor Vertragsabschluss entsprechende AGB kannte und bei Vertragsabschluss mit deren Einbeziehung einverstanden war. Dies ergibt sich nicht aus der nachträglich übersandten Vertragsbestätigung ist deshalb im Einzelfall zu prüfen. Die
nachträgliche Übersendung der AVBGasV genügt dafür gerade nicht (vgl. etwa AG Gotha, Urt. v. 09.11.07).
Sollten die Bestimmungen einbezogen sein, stellt sich die Frage, ob diese einen
wirksamen Preisänderungsvorbehalt enthalten. Das ist nur dann der Fall, wenn ein solcher dem Transparenzgebot des § 307 BGB entspricht:
BGH, Urt. v. 19.10.1999 - XI ZR 8/99 (NJW 2000, 651):
Einseitige Bestimmungsvorbehalte für Entgelte sind mit dem Transparenzgebot nur vereinbar, soweit sie bei unsicherer Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig sind sowie Anlaß, Richtlinien und Grenzen der Ausübung möglichst konkret angeben. Die konkrete Ausgestaltung der beanstandeten Klauseln verstößt unabhängig davon auch gegen das sich aus § 9 AGBG ergebende Transparenzgebot. Danach sind Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen.
Dazu gehört auch, daß Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (grundlegend: BGHZ 106, 42, 49 f.; 106, 259, 264 f.).
Deshalb verstoßen Anpassungsklauseln, die dem Verwender ein uneingeschränktes Änderungsrecht vorbehalten, ohne daß der Kunde vorhersehen kann, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang ihn höhere oder weitere Gebühren treffen, gegen das Transparenzgebot und sind unwirksam (BGHZ 136, 394, 402).
Auch einseitige Bestimmungsvorbehalte können nur hingenommen werden, soweit sie bei unsicherer Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig sind und den Anlaß, aus dem das Bestimmungsrecht entsteht, sowie die Richtlinien und Grenzen seiner Ausübung möglichst konkret angeben (Brandner, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz 8. Aufl. § 9 Rdn. 100).
Diesen Anforderungen genügen die angegriffenen Klauseln nicht. Sie betreffen nicht ungewisse Entwicklungen, sondern bekannte Tatbestände, die konkret geregelt werden können. BGH, Urt. v. 19.11.2002 - X ZR 243/01 = NJW 2003, 507, 508
unter II. 2 a):
Diese Regelung entspricht dem schon bisher in der Rechtsprechung anerkannten und nunmehr in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F. auch kodifizierten Grundsatz, daß es für die Wirksamkeit einer Preiserhöhungsklausel entscheidend darauf ankommt, daß der Vertragspartner des Verwenders den Umfang der auf ihn zukommenden Preissteigerungen bei Vertragsschluß aus der Formulierung der Klausel erkennen und die Berechtigung einer von dem Klauselverwender vorgenommenen Erhöhung an der Ermächtigungsklausel selbst messen kann (BGHZ 94, 335; BGH, Urt. v. 26.5.1986 - VIII ZR 218/85, NJW 1986, 3134).
BGH, Urt. v. 13.07.2004 - KZR 10/03 (WRP 2004, 1378 = GRUR 2005, 62) unter II. 6.:
Die Unangemessenheit der Klausel läßt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mit dem Argument ausräumen, eine einseitige Leistungsbestimmung habe gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen zu erfolgen und sei andernfalls unverbindlich.
§ 315 BGB scheidet als unmittelbare Rechtfertigung einer Klausel schon deshalb aus, weil die Vorschrift eine wirksame Anwendungsvereinbarung bereits voraussetzt und die Entscheidung über die Wirksamkeit der Vertragsklausel sich ausschließlich nach den Angemessenheitsmaßstäben des § 307 BGB, § 9 AGBG richtet (BGHZ 89, 206, 213).
Auch als inhaltliche Beschränkung des Anwendungsbereichs einer Klausel läßt sich der in § 315 BGB enthaltene Rechtsgedanke nicht verwerten, weil der weite Spielraum der Billigkeit nicht den an die Eingrenzung und Konkretisierung einer Formularbestimmung zu stellenden Anforderungen genügt (BGHZ 89 aaO).Der weite Spielraum der Billigkeit entspricht nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung demnach jedenfalls gerade nicht den Anforderungen an Begrenzung und Konkretisierung, die an einen Preisänderungsvorbehalt in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu stellen ist.BGH, Urt. v. 11.10.2007 – III ZR 63/07 vollkommen eindeutig:
Die von der Beklagten verwendete Anpassungsklausel unterliegt, soweit sie sich auf die Preise bezieht, als Preisnebenabrede gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB (vgl. st. Rspr. z.B. BGH, Urteil vom 21. September 2005 - VIII ZR 38/05 - NJW-RR 2005, 1717 m.w.N.).
In Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Preisanpassungsklauseln sind, insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen, wie dem Vertrag über die Gewährung des Zugangs zum Internet, zwar nicht grundsätzlich unwirksam.
Sie sind ein geeignetes und anerkanntes Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung bei langfristigen Lieferverträgen. Sie dienen dazu, einerseits dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher ihn belastender Kostensteigerungen zu sichern, und andererseits den Vertragspartner davor zu bewahren, dass der Verwender mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich schon bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht (BGH aaO; Urteile vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06 - NJW 2007, 1054, 1055 Rn. 20 und vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 36/06 - NJW 2007, 2540, 2542 Rn. 22 jew. m.w.N.).
Die Schranke des § 307 BGB wird allerdings nicht eingehalten, wenn die Preisanpassungsklausel es dem Verwender ermöglicht, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen (BGH Urteil vom 21. September 2005 aaO und Urteil vom 13. Dezember 2006 aaO Rn. 21 m.w.N.).
Dementsprechend sind Preisanpassungsklauseln nur zulässig, wenn die Befugnis des Verwenders zu Preisanhebungen von Kostenerhöhungen abhängig gemacht wird und die einzelnen Kostenelemente sowie deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises offen gelegt werden (vgl. BGH Urteil vom 21. September 2005 aaO und Urteil vom 13. Dezember 2006 aaO Rn. 23 ff).
Diesen Anforderungen wird die hier fragliche Klausel nicht gerecht. Abgesehen von dem unbestimmten Merkmal der Zumutbarkeit für den Kunden sind in ihr keine Voraussetzungen für die Preisanpassungsbefugnis der Beklagten aufgeführt. Insbesondere ist es nach dem Wortlaut der AGB-Bestimmung möglich, dass die Beklagte die ihr insoweit eingeräumte Berechtigung dazu nutzt, nicht nur gestiegene Kosten an ihre Kunden \"weiterzugeben\", sondern auch ihren Gewinn zu erhöhen.Auf die Bestimmungen in der AVBGasV, GasGVV kann dabei nicht verwiesen werden:
Wegen der gesetzlichen Versorgungspflicht gem. § 10 Abs. 1 EnWG war es dem Allgemeinversorger verwehrt, den bestehenden Tarifkundenvertrag anlässlich veränderter Kosten selbst zu kündigen. Deshalb war in § 4 AVBGasV ein Recht zur einseitigen Tarifänderung vorgesehen.
Noch deutlicher wird dies bei der Grundversorgungspflicht gem. § 36 EnWG:
Gem. § 20 Abs. 1 Satz 3 GasGVV darf der Grundversorger das Vertragsverhältnis selbst nicht durch ordnungsgemäße Kündigung beenden, so lange die gesetzliche Grundversorgungspflicht gem. § 36 EnWG besteht. Zudem muss es dem Grundversorger möglich sein, seinen Grundversorgungspreis als Angebot für Neukunden einseitig neu festzusetzen. Allein deshalb wird in § 5 Abs. 2 GasGVV ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt.
Der BGH hatte bereits mit Urteil vom 13.12.2006 – VIII ZR 25/06 entscheiden, dass ein Sonderkündigungsrecht nicht stets geeignet ist, den Nachteil intransparenter Preisvorbehaltsklauseln auszugleichen. Bei einem Sonderkündigungsrecht unter Verweis auf § 32 Abs. 2 AVBGasV sei ein solcher Ausgleich allein deshalb nicht gegeben, weil sich dieses Kündigungsrecht erst aus einem weiteren Klauselwerk ergibt und weil die Kündigung jedenfalls nicht vor Wirksamwerden der neuen Preise wirksam werden kann, der Kunde sich also nicht vor Inkrafttreten der neuen Preise aus dem Vertragsverhältnis lösen kann.
Auch der Kartellsenat des OLG Dresden kommt in seinem Urteil vom 11.12.2006 – U 1426/06 Kart ( RdE 2007, 58 ff.) zu der zutreffenden Einschätzung:
„Faktisch bietet ein Lösungsrecht den Letztverbrauchern keine echte Handlungsalternative, da ein praktisch handhabbares Durchleitungssystem für andere Anbieter der Gasversorgung nicht besteht und die Beklagte damit bei der Versorgung mit Erdgas weiterhin ein natürliches Monopol innehat.\"
Gibt es keinen wirksamen Preisänderungsvorbehalt im Vertag, so gibt es auch keinen
Rechtsgrund für Preisänderungen und diese sind somit
unwirksam, ohne dass es überhaupt auf die Billigkeit ankäme.
Nur
hilfsweise kann es dann noch um die Billigkeit der einseitig neu festgesetzten Gaspreise gehen. Und dabei muss darauf hingewiesen werden, dass anders als im Heilbronner Fall die einseitig festgesetzten Gaspreise insgesamt streitgegenständlich sind, zudem vor Ort gerade kein einheitlicher Wärmemarkt und auf einem solchen auch kein wirksamer Wettbewerb besteht, der die Gaspreise wirksam begrenzen könnte.
Und zudem muss man natürlich den gesamten Vortrag zur Entwicklung der Bezugskosten bestreiten und den Nachweis verlangen, dass etwaig gestiegene Bezugskosten nicht durch zwischenzeitliche Kostensenkungen bei anderen preisbildenden Faktoren vollständig kompensiert werden konnten. Aus den umfangreichen Unterlagen in der Anlage ergibt sich ein solcher Nachweis nicht. Beigefügt sind lauter Kopien unter anderem von Todesanzeigen aus der örtlichen Presse, aus denen man entnehmen kann, wer nun nicht mehr im Supermarkt einkaufen geht, aber eben nichts Essentielles.
Aber wenn es schon kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB im Vertragsverhältnis gibt, dann stellt sich auch nicht die Frage, ob ein solches gem. § 315 Abs. 3 BGB nach billigem Ermessen ausgeübt wurde.
Wenn man das alles nicht im Einzelfall abgeprüft hat und dann dem verklagten Verbraucher nach oberflächlicher Prüfung erklärt, er habe keine Chance und habe nun auch noch die Verfahrenskosten einschließlich der Anwaltskosten der Gegenseite, wie auch Verzugszinsen zu zahlen, dann kann einem eigentlich schon die Galle hochkommen.
Wenn Verbraucherinnen - ggf. nicht nur falsch blondiert- sich dann auch noch darüber freuen, dass der Anwalt für einen solchen Rat gar kein Honorar nehmen wollte, dann fällt einem dazu schlicht und ergreifend auch nichts mehr ein.
Es bedarf einer
genauen Prüfung in jedem Einzelfall. Die kostet - Zeit und Geld. Wenn der Anwalt die
Anlage K 1 schon nicht gesehen haben sollte, dann weiß man ggf., woran es ggf. lag.