Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Gilt § 315 auch bei neuem Anbieter ?  (Gelesen 4962 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline terminator3

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 128
  • Karma: +0/-0
Gilt § 315 auch bei neuem Anbieter ?
« am: 02. Oktober 2007, 19:15:23 »
Ich bin inzwischen umgezogen und habe meinen Anbieter gewechselt.

Bzw. ist es noch der \"Alte\" da dieser eine Tochtergesellschaft hat.

Die Frage kann ich meinen Strompreisprotest weiterführen gem § 315 ?

Ich muss jetzt natürlich einen neuen Vertrag abschließen und wesentlich höhere Preise bezahlen.  :evil:

Ich würde mich natürlich freuen, wenn das möglich ist... Ich denke jedoch nicht. Was sagen die Götter dazu ?

Gruss T3

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Gilt § 315 auch bei neuem Anbieter ?
« Antwort #1 am: 02. Oktober 2007, 19:58:19 »
@T3

Zunächst einmal bitte selbst überlegen, ob bei Vertragsabschluss ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart wurde und ob ggf. bei oder nach Vertragsabschluss ein solches vertraglich vereinbartes (ggf. gesetzliches) Bestimmungsrecht vom anderen Vertragsteil  ausgeübt wurde. Dann beantwortet sich die Frage ggf. von selbst. Ich würde mich auch freuen. Aber danach fragt doch keiner. ;)

Mal ehrlich:

Brauchen wir diesen Thread wirklich oder kann der gelöscht werden?

Offline energienetz

  • Administrator
  • Forenmitglied
  • *****
  • Beiträge: 352
  • Karma: +5/-3
  • Geschlecht: Männlich
    • http://www.energieverbraucher.de
Gilt § 315 auch bei neuem Anbieter ?
« Antwort #2 am: 03. Oktober 2007, 11:35:33 »
weil diese fragen offenbar sich für viele nicht von selbst beantworten...

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Gilt § 315 auch bei neuem Anbieter ?
« Antwort #3 am: 04. Oktober 2007, 13:19:28 »
@energienetz

Dann sollte ggf. das Basiswissen entsprechend überarbeitet werden. Dabei muss wohl die Unterscheidung zwischen einem gesetzlichen Preisänderungsrecht und dem für Preisänderungsvorbehalte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen geltenden Transparenzgebot des § 307 BGB akzentuierter herausgearbeitet werden.

Immer noch finden sich allzu pauschale Aussagen zum Kürzungsrecht gem. § 315 BGB, obschon bei Sonderverträgen nur ganz ausnahmesweise eine Billigkeitskontrolle stattfindet.

Eine Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB findet nur dort statt, wo bereits bei Vertragsabschluss vertraglich vereinbart wurde, dass der Lieferant die Höhe der Entgelte einseitig festlegen darf. Wo entsprechendes bei Vertragsabschluss nicht vereinbart wurde, fehlt es bereits an einem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB.

Grundsätzlich findet deshalb eine Billigkeitskontrolle nur in der Grundversorgung statt, vgl. § 17 Abs. 1 Satz 3 StromGVV/ GasGVV.

Man muss nun tunlichst weg von dem weit verbreiteten Irrglauben, sämtliche Gaspreise unterlägen der Billigkeitskontrolle genauso wie dem Irrgleuben, Gasversorger seien in jedem Falle zu einer Gaspreiserhöhung nach billigem Ermessen berechtigt.

Es wäre also zu begrüßen, wenn die öffentlichen Stellungnahmen hie und da endlich differenzierter würden.

Zuweilen könnte man zu der Auffassung gelangen, selbst die Gasversorger, die gerade noch klar wussten, dass § 315 BGB in ihrem konkreten Fall gar keine Anwendung findet, hätten bereits  die rechtliche  Orientierung verloren und meinten nun, es bestünde gar ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht. Da braucht es ganz klare Ansagen.

Offline AKW NEE

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 913
  • Karma: +0/-0
    • http://www.villa-13.de
Gilt § 315 auch bei neuem Anbieter ?
« Antwort #4 am: 13. Oktober 2007, 12:17:42 »
Hallo und guten Tag,
wenn ich T3 richtig verstehe geht es hier um Strom. Auch hier unterscheiden wir natürlich zwischen Grundversorgung und Sondervertrag.

Die Frage, ob durch den Umzug ein neues Vertragsverhältniss entsteht, und ob die Preise aus dem alten Vertrag bzw. Einspruch übernommen werden können?

Ich glaube, dass hier ein neuer Vertrag, mit einem neuen Unternehmen entsteht, auch wenn es ein Tochterunternehmen ist. Bei einem neuen Vertrag muss auch ein neuer Einspruch erfolgen, wobei die Zahlen des alten Vertrages nicht übernommen werden können.

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Gilt § 315 auch bei neuem Anbieter ?
« Antwort #5 am: 14. Oktober 2007, 15:45:04 »
@AKW NEE

Ich würde eher die Frage beantwortet wissen wollen, warum man mit einem Unternehmen einen Sonderabkommen ohne einseitiges Preisänderungsrecht  zu bereits bekannten Preisen abschließt, wenn man mit diesen Preisen gar nicht einverstanden ist, einen solchen Vertrag also eigentlich gar nicht abschließen will. Das scheint doch irgendwie unlogisch zu sein. Wenn man einen solchen Vertrag nicht will, dann lässt man es eben.

Worin man bei einem solchen Sonderabkommen ein vertraglich vereinbartes einseitiges  Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB sehen will, welches nach § 315 Abs. 2 BGB ausgeübt wird und dessen Ausübung man gem. § 315 Abs. 3 BGB überprüfen lassen kann, bleibt schleierhaft.

Offline AKW NEE

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 913
  • Karma: +0/-0
    • http://www.villa-13.de
Gilt § 315 auch bei neuem Anbieter ?
« Antwort #6 am: 15. Oktober 2007, 08:18:47 »
@ RR-E-ft

Eine gute Frage, die nur @ terminator3 beantworten kann.

Offline terminator3

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 128
  • Karma: +0/-0
Gilt § 315 auch bei neuem Anbieter ?
« Antwort #7 am: 16. Oktober 2007, 00:57:16 »
@RA. Hier mal ein bischen Manöver Kritik: Nicht jeder hier im Forum ließt jeden Tag tausende von Threads oder hat die Zeit dafür....im übrigen hatte ich das gleiche Thema noch nicht direkt gefunden...

Deshalb, wie bereits Herr Peters meint....

Zurück zum Thema: Es geht natürlich um eine Grundversorgung und hier sind die Preise ja wohl einseitig festgelegt oder hatte ich hier ein Mitbestimmungsrecht ?

Es geht darum beim gleichen Versorger, auch wenn es die Tochter ist evtl. den § 315 anzuwenden, auch wenn ich umgezogen bin und auch wenn ich die neuen Preise erst einmal vorgesetzt bekomme, so kann ich doch, wenn ich den BGH richtig verstanden habe den § 315 anwenden, wenn die Preise unbillig sind und die Kalkulation nicht nachgewiesen wird.

Es geht mir grundsätzlich erst einmal um das Recht den § 315 anzuwenden.

Den alten Preis werde ich nicht mehr zahlen können, da in der Zwischenzeit der alte Vertrag ausgelaufen ist und ich denke nicht das man auch auf frühere Widersprüche noch ein Recht hat, wenn man in der Zwischenzeit kein Kunde war.

Des weiteren hat heute wieder die EOn die nächste Preisrunde eingeläutet und wird wieder deutlich seine Preise erhöhen.

Gruß T3

Offline AKW NEE

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 913
  • Karma: +0/-0
    • http://www.villa-13.de
Gilt § 315 auch bei neuem Anbieter ?
« Antwort #8 am: 16. Oktober 2007, 08:00:49 »
Auch wenn ich nicht @ RR-E-ft bin!

Bei jeder Vertragsverhätnis in der Grundversorgung können Sie natürlich den Einwand nach § 315 BGB erheben.

Der Vertrag entsteht durch Abnahme des Gases, der Zeitpunkt hierfür ist das Ende des Sondervertrages. Sie haben dann einen neuen Vertrag in der Grundversorgung, da Sie auch einen neuen Lieferanten haben, egal wessen Tochter es ist. Der alte Preis aus der Grundversorgung mit der Mutter ist nicht anzuwenden.

Ich glaube das Ganze war ein Eigentor.

Offline Thomas S.

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 214
  • Karma: +0/-0
Gilt § 315 auch bei neuem Anbieter ?
« Antwort #9 am: 16. Oktober 2007, 14:33:36 »
@ terminator3

Wenn Sie nach dem Umzug in der Grundversorgung geblieben sind und keinen Sondervertrag abgeschlossen haben, dann können Sie wieder §315 einwenden - nur dann. Das geht aus Ihrer Schilderung nicht so klar hervor.

Ob der neue Anbieter eine Tochter hat oder ist oder ob er sogar der alte Anbieter ist, spielt keine Rolle.

Der Altanbieter kann seine Forderungen bis zur Verjährung immer noch einklagen, also Rückstellungen tunlichst beibehalten.

Haben Sie bereits einen Sondervertrag unterschrieben, ist das auch nach einer Kündigung dieses Vertrages durch Sie und Rückfall in die Grundversorgung so eine Sache. Es kann ihnen nachteilig ausgelegt werden, wenn Sie dann (erst) §315 einwenden.

Gruß Thomas S.

Offline terminator3

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 128
  • Karma: +0/-0
Gilt § 315 auch bei neuem Anbieter ?
« Antwort #10 am: 16. Oktober 2007, 17:13:55 »
@AKW NEE. Warum sollte diese Vorgehensweise ein Eigentor sein ??

Fakt ist das ich mit der Abnahme des Stromes beim gleichen Anbieter wieder einen Grundversorgungsvertrag habe. Ganz gleich ob ich einen Vertrag erst später oder gar nicht unterschreibe.

Auch der alte Vertrag war ein Grundversorgungsvertrag und kein Sondervertrag. Auch damals hatte ich mit der Abnahme des Stromes aus dem Netz einen Grundversorgungsvertrag geschlossen.

Ich denke daher das Thomas recht hat und ich weiter Einwand gem. § 315 erheben kann.

@thomas: Danke für die Erläuterungen ! :))

Offline Thomas S.

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 214
  • Karma: +0/-0
Gilt § 315 auch bei neuem Anbieter ?
« Antwort #11 am: 16. Oktober 2007, 22:27:09 »
Das ergibt sich aus der gültigen GVV:

xxxxGVV § 17 Zahlung, Verzug
(1) Rechnungen und Abschläge werden zu dem vom Grundversorger angegebenen Zeitpunkt,
frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der Zahlungsaufforderung fällig. Einwände
gegen Rechnungen und Abschlagsberechnungen berechtigen gegenüber dem Grundversorger

zum Zahlungsaufschub oder zur Zahlungsverweigerung nur,
1. soweit die ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers besteht
oder
2.
sofern
a) der in einer Rechnung angegebene Verbrauch ohne ersichtlichen Grund
mehr als doppelt so hoch wie der vergleichbare Verbrauch im vorherigen
Abrechnungszeitraum ist und
b) der Kunde eine Nachprüfung der Messeinrichtung verlangt
und solange durch die Nachprüfung nicht die ordnungsgemäße Funktion des
Messgeräts festgestellt ist.
§ 315 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bleibt von Satz 2 unberührt.
[...]


Man muß dieses \"Gewurschtel\" nur \"richtig\" lesen  ;) und nicht unbedingt RA sein. Empfehle diesen dann trotzdem, wenn der Versorger anfängt zu spinnen... :D

Offline Cremer

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 5.185
  • Karma: +2/-0
  • Geschlecht: Männlich
    • http://www.cremer-kreuznach.de
Gilt § 315 auch bei neuem Anbieter ?
« Antwort #12 am: 16. Oktober 2007, 23:19:37 »
@Thomas S.

Lesen Sie mal die Kommentierungen zu GasGVV und StromGVV in der Bundesratsvorlage 306 vom letzten Jahr :D
MFG
Gerd Cremer
BIFEP e.V.

info@bifep-kh.de
www.bifep-kh.de
gerd@cremer-kreuznach.de

Offline AKW NEE

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 913
  • Karma: +0/-0
    • http://www.villa-13.de
Gilt § 315 auch bei neuem Anbieter ?
« Antwort #13 am: 17. Oktober 2007, 08:18:30 »
Sie können natürlich machen was Sie wollen.

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, hatten Sie:

1. einen Liefervertrag in der Grundversorgung, dieser wurde durch Umzug in ein neues Grundversorgungsgebiet beendet.

2. Im neuen Grundversorgungsgebiet haben sie einen neuen Versorger. Auch hier wie im waren Leben können Töchter nur Verträge abschließen, wenn Sie voll geschäftsfähig und damit eigenständig sind. Hier haben Sie einen Sondervertrag abgeschlossen.

Sie wollen nun den Sondervertrag kündigen und kommen, wenn Sie keinen anderen schriftlichen Vertrag abschließen, automatisch in die Grundversorgung des dortigen Anbieters. Natürlich können Sie gegen diesen neuen Vertrag in der Grundversorgung nach § 315 BGB vorgehen.

Offline Thomas S.

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 214
  • Karma: +0/-0
Gilt § 315 auch bei neuem Anbieter ?
« Antwort #14 am: 17. Oktober 2007, 10:40:39 »
Zitat
Original von Cremer
@Thomas S.

Lesen Sie mal die Kommentierungen zu GasGVV und StromGVV in der Bundesratsvorlage 306 vom letzten Jahr :D

Danke, habe ich gemacht und gebe ich hier mal wieder.  ;)

Quelle

\"Drucksache 306/06 (Beschluss), Seite 4

6. Zu Artikel 1 (§ 17 Abs. 1 Satz 3 StromGVV)

In Artikel 1 ist § 17 Abs. 1 Satz 3 wie folgt zu fassen:
\"§ 315 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bleibt von Satz 2 unberührt.\"

Begründung:
Der Einwendungsausschluss nach § 17 Abs. 1 Satz 2 StromGVV soll nach der
Begründung der Verordnung zu den §§ 17 und 19 StromGVV nicht die Fälle
des § 315 BGB erfassen. Die sprachlich veränderte Fassung soll diesen
Regelungszweck für alle Rechtsanwender unmissverständlich klarstellen. Ein
Einwand nach § 315 BGB bleibt danach von § 17 StromGVV unberührt. Mit
der Regelung soll die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom
30. April 2003 (VIII ZR 279/02, S. 8 f.) zu der Auslegung der entsprechenden
Regelung des § 30 Nr. 1 AVBWasserV klarstellend aufgenommen werden.\"


Sehr schön.

Gruß Thomas S.

 

Bund der Energieverbraucher e.V. | Impressum & Datenschutz