@Nomos
Soweit ich es verstanden habe, soll die Deckung für den Haftungsfall von bisher 2,5 Mrd. EUR erhöht werden, weil die Summe im Falle eines Falles vorne und hinten nicht ausreicht.
Durch die Internalisierung der Versicherungskosten verteuert sich der Atomstrom, die Marge der Atomstromer sinkt, zugleich sinkt die Belastung des Staates aus Steuermitteln im Falle eines Falles. (Der Schaden, der nicht von der Versicherung gedeckt ist, wäre vom Staat zu tragen).
Die Verteuerung ist jedoch bei merit-order- Preisbildung an der EEX vernachlässigbar, weil sowieso immer das letzte, sog. Grenzkraftwerk den Preis bestimmt, regelmäßig ein Kohle- oder Gaskraftwerk. Der Preis an der Börse ist deshalb durch die Kosten der Atomstromerzeugung unbeeinflusst, so lange diese Kosten nicht höher liegen als die Stromerzeugungskosten eines Kohle- oder Gaskraftwerkes (wenig vorstellbar).
Nur darum geht es.
Eine völlig andere Frage sind die steuerfreien Rückstellungen in Höhe von 30 Mrd. EUR für den Rückbau.
Die wollte der Staat ursprünglich unter Kuratell nehmen, damit sie nicht auf einer Einkaufstour der Konzerne verloren gehen. Die Konzerne haben diese Milliarden derzeit zur freien Verfügung und haben dadurch einen Vorteil gegenüber anderen Investoren, sei es bei Kraftwerksinvestitionen, sei es bei Finanzinvestitionen (Anteile an anderen Energieversorgern).
Jedoch gibt es dazu wohl eine konkrete Vereinbarung im sog. Atomkonsens, der es ausschließt, dass der Staat diesen Milliardenbetrag unter Kuratell sicherstellt.
Der vollständige Wortlaut des seinerzeit umfassend eingefädelten Deals zwischen der rot-grünen Bundesregierung und den Stromkonzernen ist vertraulich.
Es handelt sich jedoch wohl um eine klare Ansage, dass im Falle der Aufkündigung des Deals unter anderem auch dieser Punkt wieder offen steht. Es geht zum einen um die Sicherstellung des Betrages. In der Diskussion war seinerzeit jedoch auch, dass diese Rückstellungen zu versteuern sind. Man hatte die Konzerne von der Besteuerung dieser Milliardenbeträge freigestellt und sie so entlastet.
In dem Deal soll wohl auch enthalten sein, dass man es mit den Sicherheitsanforderungen an die alten Meiler, für ihre ablaufenden Betriebsdauern nicht mehr so genau nimmt, wie man es bei Neuanlagen nehmen würde. Verwaltungstechnisch ging es wohl um den Bestandsschutz für die erteilten Betriebsgenehmigungen.
Nicht, dass es falsch verstanden wird:
Die Sicherheitsstandards wurden auf den bei Vertragsabschluss geltenden Gesetzesstand eingefroren, so dass später keine Verschärfung der Sicherheitsstandards eintreten konnte. Bei der Biblis- Nachrüstung wurde für die Betriebsgenehmigung
darauf angemessen Rücksicht genommen, dass die Betriebsdauer durch die vereinbarte Restlaufzeit befristet ist. Hätte es diese Befristigung der Betriebsgenehmigung nicht gegeben, hätte man also wohl höhere Anforderungen an eine Betriebserlaubnis nach einer Nachrüstung gestellt.
Es handelte sich also um einen klassischen Kompromiss.
Wenn der Deal nicht mehr gilt, würden also wohl auch in Punkto Sicherheit teils andere Maßstäbe gelten mit der möglichen Folge, dass einzelne Meiler ihre im Atomkonsens vereinbarte restliche Betriebsdauer ohne umfassende Nachrüstung nicht erreichen, sondern vom Netz genommen werden müssen, bis sie durch eine sicherheitstechnische Nachrüstung ertüchtigt sind und dem jetzt aktuellen Sicherheitsstandard entsprechen, der sich seit 2000 weiterentwickelt hat.
Der Nachteil eines Deals wird also offenbar. Deshalb wurde er von einigen auch als Kuhhandel kritisiert. Rot-Grün hatte jedoch das Ziel des endgültigen Ausstiegs vor Augen und nahm zur Erreichung dieses Ziels wohl einiges in Kauf.
Beide Seiten des Deals hatten also gehörige Kröten zu schlucken. Die Atomwirtschaft hoffte von Bundestagswahl zu Bundestagswahl darauf, dass der Wind sich wieder dreht und es dann mit der Atomkraft munter weiter gehen kann.
Heute haben die Stromkonzerne erfahren, dass sie sich bis 2009 gedulden müssen, mit der jetzigen Koalition kein Ausstieg aus dem Ausstieg zu machen sei. Ob nach 2009 eine der Stromwirtschaft gefälligere Koalition ans Ruder kommt, entscheidet der Wähler.
Derweil tuckern die alten Atommeiler weiter ihre im Deal vereinbarten Restlaufzeiten ab und damit unaufhaltsam dem Abschalttermin entgegen oder auch nicht, weil sie etwa wegen Störungen vom Netz genommen wurden.
AtomkonsensWegen der Preisbildung an der EEX nutzen geringe Stromerzeugungskosten alter abgeschriebener Atommeiler nur den Konzernen. Für die Endkunden wird der Strom dadurch nicht billiger. So lange die alten, abgeschriebenen Meiler jedoch hochprofitabel Strom produzieren, besteht kein Anreiz in neue, moderne Kraftwerke zu investieren.
Also muss man dafür Sorge tragen, dass der Atomstrom nicht mehr ganz so hochprofitabel ist. Dies erreicht man, in dem man dessen Erzeugungskosten nach oben treibt und sei es durch die Erhöhung der Deckungssummen bei der Haftpflichtversicherung und den Kosten der Versicherungsprämien.
Wegen des bestehenden Deals kann nur so ein ökonomischer Hebel angesetzt werden.
Nochmals:
Durch die Verteuerung des Atomstroms ändert sich aufgrund der Strompreisbildung an der EEX der Endkundenpreis nicht.
Ebenso wie die Endkundenpreise heute aufgrund der geringen Stromerzeugungskosten in längst abgeschriebenen Atommeilern nicht besonders niedrig sind.
Wenn Sie jedoch ganz genau wissen möchten, was Frau Höhn möchte, so können Sie sich direkt an diese wenden.
Kontakt MdB Bärbel Höhn