@Free Energy
Entscheidend ist hier meines Erachtens, dass die Preisvereinbarung nicht individuell ausgehandelt wird.
Das ist natürlich zuerst einmal verwirrend, weil es sich ja mit hoher Wahrscheinlichkeit um einen Sondervertrag handelt (wie ja @RuRo schon ausgeführt hat) und wir gelernt haben, dass bei einem Sondervertrag der § 315 eben regelmäßig nicht zur Anwendung kommt.
Dies hier ist ein Ausnahmefall - keine Regel ohne Ausnahme.
Ich war beim ersten Durchlesen des Urteils des OLG Karlsruhe 7 U 194/04 [7-U-194-04] auch etwas verblüfft, dass tatsächlich für einen Sondervertrag der § 315 angewendet wurde. Meines Erachtens handelt es sich bei Ihnen um einen absolut vergleichbaren Fall.
Bitte schauen Sie sich mal das Urteil des OLG Karlsruhe 7 U 194/04 vom 28.06.2006 an. Dort den Punkt II.1.c. Hier ein Auszug:
... Die Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB scheidet entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht deshalb aus, weil die Preisvereinbarung individuell ausge-handelt wurde oder individuell hätte ausgehandelt werden können. Es mag zwar zutreffen, dass die Beklagte als Energiedienstleistungsunternehmen ein Sonder-vertragskunde war. Die Möglichkeit über die Preiskonditionen zu verhandeln be-standen aber weder für die Beklagte beim Vertragseintritt noch für die früheren Vertragspartner (*.* GmbH und *.* GmbH), wie sich aus den zwischenzeitlich vor-gelegten Normsonderverträgen ergibt. Vielmehr gewährte die Klägerin Abneh-mern mit einer jährlichen Liefermenge ab *.* kWh einen Rabatt von 5 % auf den allgemeinen Erdgastarif 2 (Anl. K9). Dieser Tarif wurde aber einseitig von der Klägerin festgesetzt und verändert wie ein Vergleich der Entgelte ab 01.05.2002 und ab 01.01.2003 (Anl. K 5 und K 6) belegt. Gegen die Verhandlungsbereit-schaft der Klägerin spricht auch ihr erstinstanzliches Vorbringen. Dort räumt sie selbst ein, dass Leistung und Gegenleistung der Erstlieferungsverträge nicht indi-viduell, sondern generell bestimmt waren und spricht von Preisvorgabe - allge-meiner Tarif abzüglich 5 % Rabatt - der nicht zur Disposition gestellt werden konnte. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Beklagte freiwillig in die bestehenden Verträge eingetreten ist und bei Vertragseintritt keinen Vorbehalt hinsichtlich der Entgeltbestimmung erklärt hat (BGHZ 164, 336, 339 ff.)...[/list:u]
@all ........ (:wink: an eislud)
Jeder
Sondervertragskunde sollte sich m.E. zunächst einmal seinen
1. Vertrag und2. die Anworten der EVU auf den Widerspruchganz genau ansehen!
(ggf. alle Unterlagen in Kopie vom Versorger anfordern)
Und zwar aus unterschiedlichen Gründen!
Die roten Markierungen im Beitrag von eislud sind von mir und nach
meiner Meinung absolut wichtig.
Eine generelle Aussage, wie denn nun mit §315
und §307 zu argumentieren ist, kann man nämlich nicht für alle Fälle treffen, es kommt ganz entscheidend auf den Einzelfall an.
Daher ist eine "offizielle" Rechtsberatung auch oftmals durchaus sinnvoll.
Wie von Herrn Fricke des Öfteren empfohlen :wink:
Definitv falsch ist aber eine Aussage, nach der § 315 bei Sondervertragskunden
generell nicht zur Anwendung kommt!
(siehe Ausgangsbeitrag - im Vgl. mit OLG Karlsruhe)
Zunächst heisst es ja lt. BGB zu
315 "Bestimmung der Leistung durch eine Partei"Dann folgt
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.Soll sie aber nicht, weil der Abschluss eines SV und Preisänderungsklauseln in denselben sonst wohl auch wenig Sinn machen würden. Ergo fehlende Berechtigung.
Dann folgt
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.Und dieser Satz könnte sich als
gesicherte Handgranate erweisen, die der Versorger dem Kunden
unbeabsichtigt an den Kopf geworfen hat und dieser jetzt nur noch
entsichern und
zurück ins gegnerische Feld werfen muss!
siehe noch einmal die Beiträge von RR-E-ft :wink:
ARD Ratgeber Recht: Gasrebellen auf der sicheren SeiteDeshalb eingangs die Aufforderung, sich auch die Antworten der Versorger noch einmal genau anzusehen.
Wie Herr Fricke es schon auf den Punkt brachte: Viele Versorger wissen inzwischen schon selbst nicht mehr, welcher Art denn der Vertrag nun ist.
Noch besser ist aber, dass sie sich auch nach dem ersten Widerspruch überhaupt nicht die Mühe machen das herauszufinden
bevor sie antworten.
Deshalb findet man in den Antworten und Textbausteinen die üblichen Verdächtigen: Ölpreisbindung ...
Fazit: Das EVU trägt mächtig dazu bei, die Unsicherheit Bin ich? oder bin ich nicht? SV-Kunde zu verstärken.
Man kann aber auch Munition folgender Art finden:
Sie, als Haushaltskunde, dagegen werden zu Preisen beliefert, die einseitig durch uns bestimmt werdenneben den Bedingungen aus diesem Vertrag geltenM.E. ist das Verhalten seitens des EVU in solchen Fällen grob fahrlässig, beruht auf mangelnder Sorgfalt und stellt eine Täuschung durch Falschangaben dar, die sich z.B auf Verjährungsansprüche bei Rückforderungen auswirken könnte?
Schliesslich wird der Verbraucher durch Falschangaben davon abgehalten bzw. gezwungen
1. die rechtmäßig geschuldete Leistung zu erbringen, da er diese gar nicht kennt
2. hohe Überzahlungen zu leisten, an denen sich das EVU ungerechtfertigt bereichert
2. seine Rückforderung zeitlich genug geltend zu machen und auch durch die Verjährungsfrist einen noch höheren Schaden erleidet, als er ohnehin schon bestand
Es wäre interessant, zu diesen Hypothesen einmal eine fundierte Meinung unserer Rechtsexperten zu erhalten.
zurück zu 315:
1. Viele Verbraucher (z.B. Hausbesitzer, womöglich sogar auch noch als Eigentümergemeinschaft) sind in
bereits bestehende Versorger
sonderverträge
eingetreten, d.h. sie haben selbst
keine Unterschriften geleistet und hatten auch
keine Möglichkeit der Einflussnahme auf den Vertrag.
(wir erinnern uns:
zweiseitige Willenserklärung)
Beispiel:
Ein Bauträger schliesst den Sondervertrag mit dem EVU.
In den
vorformulierten Sonderbedingungen sind die Preise benannt, d.h.
auch der Bauträger hatte keine Möglichkeit diese Preise
individuell zu vereinbaren.
Zudem ist der Vertrag während der ersten 10 J. unkündbar. (Bedingung).
Nun wird das fertiggestellte Haus schlüsselfertig,
inklusive Gasanschluss, innerhalb der erwähnten 10 Jahre verkauft.
Der Käufer hatte somit
weder Einfluss auf die Art der Energieversorgung,
noch auf den Vertrag des Bauträgers mit dem EVU, ist aber mit dem Hauskauf in dessen bestehenden Vertrag
eingetreten.
§315 kommt zur Anwendung. (vgl. OLG Karlsruhe)
2. Weiterhin sind die Preisänderungsklauseln in den vorformulierten Sonderbedingungen gem. §307 unwirksam.
In meinem o.g. Bespiel kommen also
sowohl 315
als auch 307 in Betracht.
3. Nun stellt sich dem Verbraucher/Hauskäufer die Frage, welche Leistung
geschuldet ist.
Nach der Anwendung von 315 zunächst einmal keine, da die Forderung dann
insgesamt unverbindlich wäre.
Da
aber auch 307 greift
und die Preise in den Sonderbedingungen benannt sind und in einen bestehenden Vertrag eingetreten wurde, kann nur bis zu den in den Sonderbedingungen benannten Preisen gekürzt werden.
Dabei ist es m.E. völlig unerheblich, wann der Vertrag geschlossen bzw. übernommen wurde bzw. wann Widerspruch eingelegt wurde.
Wichtig ist nur, dass eine entsprechende Kürzung
nach Widerspruch vorgenommen wird.
Entscheidend ist m.E., dass einerseits keine Möglichkeit der Einflussnahme vorlag, also 315 , und andererseits die Preisänderungsklauseln unwirksam sind, also 307.
Wenn also, wieder beispielsweise, 1990 der Vertrag mit dem Bauträger geschlossen wurde und 1991 der Eintritt in den bestehenden Vertrag erfolgte und 2004 Widerspruch eingelegt wurde, sind die in den Sonderbedingungen benannten Preise von 1990 massgeblich.
Egal wann der Widerspruch erfolgte, aber erst danach wird gekürzt.
Und
zurück gefordert, aber d a s Thema ist wieder ein anderes :wink:
Allen SV-Kunden seien daher die von Herrn Fricke kommentierten Urteile des OLG Karlsruhe und LG Bonn noch einmal ans Herz gelegt!
Diese Frage von Free Energy habe ich aber zugegebenermaßen überhaupt nicht verstanden!:
"
Angenommen er war schon 2004 Sondervertragskunde, kann er dann auch nur auf die Sondervertragspreise 2004 kürzen, oder auch auf die Tarifkundenpreise aus 2004 ? "
Eigentlich sind die Sonderpreise doch immer
günstiger als die Tarifpreise,das liegt doch in der Natur der Sache.
Der Meinung von eislud schliesse ich mich aus vollstem Herzen an:
Das spiegelt natürlich alles nur meine persönliche Meinung wieder und ich bin auch nur einer von den Laien, die ihr vielfach nicht sachkundiges Wissen, ähh Unwissen, unter die Leute bringen.