Energiepreis-Protest > Bundesweit / Länderübergreifend

Es gibt auch andere Argumente und Meinungen

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Hennessy:
Qualitativ ohne weiters möglich:

1. der Einstandspreis nach BAFA ist ein Gesamtpreis für die Versorgung von Kraftwerken, Industrie, Gewerbe und Haushalten. Das dieser Preis nicht für die Versorgungsstruktur eines Einfamilienhauses im Winter gilt, dürfte offensichtlich sein

2. Erdgassteuer = 0,55 Ct./kWh

3. Transport im Hochdrucknetz (Netznutzung inkl. Marge/Eigenkapitalverzinsung)

4. Transport im Verteilnetz (Netznutzung inklusive Konzessionsabgabe an die Kommune und  Marge/Eigenkapitalverzinsung)

Die Kosten der Stufen 3. und 4. muss man sich je nach Transportweg zusammenrechnen - die entsprechenden Netznutzungsentgelte sind von den einzelnen Unternehmen im Internet veröffentlicht.

Nach Verabschiedung des neuen Energiewirtschaftgesetzes und der dazugehörigen Verordnungen, wird ie Errechnung von 3. und 4. deutlich einfacher.

Problematisch ist der Punkt 1 - wie bekomme ich hier einen Preis für das Verbrauchsverhalten im Einfamilienhaus: im Winter viel - im Sommer so gut wie nix! Dann kommt die Steuer und zweimal ein teures Leistungsnetz mit einer Marge bzw. einem Zinsfaktor auf das eingesetzte Kapital. Wenn ich das Gas kaufe, kommt vom Händler alles auf einmal - was mache ich damit bis ich es im Winter brauche? Habe ich einen Speicher (Zusatzkosten!)?

Die Erdgastankstelle als Abfüllstation habe ich mal weggelassen, da der Transport von 200bar-Druckbehältern nicht ganz praktikabel ist. Außerdem kommt die Erdgastankstelle auch nochmal mit 200.000 €uros als Investition obendrauf. Aber wenn ich die Netze nutze, kann ich bis zum Haus durchleiten,  da die Nutzung des Endverteilernetzes pauschal bezahlt wird, ist es unabhängig von der Weglänge.

Hilft das weiter?

heinbloed:
Da es keinen gerechten Preis im Wettbewerb gibt(vergl.Beitraege v.Hennessy) stellt sich die Frage nach dem ungerechten PreisWie hoch muss der Preiss von Erdgas sein um saemtliche verursachten Kosten darzustellen?
Auf den ungerechten Preis von anderen Energietragern kommen wir spaeter....
Bei der Kalkulation dieses ungerechten-aber doch kalkulierbaren- Preises muesste ja eine Zahl zur Verfuegung stehen,oder hat hier keiner einen Gedanken dran verschwendet?

RR-E-ft:
Die Frage, ob es einen \"gerechten\" Preis für ein Gut gibt, ist mehr ein philosophischer.

Hergeleitet aus der Verpflichtung aus § 1 Energiewirtschaftsgesetz zur preisgünstigen, d. h. so billig wie möglichen Versorgung mit leitungsgebundener Energie ergibt sich, dass der eigene Gewinn, die Marge nicht sehr hoch sein darf. Ich würde allenfalls 7 % für angemessen erachten.

Und die Frage die sich dabei stellt ist die nach den tasächlich zu deckenden Kosten.

Jedoch sieht das Versorgungsunternehmen auf der letzten Stufe diese Kosten bisher auch nicht, weil ja schon der Vorlieferant ein Geheimnis daraus macht, welche Kosten er mit seinen Preisen abzudecken hat.

Es bedarf einfach einer größeren Transparenz in Bezug auf die Preise.

So sollten \"Steuern und Abgaben\" am Preis wie auch die Durchleitungsgebühren/ Netznutzungsentgelte gesondert aufgeführt werden. Dann würde schon vieles transparenter.

Und auch eine Strategie, nach der Liberalisierung durch drastische Erhöhung der Netznutzungsentgelte den Wettbewerb zu behindern, wie sie wohl auf dem Strommarkt zu verzeichen ist, wäre dann für den Kunden erkennbar.


Der Kunde könnte auch ganz klar ausmachen, wieviel das Gas selbst an seinem Preis ausmacht, also ohne die Netznutzung und ohne Steuern...

Dann wäre dem Kunden selbst bei Ölpreisbindung die jetzige Preisrunde viel einfacher nachvollziehbar zu erklären.

Um diese Transparenz geht es, die schlussendlich auch im Interesse der Versorger liegen muss, weil diese Akzeptanz für die Preise schafft und   zudem die Versorger nicht immer komplett \"die Hose runter lassen\" müssen.

Denn die Netznutzung hat sich doch durch die Ölpreisbindung nicht verteuert. Oder gibt es da auch noch Preisformeln?

@Hennessy

Vielen Dank für die Erklärung zu meinem Gedankenspiel.
 
Was, wenn ich einen Tanklastzug hätte, diesen für den Transport und als Speicher benutze und deshalb ab deutscher Grenze ohne das Netz auskommen könnte?


Freundliche Grüße
aus Jena


Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Hennessy:
Nochmal: Erdgas hat durch die Bindung an Heizöl keinen Kosten- sondern einen anlegbaren Marktpreis!!!!

Das Prinzip ist doch einfach: Der Preis von Erdgas richtet sich nach einer vergleichbaren Leistung am Markt  und die wird durch Heizöl abgebildet.

Das wird sich übrigens auch in den zu erwartenden Urteilen bzgl. 315 BGB bei Bewertung der Billigkeit widerspiegeln.

@RR-E-ft
Ohne Netze, d.h. unter Vernachlässigung von Mrd.€uros an Investitionen und Konzessionsabgaben etc., wird es mir zu hypothetisch. Der Schlüsssel zum Verständnis der Preise steht oben, natürlich nicht der Schlüssel zur Akzeptanz.

Gruß

RR-E-ft:
@Hennessy

Das ist genau – nicht nur aus meiner Sicht – der Systemfehler, den sich eine ganze Branche leistet:

§ 1 Energiewirtschaftsgesetz verlangt eine preiswürdige Versorgung mit leitungsgebundener Energie, d. h. Leistungserbringung so billig wie möglich.


Dieses Kriterium der Billigkeit, nicht im Sinne von § 315 BGB, sondern im Sinne von § 1 Energiewirtschaftsgesetz kann nur erfüllt werden, wenn sich die Preise an den tatsächlichen Kosten der Leistungserbringung orientieren.

Im Strombereich gibt es diese Kostenorientierung auch bereits, jedoch wird auch dabei nicht auf die tatsächlichen, sondern oftmals auf kalkulatorische Kosten abgestellt.

Streitpunkt sind dabei gerade die Kalkulationsgrundlagen für die Netznutzungsentgelte, die z.B. oftmals kalkulatorische Wagniszuschläge enthalten, obschon auch Kosten schon Kosten von Risikoversicherungen eingerechnet werden (Fall TEAG im Bundeskartellamtsverfahren).

Die Preisfindungsprinzipien für die Netznutzungsentgelte gem. Anlage 5 der bisherigen  sog. Verbändevereinbarung Strom II plus sind deshalb ungeeignet und dürfen aus meiner Sicht nicht in das jetzige Gesetzgebungsverfahren übernommen werden. Der Gesetzgeber muss den Ordnungsrahmen neu vorgeben.

Wegen der Wesentlichkeitsgarantie des Grundgesetzes darf  dies auch nicht dem Verordnungsgeber überlassen bleiben, der versucht sein könnte, bei der Energiewirtschaft einfach abzuschreiben. Letztere Besorgnis kommt nicht von ungefähr.

Immerhin hat ja in letzter Zeit ein reger personeller Austausch aus dem Bundeswirtschaftsministerium in die Energiewirtschaft stattgefunden. Allein durch Stromdeputate wird heute ersichtlich, welche freigestellten EVU- Mitarbeiter an entscheidender Stelle im Politikbetrieb mittun.  Zum Zustandekommen der vorgenannten Verbändevereinbarung gibt es einen interessanten Beitrag in „Die Zeit“ vom 08.03.2003 (online verfügbar).    

Wegen der Kostenorientiertheit im Strombereich werden die höheren Gaspreise dort bei den Preisgenehmigungsverfahren als höhere Brennstoffeinsatzkosten zu berücksichtigen sein. Hoffentlich fällt die Mineralölsteuerbefreiung für Erdgas in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen ab 01.01.2005 dabei nicht unter den Tisch.

Im sogenannten  K- Bogen werden diese Kosten einfach „en bloc“ aufgeführt, ohne dass grundsätzlich nach der Berechtigung dieser Kosten gefragt wird. Auch dieses Verfahren wird zu ändern sein.


Die Erdölwirtschaft hat die Erdgasfelder erschlossen und natürlich kein Interesse an der Konkurrenz des Erdgases zum Erdöl, deshalb wohl die Preisbindung. Zwingend ist diese Kopplung nicht und über die Erklärung des Widerspruches zur BAFA- Statistik darf man gespannt sein.
 
Das Prinzip des „Anlegepreises“ ist deshalb nach meiner Auffassung beim Erdgas nicht geeignet.

Es verhindert schon den Wettbewerb zwischen den einzelnen Primärenergieträgern.

Als privater Haushalt kann ich ggf. zwischen verschiedenen Energieträgern für die Heizung substituieren, nämlich Erdgas, Flüssiggas, Heizöl, Kohle, Holz, wenn ich nur die verschiedenen Verbrennungsanlagen vorhalte, was in der Regel wirtschaftlich schon nicht sinnvoll ist. Heizstrom scheidet für mich wegen der Umweltbilanz aus.

Ein solcher Parallelbetrieb wird aber dann vollends sinnlos, wenn die Preise des einen Energieträgers an den Preis eines anderen gekoppelt werden. Eine Substitution zwischen Heizöl und Erdgas ist dann für den Verbraucher nicht geeignet, der Preisentwicklung auf einem Teilmarkt auszuweichen und diese durch Substitution auszugleichen.

Die Preisentwicklung beim Öl hat natürlich auch mit den internationalen Entwicklungen im Arabien zu tun. Bei der Leistungserbringung von Erdgaslieferungen spielen diese Entwicklungen gar keine Rolle, wohingegen die Entwicklung in der Ukraine wegen des bisherigen Verlaufs der Pipelines sehr wohl eine Rolle spielen könnte.

Müssten deshalb bei einer Entwicklung der Ölpreise wie etwa im Jahre 1973 die Erdgaspreise nicht in schwindelerregende Höhen streben, obschon das Erdgas im weitesten Sinne eigentlich in Europa gefördert wird und deshalb eigentlich dem Einflussbereich der OPEC entzogen sein sollte?  

Ich habe bisher gelernt:

1.   

Die Preise für das Erdgas werden vollkommen unabhängig von den tatsächlichen Kosten der Leistungserbringung gebildet, wodurch für das Kriterium der Preisgünstigkeit nach § 1 Energiewirtschaftsgesetz bisher jedweder objektiver Prüfmaßstab fehlt.

2.   

Die Preise für das Erdgas richten sich nicht einfach nach den Heizölnotierungen an bestimmten Marktorten nach amtlichen Statistiken, sondern wohl nach den aktuellen Heizölpreisen im Versorgungsgebiet des Erdgasversorgers, wobei ein Schwellenabstand zwischen Erdgas und leichtes Heizöl berücksichtigt wird.

Dies wäre wohl problematisch, wenn etwa der selbe Konzern auf dem selben regionalen Markt als marktbeherrschendes Unternehmen auch die Preise für die alternativen Primärenergieträger Heizöl und Kohle bestimmt.


Freundliche Grüße
aus Jena


Thomas Fricke
Rechtsanwalt

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