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Autor Thema: ARD Ratgeber Recht: Gasrebellen auf der sicheren Seite  (Gelesen 49579 mal)

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Offline Fabio

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ARD Ratgeber Recht: Gasrebellen auf der sicheren Seite
« Antwort #45 am: 31. Oktober 2006, 08:22:26 »
Zitat von: \"Cremer\"
@Fabio,

es sollte jedoch aus der "Historie" ein Vertrag bestehen. Ich kann mir eine Energiebelieferung ohne Vertrag nicht vorstellen.


MAINOVA hat ja den vorherigen Vertrag "geändert" ("Änderung Ihres Erdgasliefervertrages").

Eine Vertragsänderung kann ja m.E. nach nur einvernehmlich geschehen. Habe ich, durch konkludentes Verhalten, dieser Vertragsänderung bereits zugestimmt, im Sinne von §32 Abs 2 AVBGasV, weil ich das "Vertragsverhältnis" (nach Änderung derselbigen) nicht "mit zweiwöchiger Frist auf das Ende des der öffentlichen Bekanntgabe folgenden Kalendermonats" gekündigt habe?
(Ich wäre wohl demnach dann in den Allgemeinen Tarif "gerutscht".)

Danke für die Aufklärung!

Gruss an das Forum
der Fabio

Offline uwes

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ARD Ratgeber Recht: Gasrebellen auf der sicheren Seite
« Antwort #46 am: 31. Oktober 2006, 09:39:41 »
Zitat von: \"Fabio\"
Als zum 01.10.2004 der neue Vertrag "Mainova Erdgas Komplett" eingeführt werden sollte, wurde ich im Juni 2004 angeschrieben und auf die Änderung des Erdgasliefervertrages ab 01.10.2004 aufmerksam gemacht. ("Ihr Erdgasprodukt heißt ab Oktober Mainova Erdgas Komplett.") - Anmerkung: Ich wurde NICHT um Einwilligung gefragt, ich musste den neuen Vertrag (wie seit Versorgungsbeginn im Jahr 2003) wiederum NICHT unterschreiben!


@Cremer
@Fabio

Die Frage nach dem Zustandekommen des Vertrages beantwortet § 2 Abs. 2 AVBGasV. Dadurch hat bereits derjenige, der Energie aus der Leitung entnimmt, einen Vertrag (Schriftlichkeit ist nicht erforderlich) geschlossen. Meines Erachtens kann der Versorger dem Kunden ohne dessen Einverständnis keine anderen Vertragsbedingungen aufzwingen, als diejenigen, die mit der AVBGasV geregelt sind. Insbesondere kann der Versorger dem Kunden keinen Sondervertrag (wie hier mit einjähriger Kündigungsfrist) aufdrücken, ohne dass dieser es will. Schjweigen eines Verbrauchers zu einem ihm angetragenen Vertrag ist nicht als Zustimmung zu werten.
Aber ich gebe die Frage an den Kollegen

@Fricke

weiter.
Wie sehen Sie das?
Mit freundlichen Grüßen

Uwes
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Offline RR-E-ft

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ARD Ratgeber Recht: Gasrebellen auf der sicheren Seite
« Antwort #47 am: 31. Oktober 2006, 11:16:13 »
@uwes

So ist es.

Beim Tarifkunden sind alle Vertragsbedingungen außer dem jeweils veröffentlichten Allgemeinen Tarifen in § 2- 34 AVBGasV geregelt.

Deshalb bedarf es streng genommen keines schriftlichen Vertrages bei Tarifkunden. Nur ein solcher Tarifvertrag wird gem. § 2 Abs. 2 AVBGasV konkludent abgeschlossen, nicht aber ein Sondervertrag, weil § 2 Abs. 2 AVBGasV eben schon nur für Tarifkunden gilt, § 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 AVBGasV.

Bei einem schon bestehenden Sondervertrag ist es grundsätzlich schlicht unmöglich, dessen Inhalt ohne Kündigung einseitig abzuändern:

Zu einseitigen Preisänderungsvorbehalten und § 307 BGB ist schon viel geschrieben worden. Auch die übrigen Vertragsbedingungen können nicht einseitig abgeändert werden:

LG Frankfurt: Vorbehalt der AGB- Änderung unzulässig

Mithin besteht der ursprünglich geschlossene Sondervertrag ungekündigt fort.

Ob der Erdgaslieferant das verstragsgegenständliche Erdgas dabei selbst zukünftig Lenor, Milka oder Armani Naturgas nenen möchte, als Warngeruch mit Knoblauchduft oder aber dem Gestank von Pferdemist markieren möchte, ist dabei vollkommen belanglos.

Es wurde ursprünglich ein Energielieferungsvertrag geschlossen, der Energielieferungen in Form von Erdgas zum Gegenstand hat und eben gerade kein anderes "Produkt".

Der Vorbehalt einer einseitigen Änderung eines geschlossenen Vertrages in Form von AGB verstößt mithin in jedweder Richtung regelmäßig gegen § 307 BGB und ist deshalb unwirksam, ebenso wie die entsprechenden einseitigen Änderungen unter Berufung auf eine entsprechende Klausel.

Deshalb denken die Versorger oft nur, sie hätten mit allen Kunden einheitliche Verträge. Mitnichten und -neffen:

Jeder Kunde hat seinen Vertrag, den er irgendwann einmal abgeschlossen hatte. Der gilt grundsätzlich, bis er wirksam gekündigt wird.

Es ist nicht anders, wie sonst im Vertragsrecht auch. Pacata sunt servanda. Verträge sind einzuhalten.

Deshalb ist es gerade so wichtig, dass Sondervertragskunden um zu wissen, was gilt, in den ursprünglich abgeschlossenen Vertrag sehen müssen.

Aus diesem Grunde kann man annehmen, dass der GAU der Gaswirtschaft darin besteht, dass sie selbst oft nicht mehr weiß, Verträge welchen Inhalts ursprünglich mit den einzelnen Kunden abgeschlossen wurden und was also heute überhaupt nach den Buchstaben des abgeschlossenen Vertrages weiter gilt.

Das ist die Folge der über Jahrzehnte hinweg parktizierten und nie wirklich in Frage gestellten Selbstherrlichkeit, die nun ersichtlich bei den Gerichten an ihre Grenzen gestoßen ist.

Für den Kunden nicht tragisch. Er braucht nur das Recht des Erdgaslieferanten auf einseige Änderungen bestreiten und der Liefernat hat dann entsprechende Rechte, derer er sich berühmt unter Vorlage des geschlossenen Vertrages nachzuweisen. Dabei hilft es ihm nichts, wenn er Vertragsformulare vorweist, die gem. § 305 BGB überhaupt nie vertragsgegenständlich wurden.

Denn diese Vertragsgegenständlichkeit, also die wirksame Einbeziehung  gem. § 305 BGB hat wiederum der Erdgaslieferant nachzuweisen, der sich darauf beruft.

Offline Free Energy

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ARD Ratgeber Recht: Gasrebellen auf der sicheren Seite
« Antwort #48 am: 31. Oktober 2006, 12:43:22 »
Hallo Herr Fricke,

das bedeutet doch, wenn selbst die Energieversorger nicht mehr genau wissen, welche Verträge sie mal geschlossen haben und es uns selbst auch nicht mehr genau sagen können, dass es sehr unwahrscheinlich sein dürfte, rechtssicher herauszubekommen, ob man nun nur Tarifkunde ist oder schon Sondervertragskunde.

Das bedeutet wiederum, dass "Otto Normalkunde " also nicht sicher feststellen kann, ob er Sondervertragskunde ist, oder nicht. Das zeigen ja auch die ganzen Beiträge hier.

Demanch wäre es , alles zusammen gefasst doch wohl nur ratsam, grundsätzlich nicht auf Null zu kürzen, es sei denn, man hätte den eindeutigen Beleg, Tarifvertagskunde zu sein.

Verstehen Sie das Dilemma ?

Die Diskussion, ob auf Null gekürzt werden könnte, oder nicht, erübrigt sich m. E. somit aus "Mangel an Nachweisen ".

Gruß

Free Energy

Offline RR-E-ft

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ARD Ratgeber Recht: Gasrebellen auf der sicheren Seite
« Antwort #49 am: 31. Oktober 2006, 14:33:02 »
@Free Energy

Es verhält sich genau andersrum, als Sie es sich gedacht haben.


Dilemma hin oder her:
Probleme sind dafür da, gelöst zu werden.

Man könnte den Eindruck gewinnen, da wolle sich jemand um eine ordentliche Auseinandersetzung rummogeln und wäre ganz froh darüber, dass der Kelch vorbeiginge.



Die Sache lässt sich einfach klären.



Schukow, Gesammelte Werke, Bd. 5:

Eine entsicherte Handgranate ist immer gefährlich, fraglich nur für wen. Es kommt darauf an, in welchem Graben sie landet, also auf welcher Seite der Front.

Es geht also darum, den anderen dieses Problem sauber zuzuspielen.

Grundsätzlich ist jeder, der keinen schriftlichen Vertrag abgeschlossen hat, bei dem also  ein Vertragsverhältnis allein durch Entnahme von Gas aus dem Netz konkludent zustande kam, Tarifkunde und ist es mangels Kündigung dieses Vertrages oder Abschluss eines Sonderabkommens  heute noch.

Logisch.

Es gibt also ein klares Regel- Ausnahme- Verhältnis, wonach der Tarifkundenvertrag die Regel ist.

Grundsätzlich gilt, dass derjenige, der sich auf eine Ausnahme von der Regel beruft, diese Ausnahme nachzuweisen hat.

Wer einen schriftlichen Sondervertrag abgeschlossen hatte, der an irgend einer Stelle etwas anders regelt als in §§ 2 bis 34 AVBGasV, der ist ein Sondervertragskunde und bei dem gilt das oben gesagte zu Sonderverträgen.

Auch logisch.

Wenn nun ein Erdgaskunde die Unbilligkeit der Tariffestsetzung rügt und konsequent zu kürzen beginnt, wird sich der Gaslieferant schon melden und auf den Abschluss des Sondervertrages hinweisen, auch wenn er womöglich dessen Inhalt selbst nicht mehr kennt. Darauf kommt es ja nicht an, sondern nur darauf, dass überhaupt jemals ein Sondervertrag abgeschlossen wurde und ungekündigt fortbesteht.

Dass der Tarifkunde vollständig kürzen darf, wissen auch die Versorger. Denn diese sind juristisch weniger unbedarft, als sie sich oft geben.  :wink: Nur weil sie den Kunden vielen Unfug schreiben, folgt daraus noch lange nicht, dass sie davon auch selbst überzeugt wären.


Die Versorger werden also darauf hinweisen, dass ein Sondervertrag besteht und § 315 BGB deshalb nicht zur Anwendung kommt.

Damit werden sie zugleich Kunth/ Tüngler widersprechen, so dass klar ist, dass sich alles nach § 307 BGB regelt.

Daran müssen sie sich dann auch später festhalten lassen, wenn sie selbst einräumten, dass ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB nie vereinbart worden war, ihnen ein solches Recht also gar nicht zustehen kann.

Dann fordert man dazu auf, den Abschluss des Sondervertrages nachzuweisen, also einen Beleg dafür.

Dann muss die Vertragsurkunde aus dem Archiv gekramt werden, welche die Unterschrift des Kunden enthält. Die wollte man selbst schon gern immer wiederfinden......

Meinen die Versorger hingegen, es bestehe zwar ein Sondervertrag, aber ihnen sei ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 BGB eingeräumt, dann war der Anfangspreis nicht weniger einseitig bestimmt als der Folgepreis und auch der Sondervertragskunde kann wie ein Tarifkunde vollständig kürzen....

Auch gut.

Es kommt also darauf an, den Erdgaslieferanten zu stellen, so dass dieser sich eindeutig erklären muss.

Das wird man wohl am ehesten erreichen, indem man sich - soweit eine Unklarheit bestehen sollte - darauf beruft, wegen der Anwendung der Bestimmungen der AVBGasV Tarifkunde zu sein, die Tariffestsetzung insgesamt als unbillig rügt und sich insgesamt auf die Unverbindlichkeit gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB beruft (BGH NJW 2003, 3131) und eine Kürzung auf Null bis zum Nachweis der Billigkeit in Aussicht stellt.

Es wird dann schon zu einer entsprechenden Reaktion kommen.

Also einfach nur mutig beginnen und damit die andere Seite zwingen, ihre Karten zu zeigen.

Wie gesagt, entsicherte Handgranaten sind immer gefährlich.

Aber es kommt darauf an, in wessen Graben diese schon liegen oder landen. Wer so eine bei sich im Graben bemerkt, hält nicht stille, sondern muss reagieren. :wink:

Die mögliche (massenweise) Kürzung auf NULL ist der Punkt, an dem man sofort mit einer, ggf. vorerst hilflosen Reaktion rechnen darf. Das ist für die Gaswirtschaft der worst case.

Kurzum:

Die Unsicherheit geht zu Lasten der Versorger und gerade nicht der Verbraucher. Wenn der Versorger sich immer wieder auf § 4 AVBGasV beruft, darf man davon ausgehen, Tarifkunde zu sein, bis das Gegenteil nachgewiesen ist.

Der geduldige Kunde kann warten. Der Versorger hingegen kann nicht geduldig warten, weil er gerade ein massives Problem verspürt. Wer sich zu hektisch bewegt, macht dabei Fehler.

Nicht die Kunden stecken in einem Dilemma, sondern die Versorger.


Wie gesagt, nicht jeder muss den Berg an der steilen Wand selbst erklimmen. Einigen wird schon in der Seilbahn mulmig....

P.S.: Das " Schukow- Zitat" habe ich mir ausgedacht.

Offline AKW NEE

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« Antwort #50 am: 31. Oktober 2006, 16:29:12 »
Hallo und guten Tag,

@Free Energy
@RR-E-ft

Hier muss ich Herrn Fricke in vollem Umfang rechtgeben.

Unsere Hausgemeinschaft zahlt schon seit über einem Jahr, ohne weitere juristische Begründung, an unseren Versorger keine Abschläge mehr. In meinem Umfeld ist es schwierig Menschen zur gleichen Vorgehensweise zu bewegen. Am größten ist die Unsicherheit auch hier bei der Frage welche Art Vertrag vorliegt. Häufig kann sich mensch nicht mehr erinnern, ob er vor mehr als zehn Jahren einen Vertrag unterschrieben hat und natürlich ist in den Unterlagen auch nichts zu finden.

Den meistens von uns fehlt die Gelassenheit, um so, wie von Herrn Fricke beschrieben vorzugehen. Um im Einzelfall etwas mehr Sicherheit zubekommen, hift manchmal ein Blick auf die Internetseeite des Versorgers.

Bei dem hiesigen Versorger der E.ON Avacon ist auf dessen Internetseite zu lesen:
-  "Ergas Tarif" ... stellt den Grundversorgungstarif (§36 EnWG) dar.

-  "Erdgas Classic" ... Diesem Angebot liegt die Verordnung über               Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (AVBGasV)zu Grunde. Die dortigen Regelungen gelten für den Vertrag Erdgas classic entsprechend.

Bei beiden Tarifen ist unter Merkmale zu lesen:
-   keine Vertragsunterzeichnung notwendig.

Auf den Jahresabrechnungen ist zu lesen, nach welchen Vertrag mensch mit Gas beliefert wird.

Zumindest im Bereich der Avacon sind die Kunden mit "Erdgas Tarif" und "Ergas Classig" Verträgen auf der sicheren Seite und können, wenn sie wollen, die Zahlungen auf null kürzen.

Dies gilt natürlich nur, wenn ich diesmal alle Zusammenhänge richtig begriffen habe.

Gruß aus dem Wendland

Offline AKW NEE

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« Antwort #51 am: 31. Oktober 2006, 16:53:04 »
Eine kurze Ergänzung.
Natürlich sind wir vorher auf Grundlage des § 315 Vorgegangen.

Mir stellt sich die Frage, ob bei der Möglichkeit der null Zahlung es sinnvoll ist gegen die Avacon zu klagen.
Gruß

Offline RR-E-ft

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« Antwort #52 am: 31. Oktober 2006, 17:11:15 »
@AKW NEE

Beim Classic- Tarif ist Folgenes zu lesen:

http://www.eon-avacon.com/Default.aspx?id=164&ch=2

Da deutet alles auf Tarifkundenversorgung hin.

Zitat
Diesem Angebot liegt die "Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden" (AVBGasV) zu Grunde.

Die Offenlegung der Kalkulation, die berühmte Bikini- Nummer, bei der das Wesentliche verhüllt blieb, zeigte indes, dass AVACON nur 0,03 Cent/kWh Konzessionsabgaben zahlt, als wenn es sich um Sonderverträge handelt:

http://www.eon-avacon.com/Default.aspx?id=1170

Möglicherweise werden dadurch aber nur die Gemeinden um die Differenz bei der zu zahlenden Konzessionsabgabe übervorteilt.

Einen Sondervertrag kann man grundsätzlich nur schriftlich abschließen.

Der Abschluss eines Tarifkundenvertrages ist immer auch konkludent (durch schlüssiges Verhalten) möglich.

Der Kunde, der nun auf "Null" kürzen wollte, wird sich jedenfalls darauf berufen, er sei Tarifkunde.

Der Kunde, der keine noch so billige Preiserhöhung gelten lassen wollte, wird sich hingegen darauf berufen, er sei Sondervertragskunde und alle Preiserhöhungen seien wegen § 307 BGB unwirksam, zumal wenn man etwa erfährt:

"Die Preise werden bei Bedarf der Energiepreisentwicklung angepasst."

Dies könne man schon daran erkennen, dass lediglich 0,03 Cent/ kWh Konzessionsabgaben in die Preise eingerechnet seien.

Die Versorger erzählen auch gern jedem etwas anderes:

- dem Kunden, dass sich das Preiserhöhungerecht und alles andere aus der AVBGasV ergibt,
- den Gemeinden, dass es sich bei den typischen Erdgaskunden um Sondervertragskunden handelt usw.

Aus diesem "bunten Strauß" muss man als Kunde für sich das jeweils Passende heraussuchen. Es ist halt so.

Plan B hat man selbst ja schon stets parat.

Wenn man bereits auf Null kürzt, sollte man keinen Grund zum Klagen haben, sondern sich vielmehr weiter in Geduld üben.

Worauf wollte man denn auch klagen? Noch billigere Preise?!  :D

E.ON hat sehr gute Juristen in den eigenen Reihen, welche die Rechtslage nach Unbilligkeitseinwand zutreffend einzuschätzen wissen. Kleine Stadtwerke ohne eigene Rechtsabteilung tun sich dabei immer noch etwas schwer, weil sie wohl immer noch vermeinen, wenigstens ein billiger Anteil am Preis wäre vorläufig verbindlich und fällig, was indes auch Clifford Chance bereits eindeutig  widerlegt haben.

Offline RuRo

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« Antwort #53 am: 31. Oktober 2006, 17:19:50 »
@ RR-E-ft

 :lol:  :lol:  :lol: Natürlich auf eine angemessene Vergütung des Versorgers, für die Abnahme seines Gases  :lol:  :lol:  :lol:
Leiderln hoits z\'sam, sonst gehts nimma recht lang

Offline RR-E-ft

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« Antwort #54 am: 31. Oktober 2006, 17:26:32 »
@RuRo

Warum von einem solchen Antrag auf Feststellung des billigen Preises durch den Kunden  abgeraten werden muss, hatte ich bereits umfangreich ausgeführt.

Nun, wie man sieht, geht es, wenn man nur den Mut findet.

Die notwendige Geduld muss man dann noch mitbringen.

Wenn sich die Gegenseite offensichtlich verschanzt hat, so muss man sie aus ihren Gräben treiben, auf das sie endlich Farbe bekennt und wenn das Ergebnis auch sein sollte, dass die eigene Gemeinde Konzessionsabgaben nachbezahlt bekommen muss. Deshalb schon einmal Schreiben an die eigenen Bürgermeister fertig machen, die für die eigenen Kassen verantwortlich sind- auch Bürgergeld.

Wenn sich wer verschanzt, muss er zügig auf Trab gebracht werden.

Alle juristischen Mittel stehen bereit.

Offline Free Energy

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« Antwort #55 am: 31. Oktober 2006, 22:31:35 »
Hallo Herr Fricke,

vielen Dank für die ausführlichen Erklärungen, jetzt blicke so ich langsam durch, glaube ich !

(Hat ja auch lange genug gedauert ! :D)


Wir werden also in unseren Ortsgruppen tatsächlich mal laut darüber nachdenken, ob nicht doch auch eine Kürzung auf Null angezeigt wäre, getreu dem Motto " Verschanzen ist nicht, raus aus dem Graben !"

Ich frage mich bloß immer, woher Sie  die Schnelligkeit nehmen, soviel Antworttext auch noch fehlerfrei (!) auf unsere Beiträge hin zu schreiben, haben Sie eine Sekretärin, die für Sie alles so schnell und fehlerfrei tippt, oder sind Sie auch noch "Weltmeister im Maschinenschreiben" ?? :D :D

Muss dochmal über ein computergestütztes Diktiersystem nachdenken, ich schreibe mir hier immer die Finger wund ! :D  :D  :D

Gruß

Free Energy

Offline RR-E-ft

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« Antwort #56 am: 01. November 2006, 12:35:13 »
@FreeEnergy

Auch ich verfüge über grundgesetzlich geschützte Betriebsgeheimnisse. :wink:

Ein Diktiersystem kostet nicht Welt und kann eine gute Lösung sein.

Offline Free Energy

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« Antwort #57 am: 01. November 2006, 23:05:13 »
Hallo Herr Fricke,

okay, Ihre Betriebsgeheimnisse gehören Ihnen :wink:

aber zurück zum Thema:

Ein alter Spruch lautet: "Recht haben ist die eine Seite, aber Recht bekommen, die andere...."

Angenommen, die Tarifkunden kürzen jetzt alle auf Null und der beabsichtigte Aufschrei der Versorger erfolgt dann auch, was glauben Sie wohl, wieviele Sperrungsandrohungen oder sogar umgesetzte Sperrungen es dann hagelt ?

Ich befürchte, dass uns dann auch das Landeskartellamt und die Energieaufsicht nicht mehr helfen, "weil das ja wohl etwas zu weit ginge " (Originalton).

Das bedeutet aber , dass wir gfls. schon dann eine Flut von einstweiligen Verfügungen (wahrscheinlich auch noch über Anwälte) loslassen müßten, um zu unserem Recht zu kommen.

Dabei kann es dann, wie gesagt, auch so kommen:

GAS - VU sperrt trotz Einwand gem. § 315 !

Wer schützt uns dann ? Wie könnte mann diesen Weg überhaupt erfolgreich durchsetzen ? Könnte man für diese Fälle evtl. mal eine Muster einer "einstweiligen Verfügung " hier ins Netz stellen ?

Gruß

Free Energy

Offline RR-E-ft

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« Antwort #58 am: 02. November 2006, 00:30:08 »
@FreeEnergy

Wenn nun dieser Kelch doch lieber vorbeiginge.

Bitte nochmals das Schreiben des BKartA, des BMJ und § 17 GasGVV lesen. Ist doch eindeutig.

Schon vergessen, dass zwischen Sperrandrohung und Sperre immer noch genug Zeit bleibt, man zudem Hausverbot erteilen kann?

Es ändert sich schlicht und ergreifend gar nichts. Man ist genauso gut geschützt wie bisher.

Den selben Wankelmut und die selben Bedenken gab es doch vor zwei Jahren, als es darum ging, überhaupt zu kürzen. Nun wird konsequenter gekürzt, ohne dass sich an der Rechtslage irgend etwas ändert.

Deshalb wird die Forderung des EVU auch nicht "fälliger".

Beim Urteil des OLG Karlsruhe ging es "lediglich" um 26.000 EUR.

Fällig war überhaupt nichts, weil eben unverbindlich gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Die Zahlungsklage wurde vollständig abgewiesen.

Das Risiko, dass der Versorger am Ende vor Gericht obsiegt, erhöht sich um keinen einzigen Jota. Es bleibt vollkommen gleich. Nur das Kosten- Nutzen- Verhältnis bessert sich sogar deutlich wegen der degressiven Prozesskosten.

Zur Not gibt es genügend Anwälte, die für die Verbraucher streiten können. Anwälte sind eher bereit, für große Streitwerte tätig zu werden, denn für kleine. Wer also aus Furchtsamkeit zu wenig kürzt, steht etwas dümmer da, als derjenige der konsequent kürzt. Denn die Anwälte könnten dann schon mit den lukrativeren Sachen ausgebucht sein. Zerteilen wird sich keiner.

Nachgeben kann man immer noch.

Aber zunächst muss man doch überhaupt erst einmal anfangen.

Wie wollte man denn endlich zur Klarheit kommen, wenn alles so weitergeht wie bisher?

Übrigends:

Wer will und muss denn erst einmal Recht bekommen?
Die Versorger müssen doch weiterhin erst einmal klagen und nicht umgekehrt.

Um meinen Glauben geht es hier nicht. :wink:

Sperrandrohungen sind ebenso unzulässig wie bisher.

Offline uwes

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« Antwort #59 am: 02. November 2006, 09:43:11 »
Zitat von: \"Free Energy\"
Angenommen, die Tarifkunden kürzen jetzt alle auf Null und der beabsichtigte Aufschrei der Versorger erfolgt dann auch, was glauben Sie wohl, wieviele Sperrungsandrohungen oder sogar umgesetzte Sperrungen es dann hagelt ?


@Free Energy

Das LG Düsseldorf http://www.zner.org/pdf/200602U14.pdf hat hier meines Erachtens im Grundsatz richtig entschieden. Wer die Schlussrechnung des Versorgungsunternehmens unverhältnismäßig kürzt, also über den Betrag der Erhöhung hinaus, der kann sich gegen eine Sperre wohl nicht mit Erfolg wehren.
Ich sehe nicht, wie das bei der Kürzung von Abschlagszahlungen anders gesehen werden könnte.
Mit freundlichen Grüßen

Uwes
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