Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: rückwirkende Preiserhöhung  (Gelesen 9489 mal)

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Offline woodyg

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rückwirkende Preiserhöhung
« am: 15. Oktober 2006, 13:32:10 »
Mit einer Hauswurfsendung "An die Mieter des Hauses" wurde am 12.10.06 eine Preiserhöhung zum 1.10.06  durch die EMB angekündigt. Ist eine rückwirkende Preiserhöhung überhaupt zulässig und muß sich der Gasversorger nicht persönlich mit seinem Vertragspartner in Verbindung setzen.
Ich kann mir aus finanziellen Gründen den Bezug einer Tageszeitung nicht mehr leisten, kann mich also nicht durch die Tagespresse informieren.

Offline RR-E-ft

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rückwirkende Preiserhöhung
« Antwort #1 am: 15. Oktober 2006, 16:12:11 »
@woodyg

Soweit der Gasversorger überhaupt berechtigt ist, nachträglich die Preise einseitig gem. § 315 BGB neu zu bestimmen, bedarf es zur Ausübung des entsprechenden Gestaltungsrechts, soweit es sich nicht um Tarifkunden handelt,  einer einseitigen, empfangsbedürftigen Willenserklärung des Gasversorgers.

Ein solcher Preisänderungsvorbehalt in den AGB ist jedoch schon regelmäßig gem. § 307 BGB unwirksam.

Erdgas Mark Brandenburg (EMB)


Wenn der Preisänderungsvorbehalt wirksam ist und deshalb § 315 BGB zur Anwendung kommt,  bedarf also einer Erklärung gerichtet und adressiert an den konkreten Kunden unter Nennung der Vertragskontonummer, in welcher der Versorger mitteilt wie und weshalb er von seinem Leistungsbestimungsrecht Gebrauch macht.

"Sehr geehrter Kunde XY,

für das von uns unter der Vertragskontonummer..., Zählernummer ... gelieferte Erdgas wollen wir mehr Kohle und legen deshalb für die Lieferungen ab dem... die Preise wie folgt neu fest......

Die Festlegung ist erforderlich weil,..... Einen nachvollziehbaren und prüffähigen Nachweis fügen wir bei."



Diese Erklärung muss wohl schriftlich erfolgen, also auch entsprechend unterzeichnet werden.

Ein Schreiben "an die Mieter" eines Hauses genügt nicht, da es um einen konkreten Vertrag mit dem Gasversorger geht, der nicht davon abhängt, ob man etwa zur Miete wohnt.

Oft gibt es gar keine Mieter eines Hauses, sondern nur Mieter von einzelnen Wohnungen in einem Haus, korrekterweise wohl eher Mieter einer konkreten Wohnung des Vermieters in einem bestimmten Haus. Angesprochen kann sich womöglich nur derjenige fühlen, der allein oder in Gemeinschaft mit anderen ein ganzes Haus ingesamt gemietet hat.

Das Gestaltungsrecht ist erst wirksam ausgeübt, wenn eine solche empfangsbedürftige Willenserklärung zugeht, also gerade nicht rückwirkend.

Für Kunden in der Grundversorgung (bisher Tarifkunden) gilt demnächst die Regelung entsprechend Punkt 14 des Bundesratsbeschlusses:

http://www.bundesrat.de/cln_051/SharedDocs/Drucksachen/2006/0301-400/306-06_28B_29,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/306-06(B).pdf

(Öffentliche Bekanntmachung und "briefliche Mitteilung" sechs Wochen vor der Preisänderung erforderlich)

Bei nicht grundversorgten Kunden bleibt es bei den Regelungen entsprechend §§ 307, 315 BGB.

Als grundversorgter Kunde wendet man die Unbilligkeit gegen die Gesamtpreise ein, erklärt, dass man fortan - bis zum nachvollziehbaren und prüffähigen Nachweis der Billigkeit des vollständigen (erhöhten) Gaspreises durch Offenlegung der Preiskalkulation  - nur noch Abschläge und Rechnungsbeträge unter Zugrundelegung der bis zum 01.10.2004 geltenden Preisen unter Vorbehalt zahlt, eine anderweitige Verrechnung unzulässig  ist  und bezieht sich dabei auf das Urteil des LG Potsdam vom 04.10.2006:

Gaspreisurteil LG Potsdam vom 04.10.06 erfreulich deutlich


Die Rechnungs- und Abschlagsbeträge muss man selbst ermitteln und bei Zahlungen genau angeben, auf welche Forderung man zahlt, so dass eine anderweitige Verrechnung durch den Versorger ausgeschlossen ist.

Man kann beim Versorger nach einer Abschrift oder Veröffentlichung des Urteils des LG Potsdam vom 04.10.2006 fragen.

Weshalb mehr Kohle für´s Gas?

Kleiner Schmankerl:

2005 war die Vergütung des sechsköpfigen Aufsichtsrates der EMB gegenüber 2004 von 11,7 auf 12, 4 Mio EUR, um 700.000 EUR gestiegen und keiner weiß warum. Sechs Leute treffen sich wenige Male m Jahr und brauchen eine solche Preissteigerung. Pro Nase eine Vergütung von über 2 Mio EUR im Jahr. Durchschnittlich bekam jeder über 116.000 EUR mehr.

Da müssen ja die Preise steigen. Möglicherweise war die Arbeit des Gremiums diesjahr noch schwerer und es bedarf einer noch weit höheren Vergütung, so dass allein deshalb die Preise weiter angehoben werden müssen.

Offline EMB

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rückwirkende Preiserhöhung
« Antwort #2 am: 18. Oktober 2006, 10:11:07 »
Sehr geehrter Herr Fricke,

ein kurzer Blick auf Seite 38 des Geschäftsberichts 2005 der EMB http://www.emb-gmbh.de/cms/fileadmin/pdf/emb_geschaeftsbericht_05.pdf hätte ergeben, dass „für das Jahr 2005 [...] Aufsichtsratsvergütungen von insgesamt 12,4 T€ angefallen“ sind. 12.400 € sind 1/1000 des von Ihnen kolportierten Betrages. (Im Jahr 2004 waren es im übrigen 11,7 T€, also 11.700 € - siehe Geschäftsbericht 2004, Seite 38.)

Mit etwas mehr Sorgfalt (Verhältnis der Aufsichtsratsvergütungen zum Geschäftsergebnis der EMB, Vergleich mit der Aufsichtsratsvergütung anderer Unternehmen) hätte Ihnen auffallen müssen, dass die von Ihnen behaupteten Zahlen grob falsch sind. Daher dürfte es Ihnen leicht fallen, zusammen mit einer entsprechenden Erklärung, die getroffenen Aussagen zurückzuziehen. Es wäre einer weiterhin sachlichen Auseinandersetzung dienlich.

Mit freundlichem Gruß,

i. A. Jochen-Christian Werner

EMB Erdgas Mark Brandenburg GmbH
Pressesprecher

Offline woodyg

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rückwirkende Preiserhöhung
« Antwort #3 am: 18. Oktober 2006, 12:47:16 »
Sehr geehrter Herr Werner,
einzig interessant an Ihrem Beitrag scheint allerdings der Punkt, daß Sie sich ausschließlich mit den Aufsichtsratsvergütungen beschäftigen.
Ein Jeder beschäftigt sich eben mit den Dingen die ihn besonders interessieren. Gelle?
Sie scheint jedenfalls mein Beitrag nur in sofern interessiert zu haben dass in der Antwort anstelle T, Mio gestanden hat. Ich weiß nicht ob Ihnen aufgefallen ist, daß das Thema "rückwirkende Preiserhöhung" hieß und nicht
 "Aufsichtsratsvergütungen" . Da Ihnen dieses Thema offensichtlich lieber wäre, machen Sie doch bitte ein eigenes Thema auf. Hier heißt das Thema "rückwirkende Preiserhöhung" , aber zu diesem Thema scheinen Sie selbst wohl sprachlos oder dürfen oder wollen oder können nichts beitragen.
Ihr Beitrag war weder sachdienlich noch hilfreich.
Si tacuisses philosophos mansisses !

Offline RR-E-ft

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rückwirkende Preiserhöhung
« Antwort #4 am: 18. Oktober 2006, 15:21:59 »
Sehr geehrter Herr Werner,

bei den AR- Vergütungen habe ich mich tatsächlich grob vertan.
Vielen Dank für den Hinweis darauf.

Selbstredend halte ich nicht an als falsch erkannten Aussagen fest.


Vielen herzlichen Dank, dass Sie mit kontruktiven Beiträgen sogar hier im Forum zur sachlichen Diskussion beitragen möchten.
 



Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline EMB

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rückwirkende Preiserhöhung
« Antwort #5 am: 18. Oktober 2006, 15:30:30 »
Sehr geehrte/r woodyg,

vielen Dank für Ihre Anmerkung zu meinem Posting.

Ich habe in meinem Beitrag Herrn Frickes „Schmankerl“ zur Aufsichtsratsvergütung bei der EMB Erdgas Mark Brandenburg GmbH aufgegriffen, weil er die Zahlen grob falsch wiedergeben hat. Genauer: Um das 1.000-fache überhöht!

Sie antworten, dass mich Ihr Beitrag
„nur in sofern interessiert zu haben [scheint] dass in der Antwort anstelle T, Mio gestanden hat.“
Mit anderen Worten: Ob 12 Tausend oder 12 Millionen scheint Ihnen egal zu sein. Für mich und tatsächlich ist es aber ein gewaltiger Unterschied. Wie gesagt und je nach Betrachtungsweise: das 1.000-fache oder 1/1000.

Ich halte es schon für wichtig, dass dies – unabhängig vom eigentlichen Thema - korrigiert wird. Und ich bin Herrn Fricke dankbar, dass er das hier und an zwei weiteren Stellen in diesem Forum umgehend getan hat.

Gerne äußere ich mich auch zum Thema „rückwirkende Preiserhöhung“. Die von Ihnen genannte Hauswurfsendung ist unser Kundenmagazin „EMB Direkt“. Der darin erschienene Beitrag ist ein Teil unserer Informationsmaßnahmen über die Preiserhöhung zum 01.10.2006. Er ist nicht die einzige Maßnahme.

Bereits Mitte September, am 11.09.2006, haben wir die Preiserhöhung mit einer Pressemitteilung angekündigt. Die wurde zum einen an die hiesigen Medien versendet und zum anderen in unseren Internetauftritt eingestellt (Bereich \"Presse/Pressemeldungen\"). Bereits am 11.09.2006 hat der RBB um 19.30 Uhr in seiner Sendung „Brandenburg Aktuell“ über die Preiserhöhung berichtet. Am 12.09.2006 folgten Beiträge in den Tageszeitungen "Märkische Allgemeine" und "Oranienburger Generalanzeiger".

Schließlich haben wir am 30.09.2006 die nach geltendem Recht verlangte Preisanzeige, also die Auflistung aller Preise der EMB, in den Gesamtausgaben von "Märkische Allgemeine" und "Oranienburger Generalanzeiger" veröffentlicht. Am selben Tag stand die Preisliste auch den Internetnutzern in unserem Internetauftritt zur Verfügung. Zum einen unter „Privatkunden/Preise“, zum anderen als Download im Bereich „Presse/Downloadbereich“.

Von einer „rückwirkenden Preiserhöhung“ kann also keine Rede sein.

Mit freundlichem Gruß,

i. A. Jochen-Christian Werner

EMB Erdgas Mark Brandenburg GmbH
Pressesprecher

Offline RR-E-ft

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rückwirkende Preiserhöhung
« Antwort #6 am: 18. Oktober 2006, 16:15:35 »
Sehr geehrter Herr Werner,

Ihr Unternehmen hat mit vielen Kunden in der Vergangenheit Sonderabkommen abgeschlossen, aus denen hervorgeht, dass diese Kunden nicht als Tarifkunden versorgt werden und mit diesen auch dann kein Tarifabnehmerverhältnis begründet werden soll, wenn diesen gegenüber die Bestpreis- Abrechnung im Einzelfall zur Anwendung des EMB-Tarifs führt.

Gegenüber solchen Kunden ergibt sich kein Preisänderungsrecht aus § 4 AVBGasV, ebensowenig wie eine öffentliche Bekanntgabe - ob mit Zeitungsinseraten oder mit Internetveröffentlichungen - genügen kann.

Es bedarf dann wohl jedenfalls des Zugangs einer einseitigen, empfangsbedürftigen Willenserklärung zu Ausübung eines Gestaltungsrechts, so ein solches nicht schon wegen Verstoßes gegen § 307 BGB unwirksam ist.

Der Verbraucher muss also prüfen, ob er etwaig ein solches Sonderabkommen abgeschlossen hatte, um sich dann auf die Urteile der LG Berlin vom 19.05.2006, LG Dresden vom 11.05.2006 und 30.06.2006 sowie AG Leipzig vom 29.08.2006 und LG Leipzig vom 13.10.2006 zu berufen.

Leider lässt Ihr Unternehmen seine Kunden wohl bisher oft im Unklaren darüber, ob diese nun als Sondervertragskunden oder als Tarifkunden versorgt werden.




Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

 

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