@ElCattivo
Ich mache nicht den Jenaer Stadtwerken in Sonderheit einen Vorwurf.
Meine Kritik richtet sich insgesamt gegen die bisher praktizierte Preisbildung:
Soweit ein Gasversorger Gas bezieht, richten sich seine Bezugskosten nach dem Gesamtbezug, wobei oft Teilmengen an HEL gekoppelt sind, andere an HS, wieder andere an Kohle oder OTC- Notierungen oder schlicht an überhaupt nichts (Fixpreis).
Danach richten sich die insgesamten Beschaffungskosten und deren Entwicklung.
Und diese bezugsseitige Entwicklung der Beschaffungskosten eines GVU wird allein von diesem - und von keinem anderen - absatzseitig aufgespalten weitergegeben, wobei man den Haushaltskunden - mit denen entsprechendes nie vereinbart wurde - eine HEL- Preisbindung offen oder verdeckt unterjubelt.
Das ist ein Knackpunkt.
Diese vorgebliche HEL- Preiskopplung praktiziert das letzte GVU in der Kette vollkommen eigenverantwortlich.
Es ist dabei in seiner Preisbildung gegenüber den eigenen Kunden vollkommen autonom.
Kein Vorlieferant kann und darf sich wagen, das belieferte GVU in seiner Preisbildungsfreiheit zu beeinträchtigen.
Entsprechende Bestimmungen wären zumeist schon nichtig (Art. 81, 82 EGV). Ein Kartell läge auf der Hand.
Es ist also nie jemand anders als das direkt den Kunden beliefernde GVU, welches aus vollkommen autonomer Entscheidung (und unter Ausübung eines entsprechenden Ermessnes heraus) die HEL- Preiskopplung gegenüber den Haushaltskunden praktiziert.
Da muss man erst einmal drauf kommen.
Diese Kopplung ist weder gesetzlich geregelt, noch ergibt sie sich etwa aus einer vertraglichen Verpflichtung mit einem Vorlieferanten (jedenfalls darf sie sich nicht daraus ergeben und kann sie sich auch nicht daraus ergeben).
Weil es sich um eine vollkommen autonome Entscheidung eines jeden GVU handelt, wie es bezugsseitige Kostensteigerungen auf die einzelnen Kundengruppen weiterwälzt, ist der Verweis auf eine angeblich innerhalb der gesamten Lieferkette praktizierten HEL- Preisbindung nichts anderes als eine mehr als faule Ausrede.
Man könnte es ebensogut einen faulen Zauber nennen.
Es ginge auch anders, selbst wenn sich an den Bezugsverträgen überhaupt nichts ändern würde. (Das betrifft übrigends alle Stufen in der Kette.)
Gerade deshalb handelt es sich auch um eine gerichtlich überprüfbare Ermessensentscheidung, die der Versorger trifft.
Hinzu tritt, dass man so tut, als würde man seit Jahr und Tag starr nach einem Automatismus verfahren, obschon sich bezugsseitig in letzter Zeit eine Menge getan hat - Rabatte zum Ausgleich des Doppelsbesteuerungseffekts, Freiemengen, AP2, Neuverhandlung von Verträgen etc. pp. - oder aber sich hätte tun können.
Hätte sich wirklich nichts getan, trüge ebenfalls das den Kunden direkt versorgende GVU und niemand sonst dafür die Verantwortung.
In diesem Sinne ist der Verweis auf langfristige Verträge und darin tatsächlich oder vorgeblich wirkende Mechanismen oder gar Automatismen nichts anderes als ein fauler Budenzauber.
Wenn es etwa den SW Hameln oder den SW Dinkelsbühl gelungen war, kurzfritig bessere Bezugskonditionen zu finden, so sollten diese Möglichkeiten für viele Versorger bestehen.
Wenn ich es richtig verstanden habe, will VNG einen erheblichen Ergebnisrückgang verzeichnet haben - weil man Bezugskostensteigerungen nicht vollständig weitergeben konnte.
Wie bitte?
Nicht weitergeben "konnte" in bestehenden langfristigen Verträgen mit automatischer Preiskopplung wie gehabt?
Also muss sich dann wohl doch bei VNG abgabeseitig etwas grundlegend verändert haben.
Diese grundlegende Veränderung sollte wiederum mit Änderungen auf der Bezugsseite der unmittelbaren und mittelbaren VNG- Kunden korrespondieren.
Deshalb erscheint es nicht reell, wenn man dann einfach auf die HEL- Entwicklung verweist und so tut, als wenn es
- eine "gesetzmäßige" HEL- Preiskopplung gegenüber Haushaltskunden gäbe,
- sich auf der Bezugsseite zwischenzeitlich gar keine Veränderungen ergeben hätten, man seit Jahren ein und die selbe Berechnungsvorschrift stur 1:1 anwendet und weiter gibt.
Deshalb ist es auch vollkommen unbehelflich, auf die HEL- Entwicklung, ob nun 6-3-3 oder 6-1-3 oder wie auch immer zu verweisen.
Eben dies meinte ich mit geheuchelter Transparenz.
Es gibt eine notwendige Transparenz bisher schlichtweg nicht.
Das betrifft wiederum die gesamte Lieferkette.
Man tut allenfalls so, als könnte man irgend etwas wissen. Dieses Wissen ist indes allenfalls eingebildet/ imaginär.
Und weil es diese Transparenz nicht gibt, haben die LG Dresden, Bremen und Berlin so enstchieden, wie sie entschieden haben.
Es steht nicht zu erwarten, dass eine Berufung daran noch etwas ändern könnte. Diese Rechtsprechung ist mittlerweile gefestigt.
Weil es keine Transparenz gibt, ist unberechtigten Preiserhöhungen von Anfang an Tür und Tor geöffnet.
Es gibt ebensowenig klare Regeln, aus denen man ersehen könnte, ob, wann und in welchem Maße Kosten gesunken sind, die eine Preissenkung rechtfertigen bzw. zwingend notwendig machen.
Darum geht der ganze Streit, um ein vollkommen undurchsichtiges System. Der Streit besteht allein in der Sache.
Und deshalb wirkt die Preissenkung von 0,05 Cent/ kWh (brutto) so ausgesprochen bizarr, weil man so tut, als wenn sich diese etwa quasi gesetzmäßig ergäbe, nach Regeln, welche man indes vollkommen autonom gekürt hat.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt