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Autor Thema: Erdgas war selten so billig wie heute  (Gelesen 5936 mal)

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Offline RR-E-ft

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Erdgas war selten so billig wie heute
« am: 22. Juni 2006, 18:22:38 »
Der Weltenergiemarkt:

http://www.handelsblatt.com/pshb?fn=tt&sfn=go&id=1260670



Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
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Offline ElCattivo

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Erdgas war selten so billig wie heute
« Antwort #1 am: 22. Juni 2006, 23:57:26 »
Eigentlich wollte ich mich an den Diskussionen hier nicht mehr beteiligen, da ich leider kein RA bin und daher auch nicht über unendlich viel Zeit verfüge, um den lieben langen Tag ellenlange Postings zum besten zu geben. Aber mit diesem Thread haben Sie einfach ein Niveau erreicht, dessen sich auch die billigste Boulevardzeitung schämen würde.

Erstens: Die amerikanischen Nymex-Futures als Quasi-Weltpreise zu bezeichnen, mag bei WTI noch legitim sein, beim Natural Gas ist dies mitnichten der Fall.

Zweitens: Der zitierte Artikel vergleicht Äpfel (Front Month im Winter) mit Birnen (Front Month im Sommer). Selbstverständlich ist Erdgas im Winter teurer als im Sommer. Der Vergleich von 15 und jetzt 7 $ soll suggerieren, der Preis hätte sich seit Januar mehr als halbiert. Blödsinn.

Drittens: In der Tat ist der Preis (in den USA!) seit Jahresbeginn etwas zurückgekommen. Wenn jemand allerdings daraus die Überschrift "Erdgas war selten so billig wie heute" ableitet, outet er sich in meinen Auge entweder als Laie oder Volksverdummer. Beides disqualifiziert "ihn" als ernstzunehmenden Gesprächspartner.

Abschließend noch ein Chart des NatGas-Futures Jan07. Jaja, so billig wie heute war\'s wirklich schon lange nicht mehr

http://www.futuresource.com/charts/charts.jsp?s=NGF07&o=&a=W&z=610x300&d=medium&b=bar&st=

Offline RR-E-ft

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Erdgas war selten so billig wie heute
« Antwort #2 am: 23. Juni 2006, 01:43:15 »
@ElCattivo

Danke für Ihren Beitrag.

Ich möchte das Handelsblatt nicht mit einem Boulevardblatt vergleichen.

Die Kritik an dem Artikel dort ist ggf. dorthin zu richten. Wenn es etwas an dem Artikel im Handelsblatt zu kritisieren gäbe, so könnte man ja die Redaktion ggf. darauf hinweisen und eine eigene Darstellung dagegen setzen, was wohl auch laufend geschieht.


Aus dem Artikel geht wohl hervor, dass es sich um einen relativen Preisvergleich handelt. Und hinsichtlich dieses relativen Vergleiches soll Erdgas nur selten billiger gewesen sein. Dass sich diese Aussagen nicht auf Deutschland beziehen, geht ebenso aus dem Artikel hervor.

Den "Weltenergiemarkt" - auch wenn man sich oft gern auf einen solchen beruft - gibt es wohl sowieso nicht.

Es gibt unterschiedliche Märkte, die sachlich und regional abzugrenzen sind und durchaus ein Eigenleben entwickeln können, durchaus aber auch aufeinander einwirken können ohne starr in einer Art und Weise aneinander gkoppelt zu sein, dass man es in einer mathematischen Formel abbilden könnte.

Und irgendwie lässt sich dem Artikel wohl auch entnehmen, dass sich Öl- und Gasnotierungen durchaus auch mal - für manchen ggf. etwas erstaunlich - unterschiedlich entwickeln können.

Niemand hat die Zeit, alles vollständig nachzurecherchieren.

Es ist doch gerade seit langem meine Rede, dass es keinen "Weltenergiemarkt" gibt, entsprechende Aussagen zu pauschal und deshalb nicht aussagekräftig sind.

Es verhält sich so ähnlich wie mit dem "Wärmemarkt"

Leider lässt die begrenze Überschrift  eines Threads nicht solche Feinheiten zu.

Nun ist es aber auch nicht so, dass die an den Beiträgen ggf. Interessierten so unbedarft wären, dass sie den Inhalt solcher Artikel nicht selbst lesen und einordnen könnten.

Man sollte Interessierten nicht von Anfang an Dummheit unterstellen.

Es gibt allenfalls noch eine große Unwissenheit, die jedoch ihren Grund allein in der bisher herschenden Intransparenz hat, für welche es auch Verantwortliche geben mag.

Wenn sich nun die Verantwortlichen für die bestehende Intransparenz identifizieren ließen und man dann zudem - nicht zutreffend, aber durchaus in einem volkstümlichen Sinne - Unwissenheit mit Dummheit gleichsetzen wollte, so könnte man ggf.  von "Volksverdummern" in diesem Zusammenhang sprechen.

Nur erscheint das dann auch gleich wieder reichlich polemisch und deshalb einer sachlichen Auseinandersetzung vollkommen abträglich.



Gut, den Beitrag hier eingestellt zu haben.

Gut auch, wenn die Überschrift des Threads provokant gewirkt haben sollte, weil Sie sich nur so veranlasst sahen, Ihre Argumente dagegen zu setzen.

Und die können sich ja immerhin auch sehen lassen. :wink:

Man sollte jedoch ggf. mehr Gelassenheit walten lassen.

Lassen Sie uns also gern sachlich weiter diskutieren, wenn wir auch in der Sache selbst sehr kontroverse Standpunkte vertreten sollten. :wink:

Wenn man etwas - etwa aus Zeitmangel und daraus resultierender unzureichender Reflexion - als plakativ empfindet, muss man dem nicht eben solches entgegensetzen.

Möglicherweise ist jeder Laie - auf den meisten Gebieten.

Das hindert jdoch nicht daran, Gesprächspartner -von wenigen Ausnahmen abgesehen - immer ernst zu nehmen.

Das macht dann gerade ein gewisses Niveau aus, oder?



Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
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Erdgas war selten so billig wie heute
« Antwort #3 am: 23. Juni 2006, 08:44:14 »
@ElCattivo

Entschuldigen Sie, dass ich Ihre knappe Zeit nochmals beanspruche.


Für unsere Diskussion hier interessieren wegen der sachlich und räumlich notwendigen Marktabgrenzung im eigntlichen keine NatGas- Futures in den USA.

Verfügen Sie nicht vielleicht über eine Quelle zur Datenreihe der deutschen Marktpreise für Erdgas auf den Stufen Erdgasimport, Weiterverteiler und HuK- Gasmarkt zu Preisen, die sich nach einem Marktmechanismus und nicht nach gewillkürten Preisformeln gebildet haben?

Darauf käme es doch an, oder?

Selbst Citygate ist wohl das Ergebnis gewillkürter Formeln.


Die Formeln - wo solche Verwendung finden -  wurden ersichtlich von den Marktbeherrschern vorgegeben, beruhen also auf deren Marktmacht und nicht auf freier Preisbildung.


Hätte man die Bezugspreise nicht etwa zutreffender an die veröffentlichten Erdgasimportpreise zu koppeln, damit diese einen - wo auch immer liegenden - Marktpreis für Erdgas realistischer abbilden können?


Schließlich steigen nur die Erdgasimportpreise, alle anderen Kosten bleiben gleich oder sollen gar sinken, wie etwa die Netzentgelte und somit die Transportkosten ab Grenze innerhalb Deutschlands bis zum Verbraucher.

Von Interesse sind also nicht die Preise auf "weltweiten Energiemärkten", sondern die frei gebildeten Marktpreise für Erdgas in Deutschland, gern auch mit kleingliedrigerer, regionaler Marktabgrenzung.


Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
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Offline ElCattivo

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Erdgas war selten so billig wie heute
« Antwort #4 am: 23. Juni 2006, 08:56:24 »
Ach wissen Sie, meine "niveaulose" Reaktion ist auch einem gewissen Lernprozess geschuldet. Wenn man immer und immer wieder (nicht nur hier!) gegen Leute argumentieren soll, denen es um nichts anderes als Polemik und Stimmungsmache geht und die sich weder die Mühe machen, sich gründlich zu informieren, noch bereit sind, auf Argumente einzugehen oder Fakten zur Kenntnis zunehmen, dann kann man schon mal die Contenance verlieren.
Und eines müssen Sie schon zugeben: Wenn Sie den (wirklich miesen) HB-Artikel mit den Worten "Der Weltenergiemarkt:" ankündigen, wird nicht gerade deutlich, dass Sie sich selbst als einen der wenigen sehen, die seit langem die Meinung vertreten, dass es einen solchen gerade nicht gibt. Einverstanden?

Offline RR-E-ft

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Erdgas war selten so billig wie heute
« Antwort #5 am: 23. Juni 2006, 11:50:49 »
@ElCattivo

Es ist wohl bekannt, dass ich Wert auf eine zutreffende Marktabgrenzung lege.

Das wird wohl in vielen Beiträgen deutlich.


Ich bin bereit, Argumente aufzugreifen und Fakten zur Kenntnis zu nehmen.

Auch habe ich- wie viele andere - sogar sehr großes Interesse daran, mich gründlich zu informieren, verwende ersichtlich auch einige Zeit darauf, lese viel Fachliteratur zum Thema, nehme an öffentlichen Diskussionen und selbst an Veranstaltungen im Bundestag teil.

Man stößt nur eben mit einem entsprechenden Informationsbedürfnis allzuoft schnell an Grenzen, weil sich oft offensichtlich nur viel zu pauschale Aussagen finden, die sich nicht verifizieren lassen:

So liegt es etwa, wenn nicht nur Stadtwerke darauf verweisen, ihre eigenen Beschaffungskosten seien auf den weltweiten Energiemärkten bzw. internationalen Energiemärkten gestiegen.


Dabei findet sich dann kein Hinweis, auf welchem der weltweiten Energiemärkte die Beschaffung erfolgt sein soll, wie international sich das breit diversifizierte Bezugsportfolio gestaltet.

Im nächsten Atemzug wird sogar oft herausgestellt, dass die Beschaffung überhaupt nicht am Markt erfolgt, man (der Einfachheit halber) oft lediglich einen einzigen althergebrachten Bezugsvertrag weiter durchführt.

Auf dem Markt wurden also aktuell gar keine Angebote eingeholt und verglichen.


Der Vertragspreis dabei wird wohl kaum einem Marktpreis  entsprechen können.

Dies liegt daran, dass es wohl noch niemandem gelungen ist, zukünftige Marktpreise - ggf. sogar auf zehn oder zwanzig Jahre im voraus vorherzusagen oder auch nur in einer mathematischen Formel zu antezipieren. Ich halte dies für vollkommen unmöglich.

Derart gewillkürte Vertragspreise können also gerade nicht mit nach objektiven Kriterien gebildeten, aktuellen  Marktpreisen gleichgesetzt werden.

Wie sich zum Beispiel aus dem Lagebericht der E.ON Ruhrgas 2005 auf Seite 78 hinsichtlich der rechtlichen Auseinandersetzungen mit Norsk Hydro ergibt, gibt es wohl auch keine automatisch wirkenden Preisformeln in den langfristigen Erdgasimportverträgen. Vielmehr handelt es sich um Ermessensregelungen in Bezug auf Preisanpassungen, über die durchaus  Streit entstehen kann und deshalb auch zu führen ist...

Es ist nicht ersichtlich, warum es bei den Verträgen zwischen Ferngasgesellschaften und deren Kunden anders sein sollte, in diesen also automatisch wirkende Klauseln enthalten sein sollten, die kein Ermessen eröffnen, welches sich dann überprüfen lässt.


Zu den Marktpreisen für Erdgas fehlt es (bisher?) an überprüfbaren Informationen.


Man kann noch so viele Fragen danach- etwa hier im Forum - stellen und erhält darauf keine Antwort, selbst wo ausgewiesene Experten in Sachen Gaspreis  ggf. dazu in der Lage sein sollten.

Dr. Pluge (BGW) ist mir seit dem 25.01.2005 (HNF Paderborn) die Antwort auf die Frage schuldig geblieben, an welche internationalen Notierungen die Preise in Erdgas- Importverträge gekoppelt sein sollen:

http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID4716180,00.html

HEL "Rheinschiene" etwa ist weder eine internationale Notierung für Rohöl, noch in den Importverträgen vereinbart.

Die Endverbraucherpreise sollen gar nicht der Entwicklung internationaler Rohölnotierungen, sondern deutschen Heizölnotierungen (HEL - raffiniert) folgen. Rohlölnotierungen und Heizölpreise unterliegen jedoch auch schon wieder unterschiedlichen Marktgegebenheiten.

Letztere sind auch abhängig von Raffineriekapazitäten, welche für internationale Rohölnotierungen weniger bedeutsam sein können:

http://de.wikipedia.org/wiki/Erd%C3%B6lraffinerie


Wer nun alles Experte ist, muss sich erst noch erweisen.

Manche geben vielleicht auch nur vor, die wirklich relevanten Fakten zu kennen und füttern lediglich andere mit derlei Halbwissen, die es dann weiter verbreiten. Getreu dem Motte: Unter den Blinden ist der Einäugige König. Damit meine ich in erster Linie Pressesprecher von Gasversorgungsunternehmen.

In diesem Sinne könnte es sein, dass man bisher einfach nur aneinander vorbeiredet, obschon sich beide Seiten redlich mühen. Einverstanden?


Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
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