Sehr geehrter Herr Hillebrand,
die Leser Ihrer Zeitung haben sich teilweise gegen die undurchsichtigen Gaspreissteigerungen der Bad Honnef AG verwehrt und mit Verweis auf die fehlende Billigkeit die Zahlung der Erhöhung verweigert.
Bedauerlicherweise hat die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen alle Kunden der Bad Honnef AG mit Schreiben vom 15.03.2006 an die Bad Honnef AG zur vorbehaltslosen Zahlung aufgerufen.
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat das sogenannte Transparenzverfahren mit anderen Verbraucherzentralen, dem Deutschen Mieterbund und dem Bund der Energieverbraucher im Vorfeld diskutiert. Kein anderer der erwähnten Verbände teilt diesbezüglich die Ansicht der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
Wir können die Empfehlung der Verbraucherzentrale NRW schlichtweg nicht nachvollziehen. Denn das vorgelegte Testat der Wibera erfüllt in keinster Weise die Anforderung, die an eine Offenlegung der Kalkulation zu stellen sind.
Die Vorlage eines Wirtschaftsprüferstestats ist keinesfalls als hinreichender Beweis zu werten.
Welchen Wert ein solches Gutachten hat, hat der BGH auch schon entschieden. U.a. hier auf Seite 16 f. nachzulesen:
http://www.energieverbraucher.de/files.php?dl_mg_id=550&file=dl_mg_1132088878.pdf Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 15.8.2003 BVerwG 20 F 3.03 folgendermassen geurteilt: „Ein gerichtliches Sachverständigengutachten ist als Beweismittel unverwertbar, wenn es auf Geschäftsunterlagen beruht, die eine der Parteien nur dem Sachverständigen, nicht dem Gericht und der Gegenpartei zur Verfügung gestellt hat und in dem Verfahren auch nicht offen gelegt werden (vgl. BGH Urteil vom 12. November 1991). Die gerichtliche Verwertung eines solchen Sachverständigengutachtens versagt nicht nur den Beteiligten, die die geheim gehaltenen Tatsachen nicht kennen, das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG)".
Im vorliegenden Fall hat das Gutachten weder dem Verbraucher, noch einem Gericht vorgelegen, sondern lediglich der Verbraucherzentrale NRW.
Erstaunlicherweise kann die prüfende Gesellschaft WIBERA, die seit Jahrzehnten im grossen Umfang für die Gaswirtschaft tätig ist, bereits heute die Bezugskostensteigerungen mit den künftigen Haushaltsgaspreisen im weiteren Verlauf des Jahres vergleichen, und das obwohl weder das einen noch das andere überhaupt bekannt ist. Das macht auf für jeden Laien deutlich, welcher Wert dem Gutachten beizumessen ist.
Die Verbraucherzentrale NRW will gute von bösen Stadtwerken unterscheiden. Wer nur die gestiegenen Bezugskosten weitergibt, gehört zu den Guten.
Allerdings muss sich der angemessene Preis nach einer BGH-Entscheidung aus dem Jahr 1991 nicht unbedingt an den Kosten orientieren. Preise, die auf eine schlechte Betriebsführung zurückgehen, sind schon deshalb unbillig.
Das Landgericht Hamburg verweist in seinem Beschluss vom 5. April 2006, Az: 301 O 32/05 auf das sog. "Lichtblick-Urteil" des BGH-Urteil, wonach Preiserhöhungen nur dann zulässig seien, wenn sie nicht durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen werden. Auch sei nicht der Marktpreis maßgeblich für die Billigkeit, weil es einen Wettbewerb nicht gebe und auch die Preise anderer Gasversorger keine Wettbewerbspreise seien. Die fachkundige Auswertung beigebrachter Tatsachen durch den Versorger sei kein Ersatz dafür, diese Tatsachen selbst offenzulegen.
Nach weit überwiegender Meinung im Schrifttum und aktueller Rechtsprechung geht es nicht nur um die Billigkeit der Preiserhöhung, sondern auch die Billigkeit des Gaspreises insgesamt. Dazu erlaubt das Transparenzverfahren der Verbraucherzentrale keinerlei Aussage.
Der Ansatz der Verbraucherzentrale NRW ist untauglich, geht an der derzeitigen Rechtsprechung in bemerkenswerter Weise vorbei und schwächt damit die Position der Verbraucher. Das ist sehr bedauerlich.
Verbraucher sollten sich jedoch weder durch die Bad Honnef AG, noch durch die mit ihnen kooperierenden Verbraucherzentrale NRW verunsichern lassen. Verbraucher sollten an ihrem Einwand gegen überhöhte Preise festhalten, bis durch ein rechtskräftiges Urteil die Billigkeit dieser Preise erwiesen ist. Dieses Recht steht jedem Verbraucher nach dem Gesetz zu. Anders als die Verbraucherzentrale NRW wird der Bund der Energieverbraucher alle Verbraucher unterstützen, die dieses Recht für sich beanspruchen.
Mit herzlichem Gruss
Dr. Aribert Peters
Vorsitzender
Bund der Energieverbraucher e.V.
Grabenstr. 17 53619 Rheinbreitbach
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