Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Neue Aufsätze zu §§ 307, 315 BGB bei Energiepreisen !!
RR-E-ft:
Sehr geehrter Herr Dr. Gutsche,
Nicht nur als Alumni der DHV Speyer ist mir kritisches Denken nicht fremd. Ich halte deshalb den BGH auch nicht für den Gesetzgeber. Mein Hinweis auf KZR 21/08 sollte lediglich belegen, dass der Gesetzgeber keinesfalls die zivilrechtliche Missbrauchskontrolle durch den Letztverbraucher und den einzelnen Haushaltskunden ausgeschlossen/ beschränkt hat. Jedenfalls der Kartellsenat des BGH zeigt darin/ dadurch wohl ein anderes Verständnis vom Willen des Gesetzgebers.
Ich teile die inhaltlich sachliche Kritik aus Ihrem umfassend recherchierten Beitrag. Nicht zu teilen vermag ich jedoch, unter welchen Schlagworten diese auf den Markt geworfen wird. Dass dadurch Aufmerksamkeit erzeugt werden soll, vermag daran nichts zu ändern.
Und wenn es um die Frage der gerichtliche Billigkeitskontrolle Allgemeiner Tarife und die kartellrechtlichen Möglichkeiten der Letztverbraucher innerhalb zivilrechtlicher Auseinandersetzungen geht, dann haben diese Fragen grundsätzlich nichts mit der Frage der Inhaltskontrolle von Preisänderungsklauseln in Sonderverträgen zu tun. Das sind vollkommen verschiedene Baustellen. Indem das eine mit dem anderen in einen Zusammenhang gerückt wird, zeigt sich womöglich eine Interessengeleitetheit, die man anderen wohl gerade zum Vorwurf gereichen lassen möchte. Gerade daraus nährt sich jedoch wohl auch die zu Tage getretene Unsachlichkeit. Unsere Ordnung gründet darauf, dass wir den Gerichten, insbesondere auch den Bundesgerichten und Bundesrichtern den gebotenen Respekt zollen, auch wenn wir ihre Entscheidungen inhaltlich sachlich kritisieren dürfen. Juristen verstehen es wohl so, dass aufgrund des strafrechtlich geschützten Spruchkammergeheimnisses niemand wissen kann, wie es zu der Entscheidung des Senats gekommen ist, mithin welcher Bundesrichter dabei ggf. aus welchen Erwägungen heraus wie gestimmt hatte. Die Urteilsberatung erfolgt geheim. Entschieden wird durch Mehrheit. Wer dabei (weshalb) wie gestimmt hatte, bleibt geheim. Das ist auch gut so, weil kein Richter auf einem Marktplatz seine Entscheidung rechtfertigen müssen soll.
--- Zitat ---Original von Lothar Gutsche
Besonders eingehend habe ich die Begründung durch den VIII. Zivilsenat untersucht und festgestellt, dass der Senat unter Vorsitz von Richter Ball hier gekürzt, erfunden und manipuliert hat.
--- Ende Zitat ---
Einen Beweis dafür und insbesondere für einen Vorsatz wird man wohl weiter schuldig bleiben. Den sollte indes wohl schon parat haben, wer - öffentlich - Bundesrichter des Verdachts der Rechtsbeugung bezichtigt. Es bleibet dabei: Die Gedanken sind frei. Die Gedanken.
@tangocharly
Bitte nicht ständig Öl ins Feuer, an welchem sich dann andere leicht verbrennen.
Es mag schon sein, dass mancher für sich den Eindruck gewonnen habe, die Entscheidungen VIII ZR 36/06 und VIII ZR 138/07 stellten einen Kniefall des Senats vor den Interessen der Energieversorger dar und die Entscheidung VIII ZR 314/07 sei diesbezüglich wohl etwas ambivalent (Gericht soll unter Umständen den der Billigkeit entsprechenden Tarifpreis bestimmen/ Kartellrecht spiele im derzeitigen Verfahrensstadium noch keine Rolle).
Möglicherweise war der Senat dabei auch von der Sorge vor der Belastung der Justiz dadurch getrieben, dass jeder grundversorgte Kunde die Angemessenheit (Billigkeit) seines von ihm geforderten Tarifs gem.§ 315 Abs.3 BGB gerichtlich kontrollieren lassen wollte. Möglicherweise lässt gerade eben jene Sorge nicht wenige Gerichte der Rechtsprechung des Senats \"blind\" folgen. Wer von uns wollte dem nicht ein gewisses Verständnis entgegenbringen?
Die obiter dicta- Entscheidungen des Senats VIII ZR 225/07, VIII ZR 56/08, VIII ZR 320/07, VIII ZR 81/08, VIII ZR 326/07 relativieren eine solche Sorge indes, weil der gleiche Senat eine gerichtliche Billigkeitskontrolle wohl auch in solchen Fällen zulassen möchte, wo gar kein Raum dafür ist, weil weder vertraglich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB in Bezug auf die vom Kunden zu zahlenden Energiepreise vertraglich vereinbart wurde, noch sich ein entsprechendes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB aus einem Gesetz ergibt.
Immerhin werden nach Angaben des Branchenverbandes BDEW mehr Gaskunden als Sondervertragskunden bleiefert denn als grundversorgte Tarifkunden und bei den Stromunden dürfte die Zahl der grundversorgten Tarifkunden (hoffentlich) auch immer mehr abnehmen.
Denn der weite Spielraum der Billigkeit passt nun einmal nicht in das enge Korsett, welches § 307 BGB für die Zulässigkeit einer Preisänderungsklausel erfordert, vgl. BGH KZR 10/03. Und § 310 Abs. 2 BGB nimmt nun einmal auch Preisänderungsklauseln in Energielieferungsverträgen nicht von der üblichen Inhalts- und Transparenzkontrolle des § 307 BGB aus. In jenem Punkt ist wohl eher ein nicht zu rechtfertigender Widerspruch zu suchen und ein gewisser Zauber kann sich als billiger Hokuspokus erweisen. An dieser Stelle wäre ein Verständnis dann wohl leicht aufgezehrt.
Hinzu tritt, dass etwa ein Sondervertrag, der § 4 AVBV/ 5 GVV unverändert als AGB übernimmt, schon hinsichtlich § 4 I ABVB/ 5 I GVV gegen § 305b BGB verstößt, weil die Belieferung gerade nicht zu einem Allgemeinen Tarif, sondern zu einem (ggf. individuell) vertraglich vereinbarten Sonderpreis erfolgen sollte.
Erst recht läuft eine Regelung gem. § 4 II AVBV/ 5 II GVV als AGB leer, da diese nur die Änderung - überhaupt nicht vertragsgegenständlicher - Allgemeiner Tarife betrifft, mithin weder tatbestandlich noch rechtsfolgenseitig die nachträgliche Änderung eines zunächst vertraglich vereinbarten Energie- Sonderpreises regelt. Eine solche Regelung erwiese sich deshalb wohl nicht minder als Fremdkörper in einem Vertrag, wie eine Preisänderungsregelung über den Preis von Gewürzgurken aus dem Spreewald in den AGB eines Mobilfunkvertrages.
Kritikwürdig erscheint dabei, dass der Senat im Wege obiter dictii, die mangels Beschwer keiner Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht unterliegen (wie praktisch!!!), Grundsätze gleichsam in Leitsätze gießt, die von der Rechtsprechung Beachtung finden sollen. An dieser Stelle schwingt sich der Senat wohl zu einer nicht weiter rechtsstaatlich kontrollierten Macht auf. Diese Kritik betrifft indes wohl alle obiter dicta- Entscheidungen.
Es stünde wohl sehr zu wünschen, dass ein gewisser Wolfgang nebst Kollegen hier mitlesen täten. Immerhin alle aus mancher Sicht \"bösen Geister\" wie Black lesen hier immer aufmerksam mit.
nomos:
Die eigentliche Grundsatzfrage sollte bei dieser Diskussion nicht untergehen:
--- Zitat ---Original von Lothar Gutsche
....
Welchem Kunden in der Grundversorgung helfen die unendlichen Diskussionen über unzulässige Preisanpassungsklauseln? Welchem Sondervertragskunden helfen die Feststellungen von Verstößen gegen § 305 BGB oder § 307 BGB, wenn er sich nach Kündigung des alten Tarifs einem neuen Vertragsangebot mit wirksamer Preisanpassungsklausel gegenübersieht?
.....
--- Ende Zitat ---
Diesen rhetorischen Fragen von Dr. Gutsche kann man sich als Verbraucher nur anschließen. Gerichtlich festgestellte unwirksame Preisanpassungsklauseln sind kurzfristige Erfolge aber nicht das eigentliche Ziel. Solange der Preismanipulation und dem Missbrauch nicht wirksam begegnet wird und nicht fairer Wettbewerb faire Preise bewirken, ist nichts wirklich gewonnen. Die Grundversorgung mit Wasser- und Haushaltsenergie braucht dazu noch besondere und klare Rahmenbedingungen. Formuliert ist schon viel zu Gunsten der Bürger und Verbraucher, siehe z.B. EU. Wie man selbst bei höchsten Gerichten feststellen muss, sieht die Wirklichkeit für die Verbraucher noch vielfach anders aus.
Die Erfahrungen zeigen ja leider ständig, ganz ohne staatliche Kontrolle geht es im Bereich der Daseinsvorsorge nicht. Die Versorgung mit Energie gehört dazu.
uwes:
--- Zitat ---Original von Lothar Gutsche
@ uwes
Sie haben vielleicht meine Ausarbeitung gelesen, aber offenbar nicht verstanden.
--- Ende Zitat ---
Verehrter Herr Gutsche,
ich vermute, dass Ihre Voreingenommenheit und offen zutage tretende Unsachlichkeit der Grund dafür sind, Anderen Unverständnis zu unterstellen das Sie selbst in allzu großer Deutlichkeit an den Tag legen.
Wenn Sie meinen Beitrag nicht nur gelesen sondern auch richtig verstanden hätten, dann würde Ihnen auf den ersten Blick aufgefallen sein, dass ich mit meiner Kritik nicht den Beitrag sondern die völlig verunglückte Pressemitteilung meinte.
Wenn sie weiterhin richtig gelesen und verstanden hätten, wäre Ihnen auch klar, dass ich nicht Ihrer Ausarbeitung sondern den/m Verfasser(n) der Pressemitteilung ein \"Armutszeugnis\" wegen der Formulierung unterstellt habe. Wenn Sie selbst der Verfasser sein sollten, so wäre das aus meiner Sicht bedauerlich.
--- Zitat ---Original von Lothar GutscheBei Ihrem Beitrag kann ich überhaupt keine inhaltliche Auseinandersetzung mit meinem Beitrag erkennen. Die von mir verwendeten Worte, die sich auch in der Pressemitteilung wiederfinden, sind durch den Artikel begründete Wertungen.
--- Ende Zitat ---
Es war nicht meine Absicht, mich inhaltlich mit der nach meiner Meinung nach durchaus (Zitat) \"ordentlichen\" Ausarbeitung auseinanderzusetzen, sondern der Grund für meine kritischen Worte ist ausschließlich die inkriminierte PM.
Ich möchte Ihnen das gerne erläutern: Wenn jemand - wie in diesem Falle Sie - eine derartig zeit- und rechercheaufwändige Zusammenstellung und Kommentierung der Rechtsprechung zu einem bestimmten, aktuellen Thema fertigt, so ist das die eine Sache.
Sind die Kommentierungen unsachlich und erreichen die Ausmaße der presserechtlich relevanten und von der Rechtsprechung zu Recht missbilligten Schähkritik, so ist das die andere Sache.
Ich schließe mich erneut den Ausführungen des Kollegen Fricke an und teile Ihnen mit, dass ich die sachliche Kritik an der von Ihnen recherchierten und kommentierten Rechtsprechung des VIII Zivilsenats durchaus teile, die unsachliche Aneinanderreihung von Schlagworten indessen nicht.
Die erkennbare persönliche Betroffenheit mag die Motivation für derartige verbale Entgeisungen sein, rechtfertigt diese aber keinesfalls.
Ihre unverhohlene Kritik am vorsitzenden Richter Wolfgang B. ist auch meines Erachtens absolut gerechtfertigt. Die dazu verwendeten Schlagworte vermögen hierzu in mir jedoch keine Zustimmung zu erzeugen.
Auch ich halte es in negativer Hinsicht nach dem Artikel aus dem \"Spiegel (Heft 43 S. 102) für juristisch und rechtspolitisch bemerkenswert in negativer Hinsicht, welcher Nebenbeschäftigung sich Herr Richter am BGH Wolfgang B. widmete.
Zur Erinnerung zitiere ich aus dem Artikel wie folgt:
\"Gleich nach dem Urteil war der Seminarveranstalter Euro-forum an Ball herangetreten. Zusammen mit der Düsseldorfer Kanzlei Clifford Chance warb er mit Balls Foto und unter dem Motto: „Gute Chancen für Gasversorger bei Gaspreiserhöhungen!\" Für einen Beitrag von 1605 Euro lernten die Teilnehmer „die gerichtsfeste Ausgestaltung von Preisänderungsklauseln\" und „den Umgang mit Widerspruchskunden\". Ball war der Stargast, eine Art Zeuge der Angeklagten.\"
Ich empfinde keinesfalls ein beruhigendes Gefühl im Hinblick auf mein Verständnis von unabhängigen und unparteilichen Richtern, wenn ich derartiges lese. Allerdings würde ich es nicht in \"Bild-Zeitungs\" - Manier herausstellen- nur des Haschens um Aufmerksamkeit wegen.
Ich bin seit 20 Jahren als Anwalt und mittlerweile auch als Notar tätig. Jedes Mandat, das mit Mandanten geführt wurde, die sich öffentlich oder anderen Prozessbeteiligten gegenüber ähnlich äußerten wie die Verfasser der Pressemitteilung aus \"cleanstate.de\" war schwierig und häufig entgegen den juristischen Ansprüchen weniger erfolgreich.
Das ist meine anwaltliche Erfahrung und über eine solche dürften Sie eher weniger verfügen.
Ich habe im Übrigen auch mit sehr viel Interesse Ihren Beitrag
Verfassungswidrigkeit der Quersubventionierung von öffentlichen Aufgaben durch überhöhte Energiepreise gelesen. Dieses Thema ist eines der zentralen Themen in einem von mir geführten Muisterverfahren vor dem Landgericht Oldenburg, das nach Zurückverweisung durch den Bundesgerichtshof (Urt. vom 8.7.2009 VIII ZR 314/07) nunmehr wieder aktuell ist.
Sie sehen, ich kritisiere die Wahl der Worte nicht die geäußerte Kritik als solche.
Mit freundlichem Gruß
Petersen
Black:
--- Zitat ---Original von nomos
Gerichtlich festgestellte unwirksame Preisanpassungsklauseln sind kurzfristige Erfolge aber nicht das eigentliche Ziel. Solange der Preismanipulation und dem Missbrauch nicht wirksam begegnet wird und nicht fairer Wettbewerb faire Preise bewirken, ist nichts wirklich gewonnen.
--- Ende Zitat ---
Eine unwirksame Preisanpassungsklausel ist zumindest moralisch nicht gleichzusetzten mit Preismanipulation. Die unwirksame Preisklausel trifft auch den Versorger, der tatsächlich faire Preisanpassungen ohne Steigerung der Gewinnmarge vornimmt und nur eine fehlerhafte Klausel verwendet.
RR-E-ft:
@nomos
Bisher war aber schon klar, dass die Gerichte nicht der Gesetzgeber sind.
Versäumnisse des Gesetzgebers hätte man bei diesem zu monieren.
Zum Beispiel fehlt noch eine Verordnung gem. § 41 Abs. 2 EnWG zu den Bedingungen für Verträge mit Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung, in welche zu Preisanpassungsklauseln die Selbtverständlichkeit aufgenommen werden sollte, dass Preise nur aufgrund und im Umfange nach Vertragsabschluss geänderter Kosten geändert werden können und müssen und die Preisänderungsklauseln der Rechtsprechung (zB. in BGH III ZR 247/06 Tz. 11) entsprechen müssen, was ja gerade die Tranparenz zur Folge hätte.
Auch eine Verordnung gem. § 39 Abs. 1 EnWG, wie Allgemeine Preise der Grund- und Ersatzversorgung inhaltlich zu gestalten sind, fehlt bisher leider, so dass jeder Grundversorger diese mehr oder weniger nach Gutdünken gestaltet, ohne dass klar ist, welche Kosten überhaupt und in welchem Umfange Eingang finden dürfen. Da mag es immer noch eine Reihe von Versorgern geben, bei denen die Tarife nach kommunaler Haushaltslage gestaltet werden bzw. danach, ob und mit welchem finanzielen Aufwand ein Schwimmbad zu sanieren ist.
@Black
Die Kritik hinsichtlich der Unangemessenheit der Haushaltskundenpreise insbesondere beim Gas bezieht sich auf die große Differenz zwischen Erzeugungskosten bzw. Erdgasimportpreis in Ct/ kWh und Letztverbraucherpreis, die keinesfalls durch effiziente Kosten innerhalb der Lieferkette ab Grenze bis zum Haushaltskunden gerechtfertigt sein kann. Nach der Wettbewerbstheorie stellen sich die Preise bei wirksamen Wettbewerb bei der Summe der effizienten Kosten ein, eine notwendige Verzinung ist in den Netzkosten ja auch schon zugebilligt. Die Kunden verstehen nicht, warum sie an marktbeherrschende Unternehmen ständig Preise zahlen sollen, die sich bei wirksamen Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit demnach nicht einstellen würden/ nicht durchsetzbar wären.
Hier mal ein zugegeben krasser Fall. Siehe hier.
Nachdem sich Kollege Petersen hier namentlich geoutet hat, dürfen Sie es ihm gleich tun. ;)
Manche werden staunen, wer sich hier in die Diskussion einbringt.
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