@uwes
Das Gericht stellt in der Tat darauf ab, man habe sich bei Vertragsabschluss auf einen Preis geeinigt.
Preiserhöhungen könnten nur erfolgen bei wirksam vereinbarter Preisanpassungsklausel, an der es in den Verträgen fehlt, weil die entsprechenden Klauseln unwirksam sind.
Dies mag für Sonderverträge gelten.
Es könnten wohl unter Berufung auf das Urteil nun unverjährte Rückforderungsansprüche geltend gemacht werden, wobei sich die Frage nach dem überhaupt geschuldeten Preis stellt, wenn der Vertrag ggf. schon seit über zehn Jahren besteht.
Dabei kann auch eine Verwirkungsproblematik eine Rolle spielen.
Bei echten Tarifkunden hingegen, auf welche § 4 Abs. 1, Abs. 2 AVBGasV direkt Anwendung findet, gilt indes nach der neuen Tariferechtsprechung des BGH (vgl. nur BGH, Urt. v. 18.10.2005, NJW 2006, 684, 685 Rn. 10), dass es dabei an einer Einigung auf einen Anfangspreis gerade fehlt, sondern auch dieser einseitig bestimmt und vorgegeben wurde.
Wer an einem Morgen Erdgas aus dem Verteilnetz entnimmt - ohne die aktuellen Preise zu kennen - und damit konkludent einen Vertrag schließt (vgl. nur BGH, Urt. v. 15.02.2006, WuM 2006, 207, 209, Rnr. 15/ 16) und sodann am Mittag in der Zeitung liest, dass für den nächsten Tag neue Tarife bekannt gegeben werden, kann sich nicht mit dem Unternehmen auf einen bestimmten Anfangspreis als solchen geeinigt haben.
So sollte es auch bei Sonderkunden - die Unterscheidung ist vollkommen willkürlich - liegen.
Denn es kommt nun zu einer Ungleichbehandlung, wenn etwa ein Kunde aktuell einen solchen Vertrag bei hohem Preisniveau geschlossen hat, der Nachbar jedoch den selben Vertrag mit unwirksamen Preisanpassungsklauseln bereits 2002 und nun beide bei gleicher Abnahme und gleichem Lastverhalten vollkommen unterschiedliche Preise schulden sollen, was die Konsequenz daraus wäre, dass man sich auf einen Anfangspreis geeinigt hatte, der weiter Geltung beansprucht.
Das Urteil wirft also sehr viele auch grundsätzliche Fragen auf.
Ich stehe weiter auf dem Standpunkt, dass in jedem Falle bereits der Anfangspreis einseitig bestimmt wurde und auch dieser vom GVU bestimmte Preis sich jederzeit anhand §§ 1, 2 EnWG messen lassen muss.
Denn der Versorger schuldet schon immer allen Anspruchsberechtigten gem. § 10 EnWG a.F (jederman) von Anfang an eine möglichst preisgünstige Versorgung und hat seine Preisbildung daran auszureichten (vgl. nur BGH, Urt. v. 18.10.2005, NJW 2006, 684, 685 re. Sp. Rn. 13 am Ende)
Dies hat dann jedoch die Anwendung von § 315 BGB bei umfassender Preiskontrolle anhand der offen zu legenden Kalkulation zur Folge.
Weil sich beide Argumentationen teilweise gegenseitig widersprechen, ist unser Geschäft nun nicht eben leichter geworden.
@Cremer
Eine entsprechende Erläuterung findet sich in Energiedepesche Sonderheft S. 5.
§ 315 BGB besagt Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen durch einen Vertragsteil, wenn man sich nicht auf deie Leistung (hier: den zu zahlenden Preis ) bei Vertragsschluss geeinigt hat. Aus § 316 BGB soll sich ergeben, dass es der Versorger ist, der diese Leistungsbestimmung nach § 315 BGB treffen können soll. Es könnte ja sonst auch der Kunde sein, der den Preis für die von ihm bezogenen Leistungen einseitig bestimmt....Es ist indes der Gläubiger welcher die Leistung, hier die Entgeltzahlung hiernach beanspruchen kann.
Sonst könnten sich alle Kunden die Preise unbillig selbst festsetzen....
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt