Die Abhängigkeit von Öl und Gas hat nicht nur wirtschaftliche Folgen. Aus ihr ergeben sich auch ganz spezifische sicherheitspolitische Risiken - bis hin zum Krieg um die Ressourcen.
VON JOACHIM WILLE
War der militärische Kampf um Irak nur ein böser Vorgeschmack? Drohen wegen der verschärften Weltmarktkonkurrenz um Öl, Erdgas, Wasser, seltene Mineralien und andere wichtige Rohstoffe bald weitere \" Ressourcenkriege\" , entsteht also eine \" neue Landkarte globaler Konflikte\" , wie der US-Autor Michael T. Klare erwartet? Die Gefahr ist nicht auszuschließen, das zeigte eine Tagung des Club of Rome und des Wuppertal-Instituts in Hannover. Aber es gibt - noch - den Ausweg einer \" sanften\" Energiezukunft.
Dass der Welt-Energiemarkt aus den Fugen geraten ist, muss man dem Bürger nicht erst beibringen. Er merkt es, wenn er tankt, wenn er Heizöl bestellt, wenn er seine Gas-Abrechnung bekommt. Doch die Hoffnung, die Zeit des billigen Öls wie in den 90er Jahren werde wiederkommen, dürfte trügen. \" Diese Zeit ist vorbei\" , sagte Professor Peter Hennicke, der Präsident der Wuppertaler Denkfabrik, die Energie- und Umweltforschung betreibt. China, Indien und andere aufstrebende Schwellenländer mit ihrem rasant steigenden Rohstoffhunger stören die Kreise der alten Energie-Großverbraucher Nordamerika und Europa.
Unter den Experten ist noch umstritten, ob die Hälfte des global vorhandenen Öls schon bald oder \" erst\" in zehn, 15 Jahren verbraucht sein wird, womit die Förderung sinken wird und weitere Preissprünge drohen. Doch bereits seit Mitte der 90er Jahre wächst der weltweite Ölverbrauch besonders kräftig und konstant - um rund zwei Prozent pro Jahr - an. \" Nicht einmal hohe Rohölpreise wie 2004 änderten etwas daran\" , stellte in Hannover Friedemann Müller von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik fest.
Noch produzieren die USA und Europa einen nicht unerheblichen Teil ihres Öl- und Gasbedarfs selbst, doch gehen die Reserven hier relativ schnell zu Ende. Rund 80 Prozent der Vorräte, so die Experten, liegen im politisch instabilen Nahen Osten. Der Politologe Müller warnte: \" Es gibt eine dramatische Konzentration der Vorräte am Golf.\" Konflikte seien \" programmiert\" .
Der Weltölmarkt werde sich aber auch in anderer Weise durch neue \" Player\" wie China verändern. \" China sucht händeringend nach Zugang zu anderen Rohöl-Quellen\" , sagte Müller, da die klassischen Förderländer am Persischen Golf \" in der Hand der Amerikaner\" sind. Deswegen knüpfe Peking intensive Kontakte etwa mit Sudan - und übersehe geflissentlich die Menschenrechtsverletzungen in dem afrikanischen Land. China hat mit seinem Vetorecht im UN-Sicherheitsrat in der Tat mehrfach Sanktionen gegen Sudan verhindert, der derzeit bereits acht Prozent des chinesischen Ölimports liefert.
\" Kriege für Öl\" und andere Versuche, sich den Zugang zu den fossilen Energierohstoffen zu erhalten, bringen keine wirkliche Lösung des Problems - das ist zumindest in \" Old Europe\" unbestritten. Dass es durchaus Alternativen gibt, machte auf der Tagung besonders Hennicke deutlich, dessen Institut für die Hannover-Messe 2006 einen groß angelegten \" World Energy Dialogue\" vorbereitet. Als Leitlinie gab er \" die vollständige Entkoppelung von Wohlstand und Ressourcenverbrauch\" aus - ein \" grüneres, ressourcenleichteres\" Wachstum. In zahlreichen Studie sei erwiesen, dass dies machbar sei. In Deutschland etwa sei es möglich, rund 40 Prozent des Energieverbrauchs rentabel einzusparen, etwa durch bessere Technik, effizientere Kraftwerke, Wärmedämmung und intelligentes Verbraucherverhalten, und den Rest Zug um Zug durch erneuerbare Energien bereitzustellen. Selbst der globale Energieverschwender Nummer eins, die USA, könne laut einer Pentagon-Studie dank einer ähnlichen Strategie von 2040 an komplett auf Energieimporte verzichten.
EnBW-Chef bremst Hoffnungen
Kein Wunder, dass Utz Claassen, Chef des baden-württembergischen Energiekonzerns EnBW und \" Stargast\" der Tagung, angesichts solch optimistischer Perspektiven, auf die Euphorie-Bremse trat. \" Den Umstieg auf erneuerbare Energien könnt ihr haben\" , rief er den Zuhörern zu, zumal der Klimaschutz doch \" eine der wichtigsten Aufgaben ist, die wir haben\" . Bloß: die Finanzen müssten dabei halt stimmen. Und diese Bedingung sei in vielen Fällen nicht erfüllt. In Deutschland Solarstrom zu erzeugen, zum Beispiel, sei \" ökonomisch völlig unvertretbar\" , sagte Claassen. So schied man denn einig im Allgemeinen und uneinig im Detail, wie so oft. Und legte die Frage, ob der Kampf um die Ressourcen denn noch zu vermeiden sei, auf Wiedervorlage.
http://www.f-r.de/ressorts/wirtschaft_und_boerse/wirtschaft/?cnt=734027