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Autor Thema: Stadtwerke Delmenhorst  (Gelesen 40079 mal)

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Offline advocat

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Stadtwerke Delmenhorst
« am: 06. Januar 2006, 17:51:15 »
Hallo Teilnehmer,

mit diesem ersten Beitrag möchte ich alle Interessierten informieren, daß wir für einen Kunden der SWD Delmenhorst am 06.01.2006 eine einstweilige Verfügung gegen die Androhung der Gassperre erwirkt haben.

Das AG DEL hat sich erfreulicherweise der BGH-Rechtsprechung angeschlossen und festgestellt, daß mangels Darlegung und Nachweises der Angemessenheit der Preisanhebung ein Zurückbehaltungsrecht des Kunden bestehe.

Für weitere Fragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Götz Rohde
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Offline Cremer

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Stadtwerke Delmenhorst
« Antwort #1 am: 06. Januar 2006, 20:57:48 »
@advocat,

Es wäre schön, wenn Sie zu gegebener Zeit etwas mehr an Einzelheiten veröffentlichen könnten.

Ging es um eine vom  Kunden abgelehnte Preiserhöhung aufgrund dessen die SW Delmenhorst dann miitels einer einstweiligen Verfügung eine Sperre erwirken wollten?
MFG
Gerd Cremer
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Offline advocat

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Stadtwerke Delmenhorst
« Antwort #2 am: 09. Januar 2006, 16:08:14 »
@Cremer und alle Anderen


Das Amtsgericht Delmenhorst hat am 06.01.06 im Wege der einstweiligen Verfügung den Stadtwerken Delmenhorst untersagt, die Gasversorgung eines Gaskunden in Delmenhorst zu sperren oder eine solche Sperre anzudrohen, bis sie den Nachweis der Angemessenheit ihrer Gebührenerhebung dem Gaskunden offengelegt hat.

Vorausgegangen war eine Mahnung der Stadtwerke vom 29.12.2005, mit welchem diese den Kunden unter Frist bis zum 04.01.2005 aufforderte, einen Zahlungsrückstand in Höhe von 64,00 € auszugleichen, der sich daraus ergibt, dass der Kunde seit Oktober 2005 die Abschläge für Gas nur auf Basis des bisherigen Arbeitstarifs in Höhe von 3,18 ct je kWh netto statt der verlangten 3,58 ct/ kWh netto zahlt.

Mit dieser Aufforderung verbunden hatte die SWD folgende Drohung für den Fall der Nichtzahlung ausgesprochen:

„... Anderenfalls sind wir leider gezwungen, gemäß § 33 Abs. 2 AVBV die Lieferung von Gas bzw. Wasser zu sperren und die Zwangsvollstreckung einzuleiten. ...“  

Die einstweilige Verfügung hat folgenden Wortlaut:

„ ... wegen einstweiliger Verfügung hat das AG Delmenhorst durch die Richterin am Amtsgericht Eilers wegen Dringlichkeit ... ohne mündliche Verhandlung beschlossen:

1.   Der Antragsgegnerin wird untersagt, die unter der Vertrags-Nr. ... erfolgende Gasversorgung der Wohnung des Antragstellers ... zu sperren oder eine solche Sperre anzudrohen, bis sie den Nachweis der Angemessenheit ihrer Gebührenerhebung dem Antragsteller offen gelegt hat.
2.   ...
3.   ...

Streitwert 300,00 EUR

Gründe:
Die einstweilige Verfügung ist nach § 940 ZPO zulässig und begründet, denn der Antragsteller hat einen Unterlassungsanspruch gegenüber der Antragsgegnerin.

Nach der eindeutigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) trifft die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit der Ermessensausübung bei der Festsetzung des Energie-/Versorgungspreises die Antragsgegnerin als Versorgungsunternehmen (vgl. BGH, NJW 2003, 3131; 2003, 1450; BGH, Urteil vom 05.07.05, X ZR 60/04).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 30 der Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Gas (AVBGasV). Danach berechtigen Einwände gegen Rechnungen und Abschlagszahlungen nur dann zur Zahlungsverweigerung, wenn ein offensichtlicher Fehler, z. B. Rechenminus oder Ablesefehler vorliegen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung wird das Bestreiten der Billigkeit der Preisbestimmung hiervon nicht erfasst.

Nachdem die Antragsgegnerin konkrete Darlegungen zur Billigkeit und Angemessenheit von Gas- und Strompreisen nicht vorgenommen hat, steht dem Antragsteller aus dem abgeschlossenen Versorgungsvertrag heraus ein Zurückbehaltungsrecht zu. Die Erhöhungsbeträge, die von der Antragsgegnerin geltend gemacht wurden, sind daher zur Zeit nicht fällig und ggfs. bis zur gerichtlichen Festsetzung der Billigkeit i. S. des § 315 BGB nicht zu zahlen.

Der Antragsteller kann entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BGH insoweit auch nicht auf einen Rückforderungsprozess verwiesen werden (vgl. BGH, NJW 2003, 3132) und zur vorläufigen Zahlung verpflichtet werden.

Daher besteht ein die Sperre der Versorgungsanschlüsse rechtfertigender Rückstand jedenfalls  zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht.

Aufgrund der Sperrungsandrohung der Antragsgegnerin vom 29.12.05 hat das Gericht die Eilbedürftigkeit bejaht.

Die Androhung des Ordnungsgeldes folgt aus § 890 II ZPO.

Nach § 91 ZPO trägt die Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert des Verfahrens war gem. § 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzen. ...“

Zuvor hatte der Kunde die SWD schriftlich unter Fristsetzung aufgefordert, die Sperrandrohung zurückzunehmen. Eine Reaktion der SWD ist nicht erfolgt.

Das ist doch ein schöner Jahresauftakt!

Schöne Grüße aus Harpstedt

Götz Rohde
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Offline energienetz

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Stadtwerke Delmenhorst
« Antwort #3 am: 09. Januar 2006, 16:43:43 »
Sehr geehrter Herr Rohde,

schönes Urteil, dürfen wir auch noch das Aktenzeichen erfahren. Für unsere Urteilssammlung, von der ja alle profitieren, wäre eine Kopie der Verfügung von Vorteil.

Gruss und Dank von Aribert Peters

Offline advocat

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Stadtwerke Delmenhorst
« Antwort #4 am: 09. Januar 2006, 16:48:27 »
Sehr geehrter Herr Peters,

hier das Aktenzeichen: AG Delmenhorst  -4A C 4001/06 (IV)

Für Ihre Sammlung folgt noch ein Fax.

MfG

Götz Rohde
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Offline biene

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Stadtwerke Delmenhorst
« Antwort #5 am: 09. Januar 2006, 20:42:24 »
hallo zusammen

dieser Fall wurde soeben im TV auf Radio Bremen gebracht!
http://www.butenunbinnen.de/nachrichten/buten-un-binnen.php3

Ein Erfolg für die Verbraucher!

Gruß Biene

Offline uwes

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Stadtwerke Delmenhorst
« Antwort #6 am: 24. Januar 2006, 19:08:28 »
Man darf sich durch die Entscheidung des LG Heilbronn auch in Delmenhorst nicht abschrecken lassen. (PM hier: http://www.lgheilbronn.de/servlet/PB/menu/1193234/index.html

Es ist eine Einzelfallentscheidung, da es offensichtlich auf die grundsätzliche Frage, ob die Kalkulationsunterlagen vorgelegt werden müssen, nicht (mehr) ankam.

Uwes
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Offline Cremer

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Stadtwerke Delmenhorst
« Antwort #7 am: 24. Januar 2006, 23:17:09 »
@uwes,

nun wartet doch mal die Urteilsschrift ab
MFG
Gerd Cremer
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Offline advocat

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Stadtwerke Delmenhorst
« Antwort #8 am: 25. Januar 2006, 10:51:20 »
@Alle

Hallo Leser,

die SWD Delmenhorst hat gegen die einstweilige Verfügung vom 06.01.2006 Widerspruch erhoben.

Sollten die Entscheidungsgründe des LG Heilbronn bereits bekannt sein, wäre ich für einen Hinweis bzw. Nennung der Fundstelle dankbar.

MfG

Götz Rohde
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Offline uwes

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Stadtwerke Delmenhorst
« Antwort #9 am: 25. Januar 2006, 11:37:49 »
Zitat von: \"advocat\"
die SWD Delmenhorst hat gegen die einstweilige Verfügung vom 06.01.2006 Widerspruch erhoben.


Es war ja auch nicht ernsthaft damit zu rechnen, dass man die Entscheidung akzeptiert - oder? Wir sollten uns einmal näher informieren. Die Argumentation des Kollegen Dr. Riemer aus Bremerhaven ist mir ja geläufig.

Zitat von: \"advocat\"
Sollten die Entscheidungsgründe des LG Heilbronn bereits bekannt sein, wäre ich für einen Hinweis bzw. Nennung der Fundstelle dankbar.

Bislang ist nur dieses hier bekannt.
http://www.lgheilbronn.de/servlet/PB/menu/1193234/index.html

Die PM sagt aber m.E. schon viel aus.
siehe hier:

Landgericht Heilbronn erklärt Gaspreiserhöhungen für angemes

Uwes
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Offline uwes

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Stadtwerke Delmenhorst
« Antwort #10 am: 02. Februar 2006, 01:24:55 »
Die Stadtwerke wollen keine präjudizielle Entscheidung in Delmenhorst und haben die e.V. des Kunden rechtbeständig werden lassen. Der Einspruch gegen die einstweilige Verfügung wurde zurückgezogen.

Also: Wer abwartet, hat schlechte Karten, Es passiert nämlich nichts.

Uwes
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Offline RR-E-ft

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« Antwort #11 am: 02. Februar 2006, 11:46:04 »
Der Versorger wird erkannt haben, dass einem Widerspruch kein Erfolg beschieden sein konnte, ist doch auch das Urteil des LG Heilbronn in dieser Frage klar.

Neben den Entscheidungen LG Köln, LG Düsseldorf und LG Bonn wollte man wohl nicht noch eine weitere die Verbraucher bestätigende Entscheidung eines Landgerichts.

Es steht zu erwarten, dass den Versorgern die Lust an der Beschreitung des Rechtswegs wegen aus ihrer Sicht bestehenden Unsicherheiten deutlich vergangen ist.

Wer seine Zahlungen kürzt, wird deshalb bis auf nervige Mahnungen wohl bis auf weiteres in Ruhe gelassen.

E.ON Westfalen Weser will neben der eigenen Sammelklage gegen Kunden wohl noch nicht einmal mehr Mahnbescheide verschicken, die sowieso nichts gebracht hätten.....

Man spart sich die freud- wie nutzlose Mühe, gut organisierte Verbraucher unter Druck zu setzen, und tut wohl auch gut daran.

Verbraucher selbst sollten nur gut organisiert und entsprechend vertreten in großer Zahl gemeinsam klagen.

Von Einzelklagen zu Amtsgerichten ist aufgrund der bisherigen Erfahrungen  weiter dringend abzuraten.


Wer kürzt und vorerst Ruhe hat, muss auch nicht selbst klagen, es sei denn, er möchte Klarheit erzwingen.


Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
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« Antwort #12 am: 03. Februar 2006, 09:03:28 »
Die SWD hat ihren Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung vom 06.01.2006

http://www.energieverbraucher.de/files.php?dl_mg_id=581&file=dl_mg_1137190504.pdf

zurückgenommen. Die Begründung des RA Dr. Riemer lautet wie folgt:

\"... nehme ich im Hinblick auf andere anstehende Musterverfahren den Widerspruch ... gegen die einstweilige Verfügung ... zurück.

Die Antragsgegnerin wird unter Wahrung ihrer Rechtsauffassung bis zum Abschluß dieser Musterverfahren wegen § 315 BGB - soweit Kürzungen jedenfalls nur die Gaspreiserhöhungen betreffen - keine Versorgungssperrungen durchführen und ihre Kunden in einem Rundschreiben dementsprechend unterrichten. ... \"

Vermutlich war der SWD das Risiko einer weiteren Niederlage zu hoch.

Schöne Grüße aus Harpstedt

Götz Rohde
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Stadtwerke Delmenhorst
« Antwort #13 am: 03. Februar 2006, 09:17:58 »
Zitat von: \"uwes\"
Wir sollten uns einmal näher informieren. Die Argumentation des Kollegen Dr. Riemer aus Bremerhaven ist mir ja geläufig.


@uwes

Auch ich wäre an einem Austausch interessiert. Wie kann ich Sie erreichen (Tel./e-mail/ ...)?

Götz Rohde
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Götz Rohde
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Offline uwes

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« Antwort #14 am: 08. Februar 2006, 09:29:51 »
Auch ich wäre an einem Austausch interessiert. Wie kann ich Sie erreichen (Tel./e-mail/ ...)?[/quote]

Siehe meine Mail vom Montag.
Mit freundlichen Grüßen

Uwes
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