@Floryk
Unbekümmertheit kennt manchmal keine Grenzen.
Der genannte Ratsherr hat offensichtlich selbst noch keine Antwort darauf, wie es ohne die Quersubventionen weitergehen soll.
Eine Antwort darauf wird man jedoch wohl dringend benötigen, spätestens wenn ein Gericht die Gaspreise ggf. auf ein notwendiges Maß stutzt - vollkommen unabhängig von den Aktivitäten der Gasgenossenschaft. Unfug ist, dass es sich bei den Gasbezugskosten um ein Datum handeln soll.
Den (einen) Erdgaspreis gibt es nicht. Erdgaspreise sind Verhandlungssache. Wer anderes vermeint, wende sich deshalb vertrauensvoll an das Bundeskartellamt.
Heizölkunden werden ja wohl auch nicht zur Finanzierung defizitärer öffentlicher Einrichtungen herangezogen. Es handelt sich somit um eine Ungleichbehandlung der Bürger.
Zudem handelt es sich bei der öffentlichen Gasversorgung - wie auch bei der Fernwärmeversorgung durch eine Gemeinde um Leistungen der Daseinsvorsorge, bei denen nach der BGH-Rechtsprechung strikt das Kostendeckungsprinzip zu beachten ist.
Für einen einkalkulierten satten Gewinn als "Schnaps obendrauf" ist bei den Preisen für solche Leistungen überhaupt kein Platz:
http://www.rws-verlag.de/bgh-free/volltext_6/vo88142.htmDurch ihre Beteiligung an einem zur Erzeugung von Fernwärme bestimmten Blockheizkraftwerk nimmt die Beklagte in privatwirtschaftlicher Form eine Aufgabe der Daseinsvorsorge wahr, auch wenn sie zur Erfüllung dieser Aufgabe öffentliche Sach- oder Finanzmittel einsetzt (BGH, Urt. v. 19.6.1986 - I ZR 54/84, GRUR 1987, 116, 118 = WRP 1987, 22 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I; Urt. v. 26.3.1998 - I ZR 222/95, GRUR 1999, 256, 257 = WRP 1998, 857 - 1.000 DM Umwelt-Bonus).http://www.rws-verlag.de/BGH-FREE/volltext6/vo114098.phpEs ist zwar grundsätzlich richtig, dass die öffentliche Hand, wenn sie sich entschließt, Leistungsverhältnisse im Rahmen der Daseinsvorsorge in privatrechtlicher Form zu regeln, bei der Festsetzung der Tarife und Entgelte auch öffentlich-rechtliche Vorgaben zu beachten hat. Sie hat neben den Grundrechten jedenfalls die grundlegenden Prinzipien öffentlichen Finanzgebarens zu beachten (Urteil vom 5. Juli 2005, aaO, unter II 2 c bb (1); BGHZ 115, 311, 318; 91, 84, 96 f.). Entscheidend dafür ist die Schutzbedürftigkeit des einzelnen Bürgers gegenüber der Erschließung gesetzwidriger Finanzquellen durch die öffentliche Verwaltung, die dem Bürger nicht Entgelte für Leistungen abverlangen soll, für die bei öffentlich-rechtlicher Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses Abgaben nicht erhoben werden dürften (BGHZ 115, 311, 318; 91, 84, 97). Das Kostendeckungsprinzip gehört zu den grundlegenden Prinzipien öffentlichen Finanzgebarens, die die öffentliche Hand auch dann zu beachten hat, wenn sie öffentliche Aufgaben in den Formen des Privatrechts wahrnimmt (BGHZ 115, 311, 318).Entsprechen die geforderten Preise demgegenüber nicht dem Kostendeckungsprinzip, weil über die Kosten der Gaslieferungen hinaus mit den Preisforderungen auch andere Zwecke verfolgt werden, so könnte dies auch eine Angelegenheit für die Kommunalaufsicht sein.
Da sollte man dringend nachhaken.
Schlussendlich wären die bisher quersubventionierten Einrichtungen zugleich chronisch unterfinanziert, wofür sicher jemand mit Hurra die Verantwortung übernehmen möchte.
btw:
Herr Kollege Dr. Riemer bezog sich immer auf die Urteile des BGH vom 05.07.2005 - X ZR 60/04 und X ZR 99/04.
Er sollte nun dringend auf das Urteil vom 12.02.2006 - VIII ZR 138/05 hingewiesen werden, welches keine Zweifel mehr lässt.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt