Energiepreis-Protest > Stadtwerke Delmenhorst
Zahlungspflichtig auch nach Widerspruch auf §315-Grundlage?
uwes:
--- Zitat von: \"Graf Koks\" ---... Ihre Bezugnahme auf die Entscheidungen X ZR 99/04 und 60/04 soll hier Anlass sein, den Wortlaut der o.g. Entscheidung einmal genauer zu betrachten. Hier führt der X. Zivilsenat auf S. 7 der Entscheidung aus:
Die entsprechende Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB hat zur Folge, daß die vom Versorgungsunternehmen angesetzten Tarife für den Kunden nur verbindlich sind, ...
--- Ende Zitat ---
Ich verstehe die Entscheidung anders: Gerade weil Einwände nach § 315 Abs. 3 BGB unter die Regelungen der Klausel \"Einwendungen gegen die Rechnung\"... gem. § 30 AVBGas nach der Auffassung des BGH fallen, ist sie zunächst anwendbar.
Der BGH hielt die Klausel jedoch aus AGB-rechtlichen Umständen in dem dort entschiedenen Fall zur Abfall- und Straßenreinigung für unwirksam.
--- Zitat von: \"Graf Koks\" ---[/i]Erst die vom Gericht neu festgesetzten niedrigeren Tarife sind für den Kunden verbindlich, und erst mit der Rechtskraft dieses Gestaltungsurteils wird die Forderung des Versorgungsunternehmens fällig und kann der Kunde in Verzug geraten (BGH, Urt. v. 24.11.1995 - V ZR 174/94, NJW 1996, 1054; MünchKomm./Gottwald, BGB, 4. Aufl., § 315 Rdn. 49; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 315 Rdn. 17; Staudinger/Rieble, aaO Rdn. 276); erst von diesem Zeitpunkt an besteht mithin eine im gerichtlichen Verfahren durchsetzbare Forderung des Versorgungsunternehmens.
[/i]
Eigentlich eindeutig, oder ?
Aber lesen wir noch ein wenig weiter auf S. 18:
(b) Weil die Klausel auch den Einwand der unbilligen einseitigen Leistungsbestimmung erfaßt, ist sie ferner auch mit § 315 Abs. 3 BGB nicht zu vereinbaren, der ein formularmäßig nicht abdingbares Gerechtigkeitsgebot enthält. Ist der Einwand der Unangemessenheit nach § 315 BGB gerechtfertigt, so ist, wie bereits dargelegt, von Anfang an nur der angemessene, im Ergebnis vom Gericht bestimmte Betrag geschuldet. Nur auf diesen hat die Klägerin Anspruch. Eine Rechtfertigung, ihr darüber hinaus die Befugnis zuzugestehen, zunächst eine unter Umständen gar nicht geschuldete Leistung zu vereinnahmen und den Abnehmer auf einen Rückforderungsprozeß zu verweisen, ist nicht zu erkennen. Das liefe dem Zweck des § 315 BGB zuwider (vgl. dazu BGH, Urt. v. 19.01.1983, aaO; Urt. v. 30.04.2003, aaO).
--- Ende Zitat ---
Das ist die Konsequenz der o.g. - vom Gericht in dem dortigen Falle angenommenen - Unwirksamkeit.
--- Zitat von: \"Graf Koks\" ---Der X. Zivilsenat nimmt hier ausdrücklich auf die Wertungen Bezug, die der VIII. Senat in der Entscheidung 278 und 279/02 in Hinblick auf § 30 AVBWasserV getroffen hat. Damit ist evident, dass auch der X. Zivilsenat vom Vorrang des Einwandes nach § 315 BGB ausgeht.
--- Ende Zitat ---
aber nur, wenn auch der § 30 AVBGas nach AGB- rechtlichen Grundsätzen unwirksam wäre. Das hat der BGH aber nicht ausgeführt.
--- Zitat von: \"Graf Koks\" ---Soweit der BGH also in der Entscheidung X ZR 60/04 bezüglich der Auslegung der § 30 AVBGasV/AVBWasserV usw. die hierzu vertretenen Meinungen referiert, tut er dies zum Zweck der Auslegung der AGB- Klausel - die er dann in Hinblick auf den in § 315 BGB niedergelegten fundamentalen Rechtsgrundsatz des privaten Schuldrechts 10 Seiten später für unwirksam erklärt, weil sie mit diesem Grundsatz unvereinbar ist und also die Gegenpartei unangemessen benachteiligt.
Die Frage also, wie man eine Klausel oder eine untergesetzliche Norm auslegt, ist also nicht gleichzusetzen mit der Entscheidung, ob man Ihr den nach Ergebnis der Auslegung beabsichtigten Vorrang (hier: vor § 315 BGB) denn auch gewährt (es handelt sich um eine untergesetzliche Norm - im Gegensatz zum BGB)
--- Ende Zitat ---
Also: Ist wegen der besonderen Rechtsgestaltung der AVB Gas der § 30 AVBGas unwirksam oder nicht? Der BGH hat das so offenbar nocht nicht entschieden.
RR-E-ft:
@uwes
Unter II 2 c) bb) (3) (b) ergibt sich, dass die AGB-Klausel gerade deshalb unwirksam ist, weil sie auch den Einwand der Unbilligkeit gem. § 315 BGB mitumfasst.
Nach den Urteilen BGH NJW 2003, 3131, die auch zitiert wird, und zu der der erkennende Senat auch keine Divergenz schaffen wollte, ist § 30 AVBV nicht unwirksam.
Er umfasst jedoch nach st. Rspr. nur nicht den Unbilligkeitseinwand gem. § 315 III BGB. Dieser wird durch § 30 AVBV nach st. Rechtsprechung gerade nicht ausgeschlossen.
Zudem wird ausgeführt, der VIII. Zivilsenat habe lediglich in einem obiter dictum für einen Rückforderungsprozess zu unrecht eine geänderte Darlegungs- und Beweislastverteilung angenommen.
Dabei blieb wohl unberücksichtigt, dass die Entscheidung BGH NJW 2003, 1449 gerade auf dieser geänderten Darlegungs- und Beweislast wesentlich gründete......
Wenn der X. Zivilsenat deshalb vermerkt, er wolle gerade keine Divergenz zu früheren Urteilen des BGH begründen, so müsste ein anderweitiges Verständnis des Lesers wohl allein an einer missglückten Formulierung liegen.
Es war ausdrückliches Bestreben des entscheidenden Senats, keine Divergenz zu frühreren Entscheidungen des BGH zu begründen.
Demgemäß sollten die Entscheidungen auch nicht an der bisherigen Rechtsprechung rütteln. Indem diese ständige Rechtsprechung als solche sogar wiederholt zitiert wird, wird diese nach meiner Auffassung vielmehr erneut bestätigt. Andernfalls hätte man ggf. auch eine Entscheidung des großen Senats herbeigeführt.
Zugegebenermaßen ließ der BGH jedoch für Interpretationen Raum.
Insoweit sollte man jedoch weiter auf die vielen eindeutigen Urteile der anderen Senate abstellen, die sich in der Frage über lange Jahre vollkommen eindeutig positioniert haben und zu denen gerade keine Divergenz begründet werden sollte.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt
Graf Koks:
@uwes:
Wir meinen ziemlich genau dasselbe: Der X. Senat differenziert zwischen Auslegung und der Frage, ob er die getroffene Reichweite des Einwendungsausschlusses im Einzelfall nach Abwägung der Parteiinteressen auch zun Tragen kommen lässt. Hier hat der X. ZS. eine AGB- Klausel unter ZUhilfenahme von § 30 AVBGasV ausgelegt.
Also ganz platt gesagt 2 Schritte:
1. Was sagt die Vorschrift, welche Reichweite hat ihr Wortlaut
2. Wende ich die Vorschrift vorliegend auch tatsächlich mit dieser Reichweite an. Denn § 315 BGB steht als höherrangiges Recht entgegen.
Nochmals: Wie eine Norm auszulegen ist, fällt noch keine Entscheidung darüber, ob man Ihr diese Geltung gegenüber anderen entgegenstehenden Vorschriften auch gewährt !
Eine AGB-rechtliche Prüfung kommt allerings gegenüber § 30 AVBGasV selbst nicht zum Tragen, vgl. § 310 Abs. 2 BGB.
Eine Umgehung von § 315 durch § 30 AVBGasV beabsichtigt der X. Senat nicht. Der VIII. Senat ganz sicher nicht, wie auch die Entscheidung VIII ZR 278/02 zeigt. Die Formulierung ist in der Tat einigermassen unglücklich. Aus den Erwägungen wird aber m.E. deutlich, dass auch der X. ZS. eine Leistungspflicht des Kunden hinsichtlich des Unterschiedsbetrages nach Erhebung der Einrede des § 315 BGB nicht aus § 30 AVBGasV ableiten würde, weil er das Interesse des Versorgers an der sofortigen Zahlung des Differenzbetrages nicht als schutzwürdiger ansieht als das des Kunden an der Vermeidung eines Rückforderungsprozesses. Dabei hat der X. ZS. hier noch nicht einmal den Fall des Preisprotests im Auge gehabt, er spricht nur von allgemeinen Einwendungen gegen die Abrechnungen.
M.f.G. aus Berlin
Graf Koks
RR-E-ft:
@Graf Koks
@uwes
Der BGH stellt klar, dass eine Auslegung der AGB- Klausel ergibt, dass diese auch den Einwendungsausschluss nach § 315 BGB mitumfassen sollte/ mitumfasste.
Das LG Berlin hatte in einem Berufungsurteil ( 48 S 28/04 = GE 2004, 815) entschieden, dass die AGB- Klausel den Einwand der Unbilligkeit nicht erfasst. Anders hingegen das KG Berlin (26 U 142/03).
Daraufhin hat der BGH in seinem Urteil vom 05.07.2005 entschieden, dass die AGB- Klausel nach einer Auslegung auch den Unbilligkeitseinwand nach § 315 BGB mit ausschließen sollte und folgte somit zunächst dem KG Berlin.
Jedoch hielt der BGH an dieser Stelle seine Prüfung nicht an, sondern führte diese -anders als das KG Berlin - weiter:
Gerade weil diese AGB- Klausel auch den Unbilligkeitseinwand gem. § 315 III BGB mitumfasste - also gerade deshalb - erwies sich diese AGB- Klausel als unwirksam, weil sich dies mit dem wichtigen Schutzgedanken des § 315 BGB nicht vereinbaren lässt.
Mithin kann der Einwand der Unbilligkeit gem. § 315 BGB regelmäßig nicht formularmäßig durch ABG- Klauseln abbedungen werden.
Dass § 30 AVBV den Einwand der Unbilligkeit nicht umfasst, hatte der BGH schon in der Vergangenheit immer wieder entschieden.
Und auf diese Entscheidungen wurde in dem Urteil wiederum Bezug genommen und gegen diese früheren Entscheidungen des BGH sollte ausdrücklich keine Divergenz begründet werden.
Fazit:
1.
§ 315 BGB wird durch § 30 AVBV nach ständiger Rechtsprechung nicht ausgeschlossen.
2.
Der Einwand der Unbilligkeit gem. § 315 III BGB lässt sich auch durch entsprechende AGB- Klauseln grundsätzlich nicht ausschließen, weil dies mit dem Rechtsgedanken des § 315 BGB regelmäßig nicht vereinbar ist.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt
RR-E-ft:
@Graf Koks
Die Berliner Entscheidungen sind deshalb immer in einem besonderen Licht zu sehen, da dort nach dem Teilprivatisierungsgesetz alle Tarife einer sehr strengen Aufsicht unterliegen, bei denen die Preis- Kalkulationen von Wirtschaftsprüfern besonders begutachtet und begleitet werden.
Auf diesen Umstand machten schon die Kollegen von Freshfields Bruckhaus Deringer Dr. Killing/ Dr. Wolfers in einem Beitrag in \"Der Syndikus\" aufmerksam.
In diesem Beitrag befassten sich die Kollegen mit einem Zurückbehaltungsrecht des Verbrauchers nach Unbilligkeitseinwand gem. § 315 BGB unter Beachtung des § 30 AVBV.
Richtig ist, dass nach dem Unbilligkeitseinwand der Versorger in Folge der Unverbindlichkeit gar keinen derzeit fälligen Leistungsanspruch hat.
Demgemäß bedarf der Verbraucher schon erst keines Zurückbehaltungsrechts, da ja schon kein fälliger Anspruch des Versorgers besteht, gegen den man erst ein Zürückbehaltungsrecht ausüben müsste.
Rechtsdogmatisch gesehen, wo doch immer viel Wert darauf gelegt wird, man habe die rechtsdogmatischen Voraussetzungen zu beachten, die der BGH angeblich sträflich vernachlässige und regelmäßig in einer Art Schludrigkeit mit seiner Rechtsprechung übergehe.
Die besondere Situation von Tarifpreisen in Berlin, die einer strengen Kontrolle unterliegen, ist demnach also mit den Verhältnissen andernorts nicht vergleichbar.
Berliner Instanzentscheidungen sind deshalb für das übrige Bundesgebiet nicht ohne weiteres verallgemeinerungsfähig. Berlin ist eben besonders.
Zudem ging es bei dem Urteil des BGH um Tarife der öffentlichen Abfallbeseitigung.
Diese könnten sonst auch aufgrund einer Entgeltsatzung (einer Rechtsverordnung) ausgestaltet sein und mit Gebührenbescheiden erhoben werden.
Dann käme § 80 II VwGO zur Anwendung, wonach Widerspruch und Klage für den Vollzug keine aufschiebende Wirkung haben, nur in Ausnahmefällen gem. § 80 IV, V VwG die aufschiebende Wirkung hergestellt werden kann.
§ 30 AVBV ist mit § 80 VwGO in anderen Bereichen jedoch nicht vergleichbar:
Die einseitige Preisbestimmung eines privaten Energieversorgungsunternehmens, das gegenüber anderen Gläubigern keine Sonderrechte für sich in Anspruch nehmen kann, und dessen Preisgestaltung ebenso für rechtsmissbräuchliche Preisüberhöhungen anfällig ist wie in allen anderen Fällen, in denen Preise vom Gläubiger einseitig bestimmt werden können bzw. vom marktbeherrschenden Unternehmen faktisch einseitig bestimmt werden, sind damit nicht vergleichbar.
Es fehlt eben hinsichtlich der vom EVU veröffentlichten Preise an einer Entgeltsatzung, die selbst Rechtsnormcharakter hat.
Private Energieversorgungsunternehmen verfügen - wie andere private Leistungserbringer - über keinerlei Hoheitsrechte, somit auch über keine Rechtsetzungsbefugnis und keine Befugnis zum Erlass von verbindlichen Entgeltsatzungen, die mit öffentlicher Bekanntgabe wirksam werden.
In den Bereichen, in denen öffentliche Hoheitsträger zum Erlass von Entgeltsatzungen befugt sind, kann man solche Entgeltsatzungen als Betroffener mit einem gesonderten verwaltungsrechtlichen Normkontrollverfahren gerichtlich anfechten/ überprüfen lassen.
Wird daraufhin eine Entgeltsatzung aufgehoben/ außer Vollzug gesetzt, können auch keine Gebührenbescheide über öffentliche Gebühren und Abgaben mehr darauf gestützt werden.
Ein solches Normenkontrollverfahren kann man schon lange vorher einleiten, bevor man mit einem entsprechenden Gebühren- und Abgabenbescheid rechnen muss.
Man kann deshalb solchen Bescheiden, die auf einer solchen Satzung gründen, zuvorkommen.
Eine solche generelle Angreifbarkeit und gerichtliche Überprüfbarkeit besteht hinsichtlich der von privaten Energieversorgungsunternehmen veröffentlichten \"Preislisten\" gerade nicht.
Insbesondere ist es nicht möglich, ohne Verweis auf ein konkretes Vertragsverhältnis eine abstrakte Kontrolle im Vorfeld durch ein Gericht herbeizuführen.
Dies zeigt insbesondere die Entscheidung AG Koblenz ganz deutlich, wo ein Kunde die Gaspreiserhöhung des Versorgers nicht in seinem konkreten Vertragsverhältnis, sondern generell für unbillig und unwirksam festgestellt haben wollte. Die Klage wurde deshalb als unzulässig abgewiesen, weil der Kunde daran kein Rechtsschutzbedürfnis haben kann.
Ebenso kann der Kunde nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsrichts (BVerwGE 95, 133) auch eine behördliche Tarifgenehmigung wegen mangelnder Klagebefugnis vor den Verwaltungsgerichten nicht angreifen, sondern ist auf eine gerichtliche Kontrolle der Preise durch die ordentlichen Gerichte (Zivilgerichte) - welche nur nach § 315 BGB erfolgen kann -beschränkt und verfügt allein deshalb über genügend Rechtsschutzmöglichkeiten.
Wollte man also § 315 BGB ausgeschlossen ansehen, gebe es schon gar keine Rechtsschutzmöglichkeit und es läge eine Verletzung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz (Art. 79 IV GG) vor.
Der Kunde kann jedoch dabei - wie aufgezeigt - nicht die Preisliste (Unsere geltenden Preise) als solche angreifen, sondern nur gegen vertragliche Entgeltforderungen des privaten Versorgungsunternehmens den Einwand der Unbilligkeit erheben.
Die Situation ist deshalb eine vollkommen andere.
Gerade deshalb darf § 30 AVBV nicht mit § 80 VwGO gleichgestellt werden.
Anders als im Bereich der Leistungserbringung durch die öffentliche Hand aufgrund von Entgelt- und Gebührensatzungen besteht über den Einwand der Unbilligkeit gem. § 315 III BGB hinaus gerade keine weitere Rechtsschutzmöglichkeit.
Im Übrigen schafft auch im Rückforderungsprozess nur die Anwendbarkeit des § 315 BGB zur Möglichkeit, unbillig überhöhte Entgelte überhaupt nach § 812 BGB zurückzufordern. Auch dabei kommt § 315 BGB zur Anwendung mit den selben Konsequenzen auch und gerade im Bereich der Erbringung von Massendienstleistungen.
Demgemäß ist es abwegig, § 315 BGB im Entgeltprozess auszuschließen, weil er angeblich auf die Entgelte im Bereich der Erbringung von Massendienstleistungen wegen der Einzelfallgerechtigkeit nicht passe, um auf einen Rückforderungsprozess zu verweisen.
Auch das Argument, die Gerichte seien mit der Prüfung von Preiskalkulationen dabei überfordert etc. pp. ist deshalb haltlos.
Dass § 315 BGB gerade im Bereich der Erbringung von Massendienstleistungen, nämlich gerade im Bereich der sog. Daseinsvorsorge, zur Anwendung kommt, ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des BGH.
Dies führt auch nicht etwa zu vielen unterschiedlichen Preisen, für welche die Kundschaft kein Verständnis hätte:
Stellt ein Gericht die Unbilligkeit einer einseitigen Preisbestimmung fest und ersetzt diese etwa durch eine gerichtliche Bestimmung, darf das Unternehmen die gerichtlich als unbillig festgestellten Preise aufgrund des Gleichbehandlungsgebots und kartellrechtlichen Diskrimnierungsverbots sowieso auch gegenüber seinen anderen vergleichbaren Kunden nicht mehr anwenden.
Mittelbar gilt deshalb auch für diese der vom Gericht festgesetzte \"billige\" Preis, wodurch die Preise weiter einheitlich sind.
Eben dies verschweigen die Vertreter der Energiewirtschaft in ihren umfangreichen Aufsätzen zum Verhältnis zwischen § 315 BGB und § 30 AVBV.
Im Sinne eines \"Rosinenpickens\" werden immer nur solche Aspekte in den Vordergrund gerückt, die vorteilhaft erscheinen, ohne die anderen mit zu nennen.
Ein privater Energieversorger ist nun einmal kein Hoheitsträger, mag er sich in seinem Versorgungsgebiet auch manchmal als uneingeschränkter absolutistischer Herrscher empfinden oder gebärden.
Vielleicht deshalb handeln viele Unternehmen offensichtlich wohl auch bei der Preisgestaltung gerade nicht im überrragenden öffentlichen Interesse der Allgemeinheit und des Allgemeinwohls, sondern vorrangig - wenn nicht ausschließlich- im eigenen wirtschaftlichen Interesse, welches durch das Profitinteresse der Anteilseigner maßgeblich bestimmt wird.
Darin liegt der entscheidende Unterschied.
Die Billigkeitskontrolle der Preise soll nach der Rechtsprechung gerade auch dieses - in der übrigen Wirtschaft sonst nicht zu beanstandende überragende Gewinnstreben mit Gewinnmaximierungsabsicht - wirksam begrenzen (BGH NJW- RR 1992, 183, 185).
Deshalb ist es geboten, entsprechende Aufsätze immer sehr kritisch in Bezug auf zu besorgende Verkürzungen in der Argumentation zu hinterfragen.
Damit sind leider oft selbst schon juristisch geschulte Leser überfordert.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt
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