Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Wechsel von Sondervertrag in Grundversorgung, welcher Preis bei Unbilligkeit?
Martinus11:
Auf den ersten Blick geht es um einen normalen Fall, bei dem das EVU etwas verlangt, das es nach bestehender Rechtslage auch verlangen darf:
Die Differenz zwischen
dem o.g. angeblich unstreitigen Anfangsbetrag einer nach Kündigung konkludent neu entstandenen GV
und
meinen geringeren Zahlungen, die dem letzten noch nicht widersprochenen Preis entspringen (paar Jahre vor der Kündigung).
Die Kündigung samt GV-Einstufung liegt schon mehrere Jahre zurück und lief wie folgt ab (jede Nummer ist ein Schreiben):
(1) EVU kündigt schriftlich:
Wir kündigen Ihren Vertrag "Blabla-Best" zum ... (in 6 Wochen);
keine Rechtsgrundlage genannt;
eingescannte Unterschrift des Geschäftsführers ohne i.A/i.V.;
Hinweis auf GV, wenn nichts Neues abgeschlossen wird
(2) Mein Widerspruch dagegen:
Ich bin in GV und da könnt ihr nicht kündigen;
Falls SV besteht, bitte Kündigungsmöglichkeit aus solchem vorlegen
(3) EVU stuft mich schriftlich in GV ein:
6 Wochen vorbei und nichts Neues abgeschlossen;
Hinweis auf Kündigung vor 6 Wochen;
Hinweis auf nun relevante GasGVV und z.Z. gültige GV-Preise
(4) EVU antwortet "seltsam" auf meinen Widerspruch:
Unsere Preise sind in Ordnung, Ihr Preis-Widerspruch nicht gerechtfertigt (gegen Preise habe ich nicht widersprochen!?);
Wir sind Rechtsnachfolger versch. Firmen und dürfen auch alte Verträge kündigen (hatte ich nicht moniert!?)
(5) Meine Antwort:
Bitte genaue Kündigungs-Vorschrift nennen, aus GasGVV oder SV;
Betrachte Kündigung als unwirksam
(6) EVU:
Wir bleiben dabei, nerv nicht weiter
(7) Meine Antwort (ich nerve weiter):
Widerspreche nochmal der Kündigung und GV-Einstufung;
Möchte genaue Kündigungsvorschrift wissen;
Kündige an, zukünftig nur den alten Tarif weiterzubezahlen und GV nicht anzuerkennen
(8)EVU:
Im Betreff: "Preisänderungsklausel" (?)
Wir arbeiten nach der GasGVV, siehe anbei
Die von Ihnen verlangte genaue Vorschrift lautet: §5 Abs. 2 GasGVV
Nerv nicht weiter, wir bleiben dabei
Für mich war dann klar, dass ich wie bisher weitermache, den alten Preis bezahle und von keiner wirksamen GV-Einstufung ausgehe. Ich habe das bei jeder weiteren Gelegenheit betont, z.B. Jahresabrechnungen und Preiserhöhungen. Das EVU hat das mehrere Jahre hingenommen, bis jetzt.
bolli:
--- Zitat von: Martinus11 am 08. September 2016, 14:39:35 ---Was wen wie viel kostet, würde ich nicht so pauschal beurteilen. Vor einem AG mag es mit einer guten Beratung getan sein.
--- Ende Zitat ---
Ich möchte nur davor warnen, diese Ebene "auf die leichte Schulter" zu nehmen. Die Basis eines Verfahrens wird oftmals auf der untersten Ebene gelegt, da oftmals in den weiteren Instanzen nur noch die Sachverhalte näher beleuchtet werden können, die bereits im Ursprungsverfahren vorgebracht wurden. Etwas, was also beim Amtsgericht nicht bereits Thema war, werden Sie später nicht mehr auf den Tisch bringen können.
Gerade die Grundversorgung ist nicht ganz ohne, da in diesem Bereich bisher nicht so viele Sachverhalte höchstgerichtlich untersucht wurden wie bei den Sonderverträgen. Aber: Das Verfahren kann schnell teuer werden, wenn ein Gutachten zur Untersuchung des Preises auf seine Billigkeit angeordnet wird. Ohne ein solches Gutachten wird es aber nicht gehen, da ansonsten bisher meist nur Zeugenaussagen von Mitarbeitern bzw. eigenen Wirtschaftsprüfern geglaubt wurde.
Wenn Sie in Ihrem Verfahren z.B. nicht sicher vorhersagen können, wie denn die Entscheidung über den Altvertrag ausgehen wird, müssen Sie schon von vornherein mehrgleisig fahren und hilfsweise Alternativbetrachtungen vornehmen und entsprechende Anträge bereits im Ausgangsverfahren stellen. Das wird schnell unübersichtlich. Tun Sie dieses nicht, werden Sie die Alternativen später in einem Berufungsverfahren aber nicht mehr zur Diskussion stellen können.
Daher darf man auch schon die AG-Ebene nicht ZU leicht nehmen.
Martinus11:
Keine Sorge, ich nehme es am AG ganz bestimmt nicht zu leicht. Eher im Gegenteil, ich werde sehr sorgfältig in meine Klageerwiderung alle denkbaren "falls-nicht-wie-gewünscht-vom-Gericht-beurteilt"-Szenarien aufgreifen und dann die darauf folgenden Gedankengänge aufbauen. Also nach dem Schema (beispielhaft):
"1.1 Der Vertrag wurde nicht wirksam gekündigt, weil..."
1.2 Falls das Gericht eine wirksame Kündigung sieht, ist aber kein neuer GV-Vertrag wirksam vereinbart worden, weil..."
1.3 Falls das Gericht dennoch einen wirksamen GV-Vertrag sieht, dann steht aber zumindest dessen abgeblich vereinbartem Anfangspreis folgendes entgegen..."
1.4 Falls das Gericht ...... , dann ist die Forderung aber zumindest nicht fällig, weil die Berechnung folgende Fehler hat ...."
1.5 Falls das Gericht keine Fehler sieht bzw. diese vom EVU berichtigt werden können, dann sind Preise bezüglich deren Billigkeit zu prüfen...
1.5 Falls das Gericht...., dann bitte ich um Aussetzung der Entscheidung, bis über die Verfassungsbeschwerde entschieden ist..."
Tatsache ist, wie man an der obigen Kündigungsbeschreibung sieht, dass das EVU offenbar einen So-V sieht, den ich nicht abgeschlossen habe (evtl. konkludent, das möge man mir nachweisen...).
Und dessen Kündigung wird trotz mehrfacher Aufforderung von mir nur mit einer für die die GV (!) gültigen Vorschrift betreffend einer möglichen Preiserhöhung(!?) begründet, §5 Abs. 2 GasGVV. Soll das eine ordentliche Kündigung eines So-V sein?
Wo kommt z.B. die 6-Wochenfrist her?
Eine Kündigung muss ausreichend bestimmt sein, ich kann das nicht erkennen.
Soll ein "durchschnittlicher Kunde mit seinem objektiven Empfängerhorizont" das oben beschriebene Gemurkse als rechtmäßige Kündigung akzeptieren müssen?
Warum wartet das EVU danach geschlagene sechs Jahre bis zur Klage, in denen ich "zu wenig" bezahle und ständig darauf hinweise (bei jeder Jahresabrechnung explizit), dass ich mich nicht als in der GV betrachte? Wenn doch alles so sauber und klar ist im Sinne des Versorgers? Und warum dann nicht gleich eine ordentliche Antwort geben, wenn ich schon extra mehrfach nachfrage und sich das EVU immerhin die Mühe einer dreimaligen Antwort macht?
berghaus:
@Martinus11
--- Zitat --- von Martinus11
(1) EVU kündigt schriftlich:
Wir kündigen Ihren Vertrag "Blabla-Best" zum ... (in 6 Wochen);
keine Rechtsgrundlage genannt;
eingescannte Unterschrift des Geschäftsführers ohne i.A./i.V.;
Hinweis auf GV, wenn nichts Neues abgeschlossen wird
(2) Mein Widerspruch dagegen:
Ich bin in GV und da könnt ihr nicht kündigen;
Falls SV besteht, bitte Kündigungsmöglichkeit aus solchem vorlegen
--- Ende Zitat ---
Zu (1) Mein freundlicher Versorger (RWE) hat in den drei Kündigungen
‚im Nov 2010‘ (der berühmte Beendigungskündigung)
,im Aug 2012‘ immer wegen Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen
und endlich am 30.09.2013 mit den jahrelang geforderten zwei ppa. Unterschriften mit 'gefühlter Tinte'
nie den Vertrag, der gekündigt werden sollte, benannt, sondern immer nur
„….den mit Ihnen bestehenden Erdgasliefervertrag zum….“
„…Ihren derzeitigen Gasliefervertrag zum…..“
„… den Erdgasliefervertrag mit Wirkung zum……“
wobei ich nach Meinung des Versorgers ab 2011 in der GV war. Das LG sah das dann erst ab 2013 als gegeben an. Vorher Sondervertrag seit 1975!
Bezüglich der Kündigung hat sich, so habe ich das Empfinden, die Rechtsprechung dahingehend entwickelt, dass die Kündigungsschreiben im Prinzip überhaupt nicht unterschrieben sein müssen.
Es genüge ein Papier vom Versorger, aus dem der Kündigungswille von welchem Vertrag auch immer erkennbar ist.
Bei mir spielte es auch keine Rolle, dass im Verlauf des Hin und Her ein Vertrag von 2007 vom Versorger als gekündigt benannt wurde, der nicht zustande gekommen war, was der Versorger schon bei der Klageschrift einsah.
Weil mein Vertrag von 1975 nur ‚schriftlich‘ gekündigt werden konnte, hatte ich von Anfang an und immer wieder nach guter väterlicher Sitte zwei ppa. Unterschriften mit gefühlter Tinte verlangt.
Urteil LG 2014
(Black hatte an anderer Stelle danach gefragt):
„… Bei Unklarheiten… Auslegung der1975 getroffenen Abrede nach 33 133, 157 BGB….
Sinn und Zweck der Abrede damals war dafür zu sorgen, dass eine Kündigung nicht mündlich ausgesprochen werden durfte. Zu Nachweiszwecken und zur Klarheit der Parteien sollte sie nur in niedergeschriebener Form möglich sein. …… Der Beklagte konnte dem Schreiben problemlos entnehmen, dass es von der Klägerin stammte und dass der zum damaligen Zeitpunkt gültige Vertrag zu 31.12.2013 beendet werden sollte……“
Das OLG hat in der Verhandlung diese Sichtweise mündlich bestätigt. (Die Parteien verzichteten auf eine schriftliche Begründung des Urteils).
zu (2)
Ich fürchte, dass Sie beweisen müssen, dass Sie vor der Kündigung in der Grundversorgung waren.
Und ich bin auch nicht sicher, ob die Kündigung selbst dann nicht wirksam werden konnte.
Ich nehme an, dass Sie Ihre Abrechnungen vor der Kündigung hier im Forum auch nicht zur Diskussion stellen wollen, da der Versorger mitlesen könnte.
berghaus 12.09.16
bolli:
--- Zitat von: berghaus am 13. September 2016, 00:52:54 ---zu (2)
Ich fürchte, dass Sie beweisen müssen, dass Sie vor der Kündigung in der Grundversorgung waren.
Und ich bin auch nicht sicher, ob die Kündigung selbst dann nicht wirksam werden konnte.
--- Ende Zitat ---
Zur Frage der Einstufung in die Grundversorgung werfe ich mal diesen Thread bzw. das entsprechende Urteil in die Runde ( Grundversorgung/Sondervertrag BGH, Urt. v. 6.4.16 VIII ZR 236/10 Abgrenzung ). Schon bei der Beantwortung dieser Frage gilt es vieles zu beachten.
Eine Kündigung der GV ist nur in den (engen) Grenzen des § 20 StromGVV/GasGVV i.V.m. § 36 Abs. 1 EnWG möglich. Nach meinem Kenntnisstand gibt es da Rechtsprechung zu, dass eine solche Kündigung wegen Billigkeitseinwand und darauf basierender Kürzung/(Teil-)Einfrieren der Abschläge/Preise nicht zulässig ist. Müsste ich aber nochmals suchen, da ich es nicht präsent habe, meine aber mich daran erinnern zu können.
Navigation
[0] Themen-Index
[#] Nächste Seite
[*] Vorherige Sete
Zur normalen Ansicht wechseln