Mit dem EEG räumt der Staat den Betreibern regenerativer Stromerzeugungsanlagen jedenfalls die aufgezeigten wirtschaftlichen Vorteile ein, die sie sonst nicht hätten. Ohne die Einräumung/ Verschaffung dieser wirtschaftlichen Vorteile für Betreiber regenerativer Stromerzeugungsanlagen kraft Gesetzes durch den Staat gäbe es jedenfalls schon keinerlei Differenzkosten.
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Wenn der Staat einzelnen Wirtschaftssubjekten wie hier den Betreibern regenerativer Stromerzeugungsanlagen wirtschaftliche Vorteile einräumt, dadurch Kosten verursacht werden wie vorliegend die Differenzkosten, dann sollten solche Kosten grundsätzlich aus Haushaltsmitteln gedeckt werden, solche Kosten also nicht ohne Rücksicht auf deren Leistungsfähigkeit Bevölkerungsgruppen auferlegt werden, die insoweit gar keine besondere Finanzierungsverantwortung trifft.
Ich meine, die Stromkunden trifft schon keine besondere Finanzierungsverantwortung hinsichtlich der Förderung einzelner Stromerzeugungsarten. Das gilt für die regenerative Stromerzeugung ebenso wie für die Kohleverstromung.
Gleiches gilt für Katalysatorenhersteller, die durch den Staat mittels Abgasvorschriften (Gemeinwohlaufgabe Umweltschutz) einen wirtschaftlichen Vorteil eingeräumt bekommen, den sie sonst nicht hätten.
Autokäufer, die auch kein Interesse an niedrigen Abgaswerten der Autos haben, trifft somit nach dieser Logik auch keine besondere Finanzierungsverantwortung hinsichlich der Herstellung von Katalysatoren. Der Staat hätte nach dieser Logik auch die Kosten für die Katalysatoren in den Kraftfahrzeugen aus Steuermitteln zu finanzieren.
Ebenso gilt dies alles für die Rauchgasentschwefelungsanlagen der Kohlekraftwerke und viel weitere Beispiele, die schon genannt wurden.
Diese Logik auf die Müllentsorgung angewendet offenbart die darin enthaltene Fehleinschätzung:
Vor langer Zeit hat jeder seinen Müll einfach in den Wald oder den nächsten Fluss gekippt. Das war zwar nicht umweltfreundlich, aber billig. Dann gab es eine öffentlich organisierte Entsorgung ausschließlich auf Mülldeponien. Das wurde später auch als nicht umweltgerecht eingestuft.
Der Staat hat das per Gesetz aus Umweltschutzgründen "verbessert" und organisiert über die Kommunen eine umweltgerechte Müllentsorgung - auch über das Duale System. Durch diese ganzen Gesetze und Regelungen hat der Staat nun den Entsorgungsunternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft, den sie sonst nicht hätten. Und das nur aufgrund der Gemeinwohlaufgabe Umweltschutz.
Dazu würde nun das BVerfG doch nicht folgendes sagen:
Die Müllgebühren und die Umlage des Dualen Systems belasten private Haushalte ebenso wie gewerbliche Verbraucher, die private ebenso wie die öffentliche Hand. Gemeinsam ist den Kostenträgern nur der Konsum und der daraus resultieren Müllanfall. Die bloße Nachfrage nach den gleichen Wirtschaftsgütern aber formt die Verbraucher nicht zu einer Gruppe, die eine Finanzierungsverantwortlichkeit für eine bestimmte Aufgabe träfe. Die Nachfrage mag Anknüpfungspunkt für eine Verbrauchsteuer sein, taugt aber nicht als Grundlage für eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit, die den Nachfrager für eine bestimmte umweltpolitische Sicherung in Pflicht nimmt.
Der Kreis der Verbraucher ist nahezu konturenlos und geht in der Allgemeinheit der Steuerzahler auf. Die mit einer Sonderabgabe ("Grüner Punkt", Müllabfuhrgebühren) eingeforderte Finanzverantwortung findet keine homogene Gruppe vor, deren gemeinsame Interessenlage eine besondere Sachnähe zur umweltgerechten Müllentsorgung begründete. Die Art der Müllentsorgung (jeder kippt seinen Müll in den nächsten Wald ./. die Müllabfuhr und das Duale System entsorgen den Müll umweltgerecht) ist für die Konsumenten unerheblich; ihr paralleles Interesse zielt eher auf die Sicherheit der jeweils individuelle Müllentsorgung als Reflex der allgemeinen Entsorgungssicherheit (die durch "jeder kippt seinen Müll in den Wald" erfüllt ist). Die Sicherstellung der umweltgerechten Müllentsorgung aber ist ein Interesse der Allgemeinheit, das als Gemeinlast - durch Steuer - finanziert werden muss.
Niemand fordert aber die Finanzierung der Müllentsorgung aus Steuermitteln. Im Gegenteil gibt es die Müllabfuhrgebühren und die Kosten des Dualen Systems (Grüner Punkt), die als Umlage auf die einzelnen Produktverpackungen aufgeschlagen werden. Beides absolut verbrauchsabhängig gestaltet.
Würde das BVerfG also die kommunalen Müllabfuhrgebühren und die Umlage des Grünen Punkts auf die Konsumgüterpreise als verfassungswidrig einstufen?
Wohl kaum.
An dieser analogen Übertragung auf die Müllentsorgung kann man erkennen, dass dieser Teil der Begründung des Kohlepfennig-Urteils des BVerfG nicht wirklich nachvollziehbar, wohl eher schlicht falsch ist.
Auch Verfassungsrichter können sich verrennen und irren.
Das Kohlpfennigurteil mag insgesamt richtig sein, die Begründung ist in diesem Teil aber mehr als zweifelhaft.
Es kann daher auch als zweifelhaft angesehen werden, ob das BVerfG heute nochmal so begründen würde.
Dass den Stromverbraucher hingegen keine Finanzierungsverantwortung für eine bestimmte struktur-, arbeitsmarkt- und (allgemeine?) energiepolitische Sicherung trifft,
die nicht nur mit dem Stromverbrauch zusammenhängt, ist hingegen sicher nachvollziehbar und gerechtfertigt. Das hätte als Begründung des Kohlepfennig-Urteils wohl auch ausgereicht.
Ich meine, die Stromkunden trifft schon eine besondere Finanzierungsverantwortung hinsichtlich aller mit der Stromerzeugung zusammenhängenden Kosten, inklusive der aus Umweltschutzgründen und Gründen der Stromversorgungssicherheit als notwendig erachteten Auflagen wie der Rauchgasentschwefelung oder der zwangsweisen Einspeisung einzelner Stromerzeugungsarten trotz höherer Kosten.
Das gilt für die regenerative Stromerzeugung wohl ebenso wie für die Kohleverstromung (Rauchgasentschwefelung).