Eine möglichst preisgünstige Stromversorgung erreicht man auch durch möglichst geringe Netzkosten.
Wenn es darum geht, Netzkosten einzusparen, dann geht es darum, möglichst wenig Netz zu benötigen.
Dies erreicht man am besten dadurch, dass Stromerzeugung und Stromverbrauch möglichst nah bei einander liegen,
so dass der Strom gar nicht erst über große Strecken transportiert werden muss.
Diese Sichtweise träfe wohl zu, wenn die Stromquellen kontinuierlich liefern würden.
Das ist aber bei EE-Strom nicht der Fall. Auch nicht in Norddeutschland.
Während an einer Stelle grad der Wind weht, ist woanders eher Flaute. Während hier die Sonne Scheint, ist es dort gerade bewölkt.
Wenn man zu einer sicheren Stromversorgung aus erneuerbaren Energien kommen will, muss man also entweder auf jeweils große lokale Speicherkapazitäten setzen, oder aber - um den Speicherbedarf auf ein bezahlbares und machbares Maß zu reduzieren - die Gebiete möglichst großräumig vernetzen.
Die erneuerbaren Energie können nur dort geerntet werden, wo sie anfallen. Insofern ist eine großflächige Nutzung von z.B. Wind und Sonne über die ganze Bundesrepubilk verteilt kaum zu vermeiden. Eine entsprechende Vernetzung auch nicht. Wobei anzumerken ist, dass das bestehende Netz dafür zu einem großen Teil ausreichend ist. Der erforderliche Ausbau ist so groß nicht, wenn man auch konsequent alle EE-Stromquellen (insbesondere Sonne und Wind) über die ganze Bundesrepublik verteilt nutzt, was bisher bei weitem nicht der Fall ist. Bisher dominiert in Süddeutschland die PV, während in Norddeutschland der die Windkraft dominiert. Ein entsprechendes Aufholen in den jeweiligen Gebieten wäre schon ein erheblicher Gewinn an Versorgungssicherheit durch Verstetigung des EE-Stromangebots, was auch einen Netzausbaubedarf der "Stromautobahnen von Nord nach Süd" schon wieder ein Stück reduzieren würde. Auch der Süden wäre dann keine Stromdiaspora mehr, trotz Abschaltung der Atomkraftwerke.
Ich denke daher, dass die von Ihnen schon mehrmals aufgestellte Forderung, die Industrie doch in Norddeutschland anzusiedeln, weil dort viel Strom ist, nicht ganz durchdacht ist.
Aber selbst wenn dem so wäre, dass der Strom aus erneuerbaren Energien in Norddeutschland im Überfluss vorhanden sein wird, während der Süden unter chronischem Strommangel leiden wird (was ich für eine falsche Einschätzung halte), stellt sich noch die Frage:
Wenn nun alle Betriebe wegen des billigeren Stroms nach Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern oder auch Sachsen, Niedersachsen oder Brandenburg ziehen, und folglich auch die zugehörige arbeitende Bevölkerung dorthin zieht, wäre das dann volkswirtschaftlich nicht wesentlich teurer als das bisschen Stromnetzausbau, wenn man in den neu zu errichtenden bzw. auszubauenden Industriestandorten nicht nur neue Fabriken und Wohnhäuser, sondern auch die zugehörige restliche Infrastruktur (Straßen, Wasserversorgung etc.) errichten muss?
Ich denke, die These "nachhaltige Stromversorgung möglichst lokal ohne großräumige Vernetzung" ist eher ein (gedanklicher) Kurzschluss und führt wohl zu weniger Versorgungssicherheit, oder aber zu mehr Kosten (durch mehr erforderliche Stromspeicherkapazitäten in jedem Gebiet).