Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Auf Sonderkündigungsrecht nicht hingewiesen

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Spezialfrage:
Um es nochmals ganz deutlich zu sagen: Die Preisänderungsklausel ist nicht in den AGB des Versorgers enthalten! Es handelt sich auch nicht um einen Onlinevertrag.

Die Preisänderungsklausel befindet sich sogar im eigentlichen Vertrag und es wird darin auf die "Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grudnversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgumg mit Gas aus dem Niederdrucknetz (GasGVV)" verwiesen.

Auszug aus dem Vertragstext konkret:
"Preisänderungen erfolgen gem. § 5 Abs. 2 und 3 der beigefügten und als Vertragsbestandteil vereinbarten "Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grudnversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgumg mit Gas aus dem Niederdrucknetz (GasGVV)". Dem Kunden steht im Fall einer Preisänderung das Recht zu, den Vertrag mit einer Frist des § 20 Abs. 1 GasGVV (Frist von einem Monat zum Monatsende) außerordentlich auf das Datum des Wirksamwerdens der Preisänderung zu kündigen."

Ich vermute sehr stark, dass die Preisänderungsklausel generell gültig ist. Die Kernfrage bleibt aber immer noch, ob der Versorger bei der Preiserhöhung nicht noch einmal gesondert und deutlich hätte auf das Sonderkündigungsrecht hinweisen müssen oder ob der einmalige Passus im Vertrag "für alle Ewigkeit" ausreichend ist.

Didakt:

Die Anpassungsklausel Ihres Vertrages ist gültig. Nach der aktuellen Rechtsprechung (BGH-Urteil vom 14.07.2010 (VIII ZR 246/08) sind Preisanpassungsklauseln in Sonderverträgen wirksam, wenn diese das in § 5 Abs. 2 GasGVV für die Grundversorgung geregelte Recht zur Preisanpassung unverändert übernehmen.

Die Notwendigkeit, auf das Sonderkündigungsrecht noch ausdrücklich besonders hinzuweisen, sehe ich nicht!

Ob der BGH seine gegenüber der Regelung in § 5 Abs. 2 GasGVV erheblich strengeren Anforderungen an die Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln in Gassonderverträgen weiterhin aufrechterhalten wird, bleibt abzuwarten.

khh:

--- Zitat von: Didakt am 05. März 2013, 16:55:19 ---Die Notwendigkeit, auf das Sonderkündigungsrecht noch ausdrücklich besonders hinzuweisen, sehe ich nicht!
--- Ende Zitat ---

Dieser Sichtweise könnte womöglich entgegenstehen:


--- Zitat ---GasGVV § 5 Art der Versorgung - Auszug

(2) Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden jeweils zum Monatsbeginn und erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam, die mindestens sechs Wochen vor der beabsichtigten Änderung erfolgen muss. Der Grundversorger ist verpflichtet, zu den beabsichtigten Änderungen zeitgleich mit der öffentlichen Bekanntgabe eine briefliche Mitteilung an den Kunden zu versenden und die Änderungen auf seiner Internetseite zu veröffentlichen.
--- Ende Zitat ---

und


--- Zitat ---Oberlandesgericht Düsseldorf, VI-2 U (Kart) 10/11 v. 13.06.2012 - Auszug

3. Da die Richtlinie 2003/55/EG (genauso wie die Nachfolgerichtlinie 2009/73/EG) nur unvollkommen in nationales Recht übertragen worden ist, sind deren Bestimmungen (hier Art. 3 Abs. 3 i.V.m. Anhang A) kraft richtlinienkonformer Auslegung in das nationale Recht, d.h. in die genannten Bestimmungen der AVBGasV und der GasGVV sowie in eine ergänzende Vertragsauslegung, hineinzulesen.

4. Danach ist bei Preiserhöhungen neben den sachlichen Anforderungen, die der BGH dafür entwickelt hat, geboten, dass
- Verbrauchern bei Preiserhöhungen ein Rücktrittsrecht (Kündigungsrecht) gewährt wird,
- Verbraucher über eine beabsichtigte Preiserhöhung rechtzeitig vorher unterrichtet werden,
- dabei vom Versorger zugleich über das Rücktrittsrecht (Kündigungsrecht) informiert wird und
- Verbrauchern jede Preiserhöhung mit angemessener Frist (d.h. rechtzeitig) auch direkt (unmittelbar) mitgeteilt wird.
5. Wird auch nur eine Anforderung nicht erfüllt, sind Preiserhöhungen rechtlich nicht durchsetzbar und kann Zahlung nicht verlangt werden.
--- Ende Zitat ---

Fraglich allerdings, ob einer Preiserhöhung in 2011 / Jahresrechnung in 2012 jetzt noch widersprochen werden kann, da m.W. lt. BGH einer Preiserhöhung gem. § 5 GasGVV innerhalb einer angemessenen Frist (ca. 8 Wochen?) nach Verbrauchsabrechnung zu widersprechen ist!?

Spezialfrage:
Vielen Dank für die weiteren Beiträge.

Ich erlaube mir, nochmals zusätzlich auf § 41 Abs. 3 Energiewirtschaftsgesetz zu verweisen:

(3) Lieferanten haben Letztverbraucher rechtzeitig, in jedem Fall jedoch vor Ablauf der normalen Abrechnungsperiode und auf transparente und verständliche Weise über eine beabsichtigte Änderung der Vertragsbedingungen und über ihre Rücktrittsrechte zu unterrichten. Ändert der Lieferant die Vertragsbedingungen einseitig, kann der Letztverbraucher den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.

Irgend einen Sinn muss diese Norm ja haben. Vor allem dann, wenn der Lieferant es unterlassen hat, auf die Rücktrittsrechte hinzuweisen.

Wie ich hier entnehme, scheint die oben zitierte Preisanpassungsklausel im Liefervertrag ja generell rechtmäßig zu sein. Dennoch stellt sich die Frage, ob sie auch durchgesetzt werden kann, wenn man insbesondere § 41 Abs. 3 Energiewirtschaftsgesetz beachtet.

Die von kkh thematisierte Sache mit dem zeitnahen Widerspruch der Jahresrechnung macht das Ganze gleich nochmals komplizierter.

khh:

--- Zitat von: Spezialfrage am 05. März 2013, 17:44:12 ---Wie ich hier entnehme, scheint die oben zitierte Preisanpassungsklausel im Liefervertrag ja generell rechtmäßig zu sein.
--- Ende Zitat ---

@Spezialfrage

Naja, sooo 'generell rechtmäßig' muss das nicht sein. Aber die für den 21.03.2013 avisierte Urteilsverkündung des EuGH zur BGH-Vorlage vom 09.02.2011 wird dazu sicherlich erste Aufschlüsse geben (siehe auch unter "Gerichtsurteile zum ...").

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