Energiepolitik > Preismeldungen
EEG-Umlage muss Kunde informiert werden?
Netznutzer:
Sollten Sie Stromlieferung als "ALL-Inclusive" gekauft haben, muss der Lieferant, egal welcher Grund für eine Preisanpassung vorliegt, Ihnen den neuen Preis anbieten, und Sie nehmen an oder lehnen ab und suchen sich einen anderen Anbieter. Sollten Sie einen Liefervertrag haben, der lautet, gekauft wird Strom zum Preis x, hinzu kommen sämtliche anderen Belastungen in der zum jeweiligen Zeitpunkt entsprechenden Höhe, dann denke ich, braucht der Lieferant nicht hinzuweisen. Diese Verträge kenne ich allerdings nur aus dem Bereich von gemessenen Kunden.
Gruß
NN
Lothar Gutsche:
Im Auftrag des Gesamtverbandes der deutschen Textil- und Modeindustrie e. V. hat der Regensburger Universitätsprofessor Dr. Gerrit Mansssen, siehe http://www.uni-regensburg.de/rechtswissenschaft/oeffentliches-recht/manssen/lehrstuhlinhaber/index.html, ein Gutachten zur Verfassungsmäßigkeit der EEG-Umlage angefertigt. Eine längere Kurzfassung seines Gutachtens findet sich in dem Artikel:
Prof. Dr. Gerrit Manssen, Universität Regensburg:
Die Verfassungsmäßigkeit von EEG-Umlage und besonderer Ausgleichsregelung in Erneuerbare Energien Gesetz, Wirtschaft und Verwaltung 4/2012, S. 170 – 187 (WiVerw Heft 4/2012, Beilage zur Wirtschaftsverwaltungsrecht-Zeitschrift „Gewerbearchiv“).
Auf Seite 176 des Artikels wird die bisherige Kalkulation und Weitergabe der EEG-Umlage an Endverbraucher beschrieben:
Bis zum Jahr 2009 oblag die Kalkulation der EEG-Umlage den einzelnen Stromlieferanten. Die nachgeordneten Stromversorger waren verpflichtet, von den Übertragungsnetzbetreibern eine Quote von EEG-Strom abzunehmen und die einheitliche EEG-Vergütung zu zahlen. Dadurch entstanden Differenzkosten (Kosten für EEG-Strom im Vergleich zu anderem Strom, den der Versorger sonst bezogen hätte). Sie waren wegen der unterschiedlichen Einkaufspreise für Nicht-EEG-Strom oder auch für Ökostrom von Stromversorger zu Stromversorger unterschiedlich.
Außerdem beschreibt Professor Manssen, wie sich die neue Vorgaben durch die Ausgleichsmechanismus-Verordnung ab 1.1.2010 auswirken:
Durch die Ausgleichsmechanismusverordnung zum 1.1.2010 erhielten die Übertragungsnetzbetreiber einen Anspruch gegen die Elektrizitätsversorgungsunternehmen auf Zahlung der EEG-Umlage. Die EEG-Umlage wird seit 1.1.2010 bundesweit einheitlich festgelegt und wird für die Stromversorger nunmehr auch gesetzestechnisch zu einem «durchlaufenden Posten».
Meine laienhafte Einschätzung als Nicht-Jurist zu der Ausgangsfrage von dem User paul.s82: Es könnte sein, dass die EEG-Umlage seit dem 1.1.2010 wie die Mehrwertsteuer eine letztlich gesetzlich oder verordnungsmäßig festgelegte Höhe hat. So wie der Verbraucher bei einer Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht informiert werden muss,könnte es sich deshalb auch mit Änderungen der EEG-Umlage verhalten. Das dürfte von der genauen Formulierung der Preisänderungsklausel abhängen.
Im übrigen will ich nicht verschweigen, zu welchem Ergebnis Professor Manssen auf Seite 186 des oben genannten Artikels kommt:
Prüft man die EEG-Umlage an den Voraussetzungen für Sonderabgaben, ist ihre finanzverfassungsrechtliche
Zulässigkeit aus den gleichen Gründen wie bei der Entscheidung zum Kohlepfennig zu verneinen.
Es handelt sich um eine Finanzierungssonderabgabe. Es fehlt an Gruppenhomogenität und
Gruppenverantwortung für den verfolgten Zweck.
...
Die sog. EEG-Umlage ist spätestens seit Einführung der sog. neuen Wälzung zum 01.01.2010 eine
Sonderabgabe im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG. Sie erfüllt nicht die Kriterien für Finanzierungssonderabgaben
und ist damit verfassungswidrig. Dies bedeutet, dass der zentrale Teil des EEG
in der Fassung des Neuordnungsgesetzes und damit das gesamte EEG verfassungswidrig ist. Die Verfolgung
verfassungsrechtlicher Rechtsbehelfe gegen das EEG ist deshalb anzuraten. Insbesondere
könnte – ähnlich wie beim sog. Kohlepfennig – versucht werden, über eine Urteilsverfassungsbeschwerde
eine Prüfung durch das BVerfG zu erreichen. Falls das BVerfG die hier vertretene Einordnung
der EEG-Umlage als Sonderabgabe bestätigt, wäre das EEG insoweit für verfassungswidrig zu erklären
und der Gesetzgeber zu einer Neuregelung zu verpflichten.
Die Förderung der erneuerbaren Energien könnte – wiederum wie beim Wegfall des sog. Kohlepfennigs
– künftig aus Steuermitteln erfolgen. Die Refinanzierung der entstehenden Kosten könnte beispielsweise
durch eine Erhöhung der Stromsteuer erfolgen, was wirtschaftlich für die Verbraucherinnen
und Verbraucher eine ähnliche Belastung wie die EEG-Umlage zur Folge haben könnte.
Auf den Prüfstand des Europarechts müssten in diesem Fall allerdings die Ausgleichsregelungen für
stromintensive Unternehmen und Schienenbahnen. Eine steuerrechtliche Privilegierung entsprechend
den bisherigen Regelungen für die EEG-Umlage wäre eine staatliche Beihilfe nach Art. 107 ff. AEUV.
Sie müsste bei der Kommission notifiziert werden (Art. 108 AEUV). Erfahrungsgemäß achtet die Kommission stärker auf eine an einem fairen Wettbewerb orientierte Ausgestaltung von staatlichen Beihilfen
als der nationale Gesetzgeber.
Mit freundlichen Grüßen
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de
RR-E-ft:
Die EEG- Umlage ist einer von vielen preisbildenden Kostenfaktoren, die zusammen den Nettopreis ausmachen, auf den noch die gesetzliche Mehrwertsteuer aufgeschlagen wird, so dass man zum Bruttopreis gelangt.
Zumeist beanspruchen Stromlieferanten als Strompreis verbrauchsabhängige Arbeitspreise und verbrauchsunabhängige Grundpreise.
Zu den preisbildenden Kostenfaktoren des Arbeitspreises zählen u.a. die Arbeitspreise der Netznutzungsentgelte, die Konzessionsabgabe, die Beschaffungskosten, die Stromsteuer, die EEG- Umlage, die KWKG- Umlage, die Offshore- Umlage.
Zu den preisbildenden Kostenfaktoren des Grundpreises zählen u.a. die Grundpreise Netznutzung, die Kosten der Messung und die Kosten der Abrechnung Netznutzung.
Sofern zugunsten des Stromliefernaten ein einseitiges Preisänderungsrecht als Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB gesetzlich oder vertraglich überhaupt wirksam eingeräumt wurde, darf dieser die Preise nur in dem Umfange erhöhen, wie er - zwingend unter Berücksichtigung der Entwicklung aller preisbildenden Kostenfaktoren insgesamt - überhaupt einen Kostenanstieg zu verzeichnen hatte.
Ist ein einseitiges Leistungsbetimmungsrecht iSv. § 315 Abs. 1 BGB wirksam gesetzlich oder vertraglich eingeräumt, besteht eine Verpflichtung, gesunkene Kosten mindestens nach gleichen Maßstäben an die Kunden weiterzugeben.
Die einseitige Preisänderung gebenüber grundversorgten Kunden erfolgt nach § 5 GVV, erfordert eine vorherige briefliche Mitteilung (auch über ein bestehendes Sonderkündigungsrecht). Erforderlich ist stets das Bestehen eines Soderkündigungsrechts und die alternative Möglichkeit für den betroffenen Kunden, die Preisänderung gem. § 315 Abs. 3 BGB gerichtlich auf ihre Billigkeit kontrollieren zu lassen (vgl. BGH, Urt. v. 14.07.10 VIII ZR 246/08 und Urt. v. 09.02.11 Az. VIII ZR 295/09).
Daran sollte hinreichend deutlich werden, welche Anforderungen zu stellen sind, um Änderungen bei dem preisbildenden Kostenfaktor EEG- Umlage über eine einseitige Preisänderung an betroffene Kunden weiterzugeben.
khh:
Wenn mit dieser Einschätzung
--- Zitat von: Lothar Gutsche am 20. Januar 2013, 11:21:47 ---[...]
Meine laienhafte Einschätzung als Nicht-Jurist zu der Ausgangsfrage von dem User paul.s82: Es könnte sein, dass die EEG-Umlage seit dem 1.1.2010 wie die Mehrwertsteuer eine letztlich gesetzlich oder verordnungsmäßig festgelegte Höhe hat. So wie der Verbraucher bei einer Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht informiert werden muss,könnte es sich deshalb auch mit Änderungen der EEG-Umlage verhalten. Das dürfte von der genauen Formulierung der Preisänderungsklausel abhängen.
[...]
--- Ende Zitat ---
eine sog. "Steuer- und Abgabenklausel" in Vertragsbedingungen für Haushaltskunden gemeint ist, wäre eine solche Preisänderungsklausel in den AGB von Sonderverträgen überhaupt mit den verpflichtenden Vorgaben der EU-Binnenmarktrichtlinien zu vereinbaren ?
paul.s82:
Was kann der Kunde denn jetzt Protest-technisch tun?
a) Zahlung verweigern und abwarten bis der Anbieter mit Gericht kommt
b) Schlichtungsstelle melden
Ich tendiere eher zu a), da es der bequemste Weg ist und schließlich, nach meiner Ansicht und nach den vielen hier beschriebenen Informationen, der Anbieter unbegründet falsch Handelt. Nur stelle ich mir die Frage ob es für den Kunden teuer wird, aufgrund zu erwartenden Mahnungen ggf. Gerichtskosten?
Kann nach a) dem Kunden auch der Strom abgedreht werden?
Der Kunde hat auch einen neuen Anbieter gefunden der ihn beliefern kann, ab dem Zeitpunkt ab dem der „unwirksame“ Vertrag mit dem anderen Anbieter beginnt. Nur leider wurde der neue Vertrag erst mal wegen dem bestehenden unwirksamen Vertrag gestoppt. Gibt es da die Möglichkeit einer „Zwangs“-Belieferung von dem neuen Anbieter?
Schließlich würde hier ja auch ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG vorliegen.
Navigation
[0] Themen-Index
[#] Nächste Seite
[*] Vorherige Sete
Zur normalen Ansicht wechseln