Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Weitergabe der zum 01.01.13 erhöhten EEG- Umlage durch Strompreiserhöhung?
Black:
--- Zitat von: RR-E-ft am 26. November 2012, 13:23:19 ---@Black
Es bedarf bei Sondervertragskunden einer entsprechenden Preisänderungsklausel.
Preisänderungsklauseln innerhalb Allgemeiner Geschäftsbedingungen unterliegen der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB.
Und diese ist bekanntlich streng (vgl. BGH, Urt. v. 13.12.06 VIII ZR 25/06 Rn. 23; BGH, Urt. v. 13.01.10 VIII ZR 81/08 Rn. 18).
Die von Ihnen zitierten Entscheidungen betrafen Lieferverträge mit Industriekunden, die zu einem Zeitpunkt abgeschlossen wurden,
als erhöhte Beschaffungskosten durch die erst nach Vertragsabschluss eingeführten Gesetze EEG und KWKG für den Versorger
noch nicht absehbar waren (Vertragsabschluss im November 1990).
--- Ende Zitat ---
Nunja, auch eine Steuer- und Abgabenklausel scheint nach BGH eine nach § 307 BGB wirksame Preisanpassungsklausel zu sein, denn der BGH hat die damalige Klausel nicht etwa wegen Unwirksamkeit abgelehnt, sondern sogar noch über den Wortlaut hinaus auf die damals neue EEG Umlage erweitert. Bei dieser Erweiterung hat der BGH nicht vorgesehen, dass der Versorger die gestiegenen Steuern/Abgaben/Umlagen mit sonstigen gesunkenen Kosten "gegenrechnen" muss.
Die damalige Entscheidung betraf Sonderkunden.
RR-E-ft:
Der BGH hat in jenen Entscheidungen, die sog. Steuer- und Abgabenklauseln in den Vertragsbedingungen gegenüber Industriekunden betrafen, entschieden, dass es sich bei den aus den neu eingeführten Gesetzen EEG und KWKG resultierenden Beschaffungskosten weder um Steuern noch um Abgaben handelt, jedoch in ergänzeneder Auslegung diese Kosten deshalb unter diesee Klausel gefasst, weil der Erlass solcher Gesetze und daraus resultierende Belastungen bei Vertragsabschluss im Jahre 1990 noch nicht absehbar waren und davon auszugehen sei, dass der Versorger, wenn er um solche zukünftigen Belastungen bei Vertragsabschluss gewusst hätte, diese mit in die Klausel aufgenommen hätte.
Darüber, ob die betroffene Steuer- und Abgabenklausel der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB standhält, ging der Streit seinerzeit nicht.
Der Anwendungsbereich des § 9 AGBGB war gem. § 24 AGBG persönlich wie folgt eingeschränkt.
"Die Vorschriften der §§ 2, 10 und 11 dieses Gesetzes sowie Artikel 29a des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 9 ist in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit anzuwenden, als dies zur Unwirksamkeit von in den §§ 10 und 11 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen."
Die differnzierte Rechtsprechung zu den Anforderungen, die an Preisänderungsklauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Energieversorgungsunternehmen insbesondere gegenüber Verbrauchern bzw. Haushaltskunden zu stellen sind, erging ersichtlich erst später (vgl. BGH, Urt. 13.12.06 Az. VIII ZR 25/06 Rn. 23; Urt. v. 29.04.08 Az. KZR 2/07; Urt. v. 13.01.10 Az. VIII ZR 81/08 Rn. 18).
Im Lichte letztgenannter Entscheidungen ist nicht davon auszugehen, dass Steuer- und Abgabenklauseln, wie sie in den zitierten Entscheidungen vom 22.12.03 zu Grunde lagen, der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB standhalten können. Dies gilt insbesondere mit Rücksicht auf die erst 2004 umzusetzenden EU- Richtlinien, die gleichermaßen Transparenz einfordern, namentlich die (Verbraucherverträge betreffende) Klauselrichtlinie und die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinien, welche von nationalen Gerichten seit Sommer 2004 unmittelbar anzuwenden sind (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin beim EuGH n der Rechtssache C-92/11).
tangocharly:
Es ist nicht erkennbar, woraus hergeleitet werden soll, dass öffentliche Abgaben und Steuern -und letztlich die EEG-Umlage- in der Kostenbilanz nicht gegengerechnet werden sollten (oder dies sogar ausgeschlossen sei), denn der BGH hat in beiden Entscheidungen vom 22.12.2003 hierzu überhaupt nichts ausgesagt.
Bemerkenswert erscheint demgegenüber allerdings die folgende Passage in den Urteilen vom 22.12.2003 (hier VIII ZR 310/02- unter Ziff. 2.c.):
--- Zitat ---Daß der Gesetzgeber selbst von einer Überwälzung der durch
das EEG herbeigeführten Mehrkosten auf den Verbraucher ausging,
ergibt sich aus der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Stromerzeugung
aus erneuerbaren Energien sowie zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes,
in welchem die Erwartung ausgesprochen wird, daß "Auswirkungen
auf das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, ... trotz voraussichtlich
geringer Erhöhung der Netznutzungsentgelte nicht in nennenswertem
Umfang zu erwarten" seien. Es sei "lediglich mit geringfügigen Steigerungen
der Strombezugspreise zu rechnen, die durch die im liberalisierten Markt
sinkenden Strompreise deutlich überkompensiert" würden (BT-Drucks. 14/2341
S. 2; s.a. Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und
Technologie BT-Drucks. 14/2776 S. 2); inwieweit sich diese Annahme des Gesetzgebers
in der Folgezeit als richtig erwiesen hat, ist dabei unerheblich (zur
Weitergabe von "nicht vermeidbaren Mehraufwendungen" siehe § 3 Abs. 1
Satz 3 KWK-G sowie nicht erstatteter "Zuschlagszahlungen" und "Ausgleichszahlungen"
siehe § 9 Abs. 7 KWK-AusbauG, vgl. hierzu Entwurf des Gesetzes
für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-
Kopplung, BT-Drucks. 14/7024 S. 9). Im Tarifkundenbereich sind die diesbezüglichen
Kosten anerkennungsfähig und werden gemäß § 12 BTOElt tariflich
anerkannt (Büdenbender aaO S. 301; Britz/Müller RdE 2003, 163, 166). Davon,
daß die Klägerin die in Rede stehenden, auf gesetzgeberischen Maßnahmen
beruhenden Mehrkosten, die ihrem Zweck nach und in ihren Auswirkungen für
die Energieversorgungsunternehmen einer Abgabe gleichstehen, nicht ebenfalls
auf die Sonderkunden hätte abwälzen wollen, konnten diese nicht ausgehen.
--- Ende Zitat ---
Natürlich muß man Revisionsentscheidungen vom Tatbestand her lesen. Und wenn man die Höhe der Aufwendungen unstreitig stellt, sich nur noch über die Berechtigung zur Berücksichtigung solcher Aufwendungen streitet, weil die Auslegung der Klausel steitig ist, dann wird auch über die sonstigen Kosten nicht entschieden.
Black:
Lustig dass der Gesetzgeber seinerzeit offensichtlich keine Auswirkungen des EEG auf den Strompreis erwartet hatte.
Wenn man es recht bedenkt, spielt es praktisch gesehen keine Rolle, ob der Versorger die EEG Umlage direkt weiterwälzen darf oder zuvor mit gesunkenen Kosten gegenrechnen muss.
Bei einer direkten Wälzung über eine gesonderte Klausel zusätzlich zur allgemeinen Preisanpassungsklausel müsste der Versorger zwar die gesunkenen sonstigen Kosten erst einmal nicht berücksichtigen. Trotzdem würden diese gesunkenen Kosten über die allgemeine Preisanpassungsklausel gleichzeitig zu einer Senkungspflicht führen. Erhöhungsanspruch aus Kostenwälzung würde auf Senkungsanspruch aus allgemeinem Preisanpassungsrecht treffen. Im Saldo entsteht somit in jedem Fall eine Berücksichtigung.
Interessant ist nur folgender Fall: Der Versorger vereinbart mit dem Kunden einen Festpreis, von dem lediglich Kostenänderungen durch Steuern/Abgaben/Umlagen ausgenommen werden. Nun erhöht sich die EEG Umlage bei gleichzeitig gesunkenen sonstigen Kosten des Versorgers.
RR-E-ft:
@Black
Beim letzteren Fall und Ihr Verständnis hiervon zu Grunde gelegt,
würde es das Klauselwerk dem Lieferanten ermöglichen,
seinen Gewinnanteil am vereinbarten Preis nachträglich zu erhöhen.
Als Allgemeine Geschäftsbedingungen könnte ein solches Klauselwerk
deshalb nicht der Inhaltskontrolle standhalten (vgl. BGH, Urt. v. 13.12.06 Az. VIII ZR 25/06 Rn. 23).
Für eine einseitige Preisänderung bedarf es einer Preisänderungsklausel.
Eine Preisänderungsklausel im Rahmen Allgemeiner Geschäftsbedingungen
stellt eine unangemessene Benachteiligung des Kunden dar
und hält deshalb der Inhaltskontrolle nicht stand,
wenn sie die Möglichkeit der nachträglichen Erhöhung des Gewinnateils
am Preis nicht sicher ausschließt.
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