Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

BGH-Richterrecht vom 14.03.2012 verstößt gegen EU-Verbraucherrecht

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DieAdmin:
Auch der Bund der Energieverbraucher e.V. hat eine Pressemitteilung veröffentlicht:


EuGH entscheidet: Klauseln müssen klar und verständlich sein. Gaspreiserhöhungen unterliegen strengem EU-Verbraucherrecht
http://www.energieverbraucher.de/de/site/Preisprotest/News__1700/ContentDetail__13300/

PLUS:
... und die Interpretation der Stadtwerkevertretung dazu: Verband kommunaler Unternehmen e.V.

Lothar Gutsche:
@ bolli

Nach meiner Einschätzung haben Sie da ein paar Zitate aus dem Zusammenhang gerissen und damit leider die Kernaussage zur zeitlichen Begrenzung und zur möglichen Verjährungsfrist verfälscht.

Im vorliegenden Urteil unter Aktenzeichen C-92/11 vom 21.3.2013 muss sich der EuGH nicht damit befassen, ob die Wirkungen des Urteils irgendwie zeitlich zu begrenzen sind. Denn laut Entscheidung zur 2. vorgelegten Frage des BGH aus dem Verfahren VIII ZR 162/09 gilt:

--- Zitat ---Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, diese Beurteilung anhand aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, einschließlich aller Klauseln in den allgemeinen Bedingungen der Verbraucherverträge, die die streitige Klausel enthalten.
--- Ende Zitat ---
Damit obliegt es dem BGH im Verfahren VIII ZR 162/09 zu entscheiden, ob in Erdgaslieferungsverträgen mit Sonderkunden die Preisänderungsklauseln, die nur auf § 4 AVBGasV verweisen, "den Anforderungen an eine klare und verständliche Abfassung und/oder an das erforderliche Maß an Transparenz genügen, wenn in ihnen Anlass, Voraussetzungen und Umfang einer Preisänderung zwar nicht wiedergegeben sind, jedoch sichergestellt ist, dass das Gasversorgungsunternehmen seinen Kunden jede Preiserhöhung mit angemessener Frist im Voraus mitteilt und den Kunden das Recht zusteht, sich durch Kündigung vom Vertrag zu lösen, wenn sie die ihnen mitgeteilten geänderten Bedingungen nicht akzeptieren wollen."

Auch bezüglich der Kündigungsmöglichkeit des Kunden spielt der EuGH dem BGH die Befugnis zur Entscheidung zu. In der Randnummer 54 des Urteils betont der EuGH: Es ist

--- Zitat ---von wesentlicher Bedeutung, dass die Kündigungsmöglichkeit dem Verbraucher nicht nur formal eingeräumt wird, sondern auch tatsächlich wahrgenommen werden kann.
--- Ende Zitat ---

Immerhin erläutert der EuGH das noch und nennt in Randnummer 54 mehrere konkrete Kriterien zur tatsächlichen Kündigungsmöglichkeit:

* Ist der Kunde angemessen und rechtzeitig von der künftigen Änderung benachrichtigt worden und hatte er dadurch die Möglichkeit, zu überprüfen, wie sich die Änderung berechnet, und gegebenenfalls den Lieferanten zu wechseln?
* Herrscht auf dem betreffenden Markt Wettbewerb?
* Welche Kosten sind für den Verbraucher mit der Kündigung des Vertrags verbunden?
* Wie viel Zeit liegt zwischen der Mitteilung und dem Inkrafttreten der neuen Tarife?
* Welche Informationen werden zum Zeitpunkt der Mitteilung gegeben?
* Welchen Kosten- und Zeitaufwand erfordert ein Wechsel des Lieferanten?
Unter dem Strich lässt sich festhalten, was der VKU in seiner Stellungnahme unter http://www.presseportal.de/pm/6556/2437938/vku-zur-eugh-entscheidung-ueber-eine-deutsche-gaspreisaenderungsklausel-bundesgerichtshof-muss-nun richtig erkannt hat: Das EuGH-Urteil vom 21.3.2013 lässt dem BGH noch extrem viel Spielraum. Insbesondere ist mit dem EuGH-Urteil noch nichts zu Gunsten der Verbraucher entschieden. Natürlich spielt auch die zeitliche Befristung der Rückforderungsansprüche auf maximal drei Jahre den Versorgern in die Karten und reduziert die möglichen Zahlungen an die Verbraucher beträchtlich. Und mit dieser Frage nach dem Zeitraum landen wir wieder bei dem BGH-Urteil vom 14.3.2012, das Gegenstand dieses Threads ist.

Mit freundlichen Grüßen
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de

khh:
@Lothar Gutsche,

Ihre Einschätzung kann ich eher nicht nochvollziehen [den "Versuch der Abwiegelung" durch den VKU schon ;)]. 

Klar ist, dass es dem BGH obliegt, den vorliegenden Einzelfall zu beurteilen und zu entscheiden. Aber die Vorgaben des EuGH sind doch eindeutig, wo lässt das Urteil dem BGH noch extrem viel Spielraum?  :-\

Und der EuGH hat sich durchaus mit dem Ersuchen der deutschen Regierung und von RWE befasst und zweifelsfrei entschieden, dass kein Anlass besteht, die Wirkungen des vorliegenden Urteils zeitlich zu begrenzen.

Dass die vom BGH im letzten Jahr entschiedene zeitliche Begrenzung für erstmalig geltend gemachte Rückforderungsansprüche womöglich greift, ist ein anderes Thema.

khh:
versehentlicher Doppelpost gelöscht

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