Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Widerspruchsfrist von drei Jahren bei Preiserhöhungen in Sonderverträgen  (Gelesen 22521 mal)

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Offline reblaus

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Ein wenig überrascht stelle ich fest, dass diese beiden Entscheidungen in diesem Forum nicht der große Aufreger zu sein scheinen.

Pressemitteilung zu BGH Urt. v. 14.03.2012 Az. VIII ZR 113/11 u. a.

Zugegebenermaßen bin ich bei den aktuellen Diskussionen nicht mehr so ganz auf dem Laufenden. Da sie die mich interessierenden Themen (Ansprüche aus fehlerhaft vorgenommenen Versorgerwechseln) nicht thematisieren. Aber angesichts früherer Tiraden gegen den Ball-Senat hätte ich ein wenig mehr Empörung schon erwartet. Wird doch die ständige Rechtsprechung zu Preiserhöhungen bei unwirksamer Preiserhöhungsklausel arg gerupft.

Für Details muss man natürlich noch die Urteilsbegründung abwarten.

Offline Kampfzwerg

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Hallo reblaus,

Willkommen zurück  ;)

Ich persönlich rege mich über die Entscheidungen aus Gründen des Verbraucherschutzes und meines persönlichen, gesunden Rechtsempfindens schon sehr auf, stimme Ihnen aber durchaus zu, ich hätte grundsätzlich nämlich auch mehr Resonanz erwartet!
Unabhängig von Urteilsbegründungen, bei denen ich jetzt schon sicher bin, dass diese jedenfalls arg konstruiert ausfallen müssten.

Offline userD0003

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Es sind ALLE so fassungslos, das im Moment noch die Worte fehlen.   :evil:

Frage: Könnte hier Handlungsbedarf für den Großen Senat des BGH bestehen ?

Offline reblaus

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Sagen wir mal so.

Der Verbraucher, welcher im Jahre 2008 begonnen hat, sich über die zu hohen Gaspreise zu empören, und dann feststellte, dass andere Verbraucher längst sehr erfolgreich kürzen, war nicht notwendigerweise gut beraten, sich allzusehr darauf zu verlassen, dass er mit Hinweis auf eine Preisvereinbarung aus dem Jahre 1981 die Einsparungen, die andere über Jahre erreicht haben, mit einer Abrechnungsperiode nachholen könne.

Das erinnert ein wenig an die UBS (ehemals angesehenste Bank der Welt), die im Jahre 2006 feststellte, dass andere seit Jahren erfolgreich Gewinne erzielen, indem sie drittklassige amerikanische Hypothekenpapiere in die Bilanz nehmen. Die jahrelangen Gewinne der Konkurrenz dann ausgleichen zu wollen, in dem sie die Bilanz bis unter die Pfette mit den Ramschpapieren aufplusterte, war keine so gute Idee.

Auf Habgier haben Energieversorger und Banken kein Monopol.

Jedenfalls hat der VIII Zivilsenat dies zum Anlass genommen, dem Treiben ein schnelles Ende zu bereiten.

Vielleicht wäre einem das Risiko solchen Tuns eher aufgefallen, wenn man in den Unterlagen einen alten Liefervertrag aus Adolfs Zeiten gefunden hätte. Es wäre wohl nur wenigen in den Sinn gekommen, deshalb den Versorger mit alten Reichmarkscheinen bezahlen zu dürfen, weil genau dieser Preis dort vereinbart worden war.

Man kann sich natürlich auch darauf stürzen, dass dem Vorsitzenden Ball und seinen Kollegen die Bedeutung von Rechtssicherheit in einer funktionierenden Marktwirtschaft nicht ganz so geläufig zu sein scheint. Allerdings hat der BGH die Rechtsfrage nicht erschaffen.

Offline Kampfzwerg

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Hier geht es aber nicht um Habgier.
Sagen wir mal, zumindest ganz sicher nicht um die der Kunden!  ;)

Rechnet man z. B. die oftmals jahrzehntelange Bereicherung der Versorger aufgrund unrechtmäßiger Preiserhöhungen bei Millionen von Kunden gegen die Verjährungsfrist und Rückforderung von ein paar Tausend Kunden auf, scheidet Habgier der Kunden wohl definitiv aus.

Und von einem schnellen Ende durch den BGH kann ebenfalls schlicht nicht die Rede sein. Im Gegenteil, der VIII. Senat versucht nun inzwischen seit Jahren, seine Rechtsprechung gegen die Verbraucher und zugunsten der Versorger möglichst unauffällig und in kleinen Schritten, sozusagen peu-a-peu, unters Volk zu mischen! In der Hoffnung, dass die langsame Gewöhnung bei den Verbrauchern eine Art Abstumpfungseffekt auslöst!? Steter Tropfen höhlt bekanntlich den Stein!


Der Währungsvergleich hinkt noch mehr. Zwischen Reichsmark und Euro lag immerhin auch noch die D-Mark  ;)

Offline reblaus

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Ich sprach auch nicht von den Verbrauchern, sondern von einem Verbraucher.

Ich habe im Jahr 2008 erstmals den Gasversorger gewechselt, und bin jetzt beim 4. angelangt. Eigentlich sollte die Bedeutung von Sonderverträgen ohne wirksame Preisanpassungsklausel täglich abnehmen, und demnächst ein Thema für ein Institut für Rechtshistorie werden.

Dass sich der Ball-Senat nicht in Verbraucherfreundlichkeit überschlägt, wissen wir spätestens seit 2007. Sich mit derart gewagten Ansprüchen gerade in seine Hände zu begeben, war reichlich leichtsinnig.

Die Bereicherung der Gasversorger dauerte übrigens nicht Jahrzehnte. Die Preiserhöhungen starteten mit Beginn des Jahrtausends. Heute ist jedermann frei, sich sein Gas zu kaufen, wo er mag. Eon kommt sogar in große Probleme, weil sie ihr Gas zu Ölpreisen nicht mehr losschlagen können. Man will die Ruhrgas liebend gerne verkaufen, findet aber niemanden, der für diese Verträge auch nur einen Cent hinlegen würde.

Ich denke für diejenigen, die frühzeitig gegen die Gaspreise Widerspruch eingelegt haben, dürfte sich nicht allzuviel ändern. Die Dinge werden ein wenig komplizierter. Die meisten dürften ihre Verfahren aber längst hinter sich haben.

Jedenfalls wird zu klären sein, welche Anforderungen ein Widerspruch gegen Preiserhöhungen zu erfüllen hat. Viel Raum für sperrige Amtsrichter nur die Worte \"ich widerspreche der Preiserhöhung vom ...\" zu akzeptieren. Und ein weites Feld für Energieanwälte auch in den nächsten Jahren noch ihre Brötchen zu verdienen.

Preisprotest im Jahre 2012 bedeutet nicht den Klageweg zu beschreiten, sondern sich einen günstigeren Versorger am Markt zu suchen. Und da gibt es auch vielfältige Geschichten, die sich in diesem Forum zu erzählen lohnen würden.

@H\'berger
Eine Sache für den Großen Senat ist das nicht. Sonst wäre kein Urteil ergangen. Der Große Senat ist keine Superrevisionsinstanz. Man sollte mit dem Urteil leben, und wenn man davon betroffen ist, sofort die richtigen Schritte einleiten.

Offline RR-E-ft

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@reblaus

Was war eigentlich aus Ihrem Kontokorrent und dem Saldoanerkenntnis in Sonderverträgen geworden?

Verjährungsbeginn der Rückforderung:  Abrechnung oder Abschlagszahlungen maßgeblich?


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Es gibt ja bereits einen Thread:

Gaspreis von 1981 - Beschränkung von Rückforderungsansprüchen bei unterlassenem Widerspruch

Das Empörungspotential hält sich in Grenzen, insbesondere auch mit Rücksicht auf die erfreuliche Entscheidung

BGH, Urt. v. 22.02.12 VIII ZR 34/11 Gas Sondervertrag - zur Einbeziehung der AVBGasV gem. § 305 BGB

In dem Fall, der dem BGH, Urt. v. 14.03.12 Az. VIII ZR 113/11 zu Grunde liegt, hatte der betroffene Kunde ersichtlich vor dem AG Wipperfürth erfolglos auf Rückzahlung geklagt, hatte in der Berufung vor dem LG Köln zunächst mehr Erfolg. Er hatte es also nicht in der Hand, dass der Versorger Revision einlegte und hätte wohl allenfalls in der Revision noch seine Klage bzw. Berufung zurücknehmen können. Auch nach der Zurückverweisung an das LG Köln wird er wohl nicht nichts zurückbekommen, mit einiger Wahrscheinlichkeit  jedoch deutlich weniger, als er sich bisher ausgerechnet hatte.

Bei dem Sachverhalt, wie er der Entscheidung BGH VIII ZR 113/11 zu Grunde liegt, wurde der Versorger wohl tatsächlich kalt erwischt, wenn er aufgrund des Verhaltens dieses Kunden keine Veranlassung hatte, diesen Vertrag zu kündigen.


Zitat
BGH, Urt. v. 14.07.10 Az. VIII ZR 246/08 Rn. 52, juris:

Offen bleiben kann, ob eine andere Beurteilung geboten ist, wenn es sich um ein langjähriges Gasversorgungsverhältnis handelt, der betroffene Kunde den Preiserhöhungen und den darauf basierenden Jahresabrechnungen über einen längeren Zeitraum nicht widersprochen hat (vgl. dazu auch unten unter II 1) und nunmehr auch für länger zurück liegende Zeitabschnitte die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen (durch Feststellungsklage oder durch Klage auf Rückzahlung geleisteter Entgelte) geltend macht. Sind in einem solchen Fall die Gestehungskosten des Gasversorgungsunternehmens erheblich gestiegen und ergibt sich daraus für die betroffenen Zeiträume ein erhebliches Missverhältnis zwischen dem Wert der von dem Unternehmen zu erbringenden Leistung und dem vereinbarten Preis, lässt sich die Annahme eines nicht mehr interessengerechten Ergebnisses jedenfalls hinsichtlich der länger zurück liegenden Zeitabschnitte nicht ohne weiteres mit der Begründung verneinen, dass eine Kündigungsmöglichkeit bestand. Denn für das Versorgungsunternehmen bestand in einem solchen Fall zunächst kein Anlass, eine Kündigung des Vertrages in Erwägung zu ziehen.

Die Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung müssen in jedem Einzelfall gründlich geprüft werden,
so dass sich Verallgemeinerungen grundsätzlich verbieten.

Die Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung, namentlich die unzumutbare Härte, müssen in jedem Einzelfall geprüft werden.

Bei den Umständen, welche die unzumutbare Härte begründen sollen, handelt es sich um Tatsachenfragen, die auf entsprechendes Bestreiten erst durch die Instanzgerichte geklärt werden müssen, insbesondere ob die Gesamtkosten, die dem Versorger durch die Belieferung des Kunden entstanden, gegenüber dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses überhaupt tatsächlich gestiegen waren.

Dafür müssen m.E. wohl die Kosten, welche dem Versorger bei Vertragsabschluss entstanden und diejenigen Kosten, die ihm dann später entstanden, detailliert dargelegt und unter Beweis gestellt werden.

Vorstellbar, dass oftmals keiner (mehr) sagen kann, wie hoch die Kosten bei Vertragsabschluss tatsächlich lagen. Der Kunde kann diese nicht kennen.

Offline bolli

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Zitat
Original von reblaus
Ich habe im Jahr 2008 erstmals den Gasversorger gewechselt, und bin jetzt beim 4. angelangt. Eigentlich sollte die Bedeutung von Sonderverträgen ohne wirksame Preisanpassungsklausel täglich abnehmen, und demnächst ein Thema für ein Institut für Rechtshistorie werden.
Ich hatte es früher auch schon mal gesagt: An und für sich sind die bisherigen Klagen im Sondervertragsbereich doch nur \"Nebenkriegsschauplätze\", da man an das eigentliche Ziel \"angemessene Energiepreise\" nicht rankommt. Selbst in der Grundversorgung hat der VIII. Senat es ja mit seinem Sockelpreiskonstrukt geschafft dieses Erfordernis weitestgehend auszuhebeln, bisher zumindest.

Mir war in den letzten Jahren sowieso nicht klar, warum nicht ALLE Versorger ihre SV neu abgeschlossen haben, um eine größere Rechtssicherheit zu haben, selbst wenn sie in den Preisanpassungsklauseln immer ncoh unsicher waren, war klar, dass zahlreiche vorhandene Verträge immer noch unwirksam oder wegen unklarer Übergabebedingungen nicht wirksam vereinbart wurden. Da hätte ich erwartet, dass da flächendeckend neue abgeschlossen worden wären. Aber anscheinend hatte man doch gehörige Angst, Kunden zu verlieren.

Mit der jetzigen BGH-Entscheidung muss man zumindest Uralt-Verträge, wo gegen die Preiserhöhungen bisher nicht widersprochen wird, nicht unnötig \"aufwecken\".  :D Da wird sich die Versorgergemeinde (leider) freuen.  :evil:

Offline RR-E-ft

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Noch eine Tasse Kaffee? ;)

Mit Rücksicht auf BGH, B. v. 09.02.11 Az. VIII ZR 162/09 gibt es wohl keine rechtssicheren Preisänderungsklauseln in Sonderverträgen.

Es gibt deshalb Versorger, die alle bisher bestehenden Sonderverträge ordentlich gekündigt haben
und fortan neben der Grundversorgung nur noch zeitlich befristete Festpreisverträge anbieten,
etwa E.ON Thüringer Energie AG (ETE).

Nach BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 ist auch für die Grundversorgung nichts zementiert.

Zitat
BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 Rn. 10 f., juris:

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Gasver-sorgungsunternehmen das ihm nach dem Regelungsgehalt des § 4 Abs. 1 oder 2 AVBGasV kraft Gesetzes zukommende und dort nach Anlass, Voraussetzungen und Umfang nicht präzisierte Recht zur Preisänderung nicht nach freiem Belieben ausüben; eine solche Preisänderung hat vielmehr gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen zu erfolgen. Sie ist deshalb für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Zu diesem Zweck kann dieser die Preisänderung auch gerichtlich auf ihre Billigkeit überprüfen lassen (BGH, Urteile vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 36/06, BGHZ 172, 315 Rn. 14 ff.; vom 29. April 2008 - KZR 2/07, BGHZ 176, 244 Rn. 26; vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07, BGHZ 178, 362 Rn. 26; vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 56/08, BGHZ 182, 41 Rn. 19 f.).

b) Aus dieser gesetzlichen Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit folgt nicht nur die Rechtspflicht des Versorgers, bei einer Preisänderung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen. Der Versorger ist vielmehr auch verpflichtet, die jeweiligen Zeitpunkte einer Preisänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen, so dass Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden müssen wie Kostenerhöhungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisänderung auch die Pflicht hierzu, wenn die Änderung für den Kunden günstig ist (BGH, Urteile vom 29. April 2008 - KZR 2/07, aaO; vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 81/08, WM 2010, 481 Rn. 18 mwN).

Siehe auch:

BGH, B. v. 24.01.12 VIII ZR 236/10 Aussetzung bei Tarifkunden bis zur EuGH- Entscheidung
BGH, B. v. 24.01.12 VIII ZR 158/11 Aussetzung bei Tarifkunden bis zur Entscheidung des EuGH

Demnach erscheint es möglich,dass
- das gesetzliche Preisänderungsrecht, wie der Senat es sich bisher vorstellt, unwirksam ist (BGH VIII ZR 71/10),
- es auch bei Tarifkunden nicht auf Widersprüche wie nach der bisherigen Rechtsprechung ankommt (BGH VIII ZR 236/10),
- die Grundversorgungstarife unbillig und unverbindlich (geworden) sind, wenn Kostensenkungen nicht oder nicht umfassend weitergegeben wurden (BGH VIII ZR 71/10).

Es spricht einiges dafür, dass die bestehende Verpflichtung zur Preisabsenkung zugunsten der Kunden oft vergessen wurde.

Offline bolli

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Zitat
Original von RR-E-ft
Noch eine Tasse Kaffee? ;)[7quote]
Oh kein Problem, den hatte ich dabei.  ;)

Zitat
Original von RR-E-ft
Mit Rücksicht auf BGH, B. v. 09.02.11 Az. VIII ZR 162/09 gibt es wohl keine rechtssicheren Preisänderungsklauseln in Sonderverträgen.
Ich frage mich nur, woher Sie Ihre Erkennis nehmen ?

Zitat
aus BGH, B. v. 09.02.11 Az. VIII ZR 162/09 RdNr. 21
Gleichwohl steht dies nach Auffassung des Senats der Wirksamkeit einer unveränderten Übernahme von § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV in einen Sonder-kundenvertrag nicht entgegen, weil es den Versorgungsunternehmen nach dem in § 310 Abs. 2 BGB zum Ausdruck gekommenen Willen des deutschen Ge-setzgebers freistehen soll, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit Sonderabnehmern, deren Schutz nicht weitergehen soll als derjenige der Tarifabnehmer, entsprechend den Allgemeinen Versorgungsbedingungen auszugestalten. Mit einer unveränderten Übernahme von § 4 AVBGasV in das Sonderkundenverhältnis wird das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel erreicht, Sonderkunden nicht besser, aber auch nicht schlechter zu stellen als Tarifkunden. Es ist nicht ersichtlich, dass dafür im Bereich von Sonderverträgen höhere Anforderungen an die Bestimmtheit und die Konkretisierung einer Preisänderungsregelung gestellt werden müssten, als sie im Bereich der Tarifkundenversorgung durch § 4 AVBGasV unmittelbar erfüllt werden, zumal dem Sonderkunden ebenso wie dem Tarifkunden eine Überprüfung von einseitigen Preisänderungen nach § 315 BGB offen steht (Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 56/08, aaO Rn. 21 ff. und VIII ZR 225/07, BGHZ 182, 59 Rn. 19 ff.; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, WM 2010, 1762 Rn. 32 ff.).
DA steht davon auf jeden Fall nichts von drin, im Gegenteil. Man hat jetzt erstmal lediglich den EuGH befragt, was er denn dazu meint. Waren SIE etwa schon bei denen zum Kaffetrinken und kennen deren Entscheidung ? Dann lassen Sie uns doch freundlicherweise konkret teilhaben an diesen Erkenntnissen.

Offline Black

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Zitat
Original von RR-E-ft
Bei den Umständen, welche die unzumutbare Härte begründen sollen, handelt es sich um Tatsachenfragen, die auf entsprechendes Bestreiten erst durch die Instanzgerichte geklärt werden müssen, insbesondere ob die Gesamtkosten, die dem Versorger durch die Belieferung des Kunden entstanden, gegenüber dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses überhaupt tatsächlich gestiegen waren.

Da fällt mir der Richter wieder ein, der in die mündlichen Verhandlung äußerte, es sei \"gerichtsbekannt, dass alles teurer geworden sei\".
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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@bolli

Wenn die Klauseln in Sonderverträgen absolut rechtssicher wären, hätte es die Vorlage zum EuGH, BGH, B. vom 09.02.11 Az. VIII ZR 162/09 schon nicht gegeben. Die Vorlage erfolgte schließlich nur deshalb, um diese Rechtsfrage dort zu klären.  


Zitat
Original von Black

Da fällt mir der Richter wieder ein, der in die mündlichen Verhandlung äußerte, es sei \"gerichtsbekannt, dass alles teurer geworden sei\".

@Black

Solche Richter, die meinen, sie wüssten alles, kann man zuweilen antreffen.

Zum einen ist nicht alles teurer geworden.
Zum anderen kann das Gericht die maßgeblichen Kosten auch nicht kennen.

Offline Black

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Zitat
Original von RR-E-ft
Wenn die Klauseln in Sonderverträgen absolut rechtssicher wären, hätte es die Vorlage zum EuGH, BGH, B. vom 09.02.11 Az. VIII ZR 162/09 schon nicht gegeben. Die Vorlage erfolgte schließlich nur deshalb, um diese Rechtsfrage zu klären.  


Zitat
Original von Black

Da fällt mir der Richter wieder ein, der in die mündlichen Verhandlung äußerte, es sei \"gerichtsbekannt, dass alles teurer geworden sei\".

Zum einen ist nicht alles teurer geworden.
Zum anderen kann das Gericht die maßgeblichen Kosten auch nicht kennen.

Möglich ist alles. Der Richter muss auch nicht Beweis dafür anbieten, was ihm gerichtsbekannt ist oder nicht.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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Es mag alles möglich erscheinen.

Das Gericht, welches seine Beurteilung auf eigene Sachkunde stützt,
muss jedenfalls erkennen lassen, woraus es diese eigene Sachkunde schöpft.

Der durchschnittliche Richter kennt
weder die maßgeblichen preisbildenden Kostenfaktoren,
noch deren Gewichtung am konkreten Preis,
geschweige denn deren zwischenzeitliche Entwicklung
seit einem irgendwann liegenden Vertragsabschluss.

Offline bolli

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Zitat
Original von RR-E-ft
@bolli

Wenn die Klauseln in Sonderverträgen absolut rechtssicher wären, hätte es die Vorlage zum EuGH, BGH, B. vom 09.02.11 Az. VIII ZR 162/09 schon nicht gegeben. Die Vorlage erfolgte schließlich nur deshalb, um diese Rechtsfrage dort zu klären.  
Warum die Vorlage erfolgte ist mir auch bekannt. Aber entgegen Ihrer Äußerung (\"Mit Rücksicht auf BGH, B. v. 09.02.11 Az. VIII ZR 162/09 gibt es wohl keine rechtssicheren Preisänderungsklauseln in Sonderverträgen.\")  IST es eben noch nicht geklärt und somit nicht sicher, ob es tatsächlich so ist wie Sie vermuten. Der BGH lässt in seinen Formulierungen im Vorlagebeschluss zumindest deutlich erkennen, dass ER eine solche Regelung in Sonderverträgen für zulässig hält, möchte aber, da der Kläger halt die Gas-Richtlinie ins Spiel gebracht hat, sich halt \"den Rücken freihalten\". Mal sehen was da rauskommt. Die Hoffnung stirbt schließlich zum Schluss.

 

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