Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Billigkeit von Strompreisen

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Didakt:
@ RR-E-ft

Danke, auch für den Hinweis. Darauf bin ich in der Tat nicht gekommen, dass es dazu auch einschlägige Literatur gibt. :)

RR-E-ft:
Die Rechtslage ist überall in Deutschland die gleiche.

Einseitige Strompreisänderungen des Grundversorgers, soweit sie auf der wirksamen Einräumung eines Preisänderungsrechts gründen und deshalb dem Grunde nach zulässig sind, unterliegen der Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB, jedenfalls soweit der einseitig geänderte Preis nicht dadurch als nachträglich vereinbart gelten kann, dass der betroffene Kunde der einseitigen Preisänderung oder der darauf beruhenden Verbrauchsabrechnung nicht in angemessener Frist widersprochen hatte (vgl. BGH B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn. 17).

Von dieser Rechtslage aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung  weichen jedoch in einigen Regionen  Gerichte in ihren Entscheidungen so nachhaltig ab, ohne auch nur Berufung oder Revision zuzulassen, so dass man wohl schon von einer örtlichen Rechtsprechungslage reden kann, wobei diese örtliche Rechtsprechungslage selbstverständlich nicht unveränderlich ist.

Die Regelungen der Zivilprozessordnung über die Zulassung von Rechtsmitteln §§ 511, 543 ZPO (Berufung/ Revision) sollen gerade verhindern, dass es in Bezug auf die Rechtslage zur regionalen Zersplitterung der Rechtsprechung kommt, insbesondere sich also örtliche Rechtsprechungslagen herausbilden, die von der Rechtslage aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichen.

Angestrebt wird eine bundeseinheitliche Rechtsprechung, fraglos eine solche, die der materiellen Rechtslage entspricht, wie sie der Gesetzgeber vorgibt.

Wo solche örtlichen Rechtsprechungslagen auftreten, die von der Rechtslage abweichen, gerät der Rechtsunterworfene leicht in ein Dilemma, wonach er sein Verhalten nun ausrichten soll:
nach der Rechtslage aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung oder aber nach der davon abweichenden derzeitigen örtlichen Rechtsprechungslage, die es eigentlich gar nicht geben sollte.

In ein solches Dilemma geraten auch Anwälte, die ihn dazu beraten sollen.

bolli:

--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Dort gebe es Probleme mit dieser  derzeitigen örtlichen Rechtsprechungslage.

Davon betroffen seien in solchen Regionen nicht nur Verfahren mit einem Streitwert unter 600 EUR, wenn Gerichte weder das Verfahren aussetzen, noch die Berufung zulassen, sondern auch die bisherige Spruchpraxis mancher Berufungsgerichte, die ebenso weder aussetzen, noch der Unbilligkeitseinrede Relevanz beimessen, noch die Revision zulassen, wofür bisherige  Erfahrungen an den Landgerichten Münster und Hagen benannt wurden.

--- Ende Zitat ---
OFF TOPIC an
Ich sag\'s ja immer wieder, wir bewegen uns auf eine Bananenreüublik mit vielen kleinen \"Bananenkönigen\" zu (wenn wir nicht sogar schon dort angekommen sind) und dann wollen unsere \"höheren Herrschaften\" Europa und die Welt retten. Oh man.
OFF TOPIC aus

marten:

--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Frau Kollegin Holling teilt mit, dass sie mit mir zur Billigkeitskontrolle auch von Strompreisen in der Grundversorgung  die gleiche Rechtsauffassung vertritt. Es gibt also diesbezüglich keine unterschiedlichen Auffassungen zwischen uns.

Es gebe jedoch regional Probleme, wo Gerichte bisher in einer Art Autismus mit dem bekannten Argument, welchem der BGH jedoch ersichtlich keine Relevanz beimisst (vgl. BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn. 6 f.), derzeit die Billigkeitskontrolle ablehnen, diese schlicht übergehen.

Dort gebe es Probleme mit dieser  derzeitigen örtlichen Rechtsprechungslage.

Davon betroffen seien in solchen Regionen nicht nur Verfahren mit einem Streitwert unter 600 EUR, wenn Gerichte weder das Verfahren aussetzen, noch die Berufung zulassen, sondern auch die bisherige Spruchpraxis mancher Berufungsgerichte, die ebenso weder aussetzen, noch der Unbilligkeitseinrede Relevanz beimessen, noch die Revision zulassen, wofür bisherige  Erfahrungen an den Landgerichten Münster und Hagen benannt wurden.

Obschon man dabei sei, diese Spruchpraxis zu kippen, müsse man diese jedoch aktuell gewärtigen und deshalb in solchen einzelnen Regionen verstärkt mit einem Unterliegen rechnen, worauf auch ein Anwalt seine Beratung einzustellen habe.

Angesichts einer solchen derzeitigen regionalen Rechtsprechungslage können Empfehlungen dann eben so ausfallen, wie geschildert, um den betroffenen Verbraucher vor einem bisher absehbaren Unterliegen vor Gericht zu bewahren.
Denn Maßstab ist immer das Interesse des Mandanten.  Das wiederum ist nachvollziehbar.

Wer als betroffener Verbraucher um eine solche derzeitige regionale Rechtsprechungslage weiß, der sollte ein sich daraus ergebendes erhöhtes Risiko, derzeit bei Gericht zu unterliegen, in seine Erwägungen mit einstellen.

Wenn ihm dieses Risiko benannt wurde und er gleichwohl wie bisher weiterverfährt, kann er seinem Anwalt jedenfalls keinen Vorwurf daraus machen, wenn es - wie von diesem aus genannten Gründen derzeit so eingeschätzt - zu einem Unterliegen vor Gericht kommen sollte.

Es ist wohl nachvollziehbar, dass es zu großem Wehklagen sowie wohl auch Vorwürfen gegenüber Anwälten und auch dem Verein kommen würde, wenn  betroffene Verbraucher endgültig vor Gericht unterliegen, und dabei den Vorwurf erheben würden, ein solches Unterliegen habe doch nach der derzeitigen regionalen Rechtsprechungspraxis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten gestanden, worauf man ihn jedoch nicht hingewiesen habe.

Für mich ist ersichtlich geworden, dass die gesamte erhitzte Diskussion wohl auf einem Kommunikationsproblem beruht, das Problem mit der derzeitigen regionalen Rechtsprechungslage und sich daraus ergebende derzeitige Folgerungen hinreichend zu vermitteln. Eine solche regionale Rechtsprechungslage kann sich auch ändern und daran wird gearbeitet.

Ein Beitrag in der neuen Energiedepesche will genau auf diese Problematik der derzeitigen regionalen Rechtsprechungslage hinweisen.
--- Ende Zitat ---

@RR-E-ft
Das Kommunkationsproblem hätte erst gar nicht entstehen müssen.
Der Bde hätte eher für Klarheit sorgen können, die Chance hat er aber nicht genutzt.
Die Antworten die wir bekommen haben, waren wenig hilfreich.

So wie Sie das jetzt zusammengefasst haben, hätte es auch der BdE auch schon eher machen können.

gruss

marten

RR-E-ft:
@marten

Das Dilemma Ihrer Rechtsanwältin ist das Dilemma, in dem Sie selbst stecken, wenn die örtliche Rechtsprechung bei Ihnen derzeit anders entscheidet als der BGH und dabei derzeit entgegen §§ 511, 543 ZPO Rechtsmittel regelmäßig nicht zulässt.
Ich gehe davon aus, dass der Verein Ihnen genau dieses Dilemma vermitteln wollte, es aber vielleicht bisher nicht hinreichend kurz und prägnant vermitteln konnte, eben ein Kommunikationsproblem.
Nun beklagen Sie wohl, dass es alle nur gut mit Ihnen meinten, um Ihrem Anliegen und Ihrem Interesse bestmöglich Rechnung zu tragen.


--- Zitat ---Original von marten
So wie Sie das jetzt zusammengefasst haben, hätte es auch der BdE auch schon eher machen können.
--- Ende Zitat ---

Diese Behauptung geht von verschiedensten Grundannahmen aus, die insbesondere fraglich erscheinen, wenn Ihnen etwa Ihre Rechtsanwältin ihr Dilemma schon nicht hinreichend  verständlich machen konnte.
Gerade bestehende Dilemmata lassen sich oft nicht eben leicht erklären.

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