Energiepreis-Protest > Bundesweit / Länderübergreifend
Milliarden- Geschenk an Netzbetreiber
RR-E-ft:
@Lothar Gutsche
Eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG wurde doch mit der Verfassungsbeschwerde schon gar nicht geltend gemacht!
Insbesondere ergibt sich eine solche Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG auch nicht aus § 19 Abs. 2 StromNEV.
Wenn überhaupt, so hätte man mit Rücksicht auf Art. 19 Abs. 4 GG wohl das betagte BVerfGG anzufechten, welches für die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde die unmittelbare Betroffenheit des Beschwerdeführers verlangt.
Die Anfechtung der entsprechenden Norm des BVerfGG dürfte verfristet sein,
weil Sie dagegen nicht rechtzeitig vor das Bundesverfassungsgericht gezogen waren.
Schließlich auch gegen die Norm des BVerfGG, welche die Anfechtung gesetzlicher Bestimmungen vor dem Bundesverfassungsgericht zeitlich befristet, war von Ihnen wegen einer möglichen Verletzung des Art. 19 Abs. 4 GG wohl nicht rechtzeitig angefochten worden.
Nach dem Willen des Gesetzgebers, sollen Sie nun Ruhe geben, nachdem Sie es bisher verschlafen hatten.
Lothar Gutsche:
@RR-E-ft
In meinem Beitrag sind zwei Beschwerde-Ebenen zu unterscheiden:
Beschwerde-Ebene 1 mit Gegner Gesetzgeber
Meine Verfassungsbeschwerde vom 24.1.2012 gegen die § 19 Abs. 2 StromNEV zur Umverteilung von Stromnetzentgelten basierte auf Verstößen gegen Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG.
Beschwerde-Ebene 2 mit Gegner Bundesverfassungsgericht
Scheinbar formal korrekt hat das Bundesverfassungsverfassungsgericht meine Beschwerde vom 24.2.2012 wegen Unzulässigkeit nicht angenommen. Die Unzulässigkeit stützt sich mutmaßlich – mangels Begründung des Beschlusses sind nur Spekulationen möglich – auf meine fehlende unmittelbare persönliche Betroffenheit. Denn ich bin nur mittelbar betroffen über die Preispolitik meines Stromnetzbetreibers.
Wie die Diskussion mit Ihnen zeigt, ist mir aber gar kein ordentlicher Rechtsweg eröffnet, um den mittelbaren Angriff durch § 19 Abs. 2 StromNEV auf meine Grundrechte abzuwehren. Genau das hätte das Bundesverfassungsgericht an Hand meiner Beschwerde erkennen müssen und nach § 19 Abs. 4 GG meinen Justizgewähranspruch erfüllen müssen. Die Tatsache, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung das BVerfGG höher wertet als § 19 Abs. 4 GG, ist Gegenstand meiner Kritik.
--- Zitat ---Original von RR-E-ft, 21.2.2012, 11:20
Nach dem Willen des Gesetzgebers, sollen Sie nun Ruhe geben, nachdem Sie es bisher verschlafen hatten
--- Ende Zitat ---
Ich kann nicht erkennen, als Mitglied des Geburtsjahrgangs 1964 in Bezug auf ein 1951 verabschiedetes Gesetz wie das BVerfGG etwas „verschlafen“ zu haben. Vielmehr müsste das Bundesverfassungsgericht in solchen Fällen wie meiner Verfassungsbeschwerde die Rechtslücke schließen, die der Gesetzgeber durch Verstöße gegen Grundprinzipien der Finanzverfassung immer wieder dadurch aufreisst, dass er bestimmte Großverbraucher auf meine Stromkosten subventioniert. Es passt nicht zum Auftrag des Bundesverfassungsgerichts, mittelbar Geschädigte wie mich wehrlos dem verfassungsuntreuen Gesetzgeber auszuliefern und dadurch unseren Sozialstaat und meine Eigentumsrechte anzugreifen. Vor dem Hintergrund lässt sich Ihre Aussage wie folgt erwidern:
Nach dem Willen des Verfassungsgebers sind alle Staatsgewalten dazu verpflichtet, mich vor Verletzungen meiner Grundrechte zu schützen.
karnevalistische Randnotiz zum Ausklang vom Mönchengladbacher Veilchendienstag: Der Schutz erstreckt sich sogar auf Nichtjuristen und Mathematiker und betrifft u. a. eben auch Verletzungen durch neue energiewirtschaftsrechtliche Gesetze.
Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de
RR-E-ft:
@Lothar Gutsche
Ihr Beitrag gründet wohl auf mehreren Missverständnissen.
Bis auf Bayern sind Popularklagen - auch gegen Gesetze - bewusst gesetzlich ausgeschlossen.
Zudem wird mit gesetzlichen Fristenregelungen bewusst in Kauf genmommen, dass auch Hoheitsakte, die den Betroffenen selbst, unmittelbar und gegenwärtig in seinen Grundrechten verletzen, bestandskräftig werden und auch mit einer Verfassungsbeschwerde nicht mehr angefochten werden können.
Dies alles hat der demokratisch legitimierte Gesetzgeber nicht ohne Grund bewusst so bestimmt.
Möglicherweise ist der Verfassungsgeber mit dem Gesetzgeber identisch - und nicht schizophren.
Lothar Gutsche:
@ RR-E-ft
--- Zitat ---Original von RR-E-ft, 22.2.2012, 16:45
Zudem wird mit gesetzlichen Fristenregelungen bewusst in Kauf genmommen, dass auch Hoheitsakte, die den Betroffenen selbst, unmittelbar und gegenwärtig in seinen Grundrechten verletzen, bestandskräftig werden und auch mit einer Verfassungsbeschwerde nicht mehr angefochten werden können.
Dies alles hat der demokratisch legitimierte Gesetzgeber nicht ohne Grund bewusst so bestimmt.
--- Ende Zitat ---
In welchem Gesetz des \"demokratisch legitimierten Gesetzgebers\" steht eigentlich geschrieben, dass ich (z. B. durch § 19 Abs. 2 StromNEV oder durch das EEG oder durch den Steinkohlepfennig) in meinen Grundrechten unmittelbar verletzt sein muss? Gewähren mir die Grundrechte keine Abwehrmöglichkeit gegen den Staat, wenn dieser als Gesetzgeber auch nur mittelbar in meine Grundrechte wie z. B. das Eigentumsrecht oder das Gleichheitsrecht eingreift?
Weder im Grundgesetzartikel 93 Abs. 1 Nr. 4a noch im Bundesverfassungsgerichtsgesetz § 90 BVerfGG lässt sich die Anforderung der \"Unmittelbarkeit\" finden. Nach den Gesetzestexten genügt die Verletzung von Grundrechten für eine Verfassungsbeschwerde. Woher nehmen Sie die sogar fett gedruckte Voraussetzung, der Betroffene müsse unmittelbar in seinen Grundrechten verletzt sein?
Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de
RR-E-ft:
Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde ist, dass der Beschwerdeführer eine mögliche Verletzung in einem Grundrecht/ grundrechtsgleichem Recht durch einen Hoheitsakt geltend macht, die ihn selbst, unmittelbar und gegenwärtig betrifft. Ob tatsächlich eine solche Grundrechtsverletzung vorliegt, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern eine Frage der Begründetheit der Verfassungsbeschwerde.
Erstsemesterwissen
Unser Recht besteht nicht nur aus dem kodifizierten Recht, sondern auch aus den von der Rechtsprechung entwickelten Rechtssätzen.
Das Bundesverfassungsgericht mag keine Verfassungsbeschwerden annehmen, welche die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Zulässigkeit von Verfassungsbeschwerden unbeachtet lassen.
http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs19980114_1bvr199594.html
--- Zitat ---I.
1. Die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts voraus, daß der Beschwerdeführer selbst, gegenwärtig und unmittelbar durch die angegriffene Rechtsnorm in seinen Grundrechten betroffen ist (vgl. BVerfGE 1, 97 ). Eine Selbstbetroffenheit liegt jedenfalls dann vor, wenn der Beschwerdeführer Adressat der angegriffenen Norm ist (vgl. BVerfGE 74, 297 ). Gegenwärtig ist der Beschwerdeführer von einer Norm betroffen, wenn diese ihre Wirkung auf ihn aktuell und nicht nur virtuell entfaltet (vgl. BVerfGE 1, 97 ). Von einer gegenwärtigen Betroffenheit geht das Bundesverfassungsgericht aber auch dann aus, wenn das Gesetz die Normadressaten mit Blick auf seine künftig eintretende Wirkung zu später nicht mehr korrigierbaren Entscheidungen zwingt (vgl. BVerfGE 43, 291 ) oder wenn klar abzusehen ist, daß und wie der Beschwerdeführer in der Zukunft von der Regelung betroffen sein wird (vgl. BVerfGE 74, 297 ). Eine unmittelbare Betroffenheit liegt vor, wenn die angegriffene Vorschrift, ohne eines weiteren Vollzugsaktes zu bedürfen, die Rechtsstellung des Beschwerdeführers verändert. Der Beschwerdeführer muß also geltend machen können, daß er gerade durch die Norm und nicht erst durch ihren Vollzug in seinen Grundrechten betroffen ist (vgl. BVerfGE 1, 97 ). Eine unmittelbare Betroffenheit wird aber auch dann bejaht, wenn die Norm ihren Adressaten bereits vor konkreten Vollzugsakten zu später nicht mehr korrigierbaren Dispositionen veranlaßt (vgl. BVerfGE 43, 291 ). Bei Rechtsbeziehungen, die nicht das Verhältnis des Einzelnen zum Staat, sondern die Beziehungen von Privatrechtssubjekten untereinander regeln und also nicht auf Vollzug im engeren Sinn angelegt sind, folgt die unmittelbare Betroffenheit aus einer sich im Verhältnis der Beteiligten unmittelbar auswirkenden Änderung der Rechtslage oder aus der Notwendigkeit von Dispositionen zur Einstellung auf die neue Rechtslage (vgl. BVerfGE 88, 384 ; 91, 294 ).
2. Auch für Verfassungsbeschwerden gegen Gesetze gilt aber der Grundsatz der Subsidiarität. Danach ist die Verfassungsbeschwerde eines von der angegriffenen Rechtsnorm selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffenen Grundrechtsträgers dann unzulässig, wenn er in zumutbarer Weise Rechtsschutz durch die Anrufung der Gerichte erlangen kann (vgl. BVerfGE 68, 319 ; 74, 69 ). Damit soll erreicht werden, daß das Bundesverfassungsgericht nicht auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage weitreichende Entscheidungen trifft (vgl. BVerfGE 79, 1 ). Ein Verweis auf den Rechtsweg ist danach besonders dann geboten, wenn das angegriffene Gesetz den Gerichten Entscheidungsspielräume beläßt, die für die Frage seiner Verfassungsmäßigkeit Gewicht erlangen können (vgl. BVerfGE 71, 25 ). Der Grundsatz der Subsidiarität verlangt allerdings nicht, daß ein Betroffener vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde gegen eine straf- oder bußgeldbewehrte Rechtsnorm verstößt und dann im Straf- oder Bußgeldverfahren die Verfassungswidrigkeit der Norm geltend macht (vgl. BVerfGE 81, 70 ).
--- Ende Zitat ---
Der Netzbetreiber kann seine Netznutzungsentgelte wegen § 19 Abs. 2 StromNEV nur dann erhöhen, wenn die zuständige Regulierungsbehörde ihm deshalb erhöhte Netznutzungsentgelte bewilligt.
Solche erhöhten Netznutzungsentgelte erreichen den Stromkunden auch nicht unmittelbar, sondern nur, soweit der betreffende Stromlieferant diese überhaupt in seine Strompreise einpreist.
Nur wenn sich eine VB bei dieser Prüfung als zulässig erweist, kommt es auf eine Prüfung der Begründetheit der VB an.
Eine Grundrechtsverletzung liegt nicht schon dann vor, wenn in den Schutzbereich eines Grundrechts eingegriffen wird.
Die Grundrechte sebst gelten nämlich nicht unbeschränkt, sondern es gelten zumindest die sog. verfassungsimmanenten Schranken, die ihererseits durch die sog. Schranken-Schranken begrenzt werden.
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