Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

einseitiges Leistungsbestimmungsrecht für FVU

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tetraeder:

--- Zitat von: RR-E-ft am 18. Juni 2014, 20:10:05 ---
Denkbar wäre eine solche Bestimmung, wenn sie indivduell ausgehandelt wurde bei Abschluss eines Vertrages, der nicht in den Anwendungebereich der AVBFernwärmeV fällt und bei dem zum Preis lediglich vereinbart wurde, dass der Wärmeversorger [nach Vertragsabschluss] den jeweiligen Wärmepreis bestimmen soll, was zur unmittelbaren Anwendung des § 315 BGB auch in Bezug auf den Anfangspreis führen würde.  Dazu könnte die genannte Bestimmung nämlich passen.

--- Ende Zitat ---

Hallo RR-E-ft
Was ich über individuell ausgehandelte Klauseln weiss, ist dass sie ernsthaft zur Disposition gestellt werden müssen. Weder der Ausgangspreis wurde verhandelt, sondern vorgelegt, wie auch der ganze Vertrag mit dieser Klausel einfach so vorgelegt wurde zur Unterschrift. Außerdem lässt sich Mehrfachverwendung nachweisen.

Dann ist auch noch ein Vertragspassage enthalten "Ergänzende Bedingungen", die besagt, dass die AVB Fernwärme V in der jeweils gültigen Fassung Vertragsgegenstand ist.

Verstehe ich Sie also richtig, dass ein solches Leistungsbestimmungsrecht, wenn es AGB ist und nicht individuell ausgehandelt ist in einem Vertrag, auf den AVB Fernwärme V anzuwenden ist, den Bestimmungen des § 24 IV AVB genügen muss? Die Klausel wäre dann ja tatsächlich total konträr zu dieser Bestimmung, was ja auch nicht verwundert, denn eine Preisänderungsklausel ist es ja gerade nicht. Oder ist es so dass dieses einseitige Leistungsbestimmungsrecht also für künftige Preise, wenn sich z.B. die Beschaffungskosten am Markt geändert haben grundsätzlich auch bei AVB Fernwärme-Gültigkeit in Ordnung ist, wenn es wenigstens konkrete Hinweise gibt? Solche konkreten Hinweise sehe ich in der Klausel auch nicht, es ist ja lediglich eine Information nach dem Motto "wenn sich die Preise ändern, dann teilen wir Ihnen das schriftlich mit".

RR-E-ft:

--- Zitat von: tetraeder am 18. Juni 2014, 21:06:16 --- Weder der Ausgangspreis wurde verhandelt, sondern vorgelegt, wie auch der ganze Vertrag mit dieser Klausel einfach so vorgelegt wurde zur Unterschrift. Außerdem lässt sich Mehrfachverwendung nachweisen.

Dann ist auch noch ein Vertragspassage enthalten "Ergänzende Bedingungen", die besagt, dass die AVB Fernwärme V in der jeweils gültigen Fassung Vertragsgegenstand ist.
--- Ende Zitat ---

@tetraeder

Der Ausgangspreis soll vorgelegt und deshalb wohl mit Vertragsabschluss vereinbart worden sein.
Um einen bereits vereinbarten Preis nachträglich einseitig abzuändern, bedarf es einer Preisanpassungsbefugnis für den Wärmeversorger.

Eine solche Preisanpassungsbefugnis will sich der Versorger zumeist einräumen lassen. Dies geschieht durch Verwendung und Einbeziehung einer sog. Preisanpassungsklausel bzw. Preisänderungsklausel, d. h. einer Klausel im Vertrag = Vertragsklausel, die sich zu Preisanpassungen verhält bzw. Preisänderungen zum Gegenstand hat. Die Einbeziehung einer solchen Preisanpassungsklausel ist also notwendige, aber noch nicht hinreichende Bedingung für eine Preisanpassungsbefugnis des Wärmeversorgers. Gibt es eine solche Klausel im Vertrag nicht, fehlt es schon von Anfang an an einer Preisanpassungsbefugnis des Wärmeversorgers.

Bei einem Vertrag, auf den § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV Anwendung findet, ist die genannte Bestimmung aus genannten Gründen unwirksam,
so dass es an einer Preisänderungsbefugnis in Bezug auf einen bereits vereinbarten Preis fehlt.

Fehlt es aber an einer Preisanpassungsbefugnis für den Wärmeversorger, so kann dieser einen bereits vereinbarten Preis  nachträglich nicht einseitig abändern, so dass einseitige Preisänderungen des Wärmeversorgers unzulässig und unwirksam sind.

tetraeder:
@ RR-E-ft
Ich habe das verstanden.

Also gibt es im Gültigkeitsbereich der ABV Fernwärme V nicht die auf der Homepage von AGFW unter "Die Anpassung von Fernwärmepreisen in laufenden Verträgen" getroffene Unterscheidung von Klauseltypen in a) Preisänderungsklauseln b) Leistungsbestimmungsvorbehalt c) Neuverhandlungspflicht?

Demnach müssen die Klauseltypen a) "echte" Preisänderungsklauseln und b) Leistungsbestimmungsvorhebalte immer den Anforderungen nach § 24 Abs. IV ABV FW V genügen?

Der Klauseltyp b) wird dort in dem Abschnitt V "Bewertung" wie folgt eingeschätzt:

"Das einseitige Leistungebestimmungsrecht mag zwar für das FWU den erheblichen Vorteil haben, dass es durch einseitige Bekanntgabe des neuen Preises schnell und ohne langwierige Verhandlungen die Preise ändern kann.

Es stellt sich aber die Frage, ob der Verordnungsgeber mit der Regelung des § 24 Abs. 3 AVB Fernwärme V zum Ausdruck gebracht (hat), dass Preisänderungen überhaupt nur nach dieser Vorschrift zulässig sind."

Wenn ich Ihre Ausführungen richtig verstehe, hat sich diese Frage zwischenzeitlich geklärt.

Preisanpassungsklauseln jeglicher Art also konkret mit Formeln oder auch der Art, "künftige Preise legen wir selbst fest (natürlich dürfen Sie das dann auf Billigkeit prüfen wenn Sie wollen)" müssen immer der Wirksamkeitsprüfung des § 24 Abs. 4 AVB genügen.

Und wenn sie das also nicht tun, dann würden alle Preiserhöhungen innerhalb der Verjährungsfrist von 3 Jahren unwirksam sein. Also bei einer Preiserhöhung im Januar 2011 würden die monatlichen Abrechnungen nach den Preisen vor Januar 2011 neu zu berechnen sein (Verjährung beginnt ja immer Ende des Jahres).

Vielen Dank schon mal, Sie haben gerade sehr weitergeholfen. Warum wird denn dieser irreführende Beitrag auf AGFW nicht weggenommen und in einem Rechtsgutachten von Prof. Büdenbender ist diese offenbar falsche Rechtsauffassung, wonach eine einseitige Leistungsbestimmung in Fernwärmeverträgen möglich sei (halt nur der Billigkeitskontrolle unterliegen würde) ja auch noch so zu lesen und dass ist ja für eine Kanzlei mit wohlklingendem Namen geschrieben worden ...

RR-E-ft:
@tetraeder

Im Anwendungsbereich der AVBFernwärmeV müssen Preisanpassungsklauseln zu ihrer Wirksamkeit den Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV entsprechen.

Bei Anschluss- und Benutzungszwang zur Fernwärme mit Monopolstellung des Versorgers kann eine entsprechende Anwendung von § 315 BGB auf den Anfangspreis in Betracht kommen.
Im Übrigen kommt § 315 BGB nur zur Anwendung, wenn vertraglich vereinbart wurde, dass der Wärmeversorger nach Vertragsabschluss den jeweiligen Wärmepreis (also auch schon den Anfangspreis) bestimmen soll. In diesem Fall besteht von Anfang an kein vereinbarter Wärmepreis, sondern eine Verpflichtung des Versorgers zur Preisbestimmung.

Inwieweit der AGFW seine Publikationen zu überarbeiten hat, soll uns hier nicht interessieren.   

tetraeder:
danke schön!

Letzte Frage: könnte mir der Versorger, er ist Monopolist, nicht einfach drohen und sagen okay dann stell dich schon mal darauf ein, dass ich dir in ein paar Jahren den Vertrag kündige. Kriegst nur noch heissen Dampf dann von mir zu einem neu kalkulierten Preis und die Fernwärmeanschlussstation kannst du ja selber bauen, die bauen wir ab (die Anschlussstation ist aus den 90er Jahren).

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