@neutralist
Auch § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV enthält kein gesetzliches Preisänderungsrecht des Versorgers.
Ich unterscheide klar zwischen
Preishauptabrede und
Preisnebenabrede, was ich auch Ihnen nur empfehlen kann.
Der BGH sieht in § 4 AVBGasV - m. E. unzutreffend - eine Art
Preisänderungsklausel (Preisnebenabrede), weil dort - anders als in § 4 AVBFernwärmeV (!) - auch ausdrücklich von der
Änderung der Allgemeinen Tarife/ Allgemeinen Preise die Rede ist.
BGH, Urt. v. 13.06.07 VIII ZR 36/06 Rn. 14 f., 22, juris:
aa) Ein Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB kann einer Vertragspartei nicht nur durch vertragliche Vereinbarung, sondern auch durch Gesetz eingeräumt werden (BGHZ 126, 109, 120 zu § 12 Abs. 3 Gesetz über Arbeitnehmererfindungen; Palandt/Grüneberg, BGB, 66. Aufl., § 315 Rdnr. 4; Soergel/Wolf, BGB, 12. Aufl., § 315 Rdnr. 29; Bamberger/ Roth/Gehrlein, BGB, 2003, § 315 Rdnr. 3; Staudinger/Rieble, BGB (2004), § 315 Rdnr. 255; Erman/Hager, BGB, 11. Aufl., § 315 Rdnr. 10).
So verhält es sich hier. Die Beklagte hat als Energieversorgungsunternehmen, das die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern durchführt, allgemeine Tarife für die Versorgung in Niederdruck öffentlich bekannt zu geben und zu diesen Tarifen jedermann an ihr Netz anzuschließen und zu versorgen, (§ 10 Abs. 1 des hier anwendbaren Energiewirtschaftsgesetzes vom 24. April 1998, BGBl. I S. 730, EnWG 1998].
Ferner gilt für die von der Beklagten zum 1. Oktober 2004 vorgenommene Preiserhöhung § 4 Abs. 1 und 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden vom 21. Juni 1979 (BGBl. I S. 676, AVBGasV; vgl. nunmehr § 5 Abs. 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Gas aus dem Niederdrucknetz vom 26. Oktober 2006, BGBl. I S. 2396, i. V. m. § 39 Abs. 2 des Energiewirtschaftsgesetzes vom 7. Juli 2005, BGBl. I S. 1970, EnWG 2005). Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AVBGasV stellt das Gasversorgungsunternehmen zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen Gas zur Verfügung. Änderungen der allgemeinen Tarife werden gemäß § 4 Abs. 2 AVBGasV nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam.
§ 4 Abs. 2 AVBGasV beruht insoweit auf den gleichen Erwägungen, mit denen die Wirksamkeit von in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Kostenelementeklauseln bei anderen langfristigen Lieferverträgen begründet wird. Für diese ist anerkannt, dass sie ein geeignetes und zulässiges Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung darstellen. Sie dienen dazu, einerseits dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher, ihn belastender Kostensteigerungen zu sichern, und andererseits den Vertragspartner davor zu bewahren, dass der Verwender mögliche künftige Kostensteigerungen bereits bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht (vgl. Senatsurteil vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054, unter II 2; Senatsurteil vom 21. September 2005 - VIII ZR 38/05, WM 2005, 2335, unter II 2 m.w.N.).
Warum ich die Auffassung des BGH in diesem Punkt nicht teile, ist in ZNER 15/2/2011 S. 130 ff. veröffentlicht.
Ich meine, dass wegen §§ 10 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG 1998, §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG für Grundversorgungsverträge Preisvereinbarungen als vertragliche Hauptabrede unzulässig sind, weil die gesetzlichen Regelungen des EnWG eine Preisbestimmungspflicht des Versorgers im Hinblick auf die Allgemeinen Tarife/ Allgemeinen Preise begründen und auch in den betroffenen Vertragsverhältnissen außerhalb der Vertragsfreiheit eine Preisbestimmungspflicht als Preishauptabrede erfordern und begründen, siehe auch § 6 Abs. 1 GVV.
(1) Der Grundversorger ist im Interesse des Kunden verpflichtet, die für die Durchführung der Grundversorgung erforderlichen Verträge mit Netzbetreibern abzuschließen. Er hat die ihm möglichen Maßnahmen zu treffen, um dem Kunden am Ende des Netzanschlusses, zu dessen Nutzung der Kunde nach der Niederdruckanschlussverordnung berechtigt ist, zu den jeweiligen Allgemeinen Preisen und Bedingungen Gas zur Verfügung zu stellen.
Dazu zählt zuvörderst auch schon die gesetzlich begründete Verpflichtung zur Bestimmung und Veröffentlichung der jeweiligen Allgemeinen Preise gem. § 36 Abs. 1 EnWG unter Beachtung der §§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG (vgl. BGH VIII ZR 138/07 Rn. 43).
Zur Fernwärme findet sich im EnWG keine Regelung zur Versorgungs- und Preisbestimmungspflicht des Versorgers, auf welche § 315 Abs. 3 BGB unmittelbare Anwendung findet.
Zudem regelt § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV anders als § 4 Abs. 2 AVBGasV nicht auch die Änderung der jeweiligen Allgemeinen Tarife.
Von einer
Tarifänderung ist in § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV gar keine Rede.
§ 4 AVBGasV
(1) Das Gasversorgungsunternehmen stellt zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen Gas zur Verfügung. Der Brennwert mit der sich aus den Erzeugungs- oder Bezugsverhältnissen des Unternehmens ergebenden Schwankungsbreite sowie der für die Versorgung des Kunden maßgebende Ruhedruck des Gases bestimmen sich nach den allgemeinen Tarifen.
(2) Änderungen der allgemeinen Tarife und Bedingungen werden erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam.
§ 4 AVBFernwärmeV
(1) Das Fernwärmeversorgungsunternehmen stellt zu den jeweiligen allgemeinen Versorgungsbedingungen Dampf, Kondensat oder Heizwasser als Wärmeträger zur Verfügung.
(2) Änderungen der allgemeinen Versorgungsbedingungen werden erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam.
Der Fernwärmeversorger kann jedoch mit seinen Abnehmern
vertraglich vereinbaren, dass er nach Vertragsabschluss den vom Abnnehmer jeweils zu zahlenden Tarifpreis jeweils einseitig bestimmen soll.
Dann besteht die vertragliche Preishauptabrede in einer (dauernden)
Preisbestimmungspflicht des Versorgers, die der Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB unterliegt.
In solchen Verträgen ist eine Preisnebenabrede (Preisänderungsklausel), die den Versorger zur einseitigen Änderung der bestehenden vertraglichen Preishauptabrede (vertraglich vereinbarter Preis) berechtigt, schon
nicht erforderlich.
Wo der Fernwärmeversorger mit seinen Abnehmern eine solche Preisbestimmungspflicht nicht vertraglich vereinbart hat, geht der Verordnungsgeber offensichtlich wie selbstverständlich davon aus, dass es für einseitige Änderungen eines vereinbarten Preises einer Preisänderungsklausel (Preisnebenabrede) bedarf.
Und für solche Preisänderungsklauseln hat der Verordnungsgeber mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV entsprechende Anforderungen aufgestellt.