Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB

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tangocharly:
Na Sie werden sich noch wundern, wenn demnächst der BGH am Ende noch die Anwendung des § 315 BGB in Frage stellen wird.

War es doch schon ein schöner Clou, den Grundversorgungskunden in die Falle des Sockelpreises zu führen.

Der nächste Clou ist dann der, nun auch noch den Sonderkunden in die Falle des § 315 BGB zu locken, um auch den in dieser Falle Sitzenden wiederum auf einen Sockel zu setzen.

Und dann, das Sahnehäubchen zuletzt - der übernächste Clou -, all denen die auf dem Sockel sitzen schlußendlich die Billigkeitsprüfung wegzunehmen.

Angesichts dessen, was alles in die Struktur des § 315 BGB hinein interpretiert werden können soll, fürcht mich da vorerst nix mehr.

Apropos: heute ist Tag der Menschenrechte. Man müßte mal einen Blick in die UN-Menschenrechtscharta werfen, ob da nicht irgendwo ein Rechtssatz mit dem Inhalt steht: Alle haben ein Recht auf alles was einem Teuer ist - Gas, Strom, Heizöl, Benzin und Medikamente........

RR-E-ft:
@tangocharly

Etwas mehr Sachlichkeit scheint angezeigt.

@bolli

Ich möchte nicht  missverstanden werden.
Der Grundversorger hat für die Grundversorgung eine Monopolstellung, was nicht heißt, dass nicht auch andere Anbieter im selben Netzgebiet Haushaltskunden im Rahmen der Vertragsfreiheit beliefern, für die jedoch - wie aufgezeigt - andere Regeln gelten.  Es wurde bereits ausgeführt, dass die Allgemneinen Preise der Grundversorgung höher liegen müssen, als die im Rahmen der Vertragsfreiheit angebotenen Preise, im Gasbereich schon wegen der unterschiedlich hohen KA (vgl. auch KG, Urt. v. 28.10.08 Az. 21 U 160/06).

Die Monopolstellung der Grundversorger hat Einfluss auf die Vergleichbarkeit von Preisen, wobei die Versorger gemeinhin auf das angeblich maßgebliche  Marktübliche verweisen.



--- Zitat ---Der Inhalt des Anlagenkonvoluts K ... [Preisvergleiche mit den Allgemeinen Preisen anderer Grundversorger] wird vollinhaltlich in prozessual zulässiger Weise mit Nichtwissen bestritten (BGH, Urt. v. 14.07.10 VIII ZR 6/08 Rn. 20, juris).

Die Kl. führt ersichtlich Preise von Unternehmen auf, mit denen sie nicht auf einem gemeinsamen Markt tätig ist. Während die Kl. als Grundversorger im Niederdrucknetz ihres Schwesterunternehmens ... Netze GmbH tätig ist, sind alle anderen aufgeführten Unternehmen jedenfalls als Grundversorger ausschließlich in anderen Niederdruckverteilnetzen tätig, wo die Kl. wiederum nicht tätig ist.

Jeder Grundversorger ist in seinem Niederdruckverteilnetzgebiet kraft Gesetzes Monopolist (§ 36 Abs. 2 EnWG) und bestimmt als solcher die Allgemeinen Preise der Grundversorgung vollkommen autonom (§ 36 Abs. 1 EnWG).    

Weil die inhaltlich  bestrittene Preisaufstellung schon unterschiedliche regional abgegrenzte Märkte betrifft, so lässt sich hieraus schon nichts über die Marktüblichkeit auf dem räumlich maßgeblichen Markt, der durch das Niederdrucknetz der .... Netze GmbH gebildet wird, herleiten.

Keiner der genannten und vollständig bestrittenen Preise hat sich in einem untereinander bestehenden wirksamen Wettbewerb gebildet.

Nach den bestrittenen Behauptungen der Kl. handelt es sich um jeweils gem. § 36 Abs. 1 EnWG vom jeweiligen örtlichen Grundversorger einseitig festgesetzte Grundversorgungspreise, die allesamt keinerlei Gewähr dafür bieten, dass sie entsprechend gesetzlicher Verpflichtung unter Berücksichtigung der Verpflichtung aus  §§ 2, 1 EnWG zu einer möglichst preisgünstigen, effizienten leitungsgebundenen Versorgung gebildet wurden.

Ferner sind die Preise verschiedener Grundversorger schon deshalb nicht miteinander vergleichbar, weil mit ihnen vollkommen verschiedene  Kosten abzudecken sind.

 
So unterscheiden sich allein die gem. § 40 Abs. 2 EnWG in Verbrauchsabrechnungen gegenüber Letztverbrauchern auszuweisenden (in die Kalkulation Allgemeiner Preise der Grundversorgung einfließenden) Netznutzungsentgelte, Kosten des Messstellenbetriebs und der Messung von Netzbetreiber zu Netzbetreiber erheblich, ferner die zwischen Gemeinde und Netzbetreiber vereinbarte Höhe der Konzessionsabgaben.

Beweis:   Sachverständigengutachten

Schließlich unterscheiden sich die Kunden- und Abnehmerstrukturen der Grundversorger erheblich voneinander, ferner auch die Bezugspreise, welche sich zudem von Versorger zu Versorger auch uneinheitlich entwickeln.

Beweis:   Sachverständigengutachten

Kurzum: Die Kl. versucht etwas zu vergleich, was sich nicht vergleichen lässt.
--- Ende Zitat ---

bolli:

--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Es wurde bereits ausgeführt, dass die Allgemneinen Preise der Grundversorgung höher liegen müssen, als die im Rahmen der Vertragsfreiheit angebotenen Preise, im Gasbereich schon wegen der unterschiedlich hohen KA (vgl. auch KG, Urt. v. 28.10.08 Az. 21 U 160/06).

--- Ende Zitat ---
Wo nehmen Sie diese Erkenntnis her? Dieses würde nur dann zutreffen, wenn beide auf der gleichen Basis angemessener Preise (gem. EnWG) kalkuliert worden sind. Dieses MUSS aber nicht zwangsläufig so sein, da, wie Sie ja selbst sagen, die beiden Vertragsarten nicht direkt miteinander vergleichbar sind.

Im Rahmen der freien Preisvereinbarung im SV kann der Versorger von mir als Kunden durchaus einen Preis verlangen (mit mir eineinbaren  ;)) der DEUTLICH höher liegt als der der Grundversorgung, selbst unter Berücksichtigung von höherer KA sowie sonstiger Risiken, die bewertet und in die Kalkulation einbezogen werden (müssen). Eine konkrete Bindung bzw. Höchstgrenze sehe ich da erstmal nicht (mal abgesehen von sittenwidrig hohen Preisen). Ob der Wettbewerb ihn da unbegrenzt ziehen lässt, lassen wir mal ebenfalls unbeachtet.

Im Bereich der Grundversorgung hat der Versorger aber ja einen allgemeinen Preis festzusetzen, der den Maßgaben des EnWG folgen muss UND der im Rahmen der Billigkeitskontrolle in gewissem Rahmen überprüfbar ist (sein soll  X( ). Das dieser Preis derzeit in der Regel immer über dem Preis im SV festgesetzt ist, liegt wohl in der Natur der Sache, da der Versorger sonst wohl seine SVe mit individuellen Vertragsbedingungen ja nicht mehr verkauft bekäme.  :D
Das bedeutet aber nicht, dass diese Grundversorgungstarife in der vorliegenden Form tatsächlich vollständig der Billigkeit entsprechen und somit deren höherer Preis gegenüber dem SV-Preis gerechtfertigt wäre.

Da der VIII. BGH-Senat aber ja mit der Sockelpreis-Theorie elegant (für die Versorger  ;)) eine vollständige Preisüberprüfung in der Grundversorgung verhindert, und immer nur kleine Bröckchen zur Überprüfung freigibt (nur die Preisänderungen unterliegen der Billigkeitsüberprüfung), werden wir wohl so schnell auch nicht aus der Situation heraus kommen.

Jagni:
@ bolli


--- Zitat ---Daher bleibt mir die ....Argumentation des VIII. BGH-Senats für den Sockelpreis weiterhin verschlossen.
--- Ende Zitat ---


Hilfreich wäre es daher schon, wenn zu jeder Entscheidung ein Kommentar mitgeliefert würde.

Bolli, machen Sie sich keine Mühe mehr; es gibt nichts aufzuschließen. Sehen Sie es einfach wie im Handwerk: Wenn ein Schreiner einen Tisch bei seinem Kunden abliefert, bei dem jedes Tischbein eine andere Länge hat, macht es auch  keinen Sinn,  danach zu forschen, warum der Schreiner so etwas kreiert hat. Es reicht die Erkenntnis, dass man auf diesem Tisch keine Suppe essen kann.

Der Tisch geht zurück und wird noch einmal neu gemacht.

Gruß
Jagni

RR-E-ft:
@Jagni

Vortreffliches Bild. :D


@bolli

Womöglich habe ich mich falsch ausgedrückt.
Verständlich erklären ist nicht gerade meine Stärke.

Im Gasbereich jedenfalls liegen die Konzessionsabagben (die über die Netzentgelte in die Preise einfließen) und damit die Kosten der Belieferung höher als im SV- Bereich.

Folglich können - unter sonst gleichen Bedingungen - die etwa vom selben Versorger im selben Netzgebiet im Rahmen der Vertragfreiheit angebotenen Preise niedriger liegen als die allgemeinen Preise der Grundversorgung.
Anders gewendet bedeutet dies, dass die Allgemeinen Preise der Grundversorgung kostenbasiert höher kalkuliert sein müssen, als die Sondervertragspreise.

Zudem ist die Grundversorgung mit spezifischen Risiken allein dadurch behaftet, dass sich der Versorger die Kunden nicht aussuchen kann, sondern jeden Haushaltskunden, der dies möchte, zu den Allgemeinen Preisen beliefern muss.

Der Grundversorger hat zB. keinen Einfluss darauf, wieviele Haushaltskunden er tatsächlich in der Grundversorgung beliefern wird, wieviele etwa zu anderen Lieferanten abwandern.
Er muss sogar darauf eingestellt sein, dass alle Haushaltskunden im Netzgebiet (zurück) zu ihm in die Grundversorgung kommen.
Sicher verhindern kann er dies jedenfalls nicht.

Er ist immerhin gesetzlich verpflichtet, möglichst sicher, preisgünstig und effizient zu liefern.

Dementsprechend unsicher kann seine Prognose hinsichtlich der Entscheidung sein, welche Gasmenge er wo zu welchem Preis bezieht, um die Grundversorgung in einer bestimmten Periode zu bewerkstelligen.

Der im Rahmen der Vertragsfreiheit agierende Gashändler hat weniger Probleme. Hat dieser etwa am Spotmarkt für eine Periode eine Gasmenge zu einem besonders günstigen Preis (derzeit 18 €/ MWh bzw. 1,8 Ct/ kWh) erstanden, kann er diese Menge  nach freiem Belieben zu höchstmöglichen Preisen wo er will auf den Markt werfen. Ist seine verfügbare Gasmenge (Kontingent) auf der Absatzseite erschöpft, schließt er keine weiteren Verträge zu den darauf basierenden Angeboten mehr ab. Hat er sich beim Einkauf verkalkuliert, ist sein wirtschaftliches Risiko begrenzt, weil er sich auf der Absatzseite alsbald durch ordnungsgemäße Kündigung aus allen betroffenen Vertragsverhältnissen lösen kann, möglicherweise sogar mit einer vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist von einem Monat auf das Monatsende.

Während der Gaslieferant im Rahmen der Vertragsfreiheit selbst entscheiden kann, wieviele Kunden er zu welchen Bedingungen und Preisen wo beliefern will, ja selbst entscheiden kann, sich von einem Markt vollständig zurückzuziehen, kann ein Grundversorger dies grundsätzlich nicht.

Hat sich demgegenüber der Grundversorger verkalkuliert, kann er sich jedenfalls nicht aus den betroffenen Vertragsverhältnissen durch ordnungsgemäße Kündigung befreien, § 20 Abs. 1 Satz 3 GVV. Dem Grundversorger verbleibt einzig und allein die Möglichkeit einer Anpassung der Allgemeinen Preise, zu denen er alle Haushaltskunden im Netzgebiet (die dies wünschen) beliefern muss.

In der genannten Entscheidung des Kammergerichts vom 28.10.08 Az. 21 U 160/06 ist einiges Erhellendes dazu ausgeführt, warum spezifische Risiken der Grundversorgung dazu führen, dass der Allgemeine Preis kostenabsiert höher kalkuliert sein muss als ein Preis, der im Rahmen der Vertragsfreiheit vom Versorger angeboten werden kann.

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