Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
bolli:
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Ferner ist beachtlich, dass die gesetzliche Verpflichtung der Versorger aus §§ 2, 1 EnWG zu einer möglichst preisgünstigen leistungsgebundnen Versorgung mit Elektrizität und Gas Auswirkungen auf die Billigkeitskontrolle haben kann, sich mithin auf diese auswirkt (vgl. BGH VIII ZR 138/07 Rn. 43).
--- Ende Zitat ---
An dieser Stelle lassen wir dann aber mal die Preissockeltheorie des VIII. Senats in der gesetzlichen Grundversorgung außen vor, denn diese dürfte ja wohl kaum in Einklang mit der preisgünstigen Versorgung UND dem Unbilligkeitseinwand bei einseitigem Leistungsbestimmungsrecht zu bringen sein, da der VIII. Senat den Unbilligkeitseinwand eben nicht auch den \"günstigen Preis\" sondern nur auf das einseitige Leistungsbestimmungsrecht bezieht und die früheren Preisfestlegungsgründe außen vor lässt. Lediglich die Gewinnmarge darf nicht erhöht werden (die man aber erstmal rausbekommen muss, was bei Analyse mancher Bilanzen natürlich möglich ist, wie Sie ja schon gezeigt haben. ;)
RR-E-ft:
Wenn der Preis stärker erhöht wird als sich die konkret preisbildenden Kostenfaktoren des konkreten Preises insgesamt erhöht haben (BGH VIII ZR 138/07 Rn. 39) oder aber der Preis nicht im Umfange rückläufiger preisbildender Kostenfaktoren unverzögert und vollständig abgesenkt wird (BGH VIII ZR 81/08 Rn. 18], dann erhöht sich jedenfalls unzulässig der Gewinnanteil am Preis.
Die konkrete Höhe des Gewinnateils am jeweiligen Preis muss man für diese Betrachtung nicht kennen.
Dessen Kenntnis wäre nur dann erforderlich, wenn es etwaig um die Unangemessenheit des Gewinnanteils am Preis selbst ginge.
Das soll jedoch zumeist nicht der Fall sein (BGH VIII ZR 138/07 Rn. 25).
Der Senat meint dort, dem Versorger müsse die Gewinnspanne auch bei einem für den Versorger besonders vorteilhaft kalkulierten Preis erhalten bleiben.
Dies erscheint wenig nachvollziehbar:
Selbstredend sollte es wegen der gesetzlichen Verpflichtung aus §§ 2, 1, 36 EnWG ausgeschlossen sein, dass der Versorger den öffentlich bekannt zu gebenden Allgemeinen Tarif für sich besonders vorteilhaft kalkuliert.
Ein so kalkulierter Allgemeiner Tarif kann ja wohl per se nicht der gesetzlichen Verpflichtung zu einer möglichst preisgünstigen leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas entsprechen.
Einen für den Versorger besonders vorteilhaft kalkulierten Tarifpreis dürfte es mithin nach dem Sinn und Zweck des Energiewirtschaftsgesetzes und entsprechend der gesetzlichen Regelungen gar nicht geben können.
Erst recht kann wohl kein berechtigtes Interesse des Versorgers an der Fortschreibung eines für den Versorger besonders vorteilhaft kalkulierten Allgemeinen Tarifpreises in die Zukunft bestehen.
Diese kann jedoch eine Rolle spielen, wenn sich der Kunde gegenüber dem verlangten Preis auf §§ 1, 19, 29, 33 GWB iVm. § 134 BGB beruft.
Ein kartellrechtswidrig überhöhter Energiepreis im Sinne des § 29 GWB kann auch nicht der Billigkeit entsprechen.
Jagni:
@RR-E-ft
Grundsätzlich kann ich der Darstellung in dem eingefügten Link \"Zur Inhaltskontrolle nach Transparenzgebot\" folgen. Es gibt allerdings mehrere Stellen bei denen ich einhaken muss, um zu klären, ob mein Gedankengang richtig ist oder nicht.
--- Zitat ---BGH, Urt. v. 13.07.04 KZR 10/03 unter II. 6,:
Auch als inhaltliche Beschränkung des Anwendungsbereichs einer Klausel lässt sich der in § 315 BGB enthaltene Rechtsgedanke nicht verwerten, weil der weite Spielraum der Billigkeit nicht den an die Eingrenzung und Konkretisierung einer Formularbestimmung zu stellenden Anforderungen genügt (BGHZ 89 aaO).
--- Ende Zitat ---
Kann man daraus auch schließen, dass der weite Spielraum der Billigkeit „nie“ genügen wird?
Der VIII. Senat hat inzwischen ein System entwickelt, wie mit dem weiten Spielraum der Billigkeit umzugehen ist. Er prüft alles, was darin zu finden ist, danach, ob das Äquivalenzverhältnis stimmt oder nicht. Alles was ihm dabei unter die Finger kommt, prüft er Schritt für Schritt und stellt fest, ob eine ungerechtfertigte Benachteiligung vorliegt, und zwar hinsichtlich eines Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben oder hinsichtlich eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot.
Hinsichtlich des Transparenzgebotes, von dem auch Tangocharly sagt, dass es noch nicht abgehakt ist, kommt er zu der Aussage:
--- Zitat ---Entscheidung VIII ZR 246/08, Rn 36:
b) Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (Markert, aaO, 294) ist es auch nicht erforderlich, die aus der Bindung an den Maßstab billigen Ermessens folgenden Anforderungen hinsichtlich Anlass, Voraussetzungen und Umfang eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts in der Klausel tatbestandlich zu konkretisieren. Insoweit sind - auch unter dem Gesichtspunkt der Transparenz - im Bereich von Sonderverträgen keine höheren Anforderungen an die Bestimmtheit und die Konkretisierung einer Preisanpassungsregelung zu stellen, als sie im Bereich der Tarifkundenversorgung durch § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV und im Bereich der Grundversorgung nunmehr durch § 5 GasGVV unmittelbar erfüllt werden. Dem Sonderkunden steht ebenso wie dem Tarifkunden oder dem Grundversorgungskunden eine Überprüfung von einseitigen Preisänderungen nach § 315 BGB offen (vgl. Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO, Tz. 24, und VIII ZR 56/08, aaO, Tz. 27).
--- Ende Zitat ---
Die Formulierung: „.....in der Klausel tatbestandlich nicht zu konkretisieren“ bedeutet doch, dass der Inhalt, den wir alle von einer Klausel erwarten, nicht in Worte gefasst werden muss, die den Inhalt erklären.
Die Wortaneinanderreihung des § 5 Abs 2 reicht dem Senat aus. Sie reicht ihm aus, weil er den Inhalt sowieso an den Maßstab billigen Ermessens gebunden sieht. Es ist somit nur noch zu klären, ob die in den -ungeschriebenen - Voraussetzungen einer Preisanpassung gem. § 4 Abs. 1 und Abs. 2 AVBGasV/§ 5 Abs 2 GasGVV zusammengefassten Grundsätze dem Maßstab billigen Ermessens folgen oder nicht.
In den - ungeschriebenen Voraussetzung – ist alles versammelt, was bisher schon oder in Zukunft noch dem Transparenzgebot unterfallen wird. Ob sie alle dem Maßstab der Billigkeit genügen, prüft er dann ebenfalls mit Hilfe des Äquivalenzverhältnisses.
Man kann ja bestreiten, dass die Systematik des VIII. Senats weder folgerichtig und rechtskonform ist, dass er aber gesagt hat, und zwar:
„... ist es auch nicht erforderlich, die aus der Bindung an den Maßstab billigen Ermessens folgenden Anforderungen hinsichtlich Anlass, Voraussetzungen und Umfang eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts in der Klausel tatbestandlich zu konkretisieren.“,
lässt sich aber nicht mehr bestreiten. Der Senat hat damit den Weg freigemacht für eine Klausel, die nichts mehr aussagt und dennoch Stand hält.
Erst wenn ich den Gedankengang des BGH verstanden habe, kann ich mich der Gegenargumentation widmen.
Vielleicht gelingt es Ihnen, mir klar zu machen, dass das, was ich vorstehend geschrieben habe, nur eine Fata Morgana meines Gehirns ist. Auch das wäre mir eine Erleichterung.
Zu anderen Haken ein andermal.
Gruß
Jagni
Jagni:
Ich weiß, ich weiß, ich schramme am Rande des Themas. Aber nur, weil vieles mit vielem zusammenhängt. So auch der hohe Gerechtigkeitsgehalt der Billigkeitskontrolle mit dem aufkeimenden Wettbewerb durch Versorgerwechsel.
Daher noch eine Reflexion in die Gedankengänge von tangocharlys Beitrag, und zwar trotz bereits ergangenem Ordnungsruf, Dingen nicht verwirrend miteinander zu vermengen.
Ich erkenne aber weder den Sachverhalt einer Vermengung, noch befürchte ich wegen der überschaubaren Argumente eine ungerechtfertigte Verwirrung.
--- Zitat ---Zitat von tangocharly
Das Schlimme an diesem Rechtssatz, zumindest im Bereich der leitungsgebundenen Energieversorgung, ist allerdings der Umstand, dass die Parameter der das Ermessen bindenden Entscheidung, wie die vielen Entscheidungen der unteren Instanzen zeigen, in ihrer Erkennbarkeit so im Dunkeln bleiben, dass die Figur eines \"Erlkönigs\" dagegen noch eine Lichtgestalt verkörpert.
--- Ende Zitat ---
Stimmt: Deswegen keine Breitenwirkung für ein Umdenken bei den Versorgern alleine mit der Billigkeitskontrolle.
--- Zitat ---Zitat von tangocharly
Ich weiß es nicht - und will es auch gar nicht wissen - ob der Gesetzgeber des EnWG diese Vorgänge bei dieser Novelle sich so vorgestellt hat:
(1) Wettbewerb durch Versorgerwechsel;
(2) ein Heer von Wechslern, die ständig von einem Versorger zum anderen wechseln;
(3) Versorger, die mehr Energie dafür verwenden, eine Masse von Versorgerwechseln zu organisieren, als deren Energiepreise vernünftig zu kalkulieren;
--- Ende Zitat ---
Zu den in den Ziffern (1) – (3) aufscheinenden Unsicherheiten, die ich nachvollziehen kann, denen ich mich aber entgegenstellen muss:
(1) Wie könnte Wettbewerb anders initiiert werden? Gibt es einen anderen Weg? Die Versorger haben die Grundversorgung ausgehöhlt und das Massengeschäft umfassend kommerzialisiert. Und damit sie dort auch ordentlich zupacken können, hat man ihnen auch noch das Recht aus der Daseinfürsorge, das einseitige gesetzliche Preisbestimmungsrecht, um den Hals gehängt.
Nachdem der herkömmliche Hausbrand das Zeitliche gesegnet hatte, wurde die Lizenz zur Geldschöpfung ausgepackt. Und jetzt, wenn wir Verbraucher anfangen wach zu werden, zeigen sie ihre Flexibilität und scheren ein - in den Wettbewerb. In Kurz- und Mittelfristplanungen wird kalkuliert, mit welchen Preisnachlässen wie viel Kunden in anderen Grundversorgungsgebieten akquiriert werden können und müssen, weil der Kundenschwund drückt. Sie helfen also mit, beim Entstehen von Wettbewerb durch Versorgerwechsel. Wo ist das Problem?
Wenn der Versorger z.B. seinen Kunden, mit 3 in zeitlicher Reihenfolge immer wieder neu lockend angepassten Vergleichsangeboten, bei der Stange halten will, was sagt das aus? Doch wohl auch sehr deutlich, dass Kundenschwund Probleme bereitet.
(2) Das Heer wird schrumpfen, wenn die Versorger durch Umdenken das Signal dazu geben. Wer will schon als Wechselaktivist enden? Es gibt Besseres, um die Lebenszeit zu füllen.
(3) Über diese Widersinnigkeit müssen sich die Versorger sorgen. Nur wegen des hohen Gerechtigkeitsgehalts der Billigkeitskontrolle werden sie nicht „ordentlich“ kalkulieren, und schon gar nicht, wenn der Wettbewerb schläft.
--- Zitat ---Zitat von tangocharly
Und die Vorstellung, dass ein Versorgerwechsel in der leitungsgebundenen Energieversorgung so leicht wird, wie der Wechsel des Waschmittels, die mag erst einmal verifiziert werden.
--- Ende Zitat ---
Erfahrungen müssen gemacht werden. Viele haben mitgeholfen, dass diese Möglichkeit überhaupt besteht und es auch klappt. Der Verordnungsgeber, indem er diverse Regelungen dazu fixiert hat, sogar der VIII. Senat mit dem nochmaligen Hinweis auf die Wechselmöglichkeit, die Landeskartellbehörden, die den evtl. verbliebenen bremsenden Seilschaften einheizen und, denken wir vor allem auch an die Hilfen hier im Forum durch Tipps, wie man Sand aus dem Getriebe bekommt und wem man auf die Füße treten muss, damit es voran geht; „immer treiben, nie treiben lassen“.
Und auch keine Zurückhaltung wegen des Vergleichs mit der Waschmittelwerbung! Der Vergleich war gut!
Wie in der Werbung bei den Waschmitteln gilt auch bei der Energieversorgung der Slogan: Der Versorgerwechsel zwingt wettbewerbsunfähige raus und wettbewerbsfähige rein, und das selbst dann, wenn die Energieversorgung leitungsgebunden ist.
Gruß
Jagni
RR-E-ft:
@Jagni
Der weite Spielraum der Billigkeit passt regelmäßig schon nicht in das enge Korsett, derjenigen Konkretisierung, welche das Transparenzgebot nach der sonstigen Rechtsprechung des BGH erfordert. Nur wenige Beispiele herausgegriffen:
--- Zitat ---BGH Urt. v. 20.07.2005 (ZIP 2005, 1785)
\"Ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht darf sich der Verwender durch Allgemeine Geschäftsbedingungen grundsätzlich nur vorbehalten, wenn dafür ein berechtigtes Interesse besteht. Eine Befugnis zur einseitigen Festlegung kann ebenso wie eine solche zur einseitigen Änderung wesentlicher Vertragsbestimmungen nur dann formularmäßig begründet werden, wenn schwerwiegende Gründe dies rechtfertigen. Erforderlich ist weiterhin, dass die Voraussetzungen und der Umfang des Leistungsbestimmungsrechts tatbestandlich hinreichend konkretisiert sind\"
--- Ende Zitat ---
--- Zitat ---BGH, Urt. v. 19.10.1999 (BGH NJW 2000, 651)
\"Auch einseitige Bestimmungsvorbehalte können nur hingenommen werden, wenn sie bei unsicherer Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig sind und den Anlass, aus dem das Bestimmungsrecht entsteht sowie die Richtlinien und Grenzen seiner Ausübung möglichst konkret angeben.\"
--- Ende Zitat ---
Klar und verständlich:
--- Zitat ---BGH, Urt. v. 15.11.2007 III ZR 247/06 Rn. 10:
Dementsprechend sind Preisanpassungsklauseln nur zulässig, wenn die Befugnis des Verwenders zu Preisanhebungen von Kostenerhöhungen abhängig gemacht wird und die einzelnen Kostenelemente sowie deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises offen gelegt werden, so dass der andere Vertragsteil bei Vertragsschluss die auf ihn zukommenden Preissteigerungen einschätzen kann (Senatsurteil vom 11. Oktober 2007 aaO; vgl. BGH, Urteile vom 11. Juni 1980 - VIII ZR 174/79 - NJW 1980, 2518, 2519 unter II 2. c); vom 19. November 2002 - X ZR 253/01 - NJW 2003, 746, 747 unter III. 2. a) m.w.N.; vom 21. September 2005 aaO S. 1717 f unter II. 3.b) und vom 13. Dezember 2006 aaO Rn. 23 ff).
--- Ende Zitat ---
Grundsätzlich muss der Kunde die Möglichkeit haben, die Berechtigung einer Preisänderung anhand der Klausel selbst zu kontrollieren. Das Transparenzgebot erfordert deshalb gerade regelmäßig, dass bereits in der Preisänderungsklausel bei Vertragsabschluss die Preiskalkulation offen gelegt wird.
--- Zitat ---BGH, Urt. v. 13.12.2006 VIII ZR 25/06 Rn. 23
Die Klausel in Vertragsabschnitt A Nr. 4 der \"Liefervereinbarung für Flüssiggas\", die eine Preisanpassung durch die Beklagte erlaubt, wenn Änderungen des Einstandspreises und/oder der Kosten eintreten, benachteiligt die Vertragspartner der Beklagten schon deshalb unangemessen, weil sie ganz allgemein auf Kostenänderungen abstellt und nicht erkennen lässt, in welchem Bereich diese Kostenänderungen auftreten können und müssen (BGH, Urteil vom 16. März 1988 – IV a ZR 247/84, NJW-RR 1988, 819 unter 7). Darüber hinaus kennen die Kunden der Beklagten weder den Einstandspreis noch die sonstigen Kosten der Beklagten und können diese auch nicht in Erfahrung bringen. Ferner fehlt es an einer Gewichtung der in Betracht kommenden Kostenelemente im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Kalkulation des Flüssiggaspreises. Für die Vertragspartner der Beklagten ist deshalb weder vorhersehbar, wie sich etwa ein allgemeiner Anstieg der Gaspreise – eines wesentlichen Elements des Einstandspreises der Beklagten – oder sonstiger (welcher?) Kostenfaktoren auf den vereinbarten Flüssiggaspreis auswirken werden, noch haben sie eine realistische Möglichkeit, Preiserhöhungen der Beklagten auf ihre Berechtigung zu überprüfen. Schließlich erlaubt die Klausel – jedenfalls in ihrer im Verbandsprozess zugrunde zu legenden kundenfeindlichsten Auslegung (st. Rspr., z.B. BGHZ 158, 149, 155) – der Beklagten eine Preiserhöhung bereits dann, wenn zwar ein Kostenfaktor sich nach oben verändert hat, der Anstieg aber durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen wird und die Beklagte daher insgesamt keine höheren Kosten zu tragen hat, als dies bei Abschluss des Belieferungsvertrags der Fall war. Wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 21. September 2005 aaO), gibt eine solche Klausel dem Verwender insgesamt einen praktisch unkontrollierbaren Preiserhöhungsspielraum zur Erzielung zusätzlicher Gewinne zu Lasten seiner Vertragspartner und benachteiligt diese deshalb unangemessen.
--- Ende Zitat ---
Offensichtlich steht der Sondervertragskunde eines Gasversorgers diesbezüglich nicht besser da als der Kunde eines Flüssiggas- Anbieters, welcher solche Preisänderungsklauseln verwendet.
Der Kunde kennt weder den Einfluss einer Änderung der Bezugskosten auf den vereinbarten Gaspreis noch die weiteren preisbildenden Kostenfaktoren und hat somit keine realistische Möglichkeit, die Preisänderungen anhand der Klausel zu kontrollieren, was dem Versorger einen praktisch unkontrollierbaren Preiserhöhungsspielraum zur Erzielung zusätzlicher Gewinne verschafft. Schon gar nicht ist der Kunde durch die Klausel in der Lage versetzt, überhaupt zu erkennen, wann und in welchem Umfange eine Verpflichtung zur Preisabsenkung besteht, was dem Versorger wiederum die Möglichkeit verschafft, durch die praktisch unkontrollierbare unterlassene Weitergabe gesunkener Kosten einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen.
Markant und zutreffend die Rechtsprechung des BGH zu Preisänderungsklauseln im Übrigen:
--- Zitat ---BGH, Urt. v. 21.04.2009 XI ZR 55/08 Rn. 38:
Lässt eine Preis- und Zinsänderungsklausel weiter den Kunden darüber im Unklaren, ob und in welchem Umfang das Kreditinstitut zu einer Anpassung berechtigt oder zu seinen Gunsten verpflichtet ist, läuft auch die dem Kunden eingeräumte Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle weitgehend leer. Kommt es erst gar nicht zu einer gebotenen Herabsetzung des Preises oder Zinssatzes, versagt sie für gewöhnlich, weil der Kunde mangels hinreichenden Anhalts schon eine solche Verpflichtung des Verwenders zumeist nicht zu erkennen vermag. Erfolgt eine Preis- oder Zinsanpassung zu seinen Ungunsten, fehlt ihm die Beurteilungsgrundlage, ob sich die Anpassung im Rahmen des der Bank zustehenden Gestaltungsspielraumes bewegt oder ein Verfahren nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB mit Erfolg betrieben werden kann (Habersack, WM 2001, 753, 757).
--- Ende Zitat ---
Dass die vom VIII. Zivilsenat als zulässig erachteten Klauseln nicht den Anforderungen entsprechen, welche die Rechtsprechung des BGH sonst nach dem Transparenzgebot verlangt, erkennt immerhin auch der VIII. Zivilsenat selbst an.
--- Zitat --- BGH, Urt. v. 15.07.2009 VIII ZR 225/07 Rn. 26:
Der Revision ist allerdings zuzugeben, dass eine § 5 Abs. 2 GasGVV nachgebildete vertragliche Preisanpassungsklausel nicht den Anforderungen genügt, die die höchstrichterliche Rechtsprechung in anderen Fällen an die tatbestandliche Konkretisierung von Anlass, Voraussetzungen und Umfang eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts stellt (BGH, Urteil vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, WM 2009, 1077, Tz. 25; BGHZ 164, 11, 26 f.; Urteil vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054, Tz. 21; Urteil vom 21. September 2005, aaO, unter II 2). § 5 Abs. 2 GasGVV regelt nur, dass Änderungen der Allgemeinen Preise (im Sinne von § 36 Abs. 1 Satz 1 EnWG 2005) jeweils zum Monatsbeginn und erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam werden, die mindestens sechs Wochen vor der beabsichtigten Änderung erfolgen muss, und dass das Versorgungsunternehmen verpflichtet ist, zu der beabsichtigten Änderung zeitgleich mit der öffentlichen Bekanntgabe eine briefliche Mitteilung an den Kunden zu versenden und die Änderungen auf seiner Internetseite zu veröffentlichen. Die Vorschrift lässt nicht erkennen, dass das Versorgungsunternehmen bei der Preisanpassung das Äquivalenzverhältnis wahren muss und sie nicht dazu nutzen darf, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben, um nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen (BGHZ 178, 362, Tz. 25). Sie lässt den Kunden weiter im Unklaren darüber, dass aufgrund der Bindung der Allgemeinen Preise (des Allgemeinen Tarifs) an billiges Ermessen mit dem Recht des Versorgungsunternehmens zur Abwälzung von Kostensteigerungen auf seine Kunden die Pflicht einhergeht, Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen und diese nach denselben Maßstäben an die Kunden weiterzugeben (BGHZ 176, 244, Tz. 26).
--- Ende Zitat ---
Er leitet gerade deshalb eine Ausnahme von den strengen Erfordernissen - m. E. ohne überzeugende Begründung - aus § 310 Abs. 2 BGB her. Er will Sondervertragskunden und grundversorgte Kunden - einer gewissen inneren Logik folgend - wohl gleich schlecht behandelt wissen:
Fraglich, wie der betroffene Kunde überhaupt eine vertragliche Verpflichtung zur Preisabsenkung wegen rückläufiger Kosten durchsetzen sollte, wenn der VIII. Zivilsenat schizophrener Weise sogar das Postulat aufstellt, der bisherige Preis sei vertraglich vereinbart und unterliege somit gar keiner gerichtlichen Billigkeitskontrolle. Eine gerichtliche Billigkeitskontrolle könne nur dann und soweit erfolgen, wie der Versorger den Preis nachträglich zu Lasten des Kunden einseitig abändert, also erhöht.
Auch für den grundversorgten Kunden ist deshalb nicht ersichtlich, wie er die gesetzliche Verpflichtung zur Preisabsenkung bei rückläufigen Kosten (BGH VIII ZR 81/08 Rn. 18] durchsetzen sollte. Dass der Senat immer wieder diese - zugestandenerweise anhand enstprechender Klauseln schon nicht erkennbare - Verpflichtung des Versorgers immer wieder betont, ist also wohl halbwegs als lyrisches Beiwerk anzusehen, die gerade nach der Rechtsprechung dieses Senats praktisch nicht durchsetzbar erscheint.
Manch betroffener Rechtssuchende mag sich darob von dieser Rechtsprechung insgesamt an der Nase herumgeführt vorkommen.
Gäbe es § 310 Abs. 2 BGB nicht, käme auch der VIII.Zivilsenat nicht zu seiner wenig nachvollziehbaren Folgerung, der Gesetzgeber habe selbst den Maßstab für die Transparenz entsprechender Preisänderungsklauseln im Bereich der leitungsgebundenen Energieversorgung geschaffen.
§ 310 Abs. 2 BGB lässt jedoch auch schon seinem Wortlaut nach keine Abstriche an der Inhalts- und Transparenzkontrolle des § 307 BGB entsprechender Klauseln erkennnen. § 310 Abs. 2 BGB bezieht sich ausdrücklich nur auf die Inhaltskontrolle gem. §§ 308, 309 BGB.
Erst recht scheint diese Auslegung mit den EU- Richtlinien, die auch zur Neufassung des § 307 BGB gegenüber dem § 9 AGBG führten, unvereinbar. Hierauf wies etwa das OLG Oldenburg in mündlicher Verhandlung am 02.11.10 in Sachen EWE zutreffend hin, welches deshalb eine Vorlage zum EuGH in Erwägung zieht.
Zudem hatte der Gesetzgeber bei § 5 Abs. 2 GVV - wie andernorts bereits erörtert - das Transparenzgebot des § 307 BGB auch schon gar nicht zu entsprechen und wollte es auch gar nicht, sondern dem Grundversorger in Bezug auf die Allgemeinen Tarifpreise (von Anfang an) ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht einräumen. Es handelt sich um ein Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht (BGH KZR 2/07 Rn. 26).
Das gesetzliche Preisbestimmungs- und -änderungsrecht (und die gesetzliche Verpflichtung hierzu) hat mit dem Transparenzgebot des § 307 BGB ebensowenig zu tun, wie ein vertraglich vereinbartes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht (Preisbestimmungsrecht) gem. § 315 Abs. 1 BGB.
Der VIII. Zivilsenat meint, bei solchen Sonderverträgen müsse wie bei Tarifkunden eine Billigkeitskontrolle erfolgen. An anderer Stelle versagt er jedoch gerade die unmittelbare Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB, wenn bei Vertragsabschluss ein bestimmter Preis und deshalb gerade kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vertraglich vereinbart wurde (BGH VIII ZR 36/06 Rn. 32 und VIII ZR 138/07 Rn. 16).
Grundsätzlich kann bei Vertragsabschluss nur entweder ein bestimmter Preis oder aber ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB vertraglich vereinbart worden sein.
Das eine schließt das andere denknotwendig aus.
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