Original von Black
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH wird der Anfangspreis nicht einseitig vom Versorger festgesetzt (RR-E-ft vertritt eine andere Auffassung, aber diese wird eben nicht von den Gerichten mitgetragen).
Durch seine öffentlich bekannt gemachten Tarife und durch konkrete Sondervertragsangebote gibt der Versorger nur ein Angebot ab, den Kunden zum Preis X zu beliefern. Der Kunde kann dann entscheiden, ob er das Angebot annimmt und sich eben zu diesem Anfangspreis X beliefern läßt oder nicht. So wie bei jedem anderen Warenkauf auch.
Wenn dem Kunden dieser Anfangspreis X zu teuer erscheint, kann er sich entweder einen anderen günstigeren Versorger suchen oder aber auch generell auf die Energieabnahme verzichten.
@Black
Nur die Sondervertragsangebote sind Angebote wie sonst auf einem Markt, die der Anbieter folglich auch wieder vom Markt nehmen kann (Vertragsfreiheit).
Bei Vertragsabschluss wird dort ein Preis vereinbart. Wird weiter nichts vereinbart, ist der Lieferant nachträglich nicht zu Preiserhöhungen im laufenden Vertragsverhältnis berechtigt und ebenso auch nicht zu Preissenkungen verpflichtet. Der vereinbarte Preis unterliegt keiner Billigkeitskontrolle, weil die Richtigkeitsgewähr aus der Einigung der Parteien folgt. Er bildet das
maßgebliche Äquivalenzvehältnis.
In dem Punkt sind wir uns doch einig.
Bei der Grund- und Ersatzvesorgung ist das anders.
Es besteht Kontrahierungszwang, keine Spur von Vertragsfreiheit.
Gegen eine Preisverinbarung spricht dabei, dass Kostensteigerungen, die
vor Vertragsabschluss liegen, den Versorger aufgrund des gesetzlichen Leistungsbestimungsrechts zur einseitigen Preiserhöhung im laufenden Vertragsverhältnis, mithin
nach Vertragsabschluss berechtigen können.
Undenkbar bei sonstigen Angeboten auf dem Markt.
Das gesetzliche Leistungbestimmungsrecht schließt nicht nur das Recht zu Preiserhöhungen im laufenden Vertragsvrhältnis wegen und im Umfange gestiegener Kosten ein, sondern auch die Verpflichtung zur Preisanpassung zugunsten der Kunden bei rückläufigen Kosten nach gleichen Maßstäben (BGH VIII ZR 81/08 Rn. 18]. Dies kann also ebenso die Verpflichtung zur Preisabsenkung wegen rückläufiger Kosten
vor Vertragsabschluss im laufenden Vertrgsverhältnis, also
nach Vertragsabschluss einschließen.
Ebenso undenkbar bei sonstigen Angeboten auf dem Markt.
Bei einer Preisvereinbarung wird ein
maßgebliches Äquivalenzverhältnis erst gebildet. Bei der Grundversorgung bildet aber nicht ein vereinbarter Anfangpreis das
maßgebliche Äquivalenzverhältnis.
Sonst könnten Kostensteigerungen, die
vor Vertragsabschluss liegen, jedefalls nicht zu Preiserhöhungen im laufenden Vertragsverhältnis berechtigen. Ebenso könnten nach gleichen Maßstäben Kostensenkungen nicht zu Preisanpasungen zugunsten der Kunden verpflichten.
Der Kunde hat mithin durch eine Preisvereinbarung zu Beginn der Belieferung gar keinen Einfluss auf das
maßgebliche Äquivalenzverhältnis. Dieses
besteht bereits anderwärts, ohne dass er auf dieses Einfluss nehmen konnte oder es auch nur kennt.
Bereits aus den Materialien zur Entstehung des BGB ergibt sich, dass der Gesetzgeber für den Vertragabschluss
zwei Alterntiven eröffnen wollte.
Entweder eine vertragliche Leistungsvereinbarung durch Angebot und Annahme
oder die vertragliche Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts gem. § 315 BGB.
Ein gesetzliches Leisungsbestimmungsrecht, wie es im Rahmen der gesetzlichen Vrsorgungspflicht nach dem EnWG für den Versorger unzweifelhaft besteht, folgt den gleichen Regeln wie ein vertraglich vereinbartes einseitiges Leistungsbestimmungrecht.
Letzteres kennt jedoch gerade keinen vereinbarten Anfangspreis.
Das wird in den Gutachten von
Schwintowski, welches der Entscheidung BGH KZR 36/04 Rn. 9 f. zugrunde liegt, überzeugend herausgearbeitet.
Wenn es umgekehrt richtig wäre, dass mit grundversorgten Kunden durch eine Preisvereinbarung bei Vertragsabschluss das
maßgebliche Äquivalenzvehältnis erst gebildet würde, wäre es unmöglich, dass der Versorger gegenüber allen grundversorgten Kunden in Ausübung des gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts den Preis zum selben Zeitpunkt und im selben Umfange ändert.
Denn er müsste ja für jedes betroffene Vertragsverhältnis ermitteln, wie sich die maßgeblichen Kostenfaktoren erst jeweils nach Vertragsabschluss geändert haben.
Dabei würde sich für jedes betroffene Vertragsverhältnis ein individuelles Bild zeichnen. Dieses individuelle Bild zu berücksichtigen wäre jedoch gar nicht möglich, weil ja schon nach der gesetzlichen Regelung der Allgemeine Preis der Grundversorgung für alle Kunden mit gleichem Nutzungsprofil (unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses) zu jeder Zeit gleich sein soll, eben ein Allgemener Preis und kein individuell vereinbarter Preis.
Auch dies wird in der Entscheidung KZR 36/04 Rn. 9 f. überzeugend berücksichtigt.
Zurück zum Sondervertrag, wo bei Vertragsabschluss tatsächlich ein Preis vereinbart wird, der das
maßgebliche Äquivalenzverhältnis bildet.
In diesem Bereich besteht keine gesetzliche Regelung, wonach der Preis für alle Kunden mit gleichem Nutzungsprofil (unabhängig vom Zeitpunkt des individuellen Vertrasbschlusses) zu jeder Zeit gleich sein soll.
Deshalb müsste der Lieferant (wollte man zwischen einem vereinbarten Anfangspreis und einseitig bestimmten Folgepreisen unterscheiden) bei Ausübung eines vertraglich vereinbarten Leitungsbestimmungsrechts das individuelle Bild berücksichtigen, welches sich durch die Enwicklung der maßgeblichen Kostenfaktoren nach individuellem Vertragsabschluss
jeweils zeichnet.
Keinesfalls könnte der Preis dabei deshalb gegenüber allen entprechenden Kunden in Ausübung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts zum gleichen Zeitpunkt um den gleichen Betrag geändert werden.
Mehr als (halbwegs) gesunden Menschenverstand und Logik habe ich auch nicht aufzubieten. Ich kann nur herzlich dazu einladen, meinen dargelegten Gedankengängen zu folgen.
Ich habe meine Wurzeln ja auch in der Praxis der Energiewirtschaft.
Um es weniger theoretisch zu machen, beantworten Sie doch einfach eine
Fragestellung aus der Praxis.
Ein Stadtwerksdirektor bittet wegen der Anpassung der Allgemeinen Preise der Grundversorgung um Rat.
Der Grundversorger hat seine Allgemeinen Preise der Grundversorgung zum 01.01.2007 zuletzt veröffentlicht. Seit dem sind die Bezugskosten bis zum 01.07.2010 erheblich gestiegen, im August nun etwas gesunken.
Bis zum 01.01.2007 wurden Kostensteigerungen und -senkungen immer zügig und umfassend an die Kunden weitergegeben.
Darf der Versorger gegenüber einem grundversorgten Kunden, der am 15.07.10 den Grundversorgungsvertrag abgeschlossen hat, jetzt
nach Vertragsabschluss wegen dieser Kostensteigerungen den Allgemeinen Preis der Grundversorgung erhöhen?
Es gab im sonst gleichen Fall nicht Kostensteigerungen, sondern vielmehr ebensolche erhebliche Kostensekungen bis 01.07.2010, im August nun etwas gestiegene Kosten.
Ist der Versorger gegenüber dem grundversorgten Kunden, der am 15.07.10 den Grundversorgungsvertrag abgeschossen hat, jetzt
nach Vertragsabschluss wegen dieser Kostensenkungen verpflichtet, den Allgemeinen Preis der Grundversorgung abzusenken?
Ich wünsche mir nicht eine Ja/Nein- Antwort, sondern eine prägnante rechtliche Begründung.
Für den Fall, dass eine oder beide Fragen begründet mit Ja zu beantworten wäre(n):
Welche Bedeutung hat für diesen grundversorgten Kunden der Allgemeine Preis der Grundversorgung bei Vetragsabschluss am 15.07.10?!
Wie verhielte es sich - unter sonst gleichen Bedingungen - bei einem Sondervertragskunden, bei dem die Bedingungen der Grundversorgungsverordnung vollständig und unverändert wirksam als AGB in den Vertrag einbezogen wurden?