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Autor Thema: Konkludenter Vertragsabschluss von Sonderverträgen, Einbeziehung der AVBGasV  (Gelesen 31375 mal)

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Offline Black

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Original von Christian Guhl
Sicherlich wurden die Preise mal irgendwann öffentlich bekannt gemacht. Das nutzt dem neuen Kunden aber wenig. Er kennt die Preise zum Zeitpunkt der ersten Stromentnahme nämlich nicht. Da er vorher woanders wohnte, konnte er die Bekanntmachung in der regionalen Presse nicht zur Kenntnis nehmen und da er früher noch kein Kunde beim örtlichen Versorger war, wurden die Preise ihm auch nicht per Anschreiben mitgeteilt. Natürlich kann er sich telefonisch oder per Internet schlau machen. Beides wird ohne Strom schwierig werden.

Der Kunde kann die Preise jederzeit im Internet nachlesen.

Wenn es dem Kunden so wichtig ist den Anfangspreis vor der ersten Energieabnahme zu kennen - z.B. um ihm auch ja zu widersprechen - , dann kann er sich entweder vor seinem Umzug informieren oder eine andere Möglichkeit wie z.B. ein Internetcafe oder in mittlerweile sogar sein Handy nutzen. Auch ein Telefonanruf beim Versorger dürfte in vielen Fällen Klarheit über die Preise der Grundversorgung bringen.

Etwas Eigeninitiative kann man von einem erwachsenen Menschen im Rechtsverkehr schon erwarten. Soll etwa der Versorger seine Preise tagesaktuell an jedem Zähler und in jedem Hausflur aushängen, damit Sie es schön bequem haben?
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline tangocharly

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@ Black
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH wird der Anfangspreis nicht einseitig vom Versorger festgesetzt (RR-E-ft vertritt eine andere Auffassung, aber diese wird eben nicht von den Gerichten mitgetragen).

Soviel ich weiß, hat sich der Kartellsenat bis dato nicht von seiner Entscheidung KZR 36/04 distanziert. Insoweit existiert dann eine ständige Rechtspr. des VIII. Senats und eine solche des Kartellsenats; jedenfalls nicht des BGHs. Nur weil die unteren Instanzen von der Rechtspr. des Kartellsenats keine Kenntnis nehmen, wird daraus kein höchstrichterlich festgestellter Rechtssatz.

Und mit KZR 29/06 (04.03.2008 ) hat sich der Kartellsenat erneut wiederholend - und zusätzlich gegen den VIII. Senat ausholend - (sog. Abgrenzungsentscheidung) zu seiner Auffassung bekannt.

Wegen des Anfangspreises lag dort (KZR 29/06, Tz. 18, 20 ) der Sachverhalt so:

Zitat
Tz 18
Demgegenüber hatten nach den insoweit gleichlautenden Netznutzungsverträgen der Beklagten mit der Samtgemeinde und dem Flecken L. diese \"ein Netznutzungsentgelt nach dem Preisblatt gemäß Anlage 3 zu zahlen\" (Anmerkung: also vereinbart). Dass die Vertragsparteien der Beklagten des ungeachtet ein Leistungsbestimmungsrecht einräumen wollten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Darauf kommt es jedoch nicht an, da ein Leistungsbestimmungsrecht sich auch aus dem Gesetz ergeben kann (BGHZ 126, 109, 120; BGH, Urt. v. 13.6.2007 – VIII ZR 36/06, NJW 2007, 2540 Tz. 14 [für BGHZ vorgesehen]) 18 - 9 - und der Beklagten für den streitigen Preis schon von Gesetzes wegen ein solches Bestimmungsrecht zustand.

Zudem: Dass eine Vertragsofferte abgelehnt und mit einer geänderten Offerte (§ 150 Abs. 2 BGB) zum Gegenstand einer Vereinbarung (§§ 145 ff., 154 Abs. 1 BGB) werden kann, dürfte unstreitig sein. Wenn sodann, vor Entnahme von Gas aus dem Netz, ein Widerspruch nach § 315 BGB erfolgt, so stellt dies vielleicht eine Ablehnung verbunden mit einem geänderten Antrag dar. Vielleicht stellt dies aber auch nur Annahme der Offerte unter einer (auflösenden) Bedingung, d.h. die Einhaltung der das gesamte Energiewirtschaftsrecht beherrschenden Grundsätze (BGH, VIII ZR 240/90) dar (§ 158 Abs. 2 BGB), deren Nichteintreten ggf. zur früheren Rechtslage - vor Vereinbarung des Sockels - zurückführt (anfängliches gesetzliches, einseitiges Leistungsbestimmungsrecht).

Ferner ist ja auch unstreitig, dass die Parteien eines Vertrages die endgültige Festlegung der Höhe der Gegenleistung einem späteren Zeitpunkt überlassen. Dies wurde auch in KZR 29/06 erörtert:

Zitat
Tz 17
Im Vertrag mit der Klägerin ist ausdrücklich bestimmt, dass sich das Entgelt vorbehaltlich einer Überprüfung auf Angemessenheit im Sinne von § 6 EnWG aus den Bestimmungen der Verbändevereinbarung Strom II plus ergebe. Zwar wird auch auf das Preisblatt der Beklagten mit Stand vom 1. Januar 2003 verwiesen, jedoch mit dem Vorbehalt \"soweit die dort angegebenen Netznutzungsentgelte auf der Basis der VV II plus ermittelt und auf der Grundlage der Bestimmungen der VV II plus nachgeprüft werden können\". Deutlicher noch als in dem der Entscheidung \"Stromnetznutzungsentgelt I\" zugrunde liegenden Fall ist damit der Beklagten das Recht eingeräumt worden, den Vertragspreis auf der Grundlage der Preisfindungsprinzipien der Verbändevereinbarung einseitig zu bestimmen. Das Preisblatt soll lediglich das Ergebnis des Preisfindungsprozesses wiedergeben, und der genannte Preis soll ausdrücklich nur insoweit verbindlich sein, als er tatsächlich in Übereinstimmung mit den Preisfindungsprinzipien bestimmt worden ist.

Der Widerspruch gem. § 315 BGB -vorab-  hängt also nicht wirkungslos im Raum. Wie dies ggf.  dann in rechtlicher Hinsicht zu würdigen wäre, ist Auslegungsfrage (§§ 157, 133 BGB). Interessant ist aber die Frage, wie das Versorgungsunternehmen - angesichts der Kontrahierungspflicht - hiermit umgehen kann/muß (es lebe die Konkludenz-Rechtsprechung des VIII. Senats).

Die Tankstelle kann getrost außen vor bleiben, denn dort verpufft der Widerspruch nach § 315 BGB schon deshalb, weil kein einseitiges, gesetzliches oder vertragliches, Leistungsbestimmungsrecht in Sicht ist.
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline RR-E-ft

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Original von Black
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH wird der Anfangspreis nicht einseitig vom Versorger festgesetzt (RR-E-ft vertritt eine andere Auffassung, aber diese wird eben nicht von den Gerichten mitgetragen).

Durch seine öffentlich bekannt gemachten Tarife und durch konkrete Sondervertragsangebote gibt der Versorger nur ein Angebot ab, den Kunden zum Preis X zu beliefern. Der Kunde kann dann entscheiden, ob er das Angebot annimmt und sich eben zu diesem Anfangspreis X beliefern läßt oder nicht. So wie bei jedem anderen Warenkauf auch.

Wenn dem Kunden dieser Anfangspreis X zu teuer erscheint, kann er sich entweder einen anderen günstigeren Versorger suchen oder aber auch generell auf die Energieabnahme verzichten.

@Black

Nur die Sondervertragsangebote sind Angebote wie sonst auf einem Markt, die der Anbieter folglich auch wieder vom Markt nehmen kann (Vertragsfreiheit).

Bei Vertragsabschluss wird dort ein Preis vereinbart. Wird weiter nichts vereinbart, ist der Lieferant nachträglich nicht zu Preiserhöhungen im laufenden Vertragsverhältnis berechtigt und ebenso auch nicht zu Preissenkungen verpflichtet. Der vereinbarte Preis unterliegt keiner Billigkeitskontrolle, weil die Richtigkeitsgewähr aus der Einigung der Parteien folgt. Er bildet das maßgebliche Äquivalenzvehältnis.
In dem Punkt sind wir uns doch einig.

Bei der Grund- und Ersatzvesorgung ist das anders.
Es besteht Kontrahierungszwang, keine Spur von Vertragsfreiheit.

Gegen eine Preisverinbarung spricht dabei, dass Kostensteigerungen, die vor Vertragsabschluss liegen, den Versorger aufgrund des gesetzlichen Leistungsbestimungsrechts zur einseitigen Preiserhöhung im laufenden Vertragsverhältnis, mithin nach Vertragsabschluss  berechtigen können.

Undenkbar bei sonstigen Angeboten auf dem Markt.

Das gesetzliche Leistungbestimmungsrecht schließt nicht nur das Recht zu Preiserhöhungen im laufenden Vertragsvrhältnis wegen und im Umfange gestiegener Kosten ein, sondern auch die Verpflichtung zur Preisanpassung zugunsten der Kunden bei rückläufigen Kosten nach gleichen Maßstäben (BGH VIII ZR 81/08 Rn. 18]. Dies kann also ebenso die Verpflichtung zur Preisabsenkung wegen rückläufiger Kosten vor Vertragsabschluss im laufenden Vertrgsverhältnis, also nach Vertragsabschluss einschließen.

Ebenso undenkbar bei sonstigen Angeboten auf dem Markt.

Bei einer Preisvereinbarung wird ein maßgebliches Äquivalenzverhältnis erst gebildet. Bei der Grundversorgung bildet aber nicht ein vereinbarter Anfangpreis das maßgebliche Äquivalenzverhältnis.

Sonst könnten Kostensteigerungen, die vor Vertragsabschluss liegen, jedefalls nicht zu Preiserhöhungen im laufenden Vertragsverhältnis berechtigen. Ebenso könnten nach gleichen Maßstäben Kostensenkungen nicht zu Preisanpasungen zugunsten der Kunden verpflichten.

Der Kunde hat mithin durch eine Preisvereinbarung zu Beginn der Belieferung gar keinen Einfluss auf das maßgebliche Äquivalenzverhältnis. Dieses besteht bereits anderwärts, ohne dass er auf dieses Einfluss nehmen konnte oder es auch nur kennt.

Bereits aus den Materialien zur Entstehung des BGB ergibt sich, dass der Gesetzgeber für den Vertragabschluss zwei Alterntiven eröffnen wollte.

Entweder eine vertragliche Leistungsvereinbarung durch Angebot und Annahme oder die vertragliche Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts gem. § 315 BGB.

Ein gesetzliches Leisungsbestimmungsrecht, wie es im Rahmen der gesetzlichen Vrsorgungspflicht nach dem EnWG für den Versorger unzweifelhaft  besteht, folgt den gleichen Regeln wie ein vertraglich vereinbartes einseitiges Leistungsbestimmungrecht.  
Letzteres kennt jedoch gerade keinen vereinbarten Anfangspreis.

Das wird in den Gutachten von Schwintowski, welches der Entscheidung BGH KZR 36/04 Rn. 9 f. zugrunde liegt, überzeugend herausgearbeitet.

Wenn es umgekehrt richtig wäre, dass mit grundversorgten Kunden durch eine Preisvereinbarung bei Vertragsabschluss das maßgebliche Äquivalenzvehältnis erst gebildet würde, wäre es unmöglich, dass der Versorger gegenüber allen grundversorgten Kunden in Ausübung des gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts den Preis zum selben Zeitpunkt und im selben Umfange ändert.

Denn er müsste ja für jedes betroffene Vertragsverhältnis ermitteln, wie sich die maßgeblichen Kostenfaktoren erst jeweils nach Vertragsabschluss geändert haben.

Dabei würde sich für jedes betroffene Vertragsverhältnis ein individuelles Bild zeichnen. Dieses individuelle Bild zu berücksichtigen wäre jedoch gar nicht möglich, weil ja schon nach der gesetzlichen Regelung der Allgemeine Preis der Grundversorgung für alle Kunden mit gleichem Nutzungsprofil (unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses) zu jeder Zeit gleich sein soll, eben ein Allgemener Preis und kein individuell vereinbarter Preis.

Auch dies wird in der Entscheidung KZR 36/04 Rn. 9 f. überzeugend berücksichtigt.

Zurück zum Sondervertrag, wo bei Vertragsabschluss tatsächlich ein Preis vereinbart wird, der das maßgebliche Äquivalenzverhältnis bildet.  

In diesem Bereich besteht keine gesetzliche Regelung, wonach der Preis für alle Kunden mit gleichem Nutzungsprofil (unabhängig vom Zeitpunkt des individuellen Vertrasbschlusses) zu jeder Zeit gleich sein soll.

Deshalb müsste der Lieferant (wollte man zwischen einem vereinbarten Anfangspreis und einseitig bestimmten Folgepreisen unterscheiden) bei Ausübung eines vertraglich vereinbarten Leitungsbestimmungsrechts das individuelle Bild berücksichtigen, welches sich durch die Enwicklung der maßgeblichen Kostenfaktoren nach individuellem Vertragsabschluss jeweils zeichnet.

Keinesfalls könnte der Preis dabei deshalb gegenüber allen entprechenden Kunden in Ausübung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts zum gleichen Zeitpunkt um den gleichen Betrag geändert werden.

Mehr als (halbwegs) gesunden Menschenverstand und Logik habe ich auch nicht aufzubieten. Ich kann nur herzlich dazu einladen, meinen dargelegten Gedankengängen zu folgen.

Ich habe meine Wurzeln ja auch in der Praxis der Energiewirtschaft.
Um es weniger theoretisch zu machen, beantworten Sie doch einfach eine Fragestellung aus der Praxis.

Ein Stadtwerksdirektor bittet wegen der Anpassung der Allgemeinen Preise der Grundversorgung um Rat.

Der Grundversorger hat seine Allgemeinen Preise der Grundversorgung zum 01.01.2007 zuletzt veröffentlicht. Seit dem sind die Bezugskosten bis zum 01.07.2010 erheblich gestiegen, im August nun etwas gesunken.

Bis zum 01.01.2007 wurden Kostensteigerungen und -senkungen immer zügig und umfassend an die Kunden weitergegeben.  

Darf der Versorger gegenüber einem grundversorgten Kunden, der am 15.07.10 den Grundversorgungsvertrag abgeschlossen hat, jetzt nach Vertragsabschluss wegen dieser Kostensteigerungen den Allgemeinen Preis der Grundversorgung erhöhen?

Es gab im sonst gleichen Fall nicht Kostensteigerungen, sondern vielmehr ebensolche erhebliche Kostensekungen bis 01.07.2010, im August nun etwas gestiegene Kosten.
   
Ist der Versorger gegenüber dem grundversorgten Kunden, der am 15.07.10 den Grundversorgungsvertrag abgeschossen hat, jetzt nach Vertragsabschluss wegen dieser Kostensenkungen verpflichtet, den Allgemeinen Preis der Grundversorgung abzusenken?

Ich wünsche mir nicht eine Ja/Nein- Antwort, sondern eine prägnante rechtliche Begründung.

Für den Fall, dass eine oder beide Fragen begründet mit Ja zu beantworten wäre(n):

Welche Bedeutung hat für diesen grundversorgten Kunden der Allgemeine Preis der Grundversorgung bei Vetragsabschluss am 15.07.10?!

Wie verhielte es sich - unter sonst gleichen Bedingungen - bei einem Sondervertragskunden, bei dem die Bedingungen der Grundversorgungsverordnung vollständig und unverändert wirksam als AGB in den Vertrag einbezogen wurden?

Offline Black

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@RR-E-ft

Ich kenne Ihre Argumente zur genüge. Nur vertreten Sie eben damit eine Mindermeinung, die keinen Widerhall in der aktuellen Rechtsprechung des BGH findet.

Für die Arbeit in der Praxis daher ungeeignet. Wenn hier die Frage aufkommt, ob es einem Kunden gerade in Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des BGH zum Preissockel etwas nützen würde dem Preis vor Vertragsschluss zu widersprechen, ist es vor dem Hintergrund praktischer Erwägungen der Kunden wenig hilfreich zu argumentieren, diese Rechtsprechung sei falsch und es gäbe keinen Preissockel.

Ich darf aber noch Anmerken, dass auch ein einseitiger Kontrahierungszwang die schuldrechtlichen Grundsätze von Angebot und Annahme nicht außer Kraft setzt. Insbesondere weil der Kunde ja die volle Vertragswahlfreiheit genießt.
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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@Black

Sie beantworten bezeichnenderweise die Fragen nicht, welche die Praxis aktuell quälen.
Wie sehen Ihre praktikablen Antworten dazu aus?
Darum dreht sich doch alles bei den laufenden Preisanpassungen.

Wir müssen da am Ball bleiben.

Wir wollen vor allem sehen, ob Ihre Antworten darauf für die Praxis taugen.

Auch Börner hat frühzeitig auf ein Dilemma verwiesen, welches sich aus der Rechtsprechung des VIII. Zivilsenat zu Preisvereinbrungen für die energiewirtschaftliche Praxis ergibt.

Das soll hier gecheckt werden.

Zitat
Original von RR-E-ft
Ich habe meine Wurzeln ja auch in der Praxis der Energiewirtschaft.
Um es weniger theoretisch zu machen, beantworten Sie doch einfach eine Fragestellung aus der Praxis.

Ein Stadtwerksdirektor bittet wegen der Anpassung der Allgemeinen Preise der Grundversorgung um Rat.

Der Grundversorger hat seine Allgemeinen Preise der Grundversorgung zum 01.01.2007 zuletzt veröffentlicht. Seit dem sind die Bezugskosten bis zum 01.07.2010 erheblich gestiegen, im August nun etwas gesunken.

Bis zum 01.01.2007 wurden Kostensteigerungen und -senkungen immer zügig und umfassend an die Kunden weitergegeben.  

Darf der Versorger gegenüber einem grundversorgten Kunden, der am 15.07.10 den Grundversorgungsvertrag abgeschlossen hat, jetzt nach Vertragsabschluss wegen dieser Kostensteigerungen den Allgemeinen Preis der Grundversorgung erhöhen?

Es gab im sonst gleichen Fall nicht Kostensteigerungen, sondern vielmehr ebensolche erhebliche Kostensekungen bis 01.07.2010, im August nun etwas gestiegene Kosten.
   
Ist der Versorger gegenüber dem grundversorgten Kunden, der am 15.07.10 den Grundversorgungsvertrag abgeschossen hat, jetzt nach Vertragsabschluss wegen dieser Kostensenkungen verpflichtet, den Allgemeinen Preis der Grundversorgung abzusenken?

Ich wünsche mir nicht eine Ja/Nein- Antwort, sondern eine prägnante rechtliche Begründung.

Für den Fall, dass eine oder beide Fragen begründet mit Ja zu beantworten wäre(n):

Welche Bedeutung hat für diesen grundversorgten Kunden der Allgemeine Preis der Grundversorgung bei Vetragsabschluss am 15.07.10?!

Wie verhielte es sich - unter sonst gleichen Bedingungen - bei einem Sondervertragskunden, bei dem die Bedingungen der Grundversorgungsverordnung vollständig und unverändert wirksam als AGB in den Vertrag einbezogen wurden?

Offline Black

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@RR-E-ft

Die Zeit in der ich Klausuraufgaben erfüllen musste, die mir ein fordernder Aufgabensteller hinwarf sind schon lange vorbei. Heutzutage bekomme ich üblicherweise eine Menge Geld für die Erfüllung derart detaillierter Forderungen an mich.

Aber mir ist schon ihre Sachverhaltsschilderung etwas unklar.

Der Versorger möchte erhöhen? Wegen tatsächlicher Kostensteigerungen? Wann sind diese Kostensteigerungen beim Versorger eingetreten?

Nachtrag: Ich sehe gerade, Sie haben in ihrer Frage 2 verschiedene Sachverhalte untergebracht:

Fall 1: Darf das EVU nach Vertragsschluss noch Kostensteigerungen weitergeben, die vor Vertragsschluss schon eingetreten sind?

Fall 2: Muss das EVU nach Vertragsschluss die Preise senken, für eigene gesunkene Kosten, die vor Vertragsschluss schon eintraten?
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Offline RR-E-ft

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Ich meine, der Sachverhalt sei klar und eindeutig.
Sie haben es mit einem Stadtwerksdirektor zu tun, der die entsprechende Fragestellung aufwirft.
Wenn Sie dem so kmmen, werden Sie dort wohl mit Beratung kein Geld mehr verdienen können.

Die erheblichen Bezugskostensteigerungen traten nach letztmaliger Tariffesetzung am 01.01.07 ein und zwar bis zum 01.07.10.
Im August 2010 gab es einen leichten Kostenrückgang.
Bis zum 01.01.2007 wurden Kostensteigerungen und -senkungen immer zügig und umfassend an die Kunden weitergegeben.

Der Problemkunde, auch dem gegenüber der Preis ggf. neu festgesetzt werden soll, hat den Vertrag am 15.07.10 abgeschlossen.

Offline Black

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Original von RR-E-ft
Ich meine, der Sachverhalt sei klar und eindeutig.

Dass meinen Mandanten immer.  :rolleyes:

Beachten Sie meinen Nachtrag oben.
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Offline RR-E-ft

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Original von RR-E-ft
Ich meine, der Sachverhalt sei klar und eindeutig.
Sie haben es mit einem Stadtwerksdirektor zu tun, der die entsprechende Fragstellung aufwirft.
Wenn Sie dem so kmmen, werden Sie dort wohl mit Beratung kein Geld mehr verdienen können.

Die erheblichen Bezugskostensteigerungen traten nach letztmaliger Tariffesetzung am 01.01.07 ein und zwar bis zum 01.07.10.
Im August 2010 gab es einen leichten Kostenrückgang.
Bis zum 01.01.2007 wurden Kostensteigerungen und -senkungen immer zügig und umfassend an die Kunden weitergegeben.

Der Problemkunde, auch dem gegenüber der Preis ggf. neu festgesetzt werden soll, hat den Vertrag am 15.07.10 abgeschlossen.

Ich traue Ihnen eine rasche Erfassung des geschilderten Sachverhaltes und der darin enthaltenen Problemstellung(en) durchaus zu, wie auch eine rechtlich fundierte Beantwortung im Umfange nicht länger als eine DIN A4 Seite fasst, eher kürzer, weil prägnant.

Es handelt sich um keine mündliche Prüfung. Es steht also genügend Bearbeitungszeit zur Verfügung. ;)

Erwartet wird, dass der Stadtwerksdirektor (ein Techniker) das gefundene Ergebnis bzw. die gefundenen Ergenbisse nachvollziehen kann.

Offline Black

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Ich würde den Geschäftsführer der Stadtwerke zunächst fragen, warum er fast 3 Jahre lang darauf verzichtet hat, seine Preise azu erhöhen und damit eine sinkende Marge in Kauf genommen hat.

Weiterhin würde ich zunächst fragen, ob er gegenwärtig ohne Preisanpassungen noch immer Gewinn macht.
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Offline tangocharly

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@courage
Sollte die Kündigung rechtmäßig erfolgt sein, ergibt sich folgende Problemstellung: Belieferung des Kunden in der Grundversorgung ab 01.01.2008, jedoch Billigkeitsrügen bereits ab 2005.  Was ist nun der angeblich \"vereinbarte Preis\", also der sogenannte \"Preissockel\"? Zur Auswahl stehen der Preis zum 31.05.2005 oder der Preis zum 01.01.2008. (Dazwischen liegen 5 Preiserhöhungen und 3 Preissenkungen.)

Da haben wir also das praktische Beispiel.

Mit ein wenig gutem Willen kann man Ihren Widerspruch vielleicht umfassend auslegen (oder mit viel schlechtem Willen auch eng).

Wenn Ihnen zum 31.12. gekündigt wurde, dann stand ja noch während der Gasentnahme außerhalb der Allg.Versorgung genügend Zeit im Raum, einer künftigen Gasentnahme innerhalb der allg. Versorgung gesondert zu widersprechen. Da der VIII. Senat ja den einmal erklärten Widerspruch auch nicht ausreichen läßt, sondern immer wieder neue Widersprüche fordert, im zeitlichen Zusammenhang mit der Jahresabrechnung, wäre diese Aktivität aus Gründen der Sicherheit zu empfehlen.

Schauen wir jetzt auf die Argumentation @ Black, dann hängt dieser Widerspruch wirkungslos im Raum. So argumentiert, werden Sie zunächst in das \"Gefängnis\" des Sockelpreises gelockt und dürfen dann, so auch der VIII. Senat, fröhlich und munter gegen alle späteren Anpassungen protestieren, natürlich nur außerhalb des Sockels; bis dieses Spiel allen Beteiligten \"zum Halse heraus hängt\".

Bis dahin sehe ich allerdings auch noch keine Lösung der Problematik. Folglich müssten Sie den Erstversuch wagen, das Gericht in Ihrem Fall mit einer solchen Thematik zu konfrontieren.
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Offline Black

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Original von tangocharly

Schauen wir jetzt auf die Argumentation @ Black, dann hängt dieser Widerspruch wirkungslos im Raum. So argumentiert, werden Sie zunächst in das \"Gefängnis\" des Sockelpreises gelockt und dürfen dann, so auch der VIII. Senat, fröhlich und munter gegen alle späteren Anpassungen protestieren, natürlich nur außerhalb des Sockels; bis dieses Spiel allen Beteiligten \"zum Halse heraus hängt\".

Niemand (außer dem Versorger selbst) ist gezwungen einen Grundversorgungsvertrag abzuschließen. Schon gar nicht, wenn einem die Preise dort nicht passen.
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Offline RR-E-ft

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Original von Black
Ich würde den Geschäftsführer der Stadtwerke zunächst fragen, warum er fast 3 Jahre lang darauf verzichtet hat, seine Preise azu erhöhen und damit eine sinkende Marge in Kauf genommen hat.

Weiterhin würde ich zunächst fragen, ob er gegenwärtig ohne Preisanpassungen noch immer Gewinn macht.

Der Techniker hat den Job gerade \"geerbt\", weil der Vorgänger trotz drastisch gestiegener Bezugskosten die Preise nicht erhöht hatte und die Marge erheblich darunter litt. Er hat davon gehört, dass bei rückläufigen Kosten und eineseitigem Leistungsbestimmungsrecht eine Verpflichtung zur Preisabsenkung bestehen kann, das In- Rechnung - Stellen unbilliger Tarife sogar eine Betrugsstrafbarkeit begründen könne.

Er will seinen Job nicht auch verlieren und wandte sich deshalb an den Spezialisten mit vier Problemstellungen zu dem Problemkunden:

1. drastische Kostenerhöhung vor Vertragsabschluss in der Grundversorgung,
2. drastische Kostensenkung vor Vertragsabschluss in der Grundversorgung,
3. drastische Kostenerhöhung vor Vertragsabschluss bei Normsonderkunden,
4. drastische Kostensenkung vor Vertragsabschluss bei Normsonderkunden.

Er ist etwas vorgebildet und interessiert sich deshalb besonders dafür, ob das einseitige Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers, von dem er weiß, dass es der gerichtlichen Billigkeitskontrolle unterliegt, etwaig durch eine Preisvereinbarung mit dem Problemkunden am 15.07.10 eingeschränkt wird. Er will wissen, welche Bedeutung einer etwaigen Preisvereinbarung vom 15.07.10 zukommt.

Aus einem früheren Beratungsstandpunkt, den Sie bereits in anderem Zusammenhang für das Unternehmen erarbeitet hatten, ist ihm leidlich bekannt, dass Preisvereinbarungen für beide Vertragsteile bindend sind und dass dann, wenn ein Vertrag zu einem nicht kostendeckend kalkulierten Preis zustande gekommen ist, eine Anfechtung auch nur allenfalls dann in Betracht kommt, wenn ein offener Kalkulationsfehler bzw. - irrtum vorliegt.
Er hat von Ihnen sogar vernommen, dass ein gesetzlicher Kontrahierungszwang nichts an den schuldrechtlichen Regeln über das Zustandekommen eines Vertrages und die vertragliche Bindung ändere.  

Wie steht es nun?

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Original von RR-E-ft
@Black

Sie beantworten bezeichnenderweise die Fragen nicht, welche die Praxis aktuell quälen.
Wie sehen Ihre praktikablen Antworten dazu aus?
Darum dreht sich doch alles bei den laufenden Preisanpassungen.

Wir müssen da am Ball bleiben.

Wir wollen vor allem sehen, ob Ihre Antworten darauf für die Praxis taugen.

Auch Börner hat frühzeitig auf ein Dilemma verwiesen, welches sich aus der Rechtsprechung des VIII. Zivilsenat zu Preisvereinbrungen für die energiewirtschaftliche Praxis ergibt.

Das soll hier gecheckt werden.

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Original von RR-E-ft
Ich habe meine Wurzeln ja auch in der Praxis der Energiewirtschaft.
Um es weniger theoretisch zu machen, beantworten Sie doch einfach eine Fragestellung aus der Praxis.

Ein Stadtwerksdirektor bittet wegen der Anpassung der Allgemeinen Preise der Grundversorgung um Rat.

Der Grundversorger hat seine Allgemeinen Preise der Grundversorgung zum 01.01.2007 zuletzt veröffentlicht. Seit dem sind die Bezugskosten bis zum 01.07.2010 erheblich gestiegen, im August nun etwas gesunken.

Bis zum 01.01.2007 wurden Kostensteigerungen und -senkungen immer zügig und umfassend an die Kunden weitergegeben.  

Darf der Versorger gegenüber einem grundversorgten Kunden, der am 15.07.10 den Grundversorgungsvertrag abgeschlossen hat, jetzt nach Vertragsabschluss wegen dieser Kostensteigerungen den Allgemeinen Preis der Grundversorgung erhöhen?

Es gab im sonst gleichen Fall nicht Kostensteigerungen, sondern vielmehr ebensolche erhebliche Kostensekungen bis 01.07.2010, im August nun etwas gestiegene Kosten.
   
Ist der Versorger gegenüber dem grundversorgten Kunden, der am 15.07.10 den Grundversorgungsvertrag abgeschossen hat, jetzt nach Vertragsabschluss wegen dieser Kostensenkungen verpflichtet, den Allgemeinen Preis der Grundversorgung abzusenken?

Ich wünsche mir nicht eine Ja/Nein- Antwort, sondern eine prägnante rechtliche Begründung.

Für den Fall, dass eine oder beide Fragen begründet mit Ja zu beantworten wäre(n):

Welche Bedeutung hat für diesen grundversorgten Kunden der Allgemeine Preis der Grundversorgung bei Vetragsabschluss am 15.07.10?!

Wie verhielte es sich - unter sonst gleichen Bedingungen - bei einem Sondervertragskunden, bei dem die Bedingungen der Grundversorgungsverordnung vollständig und unverändert wirksam als AGB in den Vertrag einbezogen wurden?

Offline Black

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Original von RR-E-ft
Der Grundversorger hat seine Allgemeinen Preise der Grundversorgung zum 01.01.2007 zuletzt veröffentlicht. Seit dem sind die Bezugskosten bis zum 01.07.2010 erheblich gestiegen, im August nun etwas gesunken.

Bis zum 01.01.2007 wurden Kostensteigerungen und -senkungen immer zügig und umfassend an die Kunden weitergegeben.  

Darf der Versorger gegenüber einem grundversorgten Kunden, der am 15.07.10 den Grundversorgungsvertrag abgeschlossen hat, jetzt nach Vertragsabschluss wegen dieser Kostensteigerungen den Allgemeinen Preis der Grundversorgung erhöhen?

Der Grundversorger ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es sich bei seinen Allgemeinen Tarifen um Tarife handelt, die er gleichartig sämtlichen Tarifkunden in Rechnung stellt. Grundsätzlich ist es daher nicht empfehlenswert den Tarif konkret an einem einzelnen Kunden zu orientieren.

Vorliegend besteht das Problem, dass aus Sicht eines durchschnittlichen Musterkunden, der bereits seit 2007 Kunde ist, eine Preiserhöhung gerechtfertigt wäre, da es reale Kostensteigerungen gab. Generell ist also eine Preisanpassung zulässig. Das Kostensteigerungen erst verzögert weitergegeben wurden ist unproblematisch, da die Rechtsprechung bez. des Zeitmomentes nur zeitnahe Kostensenkungen verlangt. Verzögerte Erhöhungen, die zu Lasten des Versorgers gehen führen nicht zu zusätzlichen Gewinnen des Versorgers und dürften daher der Billigkeit entsprechen.

Problematisch ist der Kunde, der erst zum 15.07.2010 neu als Vertragspartner hinzugekommen ist. Preisanpassungen würden auf Kostensteigerungen beruhen, die vor seinem Vertragsabschluss eingetreten sind. Fraglich ist daher, ob eine Anpassung auch diesem unden gegenüber gerechtfertigt sein kann.

Bislang hatte die Rechtsprechung über einen solchen Fall nicht zu entscheiden. Unter Beachtung der bisherigen Grundsätze des BGH dürfte innerhalb des Vertrages das Äquivalenzverhältnis nicht mehr zu Lasten des Kunden verschoben werden.

Allerdings ist dem entgegenzuhalten, dass die Billigkeitskontrolle eine Ermessensentscheidung darstellt. Hierbei ist zu beachten, dass der Versorger seine Allgemeinen Tarife nicht nach Kundengruppen splitten kann. Andernfalls bestände die Gefahr, dass derartige Extrapreise als Sondervereinbarung ausgelegt werden, da die Preise der Belieferung einzelner Kunden dann vom Rest der allg. Tarife abweicht. Zudem hat auch der Kunde, der am 15.07.2010 einen Grundversorgungsvertrag abgeschlossen hat, davon profitiert, dass der Versorger seine Preisanpassungen mit starker Verzögerung weitergibt. Er hat nämlich einen günstigeren Einstiegspreis erhalten, als wenn der Versorger immer zeitscharf seine Preise angehoben hätte.

Dem möglichen Argument des Kunden, bei Kenntnis der verzögerten Erhöhungen und damit der drohenden Anpassung hätte er den vermeintlich günstigen Tarif nicht abgeschlossen kann mit dem Hinweis auf das Sonderkündigungsrecht nach § 5 Abs. 3 GVV begegnet werden, wonach für den Kunden bis zum Wechsel die Anpassungen keine Wirkung entfalten.

Es besteht damit ein Risiko, dass ein Gericht im Falle des Kunden vom 15.07. im Einzelfall einen unbilligen Preis unter strenger Auslegung der BGH Rechtsprechung annimmt.  Im Rahmen einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtung sollte der Preis gleichwohl angepasst werden.
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

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@Black

Danke für die Antwort.

Ihren Ausführungen habe ich entnommen, dass eine Preisvereinbarung vom 15.07.10 das der gerichtlichen Billigkeitskontrolle unterliegende einseitige Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers in einem konkreten Vertragsverhältnis nicht beeinflussen soll?

Wäre eine solche  Preisvereinbarung für den Kunden demnach hinsichtlich der Belieferung nach Vertragsabschluss wertlos?

Die Fragestellung bezog sich einmal auf grundversorgte Kunden und einmal auf Normsondervertragskunden und dabei wiederum jeweils nicht nur auf drastisch gestiegene Bezugskosten vor Vertragsabschluss, sondern auch auf drastisch gesunkene Bezugkosten vor Vertragsabschluss.

Wie steht es damit? [Bitte BGH VIII ZR 81/08 Rn. 18 beachten]

Wäre bei drastisch gesunkenen Bezugkosten eine solche Preisvereinbarung etwa für den Versorger wertlos?

Haben Preisvereinbarungen in diesem Bereich dann überhaupt einen Wert?
Wenn ja für wen und welchen?

§ 315 BGB bezieht sich auf einzelne Vertragsverhältnisse.
Eine gesamtwirtschaftliche Betrachtung ist der gerichtlichen Billigkeitskontrolle fremd.

Gesamtwirtschaftlich ist es nämlich belanglos, ob der Verbraucher oder der Versorger das Geld in die Tasche bekommt bzw. in dieser behält.
(Gelderhaltungssatz: Geld ist durch Zahlung nie weg, es haben immer nur die anderen).

 

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