Nach BGH VIII ZR 246/08 kommt es auch auf die Bezeichnung des Tarifs an.
Ein Vertrag über die Belieferung zu einem Sondertarif könne (bei Bestabrechnung mit automatischer Einordnung durch den Versorger) auch konkludent geschlossen werden. Es handele sich auch dabei um einen Sondervertrag (BGH VIII ZR 246/08 Rn. 27).
Bisher ging die wohl h. M. (einschließlich
Black & Co.) davon aus, dass nur Tarifkundenverträge bzw. Grundversorgungsverträge gem. § 2 Abs. 2 AVGasBV/ GasGVV durch Energieentnahme aus dem Netz konkludent geschlossen werden können.
In der Bereitstellung der Energie wird dabei eine Realofferte des Versorgers gesehen, die der Kunde durch erstmalige Entnahme von Energie über einen bisher vertragsfreien Anschluss mit Messeinrichtung annimmt. Dies gilt heute nur noch für die Energieentname durch einen Haushaltskunden aus dem örtlichen Verteilnetz für einen Vertragsabschluss mit dem gem. § 36 Abs. 2 EnWG eindeutig bestimmten Grundversorger. Der konkludente Vertragsabschluss mit einem anderen Lieferanten als den Grundversorger durch Energieentnahme ist ausgeschlossen. Ausgeschlossen ist ein solcher konkludenter Vertragsabschluss, wenn bereits eine vertragliche Regelung mit dem Kunden oder einem Dritten über die Energielieferungen getroffen worden war (BGH VIII ZR 144/06 Rn. 20, VIII ZR 293/07).
Der konludente Vertragsabschluss durch Annahme der Realofferte des Versorgers funktioniert rechtsdogmatisch sauber indes jedenfalls nur, wenn zuvor lediglich ein einziger Tarif durch öffentliche Bekanntgabe vom Versorger eindeutig bestimmt wurde.
Wurden hingegen vom Versorger
mehrere Tarife parallel öffentlich bekannt gegeben, ist der Tarif schon nicht mehr
eindeutig bestimmt. In diesem Fall ist ein Vertragsabschluss eigentlich nur denkbar, wenn der Versorger im konkreten Vertragsverhältnis von Anfang an ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht hat, vermöge dessen er den Kunden nach Vertragsabschluss in einen von den parallel nebeneinander bestehenden Tarife einordnen und somit erst den Preis für die Energielieferungen quasi aus seinem
bunten Strauß an Angeboten bestimmen darf.
Sonst scheitert der Vertragsabschluss gem. § 154 Abs. 1 BGB an einem Einigungsmangel (BGH KZR 24/04).
Gerade das ist jedoch beim Abschluss von Sonderverträgen gerade nicht der Fall, weil bei Vertragsabschluss eines Sondervertrages regelmäßig ein feststehender Preis vereinbart wird, jedoch kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht (BGH VIII ZR 320/07 Rn. 46).
In diesem Fall des einseitigen Leistungsbestimmungsrechts des Versorgers, vermöge dessen dieser die Tarifeinordnung für den Kunden vornimmt, wäre allerdings wohl auch schon der Anfangspreis als vom Versorger einseitig bestimmt anzusehen und unterläge der Gesamtpreis von Anfang an der Billigkeitskontrolle (BGH VIII ZR 36/06 Rn. 32, VIII ZR 138/07 Rn. 16).
Der Senat betont nunmehr in mehreren Entscheidungen (VIII ZR 246/08, VIII ZR 6/08, VIII ZR 327/07), dass auch mit Sondervertragskunden konkludente Vereinbarungen (gar konkludente Preisneuvereinbarungen im laufenden Vertragsverhältnis!) möglich seien.
Eine überzeugende Begründung dafür, wie entgegen der Rechtsdogmatik zum Vertragsabschluss über den Austausch von Willenserklärungen entsprechend der gesetzlichen Regelungen der §§ 145 ff. BGB eine Preisneuvereinbarung möglich sei, liefert er indes nicht.
Schweigen des Verbrauchers kommt grundsätzlich kein Erklärungsgehalt zu. Wer schweigt erklärt nichts.
Insbsondere dem schweigenden Weiterbezug von Energie kommt dann kein Erklärungsgehalt zu, wenn bereits eine vertragliche Abrede über den Energiebezug besteht (BGH VIII ZR 144/06 Rn. 20).
Zutreffend führt der Senat ferner aus:
BGH VIII ZR 246/08 Rn. 57
Bei einer einseitigen Preiserhöhung eines Gasversorgungsunternehmens aufgrund einer Preisanpassungsklausel, die unwirksam oder - beispielsweise mangels ordnungsgemäßer Einbeziehung - nicht Vertragsbestandteil ist, kann die vorbehaltlose Zahlung des erhöhten Preises durch den Kunden nach Übersendung einer auf der Preiserhöhung basierenden Jahresabrechnung nicht als stillschweigende Zustimmung zu dem erhöhten Preis angesehen werden. Aus der Sicht des Kunden lässt sich der Übersendung einer Jahresabrechnung, die einseitig erhöhte Preise ausweist, nicht ohne weiteres der Wille des Versorgungsunternehmens entnehmen, eine Änderung des Gaslieferungsvertrags hinsichtlich des vereinbarten Preises herbeizuführen. Selbst wenn der Kunde aufgrund der Rechnung Zahlungen erbringt, kommt darin zunächst allein seine Vorstellung zum Ausdruck, hierzu verpflichtet zu sein (vgl. Senatsurteil vom 10. Oktober 2007 - VIII ZR 279/06, NZM 2008, 81, Tz. 19). Der Umstand, dass eine Rechnung vorbehaltlos beglichen wird, enthält grundsätzlich über seinen Charakter als Erfüllungshandlung hinaus keine Aussage des Schuldners, zugleich den Bestand der erfüllten Forderungen insgesamt oder in einzelnen Beziehungen außer Streit stellen zu wollen (Senatsurteil vom 11. November 2008 - VIII ZR 265/07, WM 2009, 911, Tz. 12 m.w.N.).
Das ist indes nicht nur bei nicht wirksam einbezogenen oder unwirksamen Preisänderungsklauseln der Fall, sondern gilt generell im Rechtsverkehr, somit eigentlich auch bei Tarifkunden.
Rechtsdogmatisch unterscheidet man nach dem geltenden Abstraktionsprinzip zwischen Grundgeschäft und Erfüllungsgeschäft bzw. Erfüllungshandlung. Wird mehr zur Abrechnung gestellt als vertraglich geschuldet, erhöht sich die vertragliche Schuld dadurch nicht. Wird bei der Erfüllungshandlung mehr geleistet als vertraglich geschuldet, besteht grundsätzlich ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch, § 812 BGB.
Wie der Senat, zu der Auffassung gelangt, bei Einbeziehung der AVBGasV als AGB sei dies anders, ist nicht nachvollziehbar.
Die unwiderrufliche Willenserklärung, mit welcher ein einseitiges Leistungsbesimmungsrecht gem. § 315 Abs. 2 BGB ausgeübt werden soll, ist jedenfalls kein auf Anahme durch den Kunden gerichtetes Angebot im Sinne von § 145 BGB.
Ohne Zugang einer Angebotserklärung kann eine solche aber noch nicht einmal konludent angnommen werden (§ 151 BGB). Für eine Einigung fehlt es dabei regelmäßig schon an der Angebotserklärung. Dazu bekennt sich auch der Senat (BGH VIII ZR 199/04).
Da eine rechte Begründung für das Abweichen von der Rechtsgeschäftslehre, dem Abstraktionsprinzip und den gesetzlichen Regelungen der §§ 145 ff. BGB nicht greifbar ist, soll wohl eine Worthülse aus der Phrasendreschmaschine weiterhelfen.
BGH VIII ZR 246/08 Rn. 66
In dogmatischer Hinsicht besteht insoweit kein entscheidungserheblicher Unterschied zwischen Sonderkundenverträgen einerseits und Tarifkundenverträgen oder Grundversorgungsverträgen andererseits, denn auch bei Sonderkundenverträgen sind konkludente vertragliche Vereinbarungen möglich. Der Senat hält es daher auch bei Sonderkundenverträgen für interessengerecht, nach Übersendung einer auf der Grundlage einer einseitigen Preiserhöhung vorgenommenen Jahresabrechnung durch das Versorgungsunternehmen und anschließender Fortsetzung des Gasbezugs durch den Kunden ohne Beanstandung der Preiserhöhung gemäß § 315 BGB in angemessener Zeit den zum Zeitpunkt der Jahresabrechnung geltenden, zuvor einseitig erhöhten Preis nicht mehr gemäß § 315 Abs. 3 BGB auf seine Billigkeit zu überprüfen (vgl. dazu oben unter B II 1).
Der Senat täuscht wohl gerade damit über die dogmatische Fehlleistung hinweg, dass er eine vertragliche Einigung annimmt, wo es schon an einer annahmefähigen Angebotserklärung fehlt (BGH VIII ZR 199/04).
Eine weitere dogmatische Fehlleistung kann darin gesehen werden, dass die lediglich fingierte, dogmatisch nicht begründbare Preisneuvereinbarung die Billigkeitskontrolle ausschließen soll. Dann stünde diese Preisneuvereinbarung aber auch einer Verpflichtung des Versorgers zur Preisabsenkung bei rückläufigen Kosten entgegen, wie sie jedem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht gerade innewohnt (BGH VIII ZR 81/08 Rn. 18].
In der Rechtsgeschäftslehre stehen Leistungsvereinbarung gem. §§ 145 f. BGB und einseitiges Leistungsbestimmungsecht gem. § 315 BGB (auch in Bezug auf den Preis) als gleichwertige Alternativen für den Vertragsabschluss nebeneinander. Im Kaufvertragsrecht, dem auch Energielieferungverträge unterfallen, schließen sich eine vertragliche Preisvereinbarung und ein eineitiges Leistungsbestimmungsrecht regelmäßig schon denknotwendig aus (BGH KZR 24/04).
Auch wenn Auftragsformulare für die Herstellung neuer Gasanschlüsse verwendet wurden, in denen es auszugsweise heißt:
\"Es wird die Versorgung mit Erdgas zum Sondertarif beantragt.... Der Auftrag erfolgt aufgrund der \"Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Elektrizitäts- und Gasversorgung von Tarifkunden (AVBEltV/ AVBGasV) vom 21.Juli 1979 einschließlich der \"Ergänzenden Bestimmungen der EWE AG\" in jeweils geltender Fassung\" oder der Gasversorger Vertragsbestätigungen verwendet, in denen die AVBGasV als Grundlage des Vertragsverhältnisses bezeichnet wird, kann eine Einbeziehung der Bestimmungen der AVBGasV als Allgemeine Geschäftsbedingungen in die Vertragsverhältnisse gem. Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB iVm. § 305 II BGB ohne weiteres nicht festgestellte werden (BGH VIII ZR 246/08 Rn. 1, 64).
Für die wirksame Einbeziehung der Bestimmungen der AVBGasV bedurfte es der Kenntnisnahmemöglichkeit des Kunden
vor Vertragsabschluss und des Einverständnisses des Kunden mit der Einbeziehung
bei Vertragsabschluss.
Aus
§ 2 Abs. 3 AVBGasV ergab sich, dass Neukunden - also allen Tarifkunden mit Vertrasabschluss nach Inrafttreten der AVBGasV vom 21.06.79 - unaufgefordert ein Exemplar der Bedingungen der AVBGasV bei Vetragsabschluss auszuhändigen war, so wie den übrigen Kunden auf Verlangen. Hierzu bestand eine gesetzliche Verpflichtung des Gasversorgers.
\"Übrige Kunden\" im Sinne von § 2 Abs. 3 AVBGasV waren diejenigen Taifkunden (§ 1 AVBGasV), deren Verträge bereits bei Inkrafttreten der AVBGasV bestanden (sog. Bestandskunden).
Um so mehr müssen diese Bedingungen Sondervertragskunden im Zusammenhang mit dem Vertragsabschluss unaufgefordert ausgehändigt worden sein, wenn sie denn als AGB in die Verträge einbezogen werden sollten.
Ein bloßer Hinweis auf die Geltung der AVBGasV in einer Vertragsbestätigung kann m. E. demnach nicht genügen.