Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Tarifkunde oder Sondervertragskunde?

<< < (6/10) > >>

jofri46:
In der Praxis sah das in jahrelanger Übung doch so aus:

Da teilte der Versorger z. B. mit: \"bares Geld sparen mit dem neuen Tarif \"Optimo\", später dann \"Fixo\", \"Mundo\", \"Maxi\", Comfort\", \"Plus\" und so fort. Mit diesen neuen Sondertarifen gingen die Preise mal runter, mal rauf. Dazu hieß es dann \"den neuen (Sonder-)Tarif und die dazugehörige Bestabrechnung erhalten Sie automatisch ab dem...\".

Dem Kunden wars recht. Er zahlte vorbehalt- und widerspruchslos mal einen höheren, mal einen geringeren Preis (über die Jahre hinweg hatte sich der Preis natürlich nach oben entwickelt). M. E. liegt in dieser jahrlangen Übung jeweils das Angebot und die Annahme eines neuen Sondertarifes (unter Einschluss der Kündigung bzw. einverständlichen Aufhebung des alten Sondertarifes).

Dem Weiterbezug von Energie und der widerspruchs- und vorbehaltlosen Zahlung auf eine Verbrauchsabrechnung, die einen erhöhten Preis (und neuen Sondertarif) ausweist, soll nun kein Erklärungsgehalt des Kunden zukommen. Gilt das dann auch bei einem neuen Sondertarif mit geringerem Preis als dem bisherigen?

RR-E-ft:

--- Zitat ---Original von jofri46
In der Praxis sah das in jahrelanger Übung doch so aus:

Da teilte der Versorger z. B. mit: \"bares Geld sparen mit dem neuen Tarif \"Optimo\", später dann \"Fixo\", \"Mundo\", \"Maxi\", Comfort\", \"Plus\" und so fort. Mit diesen neuen Sondertarifen gingen die Preise mal runter, mal rauf. Dazu hieß es dann \"den neuen (Sonder-)Tarif und die dazugehörige Bestabrechnung erhalten Sie automatisch ab dem...\".
--- Ende Zitat ---

@jofri46

Eine entsprechende jahrelange Übung aus der Praxis ist mir nicht bekannt.

Bekannt ist die Praxis der Versorger, Kunden gleich zu Beginn in einen Sondertarif einzustufen (BGH, Urt. v. 14.07.10 Az. VIII ZR 246/08 Rn. 26) oder aber später dazu übergegangen zu sein, den Kunden außerhalb des Allgemeinen Tarifs zu beliefern (BGH, Urt. v. 09.02.11 Az. VIII ZR 295/09 Rn. 22). Oftmals gab es dazu keinerlei Schreiben des Versorgers, sondern es wurde einfach nach einem Sondertarif geliefert und  angerechnet.

Was aus der Rechtsprechung dazu bekannt ist, wurde aufgezeigt.

Der Versorger kann doch - wenn bereits ein Sondervertrag besteht -  nicht ernsthaft dem Kunden mitteilen, dass dessen Belieferung ab einem bestimmten Zeitpunkt automatisch zu anderen Bedingungen erfolge und aus einem Schweigen des Kunden dann darauf schließen, dass dieser damit einverstanden sei (vgl. BGH, Urt. v. 28.03.07 Az. VIII ZR 144/06 Rn. 20).

Es gilt diejenige Preisvereinbarung, durch welche der Sondervertrag ursprünglich überhaupt erst zustande gekommen ist (vertragswesentlicher Punkt).


--- Zitat ---Original von jofri46

Dem Weiterbezug von Energie und der widerspruchs- und vorbehaltlosen Zahlung auf eine Verbrauchsabrechnung, die einen erhöhten Preis (und neuen Sondertarif) ausweist, soll nun kein Erklärungsgehalt des Kunden zukommen.
Gilt das dann auch bei einem neuen Sondertarif mit geringerem Preis als dem bisherigen?
--- Ende Zitat ---

Na klar gilt das auch dann.

Der Versorger kann auch weniger zur Abrechnung stellen und verlangen, als der Kunde aufgrund der bestehenden  vertraglichen Vereinbarung schuldet.
Nur mehr als das vertraglich Vereinbarte kann er halt nicht beanspruchen.

Die Praxis zeigt, dass die Versorger oftmals Entgelte zur Abrechnung stellen, wie es ihnen gerade in den Sinn kommt und beliebt, ohne sich um elementares Vertragsrecht  zu kümmern.

Viele Vesorger wissen wohl shon gar nicht mehr, mit welchem Kunden sie tatsächlich wann was vereinbart hatten.
Es kümmert sie auch nicht wirklich, weil sie nach gewohnter langjähriger Übung sowieso jeweils einfach automatisch nach ihrem eigenen Belieben abrechnen und dies insbesondere selbst da, wo Kunden dieser Praxis in langjähriger Übung widersprochen hatten.

Neulich bei Gericht sagte ein Kollege auf der Gegenseite gar, er könne die Forderung, die sich bei Zugrundelegung des bei Zustandekommen des Sondervertrages vereinbarten Preises ergibt, nicht aufzeigen/ darlegen, weil der dabei vereinbarte Preis dem Versorger nicht bekannt sei. Ganz schlecht für einen Versorger, der gem. § 433 Abs. 2 BGB einen Zahlungsanspruch gerichtlich verfolgt und hierfür auch  die getroffene Preisvereinbarung darlegen und beweisen muss.

jofri46:
@RR-E-ft

Sorry, mir erschliesst sich das immer noch nicht ganz.

Da ist der Kunde im Grundversorgungstarif und wird mit der Bestpreisabrechnung in einen Sondertarif eingestuft.  Die weitere Gasentnahme und seinen Zahlungen darauf kommt kein Erklärungsgehalt zu. Gleiches gilt für künftige Änderungen der Sondertarife mit Preisschwankungen nach oben und unten. Der Kunde bleibt also im anfänglichen und teuren Tarifkundenvertrag und es bedarf keiner Rückkehr dorthin, weil es erst gar nicht zu einem wirksamen Sondertarifvertrag gekommen ist.

RR-E-ft:

--- Zitat ---Original von jofri46


Da ist der Kunde im Grundversorgungstarif und wird mit der Bestpreisabrechnung in einen Sondertarif eingestuft.
--- Ende Zitat ---

@jofri46

Gedanklich bedarf es zweier Schritte.

1.

Durch die Einstufung in und die Belieferung zu einem Sondertarif kommt nach der Rechtsprechung des BGH ein Sondervertrag zustande (vgl. BGH, Urt. v. 14.07.10 Az. VIII ZR 246/08 Rn. 26, Urt. v. 09.02.11 Az. VIII ZR 295/09 Rn. 22 ff., Urt. v. 11.05.11 Az. VIII ZR 42/10 Rn. 33).

2.

Nachdem ein solcher Sondervertrag erst einmal so zustande gekommen ist, regelt sich nach der Rechtsprechung des BGH  alles weitere dann nur noch nach dem Inhalt eben dieses bereits bestehenden Sondervertrages (vgl. BGH, B. v. 07.06.11 Az. VIII ZR 333/10 Rn. 2), der für den Versorger ordentlich kündbar ist.

bolli:

--- Zitat ---Original von jofri46
Da ist der Kunde im Grundversorgungstarif und wird mit der Bestpreisabrechnung in einen Sondertarif eingestuft.  Die weitere Gasentnahme und seinen Zahlungen darauf kommt kein Erklärungsgehalt zu. Gleiches gilt für künftige Änderungen der Sondertarife mit Preisschwankungen nach oben und unten. Der Kunde bleibt also im anfänglichen und teuren Tarifkundenvertrag und es bedarf keiner Rückkehr dorthin, weil es erst gar nicht zu einem wirksamen Sondertarifvertrag gekommen ist.
--- Ende Zitat ---
Natürlich vergisst der Kunde im Verfahren nicht zu betonen, dass er mit der erstmaligen Einstufung in den Sondertarif einverstanden war, mit dem Rest aber nicht mehr.  ;)

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