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Autor Thema: Thüringer OLG Jena: Die meisten Erfurter Heizgaskunden waren bis 2008 Sondervertragskunden  (Gelesen 5755 mal)

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Thüringer OLG Jena, Az. 2 U 250/09 mdl. Verh. am 16.06.10 Abgrenzung Tarifkunde/ Sondervertragskunde

Die SWE Energie GmbH als Rechtsnachfolger der SWE Gasversorgung GmbH hatte im Sommer 2008 die Kündigung aller entsprechender Vertragsverhältnisse erklärt, was obendrein dafür spricht, dass es sich um Sonderverträge handelte.

Das Amtsgericht Erfurt hatte demgegenüber mehrfach entschieden, die betroffenen Kunden seien Tarifkunden, die Preiserhöhungen entsprächen wegen unbestrittenen Bezugskostenanstiegs der Billigkeit, was vom Landgericht Erfurt in zwei Berufungsurteilen bestätigt worden war. Die gem. § 102, 108 EnWG erstinstanzlich ausschließlich zuständige Handelskammer am LG Erfurt befand auch noch, dass die Kunden Tarifkunden seien, jedoch sei die Billigkeit in jenem Verfahren nicht nachgewiesen, schon gar nicht durch die anderen Urteile.

Weitere Verfahren sind nach Verweisung durch das Amtsgericht Erfurt am Landgericht Erfurt-  Kammer für Handelssachen - anhängig.

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Die Stadtwerke Erfurt Gasversorgung GmbH verwendete \"Bedingungen für Sonderabkommen über die Lieferung von Erdgas an Haushalte und Gewerbe\" sowie \"Ergänzende Bestimmungen der Stadtwerke Erfurt Gasversorgung GmbH zur AVBGasV, gültig ab 01.05.1993\", in denen unter \"G. Preisanpassung\" geregelt war: \"Die Stadtwerke sind berechtigt, bei wesentlichen und langfristigen Änderungen der Wirtschafts- und Marktlage die Preise und Entgelte angemessen zu ändern.\"

In den Sonderabkommen mit Haushaltskunden bestand mithin kein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht.

Wurden die oben genannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Stadtwerke Erfurt Gasversorgung GmbH  in die Sonderabkommen mit Haushaltskunden wirksam einbezogen, so war die darin enthaltene Preisänderungsklausel jedoch allein deshalb gem. § 307 BGB unwirksam, weil sie nur ein Recht jedoch keine Verpflichtung zur Preisänderung enthielt (BGH KZR 2/07).

Wurde keine Preisänderungsklausel in das betreffende Sonderabkommen einbezogen oder war eine einbezogene Preisänderungsklausel unwirksam, kam es auf einen Widerspruch der Kunden für die Unwirksamkeit einseitiger Preisänderungen nicht an (BGH VIII ZR 246/08].

Die betreffenden Verträge wurden regelmäßig durch Kündigung zum 30.09.2008 beendet.

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Eine Entscheidung des OLG Jena zu Az. 2 U 250/09 steht bisher immer noch aus.

Die Stadtwerke Erfurt Gasversorgung GmbH  unterschied zwischen den Allgemeinen Tarifen und den Sonderabkommen. Ausdrücklich hieß in ihren Allgemeinen Versorgungsbedingungen für Gaslieferungen an Haushalte und Gewerbe:

„Soweit in den Sonderabkommen nicht etwas anderes vereinbart ist, gelten die Verordnung über Allgemeine Bedingungen…“.

Für einen Parallelfall hat der Bundesgerichtshof nun klar entschieden:

BGH VIII ZR 295/09 Rn. 25

Vorliegend wurde der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum von der Beklagten nicht (mehr) zu allgemeinen Tarifen, sondern zu dem als Sondertarif zu qualifizierenden Tarif E. beliefert.
 
Dieser stand bei den von der Beklagten angebotenen Belieferungsalternativen in unübersehbarem Kontrast zu dem daneben angebotenen Tarif E. B. GAS, der genauso wie der Tarif E. GAS sämtliche in Betracht kommenden Verbrauchsmengen erfasste.

Anders als der Tarif E. B. GAS wurde der Tarif E. GAS dabei aber zu den hierfür aufgestellten Bedingungen angeboten, die eine Geltung der AVBGasV nur insoweit vorsahen, als in ihnen nichts Abweichendes geregelt war. Allein schon hieraus ergab sich - wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler angenommen hat - für einen durchschnittlichen Abnehmer, dass die Beklagte die Belieferung zum Tarif E. GAS nicht mehr im Rahmen ihrer Allgemeinen Anschluss- und Versorgungspflicht oder Grundversorgungspflicht vornehmen wollte, sondern im Rahmen ihrer allgemeinen Vertragsfreiheit (vgl. Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 56/08, BGHZ 182, 41 Rn. 16, und VIII ZR 225/07, aaO Rn. 17).


BGH VIII ZR 295/09 Rn. 24

Ein Gasversorgungsunternehmen kann sich auf das gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 AVBGasV in einen Tarifkundenvertrag automatisch einbezogene gesetzliche Preisänderungsrecht gemäß § 4 AVBGasV damit nicht unmittelbar stützen, wenn es mit dem Kunden aus dessen Sicht einen Sonderkundenvertrag zu Sondertarifen im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit und damit von vornherein außerhalb des sachlichen Geltungsbereichs der AVBGasV abgeschlossen hat. Ein Preisänderungsrecht nach § 4 AVBGasV besteht aber auch dann nicht, wenn das Versorgungsunternehmen - wie hier - dazu übergeht, einen Kunden, der bis dahin als Tarifkunde versorgt worden ist, aus dessen Sicht außerhalb der allgemeinen Tarifpreise unter Inanspruchnahme von Vertragsfreiheit zu Sonderpreisen zu versorgen. Denn ein Recht zur einseitigen Änderung von Preisen, die keine allgemeinen Tarifpreise sind, regelt § 4 AVBGasV nicht vgl. Morell, AVBGasV, Stand November 2003, E § 1 Abs. 1 Anm. g mwN).


BGH VIII ZR 295/09 Rn. 26

Die Beklagte kann das Preisänderungsrecht, das sie für die im streitgegenständlichen Zeitraum außerhalb des allgemeinen Tarifs erfolgte Belieferung mit Gas beansprucht, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht darauf stützen, dass § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV in die von ihr anlässlich der Belieferung gestellten Bedingungen wirksam einbezogen worden seien.


Maßgeblich ist zunächst eine wirksame Einbeziehung gem. Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB iVm. § 305 Abs. 2 BGB, was eine Aushändigung der entsprechenden Bedingungen vor Vertragsabschluss und das Einverständnis des Kunden mit der Einbeziehung bei Vertragsabschluss voraussetzt. Ein bloßer Hinweis auf die Geltung der Bestimmungen genügt nicht (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 29.05.08 Az. 19 U 52/08 = VuR 2009, 316; OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.06.09 Az. VI – 2 U (Kart) 14/08; OLG Dresden, Urt. v. 26.01.10 Az. 14 U 983/08; OLG Oldenburg, Urt. v. 12.02.10 Az. 6 U 164/09; OLG Dresden, Urt. v. 13.07.10 Az. 9 U 93/10; LG Frankenthal, Urt. v. 09.03.11 Az. 2 S 207/10, juris).

Wenn Gasversorger gem. § 2 Abs. 3 AVBGasV bzw. § 2 Abs. 4 GasGVV gesetzlich verpflichtet sind, grundversorgten Tarifkunden rechtzeitig vor oder bei Vertragsabschluss ein Exemplar unaufgefordert auszuhändigen, so muss dies für die Einbeziehung entsprechender Bedingungen als AGB in einen Sondervertrag gem. § 305 Abs. 2 BGB erst recht gelten.

Ein bloßer Hinweis auf die AVBGasV/ GasGVV oder das Anerbieten zur Übersendung der selben in einem nach Vertragsabschluss übersandten Vertragsbestätigungsschreiben genügen dafür nicht (OLG Dresden, aaO.).

Vorliegend wurden die Bedingungen der AVBGasV/ GasGVV der Bekl. weder vor Abschluss des Sonderabkommen- Vertrages noch danach ausgehändigt.

Sie kannte diese Bedingungen nicht und hatte  sich mit der Einbeziehung solcher in den Gasliefervertrag weder bei Vertragsabschluss noch später einverstanden erklärt.

Der Stadtwerke Erfurt Gasversorgung GmbH stand deshalb kein Recht zu, den Gaspreis nach Vertragsabschluss einseitig abzuändern. Auf Widersprüche der Beklagten kam es dafür, dass der Gasversorger gem. § 433 Abs. 2 BGB dazu verpflichtet war, das Gas zu dem bei Vertragsabschluss vereinbarten Sonderabkommen – Gaspreis weiter zu liefern, schon nicht an.

Preisneuvereinbarungen kamen insbesondere nicht durch die unwidersprochene Hinnahme von Preisänderungen und vorbehaltlose Zahlungen auf entsprechende Verbrauchsabrechnungen zustande (vgl. BGH, Urt. v. 14.07.10 VIII ZR 246/08 Rn. 57 ff., BGH VIII ZR 199/04, juris).

Einseitige Preisänderungen nach Vertragsabschluss waren infolge des nicht wirksam vereinbarten Preisänderungsrechts per se unwirksam. Das Gas musste auch im streitgegenständlichen Zeitraum zu dem Sonderabkommen- Gaspreis erfolgen, zu dem die Belieferung bereits zu Beginn der Belieferung auf vertraglicher Grundlage erfolgte, Überzahlungen unterliegen der Rückforderung (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 02.09.10 Az. U 1200/09 (Kart); OLG Hamm, Urt. v. 28.10.10 Az. I-2 U 60/10; OLG Frankfurt, Urt. v. 07.12.10 Az. 11 U 27/10; LG Köln, Urt. v. 07.10.10 Az. 8 O 302/09; LG Landau, Urt. v. 28.10.10 Az. HK O 9/09; LG Bonn, Urt. v. 03.11.10 Az. 5 S 3/10 und 5 S 218/09; LG Berlin, Urt. v. 05.11.10 Az. 56 S 63/10; LG Berlin, Urt. v. 29.12.10 Az. 6 O 323/09; LG Köln, Urt. v. 05.01.11 Az. 9 S 207/10; LG Hamburg, Urt. v. 18.02.11 Az. 320 S 129/10 und 320 S 82/10; LG Frankfurt/Oder, Urt. v. 22.02.11 Az. 6a S 30/10; LG Frankenthal, Urt. v. 09.03.11 Az. 2 S 257/10).

 

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