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Autor Thema: OLG Köln, Urt. v. 19.02.10 Az. 19 U 143/09 Rückforderungsanspruch eines Sondervertragskunden  (Gelesen 5348 mal)

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Offline RR-E-ft

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OLG köln, Urt. v. 19.02.10 Az. 19 U 143/09 Rückforderungsanspruch des Sondervertragskunden

Soweit das Oberlandesgericht Köln die Klage teilweise deshalb abgewiesen hat, weil es dafür hält, dass auch im Falle unwirksamer Preisänderungsklauseln und unwidersprochener Preisänderungen/ Verbrauchsabrechnungen der einseitig geänderte Preise diese konkludent vertraglich vereinbart wurden, weicht es von der Rechtsprechung des BGH ab:

Der BGH hatte im Urteil vom 20.05.2005 VIII ZR 199/04 entschieden, dass im Falle einseitiger Entgeltänderungen aufgrund eines vermeintlichen jedoch unwirksamen  einseitigen Leistungsbestimmungsrechts in den einseitigen Preisänderungen kein Angebot auf Entgeltneuvereinbarung gesehen werden kann auch eine Umdeutung in ein solches Angebot ausgeschlossen ist, somit bereits mangels Angebotserklärung keine Einigung auf die einseitig erhöhten Entgelte erfolgen kann.

Soweit das OLG in Rn. 73 ausführt, ein Widerspruch innerhalb von fünf Monaten wäre nicht in angemessener Zeit erfolgt, ist dem nicht zu folgen. Der BGH hat im Urteil vom 21.04.2010 ausgeführt, dass jedenfalls innerhalb von fünfeinhalb Monaten das für eine Verwirkung notwendige Zeitmoment noch nicht festgestellt werden kann.

Zitat
BGH VIII ZR 97/09 Rn. 18

bb) Entgegen der Revisionserwiderung ist der mit der Klage verfolgte Anspruch auch nicht verwirkt. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB bestimmt für die Geltendmachung des Rechts auf gerichtliche Überprüfung der Billigkeit keine besondere Frist. Gleichwohl ist das Recht innerhalb angemessener Frist geltend zu machen (vgl. BGHZ 172, aaO) und kann durch illoyale Verzögerung der Klageerhebung verwirkt werden (vgl. BGHZ 97, 212, 220; MünchKommBGB/Gottwald, 5. Aufl., § 315 Rdnr. 47). Die Klägerin hat hier jedoch bereits fünfeinhalb Monate nach der Ablehnung des Zähleraustauschs - auf diesen Zeitpunkt und nicht auf den des ursprünglichen Zählereinbaus kommt es entgegen derAuffassung der Revisionserwiderung hier an - die vorliegende Klage erhoben. Für eine Verwirkung fehlt es daher schon am Zeitmoment.

Nach lediglich fünfeinhalb Monaten fehlt es für die Verwirkung am Zeitmoment. Neben dem Zeitmoment erfordert eine Verwirkung regelmäßig ein Umstandsmoment.

Für das Umstandsmoment wäre jedoch ein Vertrauen des Versorgers darauf erforderlich gewesen, dass der Kunde sein erklärtes Bestreiten eines einseitigen Preisänderunsgrechts zwischenzeitlich aufgegeben hat. Hierfür ist aber wohl rein gar nichts ersichtlich.

Weder Zeit- noch Umstandsmoment wurden gründlich abgeprüft.

Die Entscheidung steht zudem im Widerspruch zur Entscheidung des OLG Hamm vom 29.05.2009 (RdE 2009, 261):

OLG Hamm, Urt. v. 29.05.2009, Az. I- 19 U 52/08,    RWE muss Gaskunden Geld zurückzahlen

Damit lagen Gründe für die Zulassung der Revision vor.

Das OLG Köln hat in seiner Entscheidung die Revision nicht zugelassen.
Ob hiergegen aus genannten Gründen Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH erhoben wurde, ist nicht bekannt.

Offline RR-E-ft

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Wie jetzt durch einen Informator  ;) bekannt wurde, soll es sich bei der Klägerin um ein kaufmännisches Unternehmen handeln.

Dann können die Anforderungen an eine Neuvereinbarung möglicherweise geringer sein als bei einem Verbraucher.

Indes gilt auch unter Kaufleuten, dass die Einigung Angebot- und Annahmeerklärung voraussetzt. Dort kann zwar die Annahme - anders als bei Verbrauchern - auch schweigend erklärt werden (gesetzliche Fiktion zB. § 362 HGB), jedoch dürfte - wie oben aufgezeigt - schon eine annahmefähige Angebotserklärung im Sinne des § 145 BGB gar nicht vorgelegen haben.

Offline RR-E-ft

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BGH, Urt. v. 20.07.2005 VIII ZR 199/04 betrifft gerade einen Fall, wo immer wieder (zu Unrecht) einseitig erhöhte Entgelte schriftlich mitgeteilt und später zur Abrechung gestellt (und vom Vertragspartner ohne Beanstandung wie abgerechnet vorbehaltlos geleistet) wurden.

Darin soll gerade keine Angebotserklärung gem. § 145 BGB gelegen haben, die der Vertragspartener hätte annehmen können.

OLG Nürnberg, Urt. v. 26.05.2009, Az. 1 U 1422/08 Einmaliger Vorbehalt ausreichend

Erfolgten aber Zahlungen fortlaufend lediglich unter Vorbehalt, dann fehlt beim anderen das Vertrauen darauf, die Zahlungen schlussendlich als Erfüllung einer Verbindlichkeit behalten zu dürfen. Deshalb gelten Vorbehaltszahlungen auch schon nicht als Erfüllung.

Wo dies aber so ist, ist nicht ersichtlich, worin ein Vertrauenstatbestand liegen könnte, der für das Umstandsmoment einer Verwirkung jedoch erforderlich wäre.

 

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