Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Stand Billigkeitskontrolle Strom/ Gas reloaded (März 2010)
Black:
--- Zitat ---Original von Didakt
Ich stelle mir gerade vor, was wohl wäre, wenn alle Kunden meines gegenwärtigen Versorgers im Rahmen eines organisierten Boykotts schlagartig den Anbieter wechselten. Wunschdenken!
--- Ende Zitat ---
Nun, vielleicht müßte Ihr Versorger dann seinen Geschäftsbetrieb einstellen. Es wäre dann ein Anbieter weniger am Markt vorhanden. Welchen Vorteil das langfristig den Kunden bietet erschließt sich nicht.
jroettges:
--- Zitat ---@Black schrieb:
Nun, vielleicht müßte Ihr Versorger dann seinen Geschäftsbetrieb einstellen....
--- Ende Zitat ---
Kann ein Grundversorger so mirnichts dirnichts den Betrieb einstellen?
Ist er nicht an Konzessionsverträge gebunden?
Was passiert eigentlich wenn ein Versorger selbst keine Energiekunden mehr hat, seine Netzgesellschaft aber weiter die Grundlage/Infrastruktur für einen wirklich funktionierenden Markt vorhält und dabei bestens floriert?
Darf er dann auch seinen Betrieb einstellen?
Seltsam ist ja, dass viele Versorger ihre extra dafür gegründeten Energievertriebsfirmen im bundesweiten Markt teilnehmen lassen, in ihrem eigenen Sprengel den Kunden aber deutlich höhere Tarife abnehmen.
Sie vertrauen im Stile einer \"kaiserlichen Gasanstalt\" darauf, dass die meisten Kunden doch nicht wechseln werden und weiter brav überhöhte Tarife zahlen. Würden die Kunden tatsächlich wechseln, wäre dieses Spiel schnell zuende.
RR-E-ft:
Der Netzbetreiber ist vom Versorger gedanklich und zumeist auch rechtlich zu unterscheiden. Mittlerweile existieren auch vollkommen unabhängige Netzgesellschaften, etwa auf der Höchst- und Hochspannungsebene im Strombereich. Diese haben mit der eigentlichen Energielieferung an Letztverbraucher nichts mehr zu tun.
Es gibt Versorger, die formal nach (alten) Konzessionsverträgen zur Belieferung verpflichtet waren, die eigentliche Versorgungsaufgabe jedoch an Dritte übertragen hatten. So hatten etwa die Stadtwerke Jena die Stromversorgung 1999 zum 01.01.2000 im Wege eines zehnjährigen Pachtvertrages auf die TEAG Thüringer Energie AG (jetzt E.ON Thüringer Energie AG) übertragen und dazu einen Kommissionsvertrag mit dieser abgeschlossen (Theobald/ Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, 1. Aufl. 2001, S. 82 ff). Schrumpft der Kundenstamm in der Grundversorgung auf ein bestimmtes Maß, wird man wohl eine solche Übertragung auf einen Dritten in Erwägung ziehen. Die eigentliche Grundversorgungsaufgabe ist in einem solchen Fall der alte Versorger spätestens dann los, wenn turnusgemäß gem. § 36 II EnWG ein anderer Lieferant zum Grundversorger gekürt wird.
All diese Entwicklungen sind für die Frage der zivilrechtlichen Billigkeitskontrolle indes vollkommen belanglos.
Didakt:
@ RR-E-ft
Sie können davon ausgehen, dass ich nach Beendigung meines Rechtsstreits den Anbieter wechseln werde, allein schon deshalb, weil sich logischerweise mein jetziger Versorger aus dem alten Vertrag, der ihm soviel Ungemach beschert hat, herauskündigen wird. Glauben Sie mir, Verivox ist mir hinreichend bekannt.
In meinem Beitrag wollte ich unter Bezug auf Ihre Ausführungen zur Billigkeitskontrolle nur zum Ausdruck bringen, dass ich zwar bei einem neu abgeschlosenen Sondervertrag, in dem sich die Versorger nunmehr heilsam belehrt in der Regel ein einseitiges, an der für Grundversorgungskunden geltenden gesetzlichen Regelung angepasstes Preisanpassungsrecht ausbedingen, nach einer Preisanhebung die Billigkeitseinrede gemäß § 315 BGB in Anspruch nehmen kann, aber dies dann nicht mehr der Weisheit letzter Schluss ist, weil die gegnerische Seite daraus vermutlich sofort mit einer Vertragskündigung die Konsequenzen ziehen wird. Und das bedeutet für den Verbraucher zwangsläufig ein andauerndes Anbieterhopping mit kurzen Vertragslaufzeiten, um sich stets erneut von dem preisgünstigsten Versorger beliefern zu lassen. Unbestreitbar ein aufwendiges Procedere, aber Marktwirtschaft konform.
Nun denn, ich bleibe auf der Seite der Widerspenstigen, nicht zuletzt auch deshalb, weil ich die Zeit dafür habe. Andere vielleicht nicht. Aber vielleicht geschieht irgendwann einmal ein Wunder und den Monopolisten wird der Garaus gemacht.
Freundliche Grüße
Black:
--- Zitat ---Original von jroettges
Kann ein Grundversorger so mirnichts dirnichts den Betrieb einstellen?
Ist er nicht an Konzessionsverträge gebunden?
--- Ende Zitat ---
Konzessionsverträge verpflichten nicht (mehr) zur Belieferung von Endkunden sondern (nur) zum Betrieb eines Netzes.
Wenn ein Lieferant keine Kunden mehr hat, wird er vermutlich insolvent werden. Davor schützen auch die Grundversorgungspflicht oder eine alte Pflicht aus einem Konzessionsvertrag nicht.
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