Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Verjährungsbeginn der Rückforderung: Abrechnung oder Abschlagszahlungen maßgeblich?

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userD0003:

--- Zitat ---Original von PLUS
... dass keine Kontokorrentabrede besteht ist für mich so klar wie die berühmte Kloßbrühe. Aber die Abrechnungspraxis sieht so aus und das nicht nur  bei (m)einem Versorger. Das Verrechnen und Saldieren über die Sparten hinweg, Abschläge oder Kürzungen sind nicht ausgenommen, ist doch die gängige Praxis bei kommunalen Stadtwerken. Benutzt werden auch weitgehend einheitliche EDV-Programm, die von den Verbänden entwickelt und dort bestellt werden. Soviel unterschiedliche Software gibt es nicht. Ich denke, das ist da der Standard und riecht mir stark nach einem abgestimmten kartellähnlichen Verhalten. Die Praxis unterscheidet sich trotz fehlender Abrede kaum von einem Kontokorrent wo die Verrechnung von Forderungen und Verbindlichkeiten durch Saldierung erfolgt.
--- Ende Zitat ---
Genau das ist die gängige Praxis, nicht nur bei kommunalen Stadtwerken (einzige mir bekannte aktuelle Ausnahme: E.ON verrechnet nicht mehr insbesondere Abschlagszahlungen zunächst mit angeblichen Alt-Forderungen).

In einem gesonderten Thread sollte vielleicht hierzu diskutiert werden, wie gegen diese Praxis vorzugehen ist. Aktivitäten des BdEV oder der VZ Bund wären sicherlich hilfreich.

reblaus:
@h\'berger

Wenn keine Kontokorrentabrede besteht, dann frage ich mich, warum Sie sich gegenüber Ihrem Versorger darauf berufen, dass Ihre späteren Abschläge nur mit den späteren Gaslieferungen verrechnet werden dürfen. Solch eine Vereinbarung nennt man Kontokorrentabrede.

Nennen Sie mir ein anderes Gesetz, das Ihren Versorger daran hindert, Ihre Zahlungen mit der ältesten fälligen Forderung zu verrechnen. Ihr Versorger beruft sich auf § 366 BGB! Dem müssen Sie etwas sehr Schlagkräftiges entgegen halten.

Ihr Problem ist das gleiche, wie das von RR-E-ft. Sie lavieren beim Rechtscharakter ihrer Abschlagszahlungen. Irgendwie scheint es eine Erfüllung des Kaufpreises sein, aber dann doch nicht so ganz, weil der tatsächliche Kaufpreis noch gar nicht feststeht. Da die Abrechnungsperioden oft am 1. April beginnen, hat man bis Ende September schon jede Menge Geld bezahlt, aber im Sommer kaum Gas verbraucht, so dass der Kaufpreis der bereits abgenommenen Gasmenge weit überzahlt wurde. Dennoch kann niemand diesen Betrag anderweitig verrechnen, pfänden oder zurückfordern, weil er halt doch irgendwie gebunden zu sein scheint. In der Not wird dann einfach der BGH zitiert. Daraus meint man dann einen Abschlagszahlungsvertrag herauslesen zu können. Der Verbraucher scheint sich zu verpflichten, abstrakt ohne Gegenleistung Abschläge an den Versorger zu bezahlen. Der BGH ist aber nicht der Gesetzgeber, sondern er legt das vorhandene Gesetz aus. Also welches Gesetz soll es denn sein, das die gezahlten Abschläge vor der Verrechnung mit Altforderungen schützt?

Sie müssen liefern, um § 366 BGB zu entkräften. Sonst hat Sie Ihr Versorger am Haken.

Warum Sie sich so sicher sind, dass es kein Saldoanerkenntnis gibt, erschließt sich mir auch nicht.

Die Rechtsdefinition einer Abrechnung lautet nach Palandt § 782: Abrechnung ist jede unter Mitwirkung von Gläubiger und Schuldner stattfindende Feststellung eines Rechnungsergebnisses. Schon nach der Definition des Begriffs sind beide Parteien erforderlich. Der Versorger erstellt die Abrechnung. Der Saldo wird aber nicht zur Zahlung fällig, wenn einer der Gründe des § 17 GasGVV vorliegen. Einen solchen Grund wird der Verbraucher irgendwie vorzutragen haben, was dann als Willenserklärung zu werten ist.

Sie begeben sich auf arg dünnes Eis, wenn Sie Ihre Meinung vertreten, ohne das kleinste Argument vorzutragen, warum die Mitwirkungspflichten aus der Definition wie auch aus der GasGVV völlig unbedeutend sind, und keine Vereinbarung über das Ergebnis der Abrechnung zustande kommt.

@
Plus
Sie können die Rechtsfolge des § 366 BGB nicht so einfach durch Widerspruch abwenden. Einer Aufrechnungserklärung können Sie nur widersprechen, wenn darin eine andere als die in § 366 BGB geregelte Verrechnung vorgenommen wird.

Kampfzwerg:

--- Zitat ---Original von reblaus

@h\'berger
Nennen Sie mir ein anderes Gesetz, das Ihren Versorger daran hindert, Ihre Zahlungen mit der ältesten fälligen Forderung zu verrechnen. Ihr Versorger beruft sich auf § 366 BGB! Dem müssen Sie etwas sehr Schlagkräftiges entgegen halten.

Sie müssen liefern, um § 366 BGB zu entkräften. Sonst hat Sie Ihr Versorger am Haken.
...
Sie begeben sich auf arg dünnes Eis, wenn Sie Ihre Meinung vertreten, ohne das kleinste Argument vorzutragen, warum die Mitwirkungspflichten aus der Definition wie auch aus der GasGVV völlig unbedeutend sind, und keine Vereinbarung über das Ergebnis der Abrechnung zustande kommt.

@Plus
Sie können die Rechtsfolge des § 366 BGB nicht so einfach durch Widerspruch abwenden. Einer Aufrechnungserklärung können Sie nur widersprechen, wenn darin eine andere als die in § 366 BGB geregelte Verrechnung vorgenommen wird.
--- Ende Zitat ---

§ 366 BGB ist eindeutig schlagkräftig genug und schliesslich für alle da  ;)
Wir brauchen also gar kein anderes Gesetz, wir nehmen einfach nur das selbe.
Was soll denn diese Vernebelungstaktik?
Vielleicht sollte man also den §366 erst einmal vollständig zitieren! -
und lesen.
Insbesondere Absatz 1. Damit hätte sich die vorstehend zitierte Argumentation dann wohl erledigt.


--- Zitat ---§ 366
Anrechnung der Leistung auf mehrere Forderungen

(1) Ist der Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet und reicht das von ihm Geleistete nicht zur Tilgung sämtlicher Schulden aus, so wird diejenige Schuld getilgt, welche er bei der Leistung bestimmt.

(2) Trifft der Schuldner keine Bestimmung, so wird zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet, unter mehreren gleich sicheren die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede Schuld verhältnismäßig getilgt.
--- Ende Zitat ---
http://dejure.org/gesetze/BGB/366.html

RR-E-ft:
@reblaus

Vertragliche Zahlungsansprüche des Versorgers beruhen auf § 433 Abs. 2 BGB.

Soweit Abschläge (Vorauszahlungen) vertraglich vereinbart sind, so gibt es auch  an deren Rechtsnatur keinen Zweifel, wie oben umfassend dargelegt.

Diese Vorauszahlungen werden nach einer Verbrauchsabrechnung festgelegt und erfolgen abredegemäß zweckgebunden auf die nachfolgende Verbrauchsabrechnung, so dass eine anderweitige Verrechnung vertraglich ausgeschlossen ist, § 366 Abs. 2 BGB.

Rückforderungsansprüche der Kunden beruhen auf § 812 BGB.

Die Rückforderungsansprüche wegen Zuvielzahlungen aus ungerechtfertigter Bereicherung bestehen, wenn und soweit der Kunde auf eine Rechnung des Versorgers (ggf. einschließlich zweckgebundener Vorauszahlungen) insgesamt mehr gezahlt hatte als der Versorger gem. § 433 Abs. 2 BGB für seine Lieferung beanspruchen konnte.

Hat der Versorger entgegen gesetzlicher Verpflichtung keine Rechnung gelegt, so kann der Kunde die Rechnung auch selbst aufmachen, wenn er seinen Verbrauch kennt. Der Kunde kann deshalb auch in diesem Fall Überzahlungen ohne Weiteres zurückfordern und einklagen.

Damit sind alle Anspruchsgrundlagen klar benannt.
Komplizierter ist es nicht.

Insbesondere besteht keine vertragliche Kontokorrentabrede.

Nur deshalb  können Ansprüche auf einezelne Abschläge und Rechnungsbeträge vom Versorger ebenso einzeln eingeklagt werden wie Rückforderungen des Kunden für einzelne Abrechnungsjahre, ohne dass dem eine Kontokorrenteinrede entgegensteht.

Deshalb sind aber auch Saldoklagen des Versorgers unzulässig.

Und deshalb muss und kann  auch nicht auf Anerkenntnis oder Korrektur irgendeines Rechnungssaldos oder Neusertstellung einer Rechnung geklagt werden.

Einer Klage auf Neuabrechnung würde regelmäßig schon das notwendige Rechtsschutzbedürfnis fehlen, so dass diese unwirksam wäre.

§ 366 BGB ist ersichtlich auch breiten Schichten der werktätigen Bevölkerung allgemein bekannt.

reblaus:

--- Zitat ---Original von RR-E-ft


Rückforderungsansprüche der Kunden beruhen auf § 812 BGB.

Die Rückforderungsansprüche wegen Zuvielzahlungen aus ungerechtfertigter Bereicherung bestehen, wenn und soweit der Kunde auf eine Rechnung des Versorgers (ggf. einschließlich zweckgebundener Vorauszahlungen) insgesamt mehr gezahlt hatte als der Versorger gem. § 433 Abs. 2 BGB für seine Lieferung beanspruchen konnte.

--- Ende Zitat ---

Das ist aber mal eine interessante These. Die Auszahlung einer Erstattung erfolgt wegen ungerechtfertigter Bereicherung. Dann haben Sie also zuvor ohne Rechtsgrund geleistet. Waren zu der Leistung rechtlich gar nicht verpflichtet. Wie verträgt sich das mit Ihrer Behauptung, es sei ein Vertrag über die Zahlung von Abschlägen vereinbart worden? Wie verträgt es sich mit der These, dass die Abschlagszahlung zweckgebunden erfolgt sei.

Wäre ich Ihr Versorger ,würde ich sofort mit § 814 BGB kontern, und Erstattungen überhaupt nicht mehr auskehren.

@Kampfzwerg
h\'berger schildert einen Fall, bei dem der Versorger Abschlagszahlungen mit alten Salden aufrechnet, statt sie in der neuen Jahresabrechnung zu verrechnen. Es wird bei diesen Abschlägen dann wohl nicht so exakt formuliert worden sein, welchen Zwecken sie dienen. In irgendeiner Form muss die Zweckbindung auslegungsfähig sein, sonst hätte h\'berger doch keinen Beratungsbedarf.

Ich gebe Ihnen allerdings recht. Wenn der Abschlag folgendermaßen bezeichnet wurde: Abschlag März 2012, zu verrechnen mit dem Gasverbrauch vom 1.01. bis 31.12.2012 dann lässt § 366 BGB keine andere Verwendung zu. Dann besteht aber auch kein Grund in einem Forum um Rat nachzusuchen.

Da ich im Moment selbst einen Fall habe, bei dem mein Versorger zwei im Juni und Juli abgebuchte Abschläge für eine Abrechnung verwendet hat, deren Periode Ende März auslief, kann ich Ihnen versichern, dass die Dinge in der Praxis nie so eindeutig sind, wie Sie annehmen mögen.

Unter Laborbedingungen ist die Anwendung der Gesetzes die einfachste Sache der Welt. Erst in der Realität wird es schwierig.

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