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Hemmung der Verjährung durch gerichtlichen Mahnbescheid

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RR-E-ft:
Wer nicht mit Ungewissheiten leben möchte, kann deshalb auf Feststellung klagen, dass die Zahlungsansprüche, derer sich der Versorger berühmt, nicht bestehen, jedenfalls verjährt sind.

Es gilt dabei zu vermeiden, dass der Versorger nach Erhebung einer solchen Feststellungsklage ein sofortiges Anerkenntnis mit der Kostenfolge des § 93 ZPO abgibt, man deshalb wiederum - diesmal als erfolgreicher Kläger - die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.

Einfacher ist es bei vorangegangenem Mahnverfahren mit Widerspruch:

Wo es bereits einen Mahnbescheid mit Widerspruch gab, kann der Antragsgegner selbt den sog Streitantrag gem. § 696 I ZPO und beim Streitgericht sodann ggf. gem. § 697 III ZPO Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und innerhalb derselben Klageabweisung (unter anderem wegen Verjährungseinrede) beantragen, so dass das Gericht hierüber entscheiden muss, um die Ungewissheit zu beenden. In diesem Verfahren befindet man sich in der Rolle des Beklagten. Ein sofortiges Anerkenntnis des Klägers ist nicht möglich. Dieser kann allenfalls seine Klage zurücknehmen mit der Kostenfolge des § 269 Abs. 3 ZPO.

Das sollte man mit seinem Anwalt besprechen.

Kampfzwerg:

--- Zitat ---Original von RR-E-ft

Fakt ist:

Wenn es zur Anspruchsbegründung (Klage) kommt, ist entscheidend, sich in der fristgerechten Klageerwiderung unter anderem auch auf die Verjährung zu berufen.

Das sollte man tunlichst auch schon vorprozessual machen, weil der BGH annimmt, dass in der erstmals im Prozess erhobenen Einrede ein erledigendes Ereignis liege, mit der Folge, dass der Kläger mit einer Klageänderung auf Feststellung, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt habe, in diesem Falle obsiegen könne, wenn sich der Beklagte der Erledigterklärung des Klägers nicht anschließt.  Auch im Falle eines solchen Feststellungsurteils hat die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91 ZPO. Bei übereinstimmender Erledigterklärung richtet sich die Kostentragung gem. § 91a ZPO hingegen nach billigem Ermessen des Gerichts.

BGH, Urt. v. 27.01.10 VIII ZR 58/09 Erledigung durch Verjährungseinrede/ Aufrechnung im Prozess

Wird die Verjährungseinrede nicht erstmals im Prozess erhoben, so scheidet diese als erledigendes Ereignis aus, mit der Folge, dass die Klage bei (wiederholender) Einrede der Verjährung im Prozess von Anfang an unbegründet war und deshalb der Abweisung unterliegt. Dies wiederum mit der Folge, dass der Kläger als Unterliegender gem. § 91 ZPO die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.
--- Ende Zitat ---

Dieses sogenannte erledigende Ereignis und die geschilderten Möglichkeiten gehören wohl auch jedenfalls zu der Spezies der viel gerühmten, eher berüchtigten, juristischen Fallstricke.

Im oben erwähnten Urteil heißt es auf Seite 7

--- Zitat ---[]Denn jedenfalls dann, wenn der Schuldner vor Beginn des Prozesses von der Verjährungseinrede keinen Gebrauch ge-macht habe, obwohl Anlass hierzu bestanden habe, könne dem Kläger regel-mäßig kein die Kostentragungspflicht in jedem Fall begründender Vorwurf dar-aus gemacht werden, die gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs zumindest versucht zu haben. []
--- Ende Zitat ---
Mir stellt sich immer noch die Frage, wie der zitierte \"Anlaß\" denn aussehen müßte, um vor Gericht Bestand zu haben.
Wenn also auf den Widerspruch gegen den Mahnbescheid jahrelang keine Abgabe an das Streitgericht erfolgte und kein weiterer diesbezüglicher Schriftwechsel über MB und/oder die streitige Forderung stattfand, weshalb und wieso sollte sich der Kunde dann veranlasst sehen, vorprozessual die Einrede der Verjährung zu erheben?
Auch unter dem Gesichtspunkt, dass niemand voraussehen kann, dass in der Zukunft ein Prozess vielleicht noch stattfinden könnte nicht unbedingt nachvollziehbar.

M. E. kann von einem normalen Verbraucher eine derartig spezifische (spitzfindige) Rechtskenntnis wohl kaum erwartet bzw. vorausgesetzt werden.
Geschweige denn hellseherische Fähigkeiten.
Und das vielbeschworene \"Treu und Glauben\" passt hier auch nicht ins Bild.

Hingegen ist es sehr gut verständlich, dass es in der Anspruchsbegründung entscheidend ist, sich >in der fristgerechten Klageerwiderung unter anderem auch auf die Verjährung zu berufen. >



@marten
Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass es durchaus möglich ist 2008 einen Mahnbescheid zu erhalten und z. B. erst Ende 2010 die entsprechende klagebegründung.
Ob unsere Einrede der Verjährung erfolgreich ist, wird sich erst noch zeigen.

Ebenfalls ist es möglich, die Klage über die bereits im Mahnbescheid erhobene Forderungen hinaus um die Ansprüche aus Folgejahren zu erweitern, und somit den Streitwert in die Höhe zu treiben.
GGf. bei Unterliegen entsprechend auch die Gerichts- und Anwaltskosten.


@belkin
erhellend  ;)

marten:
@RR-E-ft
+ @Belkin
Es ist schon interessant, welche juristischen Möglichkeiten bzw. Fallstricke es gibt, über die ich bisher noch nicht informiert war.
Ich gehe mal davon aus, das mein Anwalt diese auch kennt und mir diese gegebenfalls auch noch mal näher erläutern kann.

Es muss also gut überlegt werden, welche weiteren Schritte ich in Zukunft gehen werden.
Der Jetztzustand ist allerdings auch unbefriegend, wie in meinen vorherigen Beitrag erwähnt.
Und das Kostenrisiko wird auch von Jahr zu Jahr größer, weil man gar nicht absehen kann,ob die offene Forderung + Kosten nicht doch eines Tages beglichen werden muss.

@kampfzwerg

Gilt denn die Geltendmachung aller offenen Posten (Forderung aus dem gerichtlichen
Mahnbescheid + neue Forderung aus den Jahresrechnungen) bei jeder Jahresrechnung als Grund vorprozessual die Einrede der Verjährung zu stellen.
Der Jahresrechnung wird natürlich von uns jedes Jahr widersprochen und die Billigkeit der in Rechnung gestellten Preise in Frage gestellt.

gruss

marten

Kampfzwerg:

--- Zitat ---Original von marten
@kampfzwerg
Gilt denn die Geltendmachung aller offenen Posten (Forderung aus dem gerichtlichen
Mahnbescheid + neue Forderung aus den Jahresrechnungen) bei jeder Jahresrechnung als Grund vorprozessual die Einrede der Verjährung zu stellen.
--- Ende Zitat ---
Auch wenn ich, wie in grauer Vorzeit bei der Sendung Glücksrad geschehen, einen Vokal kaufen und ein \"f\"  wählen würde - ich könnte diese Frage nicht beantworten. Ich weiß die Antwort leider nicht.
Ebenso wenig wie eine Antwort auf meine eigene, oben formulierte Frage.

Ich gebe daher beide Fragen hoffnungsvoll weiter an die Rechtsgelehrten hier im Forum  ;)

DieAdmin:
Über Maren Gilzer und ihr Glücksrad oder auch nicht bitte da weiterdiskutieren: Maren Gilzer

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