Energiepreis-Protest > Stadtwerke Dreieich
Terminsberichte BGH VIII ZR 178/08 (OLG Köln) und VIII ZR 304/08 (OLG FF/M)
RR-E-ft:
HEL- Klauseln werden bei sehr vielen Regionalversorgern und Stadtwerken in Sonderverträgen mit Haushaltskunden praktiziert. Sie kommen keinesfalls selten vor, sondern betreffen in manchen Regionen fast alle Heizgaskunden, so in großen Teilen Thüringens (Werragas, Ohra-Hörsel- Gas). Noch stärker davon betroffen sind gewerbliche Standardlastprofilkunden.
Die genannten Verfahren vor dem BGH betreffen Klauseln, bei denen der Preis nach einer mathematischen Berechnungsvorschrift an ein den Preis eines anderen Wirtschaftsgutes gekoppelt ist, wobei in einem Verfahren fraglich erscheinen kann, ob dies nur Preisänderungen oder auch schon den Ausgangspreis betrifft, was Auswirkungen auf die AGB- rechtliche Kontrollfähigkeit der Klausel haben könnte.
Der BGH hat insbesondere im Verbandsprozess nach UklaG zu beurteilen, ob darin eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher im Sinne der AGB- rechtlichen Vorschriften (§§ 305 ff. BGB) zu sehen ist.
Für Entscheidung dieser Frage ist es wohl unerheblich, ob auf der vorgelagerten Marktstufe überhaupt eine Ölpreisbindung praktiziert wird oder ob solche Klauseln gegenwärtig oder zukünftig in einem stärker wettbewerblich geprägten Umfeld eine Chance haben. Denn darum geht es nicht.
Es geht allein darum, ob entsprechende Preisänderungsklauseln eine unangemessene Benachteiligung des Vertragsprtners darstellen und deshalb als Allgemeine Geschäftsbedingungen unzulässig sind.
Die grundsätzliche Frage ist, ob Preisänderungsklauseln zulässig sind, die von der Kostenkalkulation und -entwicklung des Verwenders losgelöst sind und diesem mithin auch eine nachträgliche Erhöhung seines Gewinnanteils ermöglichen, nämlich wenn bei Anwendung der Klausel Preissteigerungen über tatsächliche Kostensteigerungen des Klauselverwenders hinausgehen.
Für die Frage der unangemessenen Benachteiligung kann maßgeblich sein, dass sich bei Anwendung einer solchen Klausel auch Preissenkungen ergeben können, die über tatsächliche Kostensenkungen beim Klauselverwender hinausgehen, was dann eine Schmälerung dessen einkalkulierten Gewinnanteils zur Folge hätte.
Sollten solche HEL- Klauseln AGB- rechtlich wegen unangemessener Benachteiligung gem. § 307 BGB unzulässig sein, worüber der BGH gerade zu befinden hat, dann kann dies auch AGB- Klauseln in Sonderverträgen mit gewerblichen Kunden betreffen, schließlich sogar Verträge innerhalb der Gas- Lieferkette, wenn vom Vorlieferanten formularmäßig für eine Vielzahl von Fällen entsprechende Klauseln verwendet werden. § 307 BGB betrifft nicht nur Verbraucher, sondern auch gewerbliche Kunden. Sollten die genannten HEL- Klauseln unwirksam sein, sind die Rechtsfolgen die gleichen wie bei der AGB- rechtlichen Unwirkamkeit anderer Preisänderungsklauseln in Sonderverträgen (vgl. BGH KZR 2/07, VIII ZR 274/06, VIII ZR 225/07, VIII ZR 320/07).
Anders verhält es sich wohl mit Klauseln, bei denen sich die Änderung eines zunächst vertraglich vereinbarten Erdgas- Sonderpreises nach den Grundversorgungstarifen richten soll (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2008 - VIII ZR 274/06). Der Oldenburger Versorger hat wohl die Änderungen der Grundversorgungstarife selbst in der Hand, die ihrerseits einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle unterliegen. Sog. Spannungsklauseln stellen jedoch auf einen Index oder den Wert eines Gutes ab, auf den beide Vertragspartner keinen Einfluss haben.
Black:
Das Preisklauselgesetz gibt hierfür zumindest ein gutes Argument für die Zulässigkeit.
RR-E-ft:
Das Preisklauselgesetz betrifft auch Individualvereinbarungen, die von den AGB- rechtlichen Bestimmungen unberührt bleiben. Fraglich ob eine Prüfung nach dem Preisklauslgesetz im Verbandsprozess überhaupt in Betracht kommt. Der Prüfungsmaßstab nach Preisklauselgesetz und den AGB- rechtlichen Bestimmungen ist deshalb nicht deckungsgleich, weshalb es sein kann, dass eine Klausel, die dem Preisklauselgesetz standhält, nach den AGB- rechtlichen Regelungen gleichwohl eine unangemessene Benachteiligung darstellt.
Das Preisklauselgesetz geht im Grundsatz von einem Indexierungsverbot aus, hebelt dieses dann jedoch auf und ist deshalb nicht mehr in der Lage, den beabsichtigten währungsrechtlichen Inflationsschutz noch zu bewirken. Gerade Preisklauseln der hier betroffenen Art hatten die Enerrgiepreise bis zum großen Crash inflationär getrieben und damit die gesamtvolkswirtschaftliche Inflation.
Black:
Man könnte das Preisklauselgesetz als lex specialis zu § 305 ff verstehen, da § 1 Abs. 3 nur darauf verweist, dass die Regelungen des BGB zur Indexmiete davon unberührt bleiben.
RR-E-ft:
Das Preisklauselgesetz betrifft eher Vertragsklauseln, in denen sich der Preis von Anfang an nach einer Berechnungsvorschrift errechnet. Solche Klauseln unterfallen als Preisabreden schon nicht der AGB- rechtlichen Inhaltskontrolle.
AGB- rechtlich kontrollfähig sind nur formularmäßige Preisänderungsklauseln.
Warum eigentlich?
Diese weichen von dem gesetzlichen Grundsatz ab, dass beide Parteien an den bei Vertragsabschluss vereinbarten Preis gleichermaßen gebunden sind, § 433 BGB. Und deshalb bedarf es zur Rechfertigung für die Verwendung einer Preisänderungsklausel zunächst erst einmal einer Art inneren Rechtfertigung für den Klauselverwender für das formularmäßige Abweichen von der gesetzlichen Regelung.
Diese wird in der Rechtsprechung für Preisänderungsklauseln in unbefristeten oder langfristigen Dauerschuldverhältnissen bisher darin gesehen, dass es dem Lieferanten möglich sein soll, bei nach Vertragsabschluss geänderten Kosten seinen in den Vertragspreis einkalkulierten Gewinnanteil ungeschmälert zu erhalten, weil sonst die Gefahr von bereits einkalkulierten Preisaufschlägen wegen ungewisser zukünftiger Kostenentwicklung zu besorgen stünde. Daraus hat die Rechtsprechung zugleich zutreffend die zu stellenden Anforderungen an die Transparenz von Preisänderungsklauseln hinsichtlich der Preiskalkulation herausgearbeitet (vgl. nur BGH, Urt. v. 15.11.2007 - III ZR 247/06 Tz. 10).
Auch in allen Entscheidungen zur AGB- rechtlichen Zulässigkeit von Preisänderungsklauseln in Energielieferungsverträgen wurde diese Prüfung zutreffend vorangestellt (vgl. BGH VIII ZR 25/06, KZR 2/07, VIII ZR 274/06, ..)
Die hier hier betroffenen HEL- Klauseln lassen sich als Preisänderungsklauseln mit dieser Begründung jedoch gerade nicht rechtfertigen, sondern bedürfen einer anderen inneren Rechtfertigung. Schließlich werden die Preisänderungen gerade (bewusst) losgelöst von der Kalkulation des Vertragspreises und der zukünftigen Entwicklung der für diesen maßgeblichen preisbildenden Kostenfaktoren. Es geht gerade nicht um den ungeschmälerten Erhalt des in den vereinbarten Preis einkalkulierten Gewinnanteils.
Deshalb handelt es sich bei der zu treffenden Entscheidung auch um ein Novum. Der Knackpunkt liegt möglicherweise weniger bei der Transparenz, denn bei der grundsätzlichen Rechtfertigung für die Verwendung solcher Klauseln.
Eine solche Rechtfertigung ist nicht zu erkennen. Sie kann insbesondere nicht darin liegen, dass die Bezugskosten beim Vorlieferanten etwaig an die Ölpreisentwicklung gekoppelt sind. Denn dies ließe die Entwicklung aller weiteren preisbildenden Kostenfaktoren unberücksichtigt, was eine unangemessene Benachteiligung der Kunden zur Folge hätte (BGH VIII ZR 25/06).
Erst wenn es eine entsprechende Rechtfertigung für das formularmäßige Abweichen von der gesetzlichen Regelung gibt, stellt sich die Frage, ob die deshalb im Grundsatz im konkreten Vertragsverhältnis zulässige Preisänderungsklausel gleichwohl in concreto eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Klauselverwenders darstellt.
Schon der Prüfungsaufbau ist demnach ein anderer. Es sind ganz andere Fragen zu stellen und zu beantworten.
A.A. wohl Ball.
--- Zitat ---Kunde und Versorger seien grundsätzlich frei, entsprechende Bindungen in Sonderverträgen zu vereinbaren.
--- Ende Zitat ---
Bisher gilt:
Die Vertragsfreiheit wird durch das AGB- Recht gerade eingeschränkt und nach diesem bedürfen Preisänderungsklauseln in AGB, die naturgemäß immer vom gesetzlichen Grundsatz des § 433 BGB abweichen, einer inneren Rechtfertigung undzwar aus der Sphäre des Klauselverwenders, der ja mit der Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch ein Abweichen von der gesetzlichen Regelung gerade eigene Interessen zu verfolgen sucht.
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